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Ich renne, stolpere mehr die Treppe hoch, laufe durch den Gang, drücke die Zimmertür auf. Sie fällt hinter mir ins Schloss. Ich streife die Schuhe ab und lasse mich auf mein Bett fallen, ohne mich umzuziehen. Kann endlich wieder normal atmen. Ein, aus, ein, aus. Das scheint wie ein Spiel zu werden, ein, aus, ein, aus.
Ein Tag, ein verdammter Tag. In meinem Kopf vermischen und verwirren sich die Ereignisse. Das war doch nicht einfach ein Tag? Verdammt, an diesem Tag ist mehr passiert als in meinem gesamten Leben! Was ist los? Was ist los mit mir? Ich ziehe die Decke über meinen Kopf, warte, bis die stickige Hitze mich einhüllt und ich aufhöre zu frieren. Warte, langsam wird mir warm. Warte, doch mehr passiert nicht. Will warten, dass sich die Knoten lösen, und ich meinen Faden gerade hinter mir herziehe. Es hilft nichts. Natürlich hilft es nichts.
Ein, aus, ein, aus. Ich rede mir zu, ruhig zu bleiben. Aber ich kann es nicht. Es ist nicht das, das gerade passiert ist, es ist alles auf einmal. Vor 15 Stunden etwa bin ich in den Bus gestiegen, so nichtsahnend. Und jetzt, jetzt ist alles anders. Ich kann nichts mehr rückgängig machen.
Nicht weinen, sage ich mir.
Und dann, niemand wird es sehen, wenn du weinst. Die Tränen tropfen auf das Laken, eine nach der anderen. Ich betrachte sie, weine leise, bemühe mich, ruhig zu atmen, ein, aus, ein, aus. Bis ich es nicht mehr aushalte. Die Luft unter der Decke ist dick, stickig. Ich hebe sie etwas an, um an Frischluft zu gelangen, strecke den Arm raus und taste nach meinem Rucksack. Schließe die Augen. Die Tränen suchen sich ihren Weg unter meinen Lidern hervor. Ich bekomme das Kabel zu greifen und ziehe meinen MP3-Player aus dem Rucksack. Ohrstöpsel rein. Lautstärke hoch. Mein eigenes Schluchzen wird von der Musik übertönt.
Take me down to the river bend,
Take me down to the fighting end.
Wash the poison from off my skin,
Der Bass dröhnt in meinen Ohren, während Tränen meine Wangen herunterlaufen. Das Lied macht es nur noch schlimmer. Aber trotzdem brauche ich es jetzt. Ja, es fühlt sich an, als könnte ich es langsam von mir abwaschen, alles, was heute passiert ist. Ich mache es so dramatisch. Es ist doch jetzt Ruhe. Die Dinge waren doch schon dabei, sich zu klären. Es war doch nicht mehr so schlimm.
Aber dennoch, es sind die vielen kleine Dinge, die viel zu vielen, die sich zu einem Wirbelsturm zusammengebraut haben, der mich jetzt mitreißt.
Show me how to be whole again.
An wen soll das gerichtet sein? An Luna? Versuch es doch, Luna. Aber es wird nicht leicht. Du hast schon so viel kaputt gemacht, heute. Dabei ist es noch nicht mal deine Schuld.
Fly me up on a silver wing,
Past the black where the sirens sing.
Warm me up in a nova's glow,
And drop me down to the dream below.
Ich sehe ihr Lächeln vor mir, spüre noch immer die Wärme ihrer Hand. Es wird mir zu viel, viel zu viel. Ich drehe die Lautstärke auf, will nur noch die Musik hören, nichts sonst.
Cause I'm only a crack
In this castle of glass
Hardly anything there
For you to see
For you to see.
Es geht nicht. Dieser Text - er ist zu... zu echt. Zu nah. So nah, dass mir kalt wird und ich wieder zu zittern anfange.
So schlafe ich ein. Den Song auf Dauerschleife. Irgendwann, vielleicht Stunden später. Die Kopfhörer noch drauf, mit dem Klang der Musik.
Na, habt ihr das Lied erkannt? Ich gehe mal davon aus. Ich habe es während des Schreibens auf Dauerschleife gehört und hatte die ganze Zeit Gänsehaut.
Ich muss sagen, dafür, dass nicht wirklich etwas passiert, ist das Kapitel ganz gut geworden. Ich hoffe, euch gefällt es auch.
Eure Johanna❤
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