Fortsetzung: Klassenfest
Am darauffolgenden Morgen klingelte es gegen neun an der Tür. Seit wann war Louis bitte überpünktlich? Wir waren doch erst für halb zehn zum Frühstücken verabredet... Naja, egal, ich würde ihn nicht vor dem Haus stehen lass. "Hey-Kendall? Was machst du denn hier?", unterbrach ich mich selbst als ich bemerkte, wer da tatsächlich geklingelt hatte. "Ich dachte, ich komm einfach mal wieder vorbei, habe sogar Brötchen mitgebracht, das haben wir schon länger nicht mehr gemacht", lächelte sie. "Äh... Klar... Komm rein", antwortete ich perplex ohne zweimal darüber nachzudenken. "Warum ist du wirklich da?", fragte ich meine beste Freundin, nachdem ich mich wieder gefangen hatte. "Was meinst du?", wollte sie gespielt unschuldig wissen. "Ken, du kommst nie ohne Grund, wenn wir nicht verabredet sind", merkte ich trocken an. "Durchschaut... Ich wollte einfach nur wissen, wie es sein kann, dass ich nicht wusste, dass du den Lehrer unserer Kinder von früher kennst. Außerdem muss ich doch sicherstellen, dass es dir gut geht, so selten wie du dich in den letzten Wochen gemeldet hast", gestand sie. "Sorry, ich war vielleicht ein bisschen sehr beschäftigt, hatte viel zu erledigen und zu klären. Ab jetzt gelobe ich Besserung... Und damit hast du auch eigentlich selbst schon genannt, warum du das von Louis und mir nicht wusstest, wir haben die letzten Wochen nur sehr oberflächlich gesprochen, mehr steckt da nicht dahinter", wimmelte ich ihre Fragen schnell ab, zu schnell. "Was verschweigst du mir, Harry? Und keine Ausreden, ich will jetzt die Wahrheit...", seufzte sie.
Gerade als ich ihr antworten wollte, klingelte es erneut an der Tür. Ich schaut auf die Uhr, zwanzig vor zehn, das passte doch schon eher zu meinem Wuschelkopf. Eilend öffnete ich ihm und wurde sogleich in seine Arme gezogen. "Guten Morgen, Haz, ich habe Croissants und Yorkshire Tee dabei, ich weiß noch, dass wir deinen letztens leer gemacht haben", überschüttete er mich mit einem Schwall aus Worten. "Dann haben wir jetzt wohl mehr als genug zum Essen, Kendall kam eben mit frischen Brötchen reingeschneit, tut mir leid, Boo", berichtete ich ihm die Lage. "Ach, macht doch nichts, dann fühle ich deiner besten Freundin eben mal auf den Zahn", zwinkerte Louis. "Nichts anderes wird sie mit dir tun", stöhnte ich genervt auf. "Passt dann ja", kicherte der Lehrer noch immer völlig entspannt, drückte mir einen Kuss auf die Wange und ging an mir vorbei in die Küche. Ich bereitete mich noch kurz mental auf die nächsten Stunden vor, bevor ich ihm folgte. Er hatte Kendall bereits in ein Gespräch verwickelt und kochte Tee. Als hätte er meine Anwesenheit gespürt, fragte er ohne sich umzudrehen: "Immer noch mit Mandelmilch und einem Stück Zucker?" "Manches ändert sich nie", lächelte ich.
Kurz darauf saßen wir zu dritt am Esstisch und frühstückten. "Harry, du schuldest mir noch eine Antwort, glaub ja nicht, dass ich das vergessen habe", schmunzelte die braunhaarige und ich verschluckte mich an meinem Tee. "Nicht so stürmisch", lachte Louis und klopfte mir auf den Rücken. Danach verließ er die Küche, vermutlich um auf Toilette zu gehen. "Der kennt sich hier aber aus, wie oft war er in den letzten Wochen bitte hier?", hakte Kendall natürlich sofort nach. "Ich hab dir doch gesagt, dass ich viel zu klären hatte... Wir haben uns über sieben Jahre nicht gesehen, Ken, das letzte Mal bevor Lara mit Stella schwanger geworden ist. Wie gesagt ist der Kontakt abgebrochen, kurz nachdem Louis angefangen hat zu studieren. Von beiden Seiten aus ist es blöd gelaufen, das musste geklärt werden und nach so langer Zeit hat man sich eben auch viel zu erzählen", entgegnete ich seufzend. "Wie kann man versehentlich den Kontakt verlieren?", wollte meine beste Freundin wissen. "Indem eine Partei wochenlang ein verschrottetes Handy hat und die andere Partei in eben jenem Zeitraum umzieht", erklärte Louis, der gerade wieder den Raum betrat. "Ich muss jetzt los, wollte dich eigentlich nur schnell überraschen und deinen Teevorrat wieder auffüllen, der Unterricht bereitet sich nicht von alleine vor", schob er dann hinterher. "Okay, ich bring dich noch zur Tür", antwortete ich und folgte ihm in meinen Flur. "Danke, dass du da warst, fahr vorsichtig und schreib mir, wenn du sicher Zuhause bist", flüsterte ich in sein Ohr, während ich ihn zum Abschied umarmte. "Mach ich, versprochen. Und ihr habt noch schön Spaß ohne mich, aber nicht zu viel Spaß", grinste der Wuschelkopf und ich erteilte ihm für den frechen Spruch einen Klaps auf den Hinterkopf.
"Dich hat's ja wohl mal voll erwischt", lachte Kendall als ich breit lächelnd in die Küche zurückkam. "Erzähl mir was neues", seufzte ich verträumt, bevor ich realisierte, was ich da gerade gesagt hatte, und rot wurde. "Ha! Wusste ich es doch, dass du mir was verschweigst! Der Lehrer deiner Tochter, ernsthaft? Lass mich raten, das ist so eine 'Ich treffe meinen Highschool Crush wieder und plötzlich sind alle Schmetterlinge wieder da' Situation", rief meine beste Freundin noch immer lachend. "Eher so ne 'Ich treffe meinen Ex wieder, von dem ich jahrelang dachte, er hätte mich geghosted, obwohl er eigentlich nur sein Handy geschrottet hat und zu unfähig ist, sich Telefonnummern zu behalten, und merke, dass ich die Gefühle all die Jahre lang nur verdrängt habe' Situation", entgegnete ich ehrlich. "Meinetwegen auch da-Moment was?! Er ist dein Ex?!", rief sie geschockt. "Naja, er war mein Ex und dann haben wir beschlossen, es langsam angehen zu lassen", murmelte ich. "Harry! Er ist der Sportlehrer deiner Tochter! Und wie war das? Kein Sex mit dem Ex?", fragte sie entsetzt. "Erstens war er mein Ex bevor er auch nur ansatzweise Lehrer geworden ist und zweitens hatte ich keinen Sex mit ihm! Es geht hier nicht um eine heiße Affäre, Kendall! Ich habe diesen Mann mehr geliebt als mein eigenes Leben und verdammt, das tue ich immer noch!", verteidigte ich mich lautstark. "Tut mir leid, ich will doch nur dein bestes", gab meine beste Freundin daraufhin klein bei und ich wusste, dass ich vielleicht etwas harsch gewesen war.
Natürlich musste meine Mutter in diesem Moment die Tür aufschließen, um Stella nach Hause zu bringen. "Warum schreist du so, Dad?", fragte das kleine Mädchen. "Ich war nur etwas aufgebracht, keine Sorge, mein Schatz", erwiderte ich mit weicher Stimme. "Stella, kannst du bitte schon mal in dein Zimmer gehen und spielen? Ich muss noch was mit Papa klären", bat mein Mutter und meine Tochter machte, was ihr gesagt wurde. "Du hast ihn also wieder getroffen...", seufzte sie als der kleine Wirbelwind verschwunden war. "Er ist Stellas Sportlehrer und auf dem Klassenfest vor ein paar Wochen stand er plötzlich vor mir, ich bin fast vom Glauben abgefallen... Scheiße, Mum! Er hat sich kaum verändert, er ist nur so viel hübscher und reifer geworden, was soll ich denn machen?", wollte ich ein bisschen verzweifelt wissen. "Ich will nur nicht, dass dir wieder das Herz gebrochen wird. Denn ich erinnere mich noch sehr genau an die Zeit damals, es hat ewig gedauert, bis wir dich dazu bewegen konnten, wenigstens mal wieder ansatzweise zu lächeln", antwortete meine Mutter darauf. "Es war ein Missverständnis, ein dummer Zufall. Er hätte von Anfang an besser überlegen müssen, ja, aber wir waren beide so unfassbar jung und naiv, ihn trifft keine Schuld. Sein Handy war kaputt und als er dann endlich frei machen und zu mir kommen konnte, waren wir schon umgezogen", erklärte ich ihr die Situation. "Du bist alt genug, um zu wissen, was du tust, Harry. Lass dich einfach nicht wieder so brechen wie vor all den Jahren, du trägst nicht mehr nur Verantwortung für dich, sondern auch für Stella. Mach ihr keine unbegründeten Hoffnungen, sonst werdet ihr am Ende beide enttäuscht", äußerte sie ihren Rat und ich schloss sie dankbar in meine Arme.
Meine Mum hatte recht, ich musste auch auf Stellas Wohl achten, nicht nur auf mein eigenes. Deshalb machte ich mich ein paar Tage und viele Gedanken später auf den Weg zu Louis. "Hey, Hazza! Du hast gar nicht geschrieben, dass du kommen wolltest... Naja, egal! Umso schöner ist es, dass du da bist", freute er sich. "Ich muss mit dir reden", gestand ich ihm und Angst breitete sich in seinem Gesicht aus. "Was gibt's?", wollte er wissen als wir im Wohnzimmer auf seiner Couch saßen. "Ich weiß, wir wollten es langsam angehen, aber das funktioniert so nicht...", setzte ich an. "W-wie meinst du das?", fragte der Wuschelkopf und Tränen begannen, sich in seinen Augen zu sammeln. "Bitte nicht weinen, Boo! Ich meine damit, dass ich nicht nur mir, sondern auch meiner Tochter gegenüber eine Verantwortung trage. In dieses Konzept passt einfach nichts unsicheres... Das macht sowohl mir als auch Stella nur unnötig Hoffnung, die dann viel zu schnell wieder enttäuscht werden können. Die letzten fünf Jahre, waren es nur ich und sie gegen der Rest der Welt, denn wer will schon einen Mann, der sich in meinem Alter bereits um ein Kind kümmern muss? Im Notfall werde ich meine Tochter immer über alles und jeden anderen setzen, du musst dir darüber bewusst sein, dass das mit uns nicht nur eine Beziehung, sondern gleich eine ganze Familie wäre... Es gilt also ganz oder gar nicht...", erklärte ich mich und wurde zum Ende hin immer leiser. Kurz darauf lag ein Paar weiche Lippen auf meinen. "Selbstverständlich ganz! Das war mir doch die ganze Zeit über schon bewusst, ich kenne dich, Harry! Und wenn es nach mir geht, lasse ich dich nie wieder gehen, diesen Fehler habe ich schon einmal begangen, wenn auch nicht mit Absicht... Ich hatte gerade so Schiss, dass du das mit uns beenden willst, bevor es überhaupt richtig angefangen hat, dass du gemerkt hast, dass du so viel mehr verdienst als mi-", antwortete Louis auf meine indirekte Frage, doch ich unterbrach ihn mit einem weiteren Kuss. "Du bist perfekt, perfekt für mich, Lou", hauchte ich.
Und bald darauf stellte ich ihn meiner Mum, meiner Schwester, meiner Tochter und meiner besten Freundin offiziell als den neuen alten Mann an meiner Seite vor. Er wurde herzlich wieder in der Familie aufgenommen, allerdings nicht ohne ein paar Belehrungen von Gemma. Auch seine Familie freute sich darüber, dass wir wieder zusammengefunden hatten. "Mum hat es sich so sehr gewünscht, ihr letzter Wunsch war, dass er um dich kämpft", gestand Lottie mir flüsternd und rührte mich damit zu Tränen. Das erste mal seit Jahren fühlte ich mich wieder komplett und hatte einen Menschen, den ich mein Zuhause nennen konnte.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top