Geht's noch?!

*Louis' POV*

Noch etwas müde machte ich mich auf den Weg ins Training. Bald würden wir ein wichtiges Spiel haben, weshalb jede noch so kurze Sekunde zählte, was dazu führte, dass wir uns zu einer absolut unchristlichen Uhrzeit fürs erste Lauftraining des Tages trafen. Schwerfällig schlurfte ich in die Kabine, doch entgegen meiner Erwartungen warteten dort keine vor Erschöpfung schweigende Spieler, sondern wütende Laute und empörtes Schnauben. "Was zur Hölle ist denn hier los?", fragte ich entsetzt. "Der neue Manager hat nen Ex-Freund", klärte mich einer der Abwehrspieler auf. "Ja und jetzt? Sein Privatleben geht dich doch nen Scheiß an", hakte ich verwirrt nach, ich verstand einfach nicht, wo das Problem lag. "Man, weißt du, was das heißt? Der ist ne Schwuchtel!", rief ein anderer. "Und?", wollte ich noch immer verständnislos wissen. "Wie und?! Bist du jetzt von allen guten Geistern verlassen?! Der ist doch safe nur hier, weil er sich an Sportlern aufgeilt!", warf man mir entgegen. "Pass auf, bald vergreift er sich an uns!", fügte jemand dazu. "Oder er steckt uns mit seiner Homo-Scheiße an!", schob ein weiterer nach.

"Sagt mal: GEHT'S NOCH?!", schrie ich außer mir vor Wut und sofort waren alle still. "Ja, ich bin auch fassungslos da-" "Halt bloß dein beschissenes Maul!", unterbrach ich diesen Einwurf sofort, "Habt ihr jetzt alle völlig den Verstand verloren?! Ist ja ekelhaft, mit was ihr hier um euch werft!" "Nein, ekelhaft ist, dass man sowas auf uns loslässt", beschwerte sich jemand. "Ihr habt doch nur Schiss davor, dass er die Gedanken, die ihr in Bezug auf Frauen habt, an euch auslebt!", brüllte ich und danach war es still, totenstill. "Aber soll ich euch mal etwas sagen? Kein Schwuler dieser Welt würde euch auch nur mit der Kneifzange anfassen! Ihr seid einfach nur unfassbar intolerant und widert mich an! Ich wette mit euch, wärt ihr und Harry die letzten Männer auf dieser Welt, lieber würde er abstinent leben als euch auch nur anzuschauen!", sagte ich irgendwann etwas gefasster. "Ja natürlich, wer's glaubt wird selig", schnaubte der Abwehrspieler, der den ganzen Streit angefangen hatte, leise. "Bloß, weil du die Gelegenheit nutzen wurdest, um dich an irgendwelchen Frauen zu vergreifen, heißt das nicht, dass automatisch jeder das so machen würde, auch nicht jeder Schwule. Achso, und noch Tipp, Homosexualität ist nicht ansteckend, sonst wärt ihr alle schon seit Jahren schwul", knurrte ich. "Dir ist hoffentlich bewusst, dass unser ach so toller Manager erst seit ein paar Monate da ist, oder?", lachte jemand ironisch. "Ja. Und dir ist hoffentlich, dass dein Kapitän schon länger Teil der Mannschaft ist als du, oder?", fragte ich scheinheilig. "Und was hat das jetzt damit zu tun?", wurde ich unterbrochen. "Und dir ist hoffentlich auch bewusst, dass eben jener Kapitän selbst stockschwul und seit Jahren mit genanntem Manager in einer Beziehung ist, oder?", fügte ich noch hinzu und verließ daraufhin noch immer aufgebracht die Umkleide. 

Ich ignorierte die geschockten Rufe hinter mir und machte mich auf den Weg ins Büro meines Freundes. "Hey, Love", begrüßte ich ihn lächeln und gab ihm einen liebevollen Kuss. Als ich vor ein paar Stunden aufgewacht war, hatte er schon längst das Haus verlassen. "Womit habe ich das denn verdient?", hakte er schmunzelnd nach. "Vielleicht dafür, dass du der beste Freund des Universums bist?", grinste ich und Harry rollte mit seinen Augen. "Solltest du nicht eigentlich beim Lauftraining sein?", fragte er dann aber doch mit erhobenen Mundwinkeln. "Ja ja, aber erstens bin ich viel lieber bei dir und zweitens wollte ich dich sowieso fragen, ob du mitkommen möchtest?", trug ich ihm hoffnungsvoll mein Anliegen vor. "Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist, Lou?", seufzte der Lockenkopf. "Die Jungs wissen es jetzt eh schon, also ist es auch egal", lachte ich. "Wie meinst du das?", wollte Harry geschockt wissen. "Irgendwer hat wohl von deiner Aussprache mit deinem Ex mitbekommen und ich musste vorhin vielleicht ein klein bisschen laut werden?", entgegnete ich unschuldig. "Ach Lou, bring dich nicht in Schwierigkeiten", schüttelte mein Freund mit dem Kopf. "Mach ich schon nicht, keine Sorge, ich bin der Kapitän. Trotzdem werde ich sie garantiert nicht mit Beleidigungen dir gegenüber davonkommen lassen, das kannst du genauso vergessen wie eine Katze als Haustier... Wobei diesen Vergleich sollte ich vielleicht nicht nutzen, ich bin mir nicht sicher, wie lange ich deinem Flehen noch standhalten kann", gab ich zu und brachte meinen Liebsten damit zum Lachen. Danach machten wir uns auf den Weg zu den anderen, um endlich unsere Laufrunde zu beginnen.

"Ach sieh mal einer an, da kommen ja der Betrogene und das Arschloch", war das erste, was ich von meiner Mannschaft hörte. "Bitte?", fragte ich wieder ein bisschen mehr gereizt. "Tja, dein ach so toller Freund hat sich hinter deinem Rücken-", setzte der Spieler zur Erklärung an. "Lass mich raten! Mit seinem Ex getroffen? Das war eine normale Aussprache, um einen langwierigen Streit zu begraben. Und hättest du bis zum Ende spioniert, wüsstest du auch, dass ich nach einiger Zeit ebenfalls zu den beiden hinzugestoßen bin. Und jetzt halt dich aus meinem Privatleben raus und lauf", unterbrach ich diesen Vorwurf sofort. "Na dann wollen wir ja mal sehen, ob ein Büro-Futzi mit Sportlern mithalten kann", lachte Niall, einer meiner besten Spieler, scherzhaft und ich war ihm echt dankbar, dass er die Situation damit auflockerte. "Unterschätze niemals die Beine eines Büro-Futzis", entgegnete mein Freund. "Hm, zumindest solange kein Ball im Spiel ist", fügte ich zweifelnd hinzu und brachte somit alle zum Lachen, das Eis schien gebrochen. 

Ich konnte definitiv nicht sagen, dass alle mit der Situation klarkamen, doch nachdem ich mehrfach eingeschritten war, sagte zumindest keiner mehr was negatives. Und als wir abends gemeinsam noch in einer Bar saßen, stellte ich zum ersten Mal in all den Jahren fest, dass ich mit einigen der Spieler mit Sicherheit eine gute Freundschaft würde aufbauen können, jetzt wo mein größtes Geheimnis raus war und ich mich nicht mehr verstellen musste. Irgendwie hatte mein Geständnis den Teamspirit sogar noch gestärkt, wodurch wir einige Tage später besser denn je für das Spiel vorbereitet waren.

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