--16--

Es ist dunkel und heiß in dem Raum, in dem die sogenannte Party stattfinden soll. Ein paar Mädchen tanzen schon, die anderen sitzen auf einem alten Sofa in der Ecke oder stehen einfach herum, einen Pappbecher in der Hand. Luna geht los, holt uns Cola. Jona und Sarah sind schon weg und quatschen irgendwelche Typen von der anderen Schule an. Die 'Bar', an der ich warte, wurde provisorisch aus Bierbänken und Tischen zusammengebaut und Getränke werden aus einem Cafeteria-Automat abgefüllt. Luna kommt mit der Cola wieder, lehnt sich neben mir gegen die Wand. Ich nippe an meinem Getränk. Ich hasse Cola, sie ist so pappig süß und hat hinter den ganzen Aroma-Stoffen noch nicht einmal Geschmack. Trotzdem trinke ich noch einen großen Schluck und schüttele mich. Wir stehen da, so nah, dass unsere Fingerspitzen sich berühren und beobachten die anderen Leute. Niemand könnte auf die Idee kommen, wir wären verliebt, wirklich niemand. Wir sind zwei Mädchen, für Außenstehende sind wir wohl einfach Freundinnen. Und für uns - was sind wir für uns?
Ich habe das Gefühl, jetzt muss etwas passieren. Seit heute Morgen folgt ein verwirrendes Ereignis auf das andere, ich hatte nie genug Zeit, darüber nachzudenken. Ich kann keine Lücken lassen, sonst würde mich unweigerlich alles wieder einholen, über mir zusammenstürzen und mich mitreißen. Ich schaffe es nicht. Ich schaffe es nicht, der Realität ins Auge zu sehen und zu begreifen, was denn los ist. Mir ist schon klar, dass es schlimmer wird, je länger ich es fortsetzte. Je länger ich eine nervenaufreibende Sache nach der anderen tue. Aber theoretisch könnte ich auf unbestimmte Zeit so weiter machen. Nein, nicht wirklich, irgendwann würde ich darunter zusammenbrechen, das ist mir schon klar. Mir ist auch klar, dass ich aufhören muss. Aber nicht jetzt. Nicht heute Abend.
Ich drehe den Kopf zu Luna, langsam, dann schaue ich sie an. Beziehungsweise ihre Wange, denn sie sieht nicht in meine Richtung. Wieso sollte sie auch?
Ich habe noch das Bild in meinem Kopf, von Donnerstag. Ich könnte es wieder tun. Sie einfach küssen, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. An diesem anderen Abend, da hat sich das sozusagen... gefügt. Es war alles perfekt, sie hat zu mir gesehen. Und dann dieses Lied.

I aint one sided, I'm open-minded, I'm fifty-fifty and I'm never gonna hide it, you should know.

Rita Ora. Ja, Rita Ora ist bi. Und ich? Ich stehe hier und starre auf Lunas Wange. Von wegen 'I'm never gonna hide it' Ich habe ja schon Angst, es mir selbst zuzugestehen.
Irgendwie erwarte ich, dass das Lied jetzt kommt. Dann hätte ich meinen Grund, etwas zu tun. Aber natürlich ist es nicht so. Hier läuft irgendein austauschbarer Popsong. Darin geht es doch eh immer um das gleiche. Ich höre nicht auf den Text, er interessiert mich nicht. Stattdessen hänge ich meinen Gedanken nach.
Vielleicht, wenn alles so passend wäre, so perfekt, vielleicht würde ich dann etwas tun. Sie wieder küssen. Doch so ist es nicht perfekt.
So drehe ich mich wieder weg, starre auf den Boden. Versinke schon wieder in der Gedankenspirale. Wenn ich so Angst davor habe, so zu sein, wieso bin ich es dann? Bin ich es überhaupt? Luna. Ja, sie ist nett. Ja, sie sieht gut aus. Aber sonst?
Eine Hand packt mich. Ich zucke zusammen, ziehe instinktiv den Arm weg. Aber es ist Sarah. Es ist nur Sarah. Und neben ihr ist Jona, die Luna gepackt hat und sie zur Tanzfläche zieht. Ich grinse. Ich muss mich nicht wehren. Denn hier passieren schon wieder völlig verrückte Dinge. Ich lasse meinen fast leeren Becher fallen und nehme wieder Lunas Hand.
Die Tanzfläche ist ein kleiner Bereich, voller Leute, die nicht tanzen können. An der Decke hängen bunte Disco-Lampen, Sarahs weißes Shirt leuchtet im grellen Neonlicht. Es ist stickig, laut, voll. Aber es zieht mich in seinen Bann. Hier achtet niemand auf uns. Wir würden niemandem auffallen.

Luna kann genauso wenig tanzen wie ich. Und wie der Rest der Klasse. Die Leute von der anderen Schule füllen die Fläche immer mehr. Wir hüpfen im Takt der Musik, schreien Texte mit. Wir lassen uns gehen. Machen, was alle machen. Ohne darüber nachzudenken. Wir hören auf zu denken. Und ich bin mir glücklich darüber.
Luna drückt meine Hand etwas fester und löst eine Kettenreaktion der Gefühle in mir aus, ein Kribbeln im Bauch, ein Zittern in den Fingerspitzen, ein Achterbahngefühl in Magen. Ich drücke die Hand zurück, so wie bei diesem Kindergarten-Spiel. Luna grinst. Ihre Haare fliegen auf und ab. Sie ist nicht hübsch. Sie ist nicht cool. In dem Moment ist sie einfach wunderschön. Ich bleibe stehen, sie auch. Langsam, ganz langsam kommen sich unsere Gesichter näher.
Und dann beginnt es. Es ist wie ein déjà-vu, nur schlimmer. Fetzen der Erinnerung treten vor meinen Augen auf. Luna, wie sie schreit, weint. Die Faust mit den weiß hervortretenden Fingerknöcheln. Nein. Verdammt. Ich bin wie zweigeteilt. Ich will sie wieder küssen. Was soll passieren? Hier passiert nichts. Aber andererseits...
Ich kann den Gedanken nicht zu Ende denken, denn auf einmal taucht ein Gesicht auf.
Toni.
Und zum zweiten Mal in dieser Woche renne ich weg.

Yey, Cliffhanger😂
Tut mir Leid, dass dieses Kapitel nicht so gut ist. Ich habe so eine Art Schreibblockade. Trotzdem halte ich es für das einzig sinnvolle, ein Kapitel zu veröffentlichen. Außerdem habe ich eine Abmachung mit Selin111222333 und sozusagen keine Wahl.
Wie auch immer, danke fürs Lesen. Für Kritik, Ratschläge usw. bin ich wie immer offen.
Eure Johanna ❤

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top