Stromschläge - Erinnerung Teil 3/ BEN?! LEON?!

Grau.

Die schäbigen Wände allein reichen aus das ich zusammen zucke.

Nein, nein, nein, nein. Nein, ich bin frei! Ich weiß das! Das ... das ist ein Fehler ... Nein. Das kann nicht wahr sein. Nein. Ich sollte nicht hier sein.

Die Kehle schnürt sich mir zu und ich sinke in mich selbst zusammen. Nein, das ist nicht wahr. Nein. Ich kriege keine Luft, ich will keine Luft wenn das hier die Wahrheit ist. Raus. Raus will ich. Ja! Aber – ich brauche keine Luft – Was?

Mein Kopf schlägt nach hinten gegen die Wand. Will raus, will nicht hier sein. Blut, rotes Blut. Ich spüre es. Aber kein Schmerz. Wo ist der Schmerz?

Ich kneife meine Augen zusammen und will mich beruhigen.

,,968, 969, 970, 971, 972, ... 973." Es ist meine Stimme, doch das bin nicht ich. ,,973 Tage. 973 Tage.", murmelt die Stimme.

,,Was?" Wieder schlage ich die Augen auf und mein Kopf wendet sich. Ein Traum, es ist nur ein Traum.

Ein kleines Mädchen liegt zusammengekauert in der Ecke, auf einer alten Matratze, die lockigen Haare schützend ins Gesicht hängend.

Schäbig.

Dreckig.

Verwahrlost.

Die Haare sind fettig, wirken leicht verfilzt. Es riecht nach Schweiß und Urin. Die Fingernägel sind abgekaut, rote Flecken zeigen die wunde Haut drum herum. Um ihre Augen hat sich eine Salzkruste gebildet, eine frische Narbe ziert ihre rechte Gesichtshälfte. Ein altes Nachthemd dient ihr als Kleidung, verdeckt nötig ihren abgemagerten Körper. Keine Hoffnung geht von ihr aus, nur stumpfe, endlose Leere.

,,973 Tage.", sagt sie wieder. Als wäre es das einzige woran sie festhält. ,,Hast du gehört? Schon 973 Tage sind wir hier. Nur wir zwei ..."

,,Du bist lustig!", kichert sie nun hysterisch. Einmal klatscht sie in die Hände, dann ist sie wieder still.

Das bin ich. Ich. Ich bin das. Als ich ... Zehn oder Elf war. Wieso hören die Träume nicht auf.

,,Sei Still Gracy.", murrt sie. Sie hat keine Kraft sich zu wehren.

Plötzlich wird die Tür aufgeschlossen. Jo. Es ist Jo.

Wieder ergreift mich die altbekannte Panik und ich will fort von diesen Ort. Rennen. Ja rennen will ich! Doch ich kann nicht. Ich bin gefesselt, ich kann nicht! Wieder schnürt sich meine Luftzufuhr zu und wieder macht es meinen Körper überhaupt nichts aus.

Auch die kleine schaut auf. Ihr leerer Blick verwandelt sich in Angst. Jo war nie nett zu ihr gewesen. Niemals. Nie war er nett zu mir gewesen. Nie.

Die frische Narbe in ihrem Gesicht ist der Beweis. Die Narbe. Die Narbe die mich ein Leben lang daran erinnern wird. Die nicht verschwindet, die nicht heilt.

,,Komm zu mir Gracy. Komm brave her. Es geht weiter. Ich helfe dir wieder gesund zu werden." Seine Hand streckt sich, eine nette Geste. Aber sein Gesicht, sein Grinsen sagt was anderes.

Nein! Nein! Nein!

Wach auf! Wach verdammte Scheiße nochmal auf!

Auch die kleine, die kleine die Ich bin, drückt sich weiter in die Wand. Sie weiß was passiert. Sie weiß das er böse ist. Das er der Teufel ist. Der Teufel – ja! - Ja, der Teufel! Das ist er, das ist er.

,,Nein!", schreit sie in einem schrillen Ton. ,,Nein!"

,,Spst. Spst. Komm schon kleine. Wir wollen doch niemanden wecken? Oder willst du Ärger? Weißt du denn nicht mehr was das letzte mal passiert ist? Hm?" Er kommt auf sie, auf mich zu. Ergreift die dünnen Arme, reißt den zerbrechlichen Körper an sich.

Ich will das nicht mitansehen. Ich will es nicht.

Doch ich muss. Ich habe keine Wahl.

Die Kulisse ändert sich, doch das Grau der Wände bleibt.

Und ich dachte der Traum kann nicht mehr schlimmer werden. Aber die Erinnerungen werden schlimmer. Immer.

Die Mitte des Raumes ziert eine Liege, daneben ein elektronisches Gerät, welches mir nur allzu bekannt ist. Mit Gewalt werde ich darauf platziert, mit Schnallen werden meine Gliedmaßen festgebunden.

Ich stecke in meinem kleinen Ich. Ich sehe sie nicht, ich bin in ihr. Nein, bitte nicht.

Ich will mich wehren und schreien, aber nicht mein jetziges Ich hat die Kontrolle.

Tue doch was! Wehre dich! Weißt du denn nicht was gleich mit dir passieren wird? Will ich schreien. Aber die Worte bleiben mir verwehrt.

Nur die Nässe auf den Wangen der Kleinen spüre ich.Nur die Angst die in ihren Körper schlummert.

,,Du wärst ein so hübsches Ding, würde man dich nicht so verwahrlosen." Jos Hand streift uns über die Wange, fast zärtlich und freundlich. Fast. Seine Hand gleitet hinab zum Hals und weiter zu meiner kindlichen Brust. Auf dem Bauch bleibt sie für einen Moment lang liegen und mir wird schlecht bei der Erinnerung was als nächstes geschieht.

,,Ich glaube du bist alt genug Mädchen. Länger kann ich nicht mehr warten." Seine Hände verlassen meinen Körper und gleiten zu seiner Gürtelschnalle. Ruckartig öffnet er sie und reißt sich seine Hose zu Boden.

,,Du weißt gar nicht was du mir all die Jahre angetan hast, Gracy. Vom ersten Moment an habe ich mich in deine großen blauen Augen verliebt. Aber du warst so jung – Man ich bin froh das du Verrückt bist." Seine Worte untermalt er indem er sein hartes Glied fest gegen meinen Körper drückt. Ein Schauer jagt uns über den Rücken.

Ich will das nicht. Lass mich aufwachen. Aufwachen! Ich will aufwachen!

Der Körper fängt an sich zu wehren, zieht an den Fesseln die ihn versuchen zu bändigen. Ja! Wehr dich! - Doch es wird nichts bringen ...

,,So? Willst du wirklich Ärger?"

,,Lass mich in Ruhe! Ich habe dir nichts getan!", schreie Ich/Grace klein.

,,Ja du willst Ärger. Na gut, wenn du es nicht anders willst."

Er rückt von mir ab und schaltet das Gerät ein. ,,Du weißt ja was das heißt."

,,Nein! Bitte nicht! Ich bin auch ganz brave! Bitte, bitte nein!" Die Stimme wird noch panischer.

,,Du wirst niemals lernen wenn ich dich jedes mal verschone. Also stell dich nicht so an, ja?"

Auch ich versuche mich nun mehr zu wehren, doch immer noch habe ich keine Kontrolle.

In meinen Mund stopft er ein altes Tuch, die Schnallen an meinen Körper befestigt er noch fester und meine Augen werden abgeklebt. Nur noch am Rand schimmert das Licht zu mir durch.

Das Herz von Grace, das Herz ja von mir, es hämmert so schnell, ich höre nur noch das Herz. Unerträglich. Es pocht so unerträglich.

An meinen Schläfen fühle ich was feuchtes, einen Druck.

Lass mich aufwachen! Wach auf! So schwer kann das doch nicht sein! Nein! ICH WILL DAS NI-!

Mein Herzschlag. Wo ist der Herzschlag.

Verbrannt.

Schmerz.

Qualen.

Verbrannt.

Schmerz.

Qualen.

Herzschlag. Eins - Zwei. Wo ist er?

Aua. Mein Kopf.

Wieso höre ich nichts?

Schmerz.

Wach auf.

Das Licht, welches ich zuvor noch wahrgenommen habe, flackert, geht aus, geht an.

Und wieder aus. Dunkelheit.

Dieser Schmerz.

Ich bin verbrannt.

Zucken.

Schmerz.

Mein Körper zuckt, keine Kontrolle. Nur Schmerz. - Lasst mich hier raus!

Atme ich?

Keine Ahnung.

Vielleicht ist es jetzt vorbei.

Ich hoffe es.

Ich will nicht mehr.

Bitte.

Eins.

Zwei.

Lauter Schlag.

Kleiner Schlag.

Es pocht.

Mein Herz. Mein Herz pocht.

Nein.

Ich lebe.

Nein. Nein.

Ich sehe sie, sehe mich. Jo beugt sich über die kleine, bereit ihr den nächsten Stromschlag zu verpassen. Ich bin frei. Raus aus dem Körper. Frei.

Sofort schlage ich die Augen auf, als ich weiß es ist vorüber. Schweratmen liege ich da, froh das alles nur ein Traum war, eine bloße Erinnerung die ich nicht los wurde. Mit meiner Hand fahre ich mir über die Stirn, sie ist verschwitzt und vereinzelte Haare kleben an ihr. Mein Hals ist ganz trocken, ich fühle meinen Puls. Er ist zu schnell, aber das ist okay.

Wieso bin ich immer noch nicht frei? Wieso plagen mich meine Träume mit allen? Womit habe ich das alles verdient?

,,Ben?"

Keine Antwort.

Ich sehe mich im Raum um.

Wo ist er? Und wieso hat er mich alleine gelassen?

Vorsichtig stehe ich auf. Hat er irgendeine Absicht? Ich strecke meinen Körper, ein knacken ist zu hören, ich bin total verspannt.

,,Ben?", frage ich noch einmal. Wieder keine Antwort.

Er ist doch nicht -

Ich reiße die Tür auf und gehe schnell auf den Flur. Ja, ich glaube ich finde noch zu seiner Wohnung, allzu schlecht kann ich mir Wege nicht merken.

Kurz gehe ich noch ins Badezimmer, spüle meinen Mund aus und spritze mir kaltes Wasser ins Gesicht. Mit meinen Fingern kämme ich mir grob die Haare und mache mir einen Zopf mit einem Gummiband, welches ich dort liegen seh.

Ich sehe scheiße aus.

Die dunklen Schatten unter meinen Augen und die blässe im Gesicht lassen mich Krank wirken. Meine zwei Narben im Gesicht treten hervor und meine Lippen sind spröde. Seit wann mache ich mir Gedanken um mein Aussehen?

Ich schüttle den Kopf und schleiche ohne weiteres raus aus dem Haus.

Die frische Luft lässt mich klarer denken und ein unwohles Gefühl breitet sich in mir aus. Wieso sollte Ben mich alleine lassen? Spielt er DAS SPI- ... Meine Schritte beschleunigen sich. Ich muss es wissen.

Es ist kälter als ich zunächst dachte. Die Haare stellen sich mir auf den Arm auf und ich wünsche mir ich hätte mir noch Zeit genommen um eine Jacke aus dem Haus zu stehlen. Was denke ich da eigentlich ... Das ist doch jetzt total irrelevant! Ich beginne zu rennen.

Es tut gut. Ich hätte nie gedacht das rennen so befreiend ist. Mein Atem ist gleichmäßig, passt perfekt zum Takt meines Herzschlages, gefühlt zum ersten mal seit Acht Jahren in meinen Leben. Früher habe ich das oft gemacht. Immer zusammen mit Leon. Wir haben versucht uns gegenseitig zu fangen, schneller zu sein als der andere, oh wie sehr ich mir jetzt nur wünsche noch schneller zu sein.

______

Ich habe keine Schlüssel. Scheiße. Ich habe keine Schlüssel! Wie komme ich denn jetzt bitte in seine Wohnung? Oh. Offen. - Was für ein Anfänger.

Aber ... wo ist er?

Frustriert schlage ich die Tür hinter mir zu und werfe mein Kopf in den Nacken. Das gibt es doch nicht! Bin ich den ganzen Weg hierher jetzt umsonst gegangen? Das ist doch zum Mäuse melken ...

Ein poltern. Etwas schweres fällt zu Boden.

,,Ben?! Wo – Leon?! Was hat das zu bedeuten?!"

Dieses Kapitel spielt Zeitgleich zu dem was als nächstes kommen wird :3  (sogar auch in den nächsten Tagen, wenn ich es schaffe morgen!) Ich bin selbst sauer auf mich wieso ich so selten update und Erklärungen nerven irgendwann auch ständig, deswegen will ich euch damit jetzt nicht belasten aber hoffe selbst das ich in nächster Zeit mal mehr Zeit dafür finde! Ich hoffe euch gefällt es und frohe weihnachten euch allen!

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