Aussprache/ Der Grund, weshalb ich deinen Bruder Tötete - Erinnerungen Teil 4
Ben's Sicht
,,Danke Ben. Danke das du ihn nicht getötet hast, ich weiß das er ziemlich stur sein kann..." Grace setzt sich zu mir an den kleinen Küchentisch, einen Tee für sich und mich stellt sie vor uns. Leon ist oben, ich habe ihn gesagt er soll sich ruhig verhalten und ja nicht aus dem Zimmer kommen, welches ich ihm gegeben hat. Natürlich nur, wenn ihn sein Leben etwas wehrt ist. Die anderen sollen nicht unbedingt erfahren das sie ungewollt noch einen neuen Mitbewohner bekommen haben.
Genervt lasse ich die Luft zwischen meinen Lippen entweichen. ,,Ich hoffe er bereitet uns nur nicht zu viel Ärger." Mit meinen Händen fahre ich über mein Gesicht, reibe meine müden Augen unter denen schon dunkle Schatten liegen. Wie lange habe ich schon nicht mehr vernünftig ausgeschlafen ohne Albträume oder Kopfschmerzen?
,,Das wird er nicht!", antwortet sie hastig, ,,Ich werde auch noch mit ihm reden das es besser ist, wenn er zurück geht. Immerhin hat er Familie und Freunde, die sich Sorgen um ihn machen, die ihn brauchen. Mich brauch niemand ..." Mit ihren Händen spielt sie nervös auf dem Tisch.
Durchdringend schaue ich sie an. Sie sieht nicht Gesund aus, viel zu blass, sodass ihre Narben stark hervortreten. Müde, erschöpft vom Leben. Was musste sie wohl die Acht Jahre ihres Leben alles aushalten? Und das ... wegen mir?
Mit meinen Händen umfasse ich ihre beiden, ich erschrecke als ich die Kälte und Nässe spüre. Ist sie Krank?
,,Ich brauche dich Grace. Ich habe dich gerne um mich herum.", sage ich zaghaft.
Ihre Hände stoppen, wie auch ihr Atem. Langsam hebt sie ihren Blick.
,,Ausgestoßene aus der Gesellschaft. Das sind wir beide wohl. Vielleicht kann ich dich deswegen nicht hassen. Weil wir zwei diese Gemeinsamkeit haben. Gracy hat diese Gemeinsamkeit nicht mit dir, Leon auch nicht und beide Hassen dich. Das macht Sinn, oder?", murmelt sie. Ein kleines Zucken um ihre Mundwinkel nehme ich kaum merklich wahr, ein versuch zu Lächeln.
,,Ja ... das sind wir wohl. Auch wenn du wegen mir nur eine Ausgestoßene bist ..."
Sie lehnt sich zurück in ihrem Stuhl, die Augen weiterhin starr auf mich gerichtet. ,,Wieso bist du einer? Was hat dein Leben gezeichnet? Wieso bist du so wie du bist? Ich glaube nicht, das dahinter die Lust am Morden steckt, da ist mehr und wenn das stimmt, bist du auch nicht wirklich Schuld an mein Unglück. Es ist eine Reihe von Ereignissen, bei dem eins zum anderen führt."
Ich bin Sprachlos. Was will sie von mir hören?
Mir ist nicht Bewusst wie lange das Schweigen anhält, doch sie scheint wirklich auf eine Antwort zu warten.
,,Meine -" Ich räuspere mich, meine Stimme klingt viel zu rau, ,,Meine Kindheit war nicht immer ganz einfach, eigentlich war sie nie einfach. Meine Eltern sind schon früh gestorben, sie waren Teil einer Sekte in der auch ich und meine Schwester aufwuchsen. Genau weiß ich nicht warum sie gestorben sind ... Mir wurde erzählt es geschah bei einen Autounfall - aber, ich denke eher die Sekte ist Schuld. Damals war ich gerade einmal vier." Kurz unterbreche ich mich.
,,Das tut mir Leid für dich. Ich hatte meine Eltern zumindest bis ich 8 war, du kannst dich sicher auch nicht mehr an sie erinnern." Ihre Stimme klingt monoton, doch in ihren Augen schimmern Gefühle mit. Glaube ich mindestens.
,,Doch. Ich erinnere mich sogar Recht gut. Aber ich will und brauche auch kein Mitleid. Jeder hat seine eigenen Probleme und muss mit ihnen fertig werden." Belanglos versuche ich mit der Schulter zu zucken.
,,Vielleicht hilft reden ja."
,,Wieso glaubst du das?"
,,Weil als ich mit Leon darüber geredet habe, natürlich nicht im geringsten über alles, hat es mir auch geholfen."
,,Hängst du deswegen so sehr an ihn?" Jetzt will ich es doch wissen.
,,Auch. Damals bin ich mit ihm aufgewachsen. Wir haben alles zusammen gemacht und als ich wieder kam, war er der einzige der mir Freundlichkeit entgegen brachte. Freundlichkeit, die in den letzten 8 Jahren meines Lebens eine Rarität waren." Es hört sich an als wolle sie noch mehr sagen, doch es kommt nichts mehr.
,,Und?"
,,Jetzt sollst du erzählen."
Sie wird keine Ruhe geben, bevor ich ihr ein Teil aus meinen Leben offen legen werde.
,,Nur damit es klar ist: Du redest mit niemanden darüber?"
Wieder beugt sie sich zu mir über die Tischkante. ,,Wen sollte ich es bitte erzählen, wenn ich es denn überhaupt wollte? Ich habe dich und Leon, die anderen hier kenne ich kaum. Vertraue mir, Leon wird es herzlich wenig interessieren."
Auch lehne ich mich kurz zu ihr, einfach um ihr noch ein Stückchen näher sein zu können.
,,Meine Mutter war selbst seit Kleinkindalter Teil dieser Sekte, sie kannte kein anderes Leben. Mein Vater wurde erst nach der Geburt meiner Schwester ein Mitglied, da es Mutter nicht erlaubt war mit jemanden Zusammen zu sein, der nicht so rein war wie sie. Er gewöhnte sich nie Richtig an das Leben dort, doch auch wollte er sie und uns Kinder nicht in sein Leben missen müssen. Wahrscheinlich wurden die beiden deshalb aus den Weg geräumt. Meine Schwester, obwohl sie da erst Zehn Jahre zählte, kümmerte sich um mich. Wir waren Waisenkinder, Sklaven einer Sekte, die ihre Anhänger wie Sklaven behandelt.
Eine normale Schule besuchen durften wir nicht. Stattdessen wurden wir vom sogenannten 'Master' unterrichtet, der uns Meinungen und ein Weltbild aufzwang. Meine Schwester wurde schon früh zu einer der 'Frauen' von einen Höher gestellten ernannt. Insgesamt hatte er Sieben, nahezu jeden Tag vergewaltigte er eine von ihnen. Bei meiner eigenen Schwester musste ich einige Male zusehen. Ich selbst gehörte zu einen der untersten Ränge. Ich wurde verprügelt und gepeinigt, wenn ich nicht gehorchte. Einige Male blieben mir auch Nahrung und Wasser verwehrt. Meine Schwester war die einzige die sich um mich kümmerte und meine Wunden heilte, ohne sie wäre ich schon viel früher verreckt. Mit 14 bin ich schließlich gestorben und als Spielfigur erwacht. Altern tue ich nur außerhalb meines Spiels. Das ist eine Zusammenfassung meiner Lebensgeschichte."
,,Weißt du was aus deiner Schwester wurde? Du bist ertrunken oder?"
,,Ja ... ich bin ertrunken."
,,Du willst nicht darüber reden, stimmts?"
Ich nicke. Sie durchschaut mich. Niemals durchschaut mich jemand.
,,Dann werde ich bei diesen Themen auch nicht weiter Nachfragen. Aber ... wenn du selbst so ein schlechtes Leben hattest ... wieso hast du dann mit den Morden begonnen? Aus Rache?"
Ich kann sie nicht deuten. Sie klingt so ... einstudiert. Aber auch - zärtlich. Ich kann sie nicht einschätzen. Wieso fällt mir das so schwer? Und ihr selbst so leicht?
Als Antwort auf ihre Frage beginne ich zu lachen. ,,Alle - ja alle in diesem Haus haben ein Grund, wieso sie angefangen haben zu Morden, eingeschlossen mir. Ich wünschte mein Grund wäre Rache, es wäre nicht so Feige und so Schwach wie der wahre Grund."
Kurz sieht es so aus, als würde Grace kämpfen. Sie verliert die Kontrolle und rauft an ihren Haaren, die schon fast vollständig aus ihren Zopf gefallen sind.
,,Du hast meinen Bruder umgebracht! Natürlich bist du Feige! Die Schuld einen kleinen Mädchen gebend! Du bist -!"Schreit sie viel zu hoch. Plötzlich beißt sie sich selbst in den Unterarm, sie kneift die Augen zusammen und wibbt hin und her. Ihren Kopf lässt sie in den Nacken fallen und leise höre ich sie die Wörter zischen: ,,Verpiss dich Gracy." Dann, nach kurzer Zeit, seitzt sie sich wieder normal hin. Schweiß perlt von ihrer Stirn.
,,Ist alles gut?", frage ich vorsichtig. Noch immer weiß ich nicht, wie ich in einer solchen Situation mit ihr umgehen soll.
,,Ja",sagt sie noch ganz außer Atem. ,,Erzähl weiter. Bitte. Ich habe mich wieder im Griff."
,,Sicher?"
,,Ja."
,,Okay. Hm. Wie gesagt: Ich erwachte als Spielfigur. Ich lebte in diesem Spiel, alles war gut. All meine Sorgen waren vergessen und ich konnte unbeschwert Leben. Doch dann war auf einmal alles anders. Ich hatte das Gefühl gesteuert zu werden, als wäre ich wieder nur eine Wertlose Marionette. Schmerzen überkamen mich, Bilder aus meinen früheren Leben kehrten wieder zurück in meinen Verstand, sie quälten mich. Es wurde schon schlimmer als mein altes, richtiges Leben. Ich Begriff, das jemand mein Spiel spielte und langsam gelang ich ein wenig Kontrolle darüber. Ich spürte die Angst die ich dieser Person zufügte, wie ich sie langsam in den Wahnsinn brachte. Meine Schmerzen wurden besser, ich besaß wieder Kontrolle über meine Gedanken. Aber ganz hörte es erst auf, als ich ihn ermordete und ihn so ganz die Zügel über mein Leben aus der Hand nahm. Es blieb nicht bei den Mord deines Bruders. Dagegen tun konnte ich nichts, nie wurde mein Spiel aus den Verkehr genommen und versuchte ich es selbst, verletzte es mich nur. So, jetzt weißt du es. Jetzt weißt du wieso ich zu einem Mörder wurde."
,,Ben?"
,,Hm?"
,,Auch wenn ich dir nicht versprechen kann, dass es für Gracy gilt und so für mein ganzes Sein, kann ich dir sagen: Ich verzeihe dir."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top