Zwei
Mit dem Koffer vor der Tür und im Behandlungsraum sitzend, hörte ich nur halbwegs meiner Psychologin und Mama zu. Sie redeten von einer neuen Schule. Sie redeten von einem Neuanfang. Ja einen Neuanfang könnte ich gut gebrauchen. Nachdem das ganze passiert ist, hatte ich kaum noch Freunde, denn ich wendete mich von ihnen ab. Ich wurde letztendlich von meinen besten Freunden als Psycho und gestört abgestempelt. Nein, das war nicht angenehm.
Letztendlich wurde ich hier von meiner Mutter mit Zwang eingewiesen. 3 Monate lang.
Ob mir die Therapie geholfen hat? Nope, nicht mal ansatzweise, die Ärzte meinten es schon, sie sagten ich hätte Fortschritte gemacht. Okey ich gebe es zu 1 oder 2 habe ich schon gemacht aber wirklich nur kleine.
Ich verletze mich immer noch selber, ich gebe mir immer noch die Schuld, ich ziehe mich immernoch zurück. Tja.
"Nun Sky, dann kommen wir zum Ende dieser Therapie. Wie bereits besprochen, wirst du nur noch eine Woche auf deiner jetzigen Schule sein und anschließend auf die 'Howert-School' gehen. Du wirst da neue und andere nette Menschen kennenlernen und hoffentlich dich schnell eingliedern. Du hast vieles in dieser Therapie gelernt und ich hoffe mal du tust das auch anwenden. Alles Gute für deine Zukunft". Mit Händedruck verabschiedete sich Frau Wood von meiner Mutter und mir.
Endlich raus aus dieser Klinik zu sein, rollte ich meinen Koffer schnell in den Aufzug, richtung Freiheit.
Bei Mamas Auto halteten wir an. Es ist auch ein BMW so wie der meines Vater. Nach paar Sekunden Schlüssel suche, kramte die Frau neben mir den Schlüssel heraus und mit einen Druck auf den Knopf, schließte sie uns das Auto auf.
Mit dem Koffer im Kofferraum fuhren wir zu unseren Haus. Die 40 minütige Autofahrt verlief schweigend und ich beobachtete in dieser Zeit die anderen Autos und die Häuser, die an uns vorbei flogen.
Wir zwei haben nicht das typische Mutter Tochter Verhältnis, aber wir hatten mal eins. Früher. Nein ich darf darüber nicht mehr nachdenken, man kann es jetzt eh nicht mehr ändern. Wir haben uns immer viel erzählt, haben gemeinsam gelacht und einfach nur Spaß gehabt. Das ist heute anders. Andauerndes Anschweigen von uns beiden, ob am Essenstisch oder einer gemeinsamen Autofahrt. Wir reden kaum, oft auch gar nicht. Wir haben uns nie über den Vorfall unterhalten, wir haben uns nur gegenseitig getröstet und uns unterstützt. Doch nach 2 Monaten war das auch vorbei. Wir beide zogen uns immer mehr in uns selbst zurück. Mama hatte und hat, genauso wie ich, immer noch damit zu kämpfen.
Ich bin diejenigen von uns beiden, die professionelle Hilfe bekam, Mama hatte in der Zeit niemanden, nicht mal mich, ich war ja selbst nicht da.
Nach 40 Minuten andauernden rausschauen meinerseits, hielt der BMW vor unserm Haus in der Garage. Wir sind nicht reich aber auch nicht arm. Unser Haus ist normal. Naja es reicht halt, ist ein bisschen zu groß für 2 Menschen, aber passend eigentlich für 4 Personen.
Unser Haus ist in einen hellen orange gehalten, hat große Fenster und eine normale weiße Tür. Unseren Keller kann man nur von innen betreten und wenn man um das Haus geht, dann ist da eine schöne geräumige und grosse Terrasse. Unseren Garten findet man von der Terrasse aus die Treppen nach oben.
"Wenn was ist, ich bin im Zimmer", sagte ich zu meiner Mutter und verschwindete samt meines Koffers in das Innere des Hauses. Ich hörte nur noch "Um 7 gibt es Essen" und schwups knallte ich die Haustür zu. Es kam mir vor, als ob ich keine 3 Monate weg war. Es kam mir immer noch alles so vertraut vor. Rechts die große Küche und gleich dahinter das etwas kleinere Wohnzimmer. Die Schlafzimmer sind oben im 2 Stock.
Wir beide wollten das Haus nicht verkaufen, Mama verdiente trotzdem noch genug als Bürokauffrau und arbeitete auch die meiste Zeit von daheim aus.
Im Zimmer oben angekommen sah ich mich erstmal um. Mein großes Bett ist noch genau so, wie ich es verlassen hatte. Die neutralen weißen Wände schaute ich mir nicht mal genauer an, weil die Erinnerung an meinen Vater schmerzte. Wir hatten letztes Jahr zusammen die Wände in abwechselnden Farben mit lila und rot gestrichen. Ich konnte diese Wände nicht mehr sehen, die Erinnerung daran lässt mich wissen, dass wir zwei nie wieder zusammen irgendwelche Wände streichen werden. Papa und ich Strichen immer zusammen die Wände, während Mama uns in der Zeit was schönes kochte. Das war unser Ding.
Mein Zimmer war relativ schlicht gehalten, ein ganz normaler Kleiderschrank stand gegenüber meines Bettes und rechts davon mein Schreibtisch.
Kurz nachdem es passiert war, Strich ich eigenhändig die Wände wieder weiß.
Links von meinem Kleiderschrank war das Bad hinter einer brauen Tür. Geht man ins Bad herein, links hat man eine große Dusche und blaues Mosaik an den Wänden und dazu passende schwarze Fliesen. Außerdem gibt es noch links ein Waschbecken mit Unterschrank und ein großen, ovalen Spiegel.
Näher trat ich an den Spiegel heran und betrachtete mich mal genauer. Ich bin klein, das weiß ich, doch mir machte das nichts aus. Meine hellbraunen gelockten Haare mit blonden Strähnen, gehen mir mittlerweile bis zur Brust. Ich bin dünn, aber nicht zu dünn. Ich habe blaue Augen die ich von meinen Vater habe und die Haarfarbe von meiner Mutter.
Jace, mein Bruder, hatte die grüne Augen meiner Mutter und die schwarzen Haare meines Vaters. Äußerlich wären wir eine tolle Familie die echt gut zusammen passt.
Heute ist Montag, das heißt ich müsste noch bis Freitag in die Schule. 4 Tage in der Hölle.
Ich habe da keinen Freunde, bin Außenseiter. Ich habe Angst vor Konfrontation, ich war schließlich 3 Monate nicht da.
Ich habe Angst vor den Gedanken die dann wieder kommen, diese Gedanken sind schlimm für mich, ich kann sie nicht stoppen. Aber dafür ist ja mein bester Freund da. Ich habe selbst in der Klinik nicht aufgehört mich zu verletzen, es tut einfach so gut, ich kann nicht ohne, es ist eine Sucht.
Kurz vor sieben machte ich mich auf den Weg nach unten zum Essen. Es gibt heute Pizza, mein Lieblingsessen. Schweigend saß ich mit meiner Mutter am Tisch und aßen die Pizza. Jetzt war auch einer der Momente in denen ich mich gerne unterhalten würde, aber ich wollte kein Gespräch anfangen, Mama sollte den ersten Schritt machen. Ich war ja schließlich lang genug weg.
"Wie schmeckt dir das Essen, Sky?" begann Mama. "Sehr gut, besser als das Klinik Essen" antwortete ich ihr. Das stimmt sogar, ich hatte lang nicht mehr so lecker gegessen. Mmhh.
Mit einem "Gute Nacht" verabschiedete ich mich nach oben und machte mich im Bad fertig. Ich zog mich bis auf die Unterwäsche aus und legte mich ins Bett. Danach schnappe ich mir mein Handy und ging nochmal auf Instagram. Ich schaute mir verschiedene Stars und deren Storys an. Müde legte ich das Handy weg und schloss es an das Ladekabel an.
Mein Kopf aufs Kissen gelegt und mein Wecker auf 6 Uhr 30 gestellt, falle ich in einen traumlosen Schlaf.
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