Am heutigen Samstag habe ich einen etwas längeren One Shot von der lieben fxcking_avocado17 für euch ♥️
Vielen Dank das ihr alle noch so zahlreich dabei seid und auch an dich, dass du dir die Zeit genommen hast deine Gedanken für uns aufzuschreiben ♥️ danke das du dieses Jahr Teil dieses Kalenders bist 🥰
Genießt ihn und denkt daran ein wenig Liebe dazulassen ✨
Lots of love xx
Wörteranzahl: 4338
„Louis, warte doch mal! Wohin gehen wir überhaupt?" Ächzend stehe ich auf und folge meinem Freund die zwölf Schritte in den Flur. Vor wenigen Sekunden verkündete er mir begeistert, dass er etwas mit mir vor hat, ehe er mich ohne weitere Antworten von sich schob und allein auf dem Sofa zurückließ. Immerhin hat er nicht die Wolldecke mitgenommen, in die ich noch immer eingekuschelt bin. "Zieh dir deine Schuhe an und dann gehts los", erklärt Louis knapp. Allein an seiner Stimme höre ich schon, dass er über beide Wangen strahlt. "Aber wohin denn?", hake ich weiter nach, befolge jedoch seine Anweisung und schlüpfe in meine Chelsea Boots. - "Das verrate ich dir nicht, Baby. Aber es wird dir bestimmt gefallen", meint er nur und wickelt mir einen Schal um den Hals. "Hier, deine Jacke." Mit einem leisen Danke nehme ich sie entgegen und streife sie mir über. "Und jetzt?" - "Jetzt muss ich dir noch die Decke klauen", lacht Louis und zieht mir diese unsanft weg. - "Aber draußen ist es so kalt", jammere ich.
"Dort wo wir hingehen wirst du die Kälte nicht mehr spüren, versprochen." Louis nimmt meinen Arm und hakt ihn in seinem ein, dann gehen wir zur Haustür. Während er zuerst auf- und hinter uns wieder zuschließt, fahre ich mit meinen Fingern durch seine weichen Haare. "Wo ist deine Mütze?", frage ich streng. Louis war letzte Woche erst erkältet, seitdem lasse ich ihn nicht mehr außer Haus, wenn er nicht dick genug angezogen ist. Einen kranken Freund zu haben ist wirklich anstrengend. Louis tendiert jedes mal zu einer Klette. Ein Wunder, dass er mich überhaupt allein auf die Toilette hat gehen lassen.
"In meiner Jackentasche", murmelt dieser nun kleinlaut und streift sich die Beanie über den Kopf, "können wir jetzt endlich los?" Lachend stimme ich zu und gehe neben ihm her die vier Treppenstufen hinunter und schließlich die neun Schritte bis zum Gartentor. "Rechts oder links?", frage ich. - "Weder noch. Wir gehen geradeaus Richtung Stadtzentrum." Verwundert nicke ich und passe mich seinem Lauftempo an. Immer mehr Autos rauschen an uns vorbei, je dichter wir zur Stadt kommen. Louis und ich wohnen etwas abseits in einem kleinen Häuschen mit Garten. Es war damals günstig zu kaufen und brauchte ein wenig Liebe und Zeit, die wir beide gern investierten, um uns ein Zuhause daraus zu schaffen. Seit fast vier Jahren wohnen wir nun schon darin und ich könnte nicht glücklicher sein. "In circa hundert Metern kommt eine Kreuzung, die recht dicht befahren ist. Aber bleib einfach bei mir, dann schaffen wir das ohne Probleme", erklärt Louis zuversichtlich. - "Ich weiß. Wir sind doch ein eingespieltes Team", sage ich lächelnd und klammere mich etwas fester an seinen Arm. "Das stimmt... Vorsicht, hier wird der Weg ein bisschen schmaler und einige Leute kommen uns entgegen." - "Okay, naja das wird schon-"
Ein fester Stoß gegen meine Schulter lässt mich zusammenzucken. "Man, hast du keine Augen im Kopf? Pass doch auf!", höre ich eine wütende Stimme. - "Er hat Augen im Kopf aber keine funktionierenden, du Idiot!", feuert Louis zurück und hebt meinen Arm etwas an, "Glaubst du, er trägt die gelbe Armbinde zum Spaß?!" - "Lass gut sein, Lou. Er hat es vielleicht nicht gesehen", murmle ich unwohl und laufe weiter.
"So etwas macht mich einfach nur wütend. Gerade in der Weihnachtszeit sollte man doch noch mehr auf seine Mitmenschen achten als ohnehin schon und trotzdem gibt es immer wieder solche Idioten, die denken ihnen gehört die Welt!" - "Vielleicht hat er es selbst ja auch nicht leicht", sage ich leise und höre ein Seufzen neben mir. "Das mag sein. Aber trotzdem rempelt man nicht jeden an, der nicht schnell aus dem Weg springen kann, wenn so ein Idiot durch die Gegend hetzt." - "Lou, es ist doch nichts passiert." Ich taste vorsichtig seinen Arm nach oben hin ab, bis meine kalte Hand schließlich an seiner Wange liegt und ich unsere Lippen kurz miteinander verbinde. "Ich bin ihm ja auch nicht aus dem Weg gegangen", sage ich dann schmunzelnd. - "Hazza, du bist blind, wie sollst du also merken wenn dir jemand entgegenkommt?", entgegnet Louis tadelnd, doch ich weiß einfach, dass er grinst. Als ich mit meinen Fingern sanft über seine Lippen fahre und die angespannten Mundwinkel spüre, erkenne ich auch, wie Recht ich damit hatte. "Also... zurück zum Thema... wohin entführst du mich nun?" - "Lass dich doch einfach überraschen." Louis legt seinen Arm um meine Taille und läuft los, ich folge ihm lächelnd.
Fast eine Viertelstunde gehen wir nebeneinander her, mal über dicht befahrene Straßen, mal durch ruhige Gassen. Man sollte annehmen, dass es Unsicherheit und vielleicht auch Angst in mir auslöst, Louis blind zu folgen. Vor wenigen Jahren wäre das mit Sicherheit auch der Fall gewesen. Ich war immerzu mit meinem Blindenstock unterwegs, doch es ist nicht so einfach, sich ohne Augenlicht in London zurechtzufinden, wenn man vom Dorf kommt.
Wäre mein Job nicht gewesen, würde ich womöglich immernoch im Holmes Chapel sitzen und auf meinen Traummann hoffen. Doch vor knapp sechs Jahren schleppte mein bester Freund mich in einen Club und naja... wenn man viel trinkt muss man eben auch mal auf die Toilette. Aber dass ich die Schüssel verfehlen und einem mir damals fremden Mann beinahe auf die Schuhe pinkeln würde, hätte ich nie vermutet.
Lächelnd streiche ich über die Stelle meines Arms, an der ein kleines Tattoo prangt. Oops.
"Hi", sagt Louis plötzlich. Verwundert hebe ich meinen Kopf ein wenig an. "Hm?"
"Du hast über dein Tattoo gestrichen. Das machst du immer, wenn du an früher denkst", erklärt er. - "Ich habe mich gerade an unsere Toilettenbegegnung erinnert", sage ich grinsend. - "Ich weiß noch genau wie verloren du vor mir standest. Mit offener Hose." Augenblicklich schießt mir die Röte ins Gesicht. "So detailliert wollte ich nicht daran denken", grummle ich, doch er lacht bloß und zieht mich weiter.
Nach einigen Schritten steigt mir plötzlich ein merkwürdiger Duft in die Nase. Es sind so viele unterschiedliche Gerüche, dass ich diese gar nicht zuordnen kann. Auch dringt leise Musik in meine Ohren, die nahezu mit jedem Schritt ein wenig lauter wird. "Wo sind wir?", frage ich verwundert. Ohne mir zu antworten läuft Louis weiter. Ich schnuppere ein wenig und konzentriere mich so gut es geht.
Glühwein. "Sind wir..." Schließlich klingen auch die Töne der Musik um uns herum ein wenig deutlicher und ich atme erneut tief ein. Weihnachtsgebäck. Pommes. "Sind wir auf einem Weihnachtsmarkt?", frage ich mit großen Augen. - "Ganz genau. Ich weiß, du magst so etwas eigentlich nicht... aber ich wollte dir einen schönen Abend gestalten und irgendwie hatte ich Lust auf eine Currywurst... ähm... aber wenn es dir nicht gefällt, können wir auch wieder gehen..." Ich schlucke und überlege einen Moment. Auch wenn ich mittlerweile ganz gut im Alltag zurechtkomme, ist der Gedanke, mich blind in eine Menschenmenge zu stürzen, sehr gewöhnungsbedürftig. "Du würdest bei mir bleiben?", frage ich leise. Sofort verschränkt Louis seine Finger mit meinen. "Natürlich. Versprochen. Wenn es dir zu viel wird, können wir auch wieder gehen."
Ich atme tief durch. Eigentlich kann ja nichts schief gehen. Oder? Ein leises Grummeln reißt mich aus den Gedanken. "Sorry... ich habe heute noch nicht viel gegessen", sagt Louis lachend und hält unsere Hände vor seinen Bauch. "Na gut, dann gehen wir jetzt Currywurst essen", schmunzle ich und werde durch Louis' aufsteigende Euphorie beinahe schon angesteckt.
Gemütlich schlendern wir nebeneinander her und ich lasse all die Eindrücke auf mich wirken. "Ich war schon lange nicht mehr auf einem Weihnachtsmarkt", sage ich dann nachdenklich. Das Lachen einiger Kinder schallt zu uns herüber und ich drehe meinen Kopf ein wenig in ihre Richtung. "Ist dort ein Fahrgeschäft?", frage ich. - "Ja, ein Riesenrad. Aber es sieht beinahe lächerlich aus, wenn man es mit dem London Eye vergleicht", erklärt Louis. - "Solange die Kinder ihren Spaß haben ist es doch schön."
Mein Freund gibt ein zustimmendes Geräusch von sich und schnuppert dann kurz. "Komm mit, dort vorn ist ein Currywurststand." Wir laufen zu der Bude und reihen uns in die Schlange. "Stehen viele Menschen an?", frage ich ein wenig ungeduldig, denn auch ich bekomme langsam Hunger. "Ein paar. Aber wir sind gleich an der Reihe." So bleibt mir nichts anderes übrig als zu warten und den Personen vor uns bei ihren Gesprächen zu lauschen. Eine wohl etwas ältere Dame beschwert sich soeben darüber, dass ihr Enkel schon mit sechs Jahren ein Handy zu Weihnachten geschenkt bekommt. Ein leises Kichern entkommt mir, als vor lauter Aufregung ein starker Dialekt in ihrer Stimme zum Vorschein kommt. "Bitte bewahre mich davor, später auch mal so aufbrausend zu werden", flüstere ich Louis grinsend zu. Er lacht leise und streicht sanft über meine Wange. "Davor musst du eher mich bewahren, ich bin doch der sassy-Louis." - "Vielleicht überträgt sich das ja irgendwann auf mich." - "Das glaube ich kaum."
"Die Herren, was kann ich für Sie tun?", unterbricht mich die Frage der Verkäuferin, als ich gerade zu einem guten Konter ansetzen möchte. Schmollend lasse ich Louis die Bestellung aufgeben und strecke dann blind einen Geldschein nach vorn, wo ich die Verkäuferin vermute. Ich spüre die Hand meines Freundes an meinem Arm, als er diesen ein wenig weiter nach links drückt und mir daraufhin der Schein abgenommen und ein paar Münzen in die Hand gedrückt werden. "Guten Appetit Ihnen und frohe Weihnachten", höre ich die Frau noch sagen. Louis und ich verabschieden uns ebenfalls und laufen dann ein paar Schritte weiter zu einem Stehtisch. "Einmal eine Currywurst für dich, eine für mich und Pommes für uns beide", kündigt Louis an. Sogleich steigt mir auch schon der Duft des Essens in die Nase.
~*~
Wenig später sind die Papierschalen vor uns auch schon leer und unsere Mägen voll. "Und wohin gehen wir jetzt?", frage ich. - "Das merkst du gleich, wir müssen nur-" Ein Kichern ertönt, als Louis wohl zu mir blickt. "Was ist los?" Ich runzle verwirrt die Stirn, doch kurz darauf spüre ich Louis' Daumen, der über meine Lippen streicht. "Essen sollte man können", sagt er tadelnd und erhält dafür einen Klaps von mir gegen die Brust. "Idiot." Er lacht nur und nimmt sich wieder meine Hand. "Komm mit. Zicke."
Wieder laufen wir in langsamem Tempo dicht nebeneinander her. Zwischendurch laufen wir ein paar kleinere Bögen, vermutlich um einigen Menschen auszuweichen. Louis erzählt mir die ganze Zeit, was er sieht und was sich um uns herum befindet. Ich versinke voll und ganz in seinen Erzählungen und seiner beruhigenden und doch so aufgeregten Stimme. Er blüht regelrecht auf, für ihn sind solche Erlebnisse erstrecht besonders, weil sie für uns beide selten vorkommen. Es ist nicht so, dass ich jeden Abend nur auf dem Sofa liege und faulenze, aber es ist für mich manchmal einfach noch schwierig, mich mit alldem abzufinden. Von einem Tag auf den anderen nichts mehr sehen zu können ist eine Sache, mit der ich mich wohl nie abfinden kann. Ich komme zurecht und ich muss es hinnehmen, aber das heißt nicht, dass es nicht schwierig ist. Auch Louis musste sich von seinem wilden Studentenleben umgewöhnen, als er mich kennenlernte. Ich ticke anders und ich schätze es immernoch so sehr, dass er trotz allem bei mir blieb und mich nicht im Stich gelassen hat.
Erlebnisse wie dieser Weihnachtsmarktbesuch schweißen uns noch enger zusammen als ohnehin schon. Ich vertraue Louis wortwörtlich blind. Er kennt meine Schwächen und Stärken, genauso wie ich die seinen. Wir ergänzen uns, obwohl wir so unterschiedliche Persönlichkeiten haben. Oder vielleicht auch gerade deshalb.
"... ich liebe es hier, Hazza. All die bunten Lichter und die glücklichen Menschen um uns herum...", schwärmt Louis soeben. Erst jetzt bemerke ich, dass wir stehengeblieben sind. Da ich jedoch keine lauten Stimmen höre, gehe ich nicht davon aus, dass wir uns mitten in der Menge befinden. "Und dann diese Gerüche.... wir müssen so etwas öfter unternehmen. Also natürlich nur, wenn du dich auch wohlfühlst...ähm... ist alles okay? Du wirkst so abwesend." Louis' Hände legen sich auf meine Wangen und ich spüre seinen warmen Atem, der mein Gesicht streift. "Es ist alles okay, Lou. Mir geht es sehr gut", versichere ich lächelnd. Langsam gehe ich einen kleinen Schritt nach vorn, bis ich seinen Oberkörper an meinem spüre. Dann schließe ich meine Augen und lege meine Hände um seinen Nacken. "Ich liebe es hier, weil du bei mir bist. Allein würde ich wohl verzweifeln, aber mit dir... es ist perfekt. Als würde ich das alles direkt vor mir sehen, verstehst du? Und... ich liebe deine Beschreibungen und dass du mir erzählst, was du siehst. Das macht es einfach wunderschön." Ich höre, dass Louis schluckt, als ich seinen Lippen ein wenig näher komme, bis ich ihm einen kleinen Kuss auf den Mundwinkel gebe. Ich löse mich nicht ganz von ihm, ich gebe ihm nur die Möglichkeit, etwas zu sagen, doch er entscheidet sich dafür, dass ein Kuss mehr sagt als tausend Worte. Und Himmel- der Kuss ist atemberaubend. Er bringt alles in mir zum Kribbeln und eine angenehme Gänsehaut breitet sich über meinem Körper aus.
"Zeig mir die Farben", hauche ich gegen seine Lippen. - "Nichts lieber als das", flüstert er zurück und küsst mich erneut. Ich spüre, dass er lächelt und wieder einmal überträgt sich dies auch auf mich. Wie sehr ich diesen Mann doch liebe...
"Und wohin-"
- "Harold!", ruft Louis lachend, "Wie oft willst du mich das heute denn noch fragen?" Ich grinse bloß und lecke mir über die Lippen. Noch immer habe ich Louis' Geschmack darauf und noch immer bin ich mir sicher, dass es nichts Besseres gibt.
"Wir werfen uns jetzt einen Teddybären, okay?", schlägt Louis plötzlich begeistert vor und zieht mich eifrig hinter sich her. - "Wenn du das übernimmst gern", lache ich, doch zu meinem Erstaunen verneint er. "Wir machen das zusammen."
Neugierig höre ich zu, als er etwas mit dem Budenbesitzer bespricht, dann schiebt er mich an einen Art Tresen und drückt mir einen Tennisball in die Hand. "Also Hazza, pass auf. Circa drei Meter von hier aus entfernt befinden sich zwölf Metalldosen auf meiner Augenhöhe, die zu einer Art Pyramide aufeinandergestapelt sind. Wenn wir es schaffen, mit fünf Würfen alle Dosen umzuwerfen, bekommen wir einen Teddybär, okay?" - "Okay", gebe ich bloß kichernd von mir, fest in der Annahme, ohnehin nichts zu treffen. Louis stellt sich dicht hinter mich, umschließt meine Hand mit seiner und führt unsere Arme ein wenig nach hinten. "Ich ziele und du lässt den Ball im passenden Moment los, ja?" Ich nicke nur grinsend.
Und wir werfen. Ein Scheppern der Dosen höre ich jedoch nicht, stattdessen nur ein Kichern meines Freundes. "Das war komplett vorbei. Okay, zweiter Versuch. Wir müssen ein wenig weiter nach rechts werfen." Wir nehmen uns einen neuen Ball und werfen ein zweites Mal. Wieder höre ich nichts. "Mist. Ich hatte mir das leichter vorgestellt", seufzt Louis. - "Na komm, aufgegeben wird jetzt nicht", muntere ich ihn auf, doch auch die nächsten beiden Würfe gehen daneben. "Jetzt können wir es ohnehin vergessen, das schaffen wir eh nicht-"
"Vielleicht dürfen wir einfach nicht so genau zielen", unterbreche ich ihn, schnappe mir einen Ball und werfe diesen einfach irgendwohin vor mir. Diesmal höre ich tatsächlich das Scheppern der Dosen. Und einen begeisterten Aufschrei meines Freundes. "Haz, du hast alle Dosen umgeworfen!" Er schlingt seine Arme um mich und drückt mich fest an sich, während ich immernoch ein wenig überfordert bin. "Wir haben einen Teddybär gewonnen?", frage ich lachend. - "Ja, warte. Ich bringe ihn dir." Louis löst sich von mir und kommt kurz darauf wieder zurück. "Bitteschön." Erwartend strecke ich meine Arme aus und bekomme daraufhin ein Kuscheltier hineingedrückt, was mindestens halb so groß ist wie mein Freund. "Der ist ja riesig", gebe ich überrascht, aber dennoch begeistert von mir. - "Ich wusste, dass er dir gefallen würde. Aber nicht, dass das nun dein neuer Kuschelpartner wird und mich damit ersetzt." - "Nein, keine Sorge, das wirst für immer du bleiben", beruhige ich ihn lächelnd und klemme mir den Teddy unter den Arm.
Louis verschränkt unsere Finger miteinander. "Diesmal darfst du entscheiden, wohin wir gehen." - "Das weiß ich doch selbst nicht", lache ich, doch er lässt sich von seiner Idee nicht abbringen, sodass ich also einfach drauflos gehe. Zwischendurch zieht er mich immer mal wieder kurz beiseite, um jemandem auszuweichen. "Und hast du inzwischen ein Ziel?", fragt er. - "Mhm... aber sei leise, ich muss mich konzentrieren", gebe ich von mir.
Ein weinendes Kind.
Ein Mann, der eine Bestellung aufgibt.
Eine junge Frau, die sich daraufhin glücklich bei jemanden bedankt.
Und schließlich ein lachendes Kind.
Zielstrebig laufe ich in die Richtung, aus der die Stimmen kommen. Der Duft, der uns umgibt, wird immer stärker. "Ahja. Ich sehe schon", lacht Louis, "du willst zu den Lebkuchenherzen?" Stolz auf mich selbst nicke ich. "Wie hast du hierher gefunden?", fragt mein Freund neugierig. "Bei Buden wo es Süßigkeiten gibt sind viele Kinder. Und ich habe eine glückliche junge Frau gehört, die tausend Mal Danke gesagt hat. Bei Weihnachtsmarkt-Dates schenkt man sich so etwas doch, also hatte ich einfach die Hoffnung, dass es sich nicht um einen Glühweinstand handelt", erkläre ich. - "Du möchtest also ein Lebkuchenherz geschenkt bekommen?"
"Nicht ganz. Ich möchte dir eins schenken." - "Hm, ich dir aber auch... wir können uns gegenseitig eins schenken", schlägt Louis vor und ich stimme dem begeistert zu. Dass wir uns damit im Endeffekt jeder selbst eins kaufen, ignorieren wir gekonnt. Es geht ja um die Geste.
"Also hier hätten wir... Bärchen, Honey, Mausi... Ohje, das sind aber kitschige Beschriftungen", erzählt er laut und lacht kurz, "aber vielleicht finden wir ja noch etwas Passendes." Während er weitersucht, liest er immer wieder einige lustige Sprüche vor, doch nicht scheint gut zu uns zu passen. Gerade als wir uns schon für Honey entscheiden wollen, gibt er plötzlich ein triumphierendes Ha! von sich und drückt mir ein Herz in die Hand. "Was steht drauf?", frage ich. - "Auf meinem steht Idiot und auf deinem Zicke." Nun muss ich erneut lachen. Die Begriffe passen wirklich gut zu uns. "Die nehmen wir." Ich drücke Louis ein wenig Geld in die Hand und er geht zu der Verkäuferin, um zu bezahlen.
Zufrieden haben wir kurz darauf beide ein Lebkuchenherz um den Hals baumeln. Louis entschied sich kurzerhand noch für eine Packung gebrannte Mandeln, von denen wir zwischendurch ein wenig naschen, während wir weiter über den Weihnachtsmarkt schlendern. "Weißt du aber, was jetzt noch fehlt?", fragt Louis irgendwann. - "Nein, was denn?" - "Wir müssen unbedingt noch Kettenkarussell fahren." - "Oh Lou, bitte nicht", seufze ich, doch er ist von seinem Vorschlag nicht mehr abzubringen.
"Komm schon, das wird lustig", sagt er zum zehnten Mal, als wir schließlich beide in einer Pärchengondel sitzen. Allein würde ich das niemals machen. "Gib mir nicht die Schuld wenn ich dich vollkotze", gebe ich von mir. - "Du wirst nicht kotzen, es ist nur ein Karussell." - "Mir wurde auch schon auf einer Kinderachterbahn übel", erinnere ich ihn, woraufhin er nur lacht. "Das war aber auch echt lustig." - "Für dich vielleicht. Ich konnte den ganzen Tag nichts mehr essen, weil mir so schlecht war." Bevor wir noch weiter herum diskutieren können, werden die Gurte verschlossen und damit bleibt für mich kein Entkommen mehr. "Ich werde es so bereuen", murre ich und kralle mich mit einer Hand an Louis und mit der anderen an meinem Teddy fest.
Kurz darauf erheben sich die Sitze in die Höhe und das Karussell beginnt sich zu drehen. Anfangs ist es noch okay, doch dann steigt die Geschwindigkeit der Drehungen und ich spüre den eiskalten Wind, der auf mein Gesicht prallt. "Und wie findest du es?", ruft Louis. Ich höre die Begeisterung in seiner Stimme und ich könnte schwören, dass seine Augen regelrecht funkeln. "Mir ist schlecht", rufe ich bloß zurück und kralle mich etwas fester an ihn. Da er jedoch weiß, dass es kein Ernstfall ist, lacht er nur. Müsste ich mich wirklich übergeben wäre ich gerade nicht in der Lage zu sprechen und das weiß er genau.
"Drehen wir danach gleich noch eine Runde?" - "Auf keinen Fall!" Erneut lacht er und gibt mir einen raschen Kuss auf die Schläfe. "Wenn wir unten sind darfst du wieder entscheiden, wohin es geht!" Hallelujah.
Louis mag so etwas ja Spaß machen, er kann die Aussicht genießen und entspannen, während sich für mich bloß alles im Kreis dreht, was wirklich schwindelerregend ist. Das ist auch der Grund, warum ich mehr oder weniger vom Karussell wegtorkle, als wir endlich wieder Boden unter unseren Füßen haben. "Nie wieder", seufze ich bestimmt und atme tief durch. "Ach komm, so schlimm war es doch gar nicht." - "Stimmt. Es war viel schlimmer." - "Du darfst dich da bloß nicht so reinsteigern", entgegnet er arrogant, doch ich weiß, dass er es nicht ernst meint. Dennoch ist es nun Zeit für die Rache.
"Ich darf also entscheiden, wohin wir nun gehen?", hake ich nach. - "Ja. Ich mache alles was du willst." - "Das wollte ich hören. Also gehen wir zurück zum Riesenrad." Sofort bleibt Louis stocksteif stehen und ich weiß einfach, dass er gerade bleich im Gesicht wird. "Riesenrad?", wiederholt er stammelnd. - "Riesenrad."
"D-du... äh.. du weißt, dass ich Höhenangst habe?" - "Du darfst dich da nur nicht so reinsteigern. Das wird bestimmt ganz lustig", wiederhole ich die beiden Sätze, mit denen er mich eben noch die ganze Zeit ärgerte. "Warum habe ich mich nochmal in dich verliebt?", fragt er verzweifelt. - "Weil ich dir fast auf die Schuhe gepinkelt habe." Nun müssen wir beide lachen, auch wenn noch eine deutliche Angstkomponente in seiner Stimme zu hören ist. "Na komm. Von dort oben hat man bestimmt noch eine schönere Aussicht als vom Karussell", versuche ich ihn aufzuheitern. - "Haz... nichts was du sagst macht die Situation gerade besser." - "Auch nicht wenn ich dir sage dass ich dich über alles liebe und dir sehr dankbar für den wunderschönen Abend bin? Oder dass die Fahrt mit dem Riesenrad den Abend noch perfekt für mich machen würde?" Ich lächle scheinheilig und tatsächlich scheint mein Hundeblick zu wirken. Louis seufzt laut und läuft dann los. "Unglaublich dass ich mir das wirklich antue." - "Es wird schön, glaub mir."
Wenig später sitzen wir auch schon in einer Gondel, deren Tür sogleich verschlossen wird. Louis' Hände werden von Sekunde zu Sekunde kälter und schwitziger, weshalb ich dichter zu ihm rutsche und mich an ihn kuschle. "Ganz ruhig", sage ich leise, taste mit meiner Hand nach seiner Wange und gebe ihm einen Kuss darauf. "Ich hasse Höhe." - "Und ich liebe dich." Er atmet tief ein und aus. Sein Atem zittert ein wenig und stockt kurz, als die Gondel sich in Bewegung setzt. "Oh Gott." - "Schön weiteratmen. Schließ deine Augen, Lou."
Ich weiß nicht, ob er meinen Rat befolgt, doch wenig später wird sein Atem tatsächlich ein wenig ruhiger. "Wieso wolltest du eigentlich Riesenrad fahren? Also... die Aussicht... die kannst du ja nicht sehen.." Ich lächle kurz, da ich mit dieser Frage schon gerechnet hatte.
"Ich weiß es selbst nicht genau, um ehrlich zu sein. Aber ich mag den Gedanken, dass wir hier oben allein sind. Nur du und ich. Keine lauten Stimmen, keine streitenden oder gestressten Menschen. Es fühlt sich an, als würde die Zeit stehenbleiben, verstehst du? Als könnte man all den Tumult für einen Moment unter sich lassen und hier oben zur Ruhe kommen. Mit jedem Meter, den es hinauf geht, werden die Menschen unter uns kleiner und sämtliche Probleme scheinen sich in Luft aufzulösen...."
Eine ganze Weile ist es still. Dann nickt Louis und gibt ein verstehendes Geräusch von sich. "Das hast du schön gesagt..."
- "Louis?"
"Hm?"
- "Ist der Himmel wolkenlos?" - "Ja, die Sterne funkeln hell. Und es ist Vollmond." Ich lächle sanft und nicke. "Meinst du, dass es Mum und Dad gut geht?" - "Da bin ich mir sicher. Sie sehen, dass du glücklich bist, also sind sie es auch." Ich lege meine Arme um Louis' Hals und rutsche kurzerhand auf seinen Schoß. "Dank dir bin ich so glücklich. Vor wenigen Jahren noch hätte ich niemals gedacht, hier zu sitzen und diese Worte auszusprechen aber es ist tatsächlich wahr... ich bin glücklich, Louis." Er legt seine Hand an meine Wange und verbindet unsere Lippen miteinander. Ich spüre all die Liebe, die er in den Kuss steckt und bin mir sicher, dass er meine Liebe zu ihm ebenso spürt.
"Eines Tages werde ich dir hier oben einen Heiratsantrag machen."
Und mit diesem einen Satz schafft er es, dass uns beiden nun schwindelig wird. Bei Louis ist es die Höhenangst und bei mir ist es sein Versprechen, mich zum Mann nehmen zu wollen.
Glücklich steigen wir kurz darauf aus der Gondel und spüren wieder den festen Boden unter unseren Füßen. Louis führt mich sicher über all die Unebenheiten und Plattformen, bis wir an einer ruhigeren Ecke stehen und er seine Lippen auf meine legt. Seine Arme umschließen meine Taille, sodass ich mich geborgen fühle und auch etwas von seiner Körperwärme abbekomme. "Wir müssen gleich auf jedenfall noch ein bisschen Weihnachtsdeko für meine Mum mitnehmen", sagt er leise. - "Können wir gern machen.. aber... ich muss noch kurz den Moment genießen", murmle ich, woraufhin er kurz lacht und seine Stirn an meine lehnt. Ich schließe meine Augen und atme tief durch. "Morgen ist einfach schon Weihnachten... Kaum zu glauben, dass schonwieder ein ganzes Jahr rum ist. Mir kommt es vor als wäre es gestern gewesen, dass du den Christbaum umgeschmissen hast", kichere ich. - "Ey, das ist gemein!", ertönt es sogleich empört, "was kann ich denn dafür, wenn sich der blöde selbstgestrickte Pulli meiner Mum darin verfängt!" - "Das hast du bestimmt mit Absicht gemacht, weil die Wolle so auf der Haut gekratzt hat."
"Zicke", entgegnet Louis bloß schnaubend. - "Idiot."
Plötzlich spüre ich etwas Kaltes auf meinem Kopf. Und kurz darauf wieder. Verwundert habe ich meine Hand zur Seite und spüre auch hier dieses Nasskalte. "Lou? Kann es sein, dass es schneit?", frage ich ungläubig.
"Wow...", höre ich jedoch nur, also habe ich Recht mit meiner Annahme.
Der Schneefall wird immer stärker, sodass wir kurz darauf schon keinen trockenen Boden mehr, sondern eine dünne Schneeschicht unter unseren Füßen haben.
"Wir haben also pünktlich zu Weihnachten Schnee, was könnte es Besseres geben?", fragt Louis begeistert und verwickelt mich in einen liebevollen Kuss.
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