❆ 8. Türchen: gingerbread houses and mistletoes ❆
Heute haben wir einen One Shot von der Lieben X3livemylifeX3 für euch ʕ•ᴥ•ʔ
Leider kam ich noch nicht dazu, viel von ihr zu lesen, durfte aber erfreut feststellen, dass sie mich mit ihrem Werk 'The Children's Book Writer' schon vor Jahren komplett überzeugt hat! Falls ihr sie nicht kennen solltet, tut euch selbst den Gefallen und schaut bei ihr vorbei! Sie hat auch ein kleines Weihnachtsbuch mit Überraschungen für euch.
( ͡ᵔ ͜ʖ ͡ᵔ )
Nun an dich: Vielen vielen vielen Dank fürs dabei sein, aktive Lesen und Kommentieren und einfach deine Art und Weise, Sachen mitzuteilen. Deine Gedanken sind so wunderbar und es ist ein Kompliment, dich zu unseren Lesern zählen zu dürfen. Ich hoffe, dass ich es dir irgendwann auch in dem Maße zurückgeben kann (づ。◕‿‿◕。)づ
Und nun viel Spaß mit diesem wundervollen One Shot, genießt ihn und Lots of Love xx
Wörteranzahl: 4370
Der Schnee knirschte unter seinen Sohlen, als Louis den weiß bedeckten Gehweg entlanglief. Er wurde noch nicht geräumt, aber wahrscheinlich wäre das bei den Unmengen an Schnee, die noch immer wie glitzerndes Konfetti zu Boden rieselten, auch keine sinnvolle Idee gewesen.
Kleine Fußspuren tapsten ihm voraus, die ihre Abdrücke in der eisigen Decke hinterließen und dessen Wege sich wild kreuzten. Voller Vorfreude über den ersten starken Schneefall in diesem Winter hatten seine jüngsten Geschwister Ernest und Doris an diesem Nachmittag in Windeseile ihre Schneeanzüge und Gummistiefel angezogen. So schnell, dass selbst ihre Mum überrascht war, dass es die fünfjährigen Zwillinge kaum erwarten konnten, das Haus zu verlassen, wo es doch an manchen Tagen einiges an Überredungskünsten brauchte, bis sie ihre Jacken und Mützen trugen.
Doch an diesem Freitagnachmittag, zwei Tage vor dem dritten Advent, konnte es ihnen nicht schnell genug gehen. Schließlich standen ihnen ein paar vorweihnachtliche Stunden voller Spiel, Spaß und etlicher süßer Leckereien bevor. Wenigstens zwei der drei Geschwister freuten sich, als sie die restlichen hundert Meter auf das flache Gebäude zugingen, welches ihnen bereits von Weitem mit seinen an Dach und Fenstern behängten Lichterketten entgegenstrahlte.
Ohne diese festliche Verzierung wäre das unscheinbare Haus wahrscheinlich in der bereits einsetzenden Abenddämmerung untergegangen und Louis eventuell sogar daran vorbeigelaufen. Er war noch nicht oft hier gewesen und das letzte Mal, dass er seine Geschwister zum Kindergarten gebracht oder sie abgeholt hatte, lag bestimmt schon anderthalb Jahre zurück.
Erst Vorgestern hatte Louis' Mum ihn gebeten, die Zwillingen zu ihrem Adventsnachmittag im Kindergarten zu bringen, da sie es dieses Jahr zeitlich nicht schaffte, die beiden zu begleiten. Und da Louis sich als freiberuflicher Grafikdesigner seine Zeit flexibel einteilen konnte, hatte er spontan keine Ausrede parat gehabt und zähneknirschend zugestimmt.
„Komm schon, Boo, das ist halb so wild. Außerdem sagt keiner, dass du da bleiben musst. Vielleicht sind genügend Eltern da, die Helfen, dann musst du die beiden nur absetzen und später wieder abholen." Sie hatte ihn aus ihren großen blauen Augen flehend angesehen, die seinen so ähnlich waren und alleine das hatte ausgereicht, dass er ihrer Bitte stöhnend nachgegeben hatte.
„Ich habe gehört, dieses Jahr wollen sie Lebkuchenhäuser bauen, das klingt doch spaßig", hatte sie mit einem euphorischen Lächeln hinzugefügt.
Vielleicht hätte er doch nicht so schnell zustimmen sollen.
„Weil ich so gut backen und kochen kann, richtig. Das klingt tatsächlich nach einer Menge Spaß!", rief er sarkastisch und reckte jubelnd einen Arm in die Höhe, jedoch verrieten ihn seine rollenden Augen und das kleine Seufzen. Aus der Nummer kam er nicht mehr raus.
Mit leichter Anstrengung zog er an der quietschenden, mit Metall umrahmten Glastür und stemmte sie für seine jüngeren Geschwister auf. Diese Tür würde ein Kind nie alleine aufbekommen. Machten sie das extra, damit ihnen keiner der Knirpse entwischte oder war sie einfach schon länger nicht mehr geölt worden?
Kopfschüttelnd schob er die trödelnde Doris durch den Türrahmen, welche bereits damit beschäftigt war, sich den dicken Wollschal vom Hals zu wickeln, damit sie gleich schneller bei ihren Freundinnen war und mit ihnen spielen konnte. Louis klopfte gegen das braune Holz, welches den Flur von der Erziehungseinrichtung trennte, und staunte nicht schlecht, als die Zwillinge die Tür einfach aufstemmten, welche scheinbar nur mit einem Schnapper verschlossen war und in den Raum rannten. Und weg waren sie.
Louis trat näher in den Raum hinein, dessen Wärme ihm sogleich entgegenströmte. Er zog sich die Beanie von den braunen Haaren und stopfte sie in seine Jackentasche, ehe er seine Finger durch die wuscheligen Fransen zog, um seine platt gedrückte Frisur etwas zu richten. Er trat durch den Garderobenbereich mit den niedrigen Sitzbänkchen, über denen kleine bunte Jacken hingen und unter welchen wild verstreut etliche Schuhpaare lagen. Sicherlich würde hier am Abend eine Spielrunde Memory stattfinden, um zwei zusammengehörige Exemplare ausfindig zu machen.
Die Lämpchen der Lichterketten an den Fenstern erleuchteten auch hier drinnen den Raum in einem gedimmten Licht und verliehen ihm eine gemütliche Atmosphäre. Zusammen mit dem Duft von Tannennadeln, der von dem kleinen Weihnachtsbaum in der Ecke kam und dem Geruch nach Lebkuchen und Zimt wurde Louis tatsächlich direkt in eine festliche Stimmung versetzt. Er sah den Tag des Heiligen Abends bereits vor seinem geistigen Auge, wenn die komplette Familie bei einem leckeren Festmahl gemütlich zusammensaß und seinen Geburtstag feierte.
Nicht genau wissend, was er mit sich anfangen sollte und ob er jemandem Bescheid geben musste, dass die Zwillinge nun da waren oder ob er einfach wieder gehen konnte, steuerte er einen groß gewachsenen jungen Mann an, welcher ebenfalls alleine in der Nähe des Torbogens zur angrenzenden Wohnküche stand. Der Blick des Mannes streifte durch den Raum, blieb an der Horde von Kindern hängen und fast automatisch bildete sich dabei ein umwerfendes Lächeln auf seinen Lippen, welches zwei tiefe Grübchen rechts und links von seinem Mund in seine Wangen grub.
Fast wäre Louis auf halber Strecke stehen geblieben, da ihn der Anblick des gelockten Mannes mit der schokobraunen Mähne und diesem ansteckenden Lächeln leicht aus der Bahn warf, doch er fing sich nach einem heimlichen Räuspern schnell wieder und lehnte sich neben dem Lockenkopf in den Torbogen.
„Welches ist deins?", fragte Louis und deutete mit dem Kopf zu der Horde an Kiddies im Raum, welche wild durcheinander plapperten, als hätten sie sich nicht erst gestern das letzte Mal gesehen. Überrascht drehte sich der Kopf des Mannes in seine Richtung, seine Augen huschten in blitzschneller Geschwindigkeit einmal komplett über Louis' Erscheinungsbild, ehe die Grübchen in seinem Gesicht ihr Comeback feierten.
„Oh, das sind alles meine", grinste der Mann und zwinkerte Louis frech zu, ehe er ein „Ich arbeite hier" hinzufügte. „Oh ich- ich wollte Sie nicht...", stammelte Louis, welcher urplötzlich spürte, wie ihm die Hitze in die Wangen stieg. Er hatte geglaubt, der Lockenkopf neben ihm wäre ein junger Vater oder ebenfalls ein älterer Bruder von einem der Kinder hier, doch dass er der neue Erzieher war, von dem die Zwillinge vor einigen Wochen das erste Mal berichteten, weil er mit ihnen die tollsten Lieder sang und die fantasievollsten Geschichten erzählte, war ihm nicht in den Sinn gekommen.
„Lass uns gerne beim Du bleiben, wenn's dir nichts ausmacht. Ich bin Harry." Der Erzieher streckte ihm mit einem breiten Grinsen auf den plumpen Lippen, die Hand entgegen und Louis könnte schwören, sein Herz hatte bei diesem Anblick gerade einen Schlag ausgesetzt.
„Louis. Ich bin der Bruder von den zwei Chaosstiftern dort drüben. Ernest und Doris." Er schüttelte Harrys Hand, wobei er feststellte, dass die des Lockenkopfes so viel größer war als seine und sie beinahe verschlang, ehe sie ihre Köpfe zu der Traube an Kindern drehten, in dessen Mittelpunkt Ernest gerade stand und verrückte Grimassen schnitt. Seine rothaarige Zwillingsschwester stand dicht an seiner Seite und war zusammen mit den anderen Kindern wild am Kichern.
„Die beiden sind schon eine Handvoll", stimmte Harry lächelnd zu und wendete seinen Blick wieder zu dem kleineren Mann vor sich, dessen Hand er nun schnell losließ, nachdem er bemerkte, dass er sie schon viel zu lange festgehalten hatte. „Aber sie sind wirklich gut erzogen. Ich habe selten solch höfliche und hilfsbereite Kinder erlebt." Mit einem warmen Gefühl in der Brust, schob Louis seine Hände in die Taschen seiner dunklen Jeans und zog die Schultern leicht nach oben. „Unsere Mum legt da wirklich großen Wert drauf, sie ist selber Lehrerin."
Verstehend nickte Harry. Er spürte vereinzelte Blicke auf sich, von anwesenden Eltern oder Großeltern, die ihre Kinder und Enkel vorbeibrachten und wusste, dass er langsam, aber sicher zu seiner Arbeit übergehen sollte. Doch aus irgendeinem sich nicht erklärbaren Grund wollte er sich von dem jungen Mann mit den braunen, wuscheligen Haaren und den strahlend blauen Augen noch nicht verabschieden.
„Hey! Die Frage klingt jetzt vielleicht seltsam und ich kann verstehen, wenn du keine Lust oder Zeit hast, aber bleib doch heute Nachmittag gerne noch hier, wenn du magst. Der Adventsnachmittag war eigentlich für Kinder und Eltern... oder Geschwister gedacht, jedoch haben die meisten aufgrund anderer Verpflichtungen kurz vor Weihnachten abgesagt. Ich könnte noch eine erziehungsberechtigte Person gebrauchen, die mit mir zusammen ein Auge auf die Kids wirft."
"Oh, ich- also eigentlich muss ich auch noch ein wenig arbeiten", begann Louis und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Er sah, wie das Lächeln auf Harrys Lippen leicht fiel. Louis hatte den Eindruck, als wirke er ehrlich enttäuscht, versuche es aber hinter einer stets fröhlichen Fassade zu kaschieren, deshalb sprach er schnell weiter. "Aber das kann auch noch bis nächste Woche warten, so dringend ist es nicht. Ich bleibe also gerne noch." Noch im selben Atemzug streifte er sich die dicke Winterjacke von den Schultern und hing sie an einen der niedrigen Haken der Kindergarderobe.
Der fröhliche Gesichtsausdruck des Lockenkopfs war zurück, als er erfreut in die Hände klatschte. "Fantastisch, dann lass uns loslegen!" Er schritt in den Raum hinein, drehte sich jedoch noch einmal mit einem fetten Grinsen zu Louis herum. "Wir haben die übrigens auch für Erwachsene." Mit dem Kopf deutete er zu dem Garderobenständer an der gegenüberliegenden Wand, dessen Haken deutlich höher angebracht waren und den Vorteil besaßen, dass größere Jacken nicht zur Hälfte auf dem Boden hingen.
Louis lächelte mit zusammengepressten Lippen und zuckte betont unbeeindruckt mit den Schultern, als hätte er das gewusst, sich jedoch bewusst dagegen entschieden. Seine Wangen schimmerten trotzdem in einem sanften Rosaton, als er Harry in den Raum folgte.
Sie räumten die Tische beiseite und stellten sie in einer Ecke des Raumes zu einer langen Tafel zusammen, an welcher sie später die geplanten Lebkuchenhäuser bauen würden und kreierten in einer anderen Ecke einen gemütlichen Sitzkreis aus Sitzsäcken, Decken und Kissen. Als sie mit den Vorbereitungen fertig waren, zauberte Harry wie aus dem Nichts eine Gitarre hervor und schneller als der Erzieher seinen Daumen einmal über die Saiten des Instruments hatte gleiten lassen können, saßen alle Kinder gebannt auf ihren Sitzsäcken.
Verdattert blieb Louis etwas abseits stehen und beobachtete das Szenario vor sich, in dem sich Harry nun vor Kopf setzte und eine schnelle Melodie anstimmte. Und dann begann der Lockenkopf zu singen. Urplötzlich hatte Louis das Gefühl, sich setzen zu müssen, damit ihm bei dem lieblichen Gesang, welcher nun den gesamten Raum erfüllte, nicht nie Beine weg knickten.
„Snow is falling all around me, children playing, having fun. It's the season, love and understanding..." Gebannt lauschte er den schönen Klängen seiner Stimme und hockte sich, ohne den Blick von dem Erzieher zu wenden, hinab zu dem Sitzsack seiner Schwester, welche sogleich auf seinen Schoß kletterte und sich an ihn kuschelte. Louis drückte ihr einen Kuss auf die rötlichen Locken und grinste, als sich Harrys und seine Blicke kreuzten.
Sie lächelten sich an und dann begann Louis sich leicht mit Doris im Arm im Takt der Musik von links nach rechts zu wiegen. Das Mädchen kicherte, während sie angestrengt versuchte, den Text des Weihnachtsliedes mitzusingen, wie es auch alle anderen Kinder taten. Da sie sich allerdings etwas schwerer mit dem komplizierten Text tat, tat Louis das, was ein großer Bruder in solch einem Fall tun musste und sang seiner kleinen Schwester unterstützend die richtigen Worte leise ins Ohr, "...merry christmas everyone."
Weitere Lieder folgten, die alle gemeinsam zum Besten gaben und als dann wirklich auch der letzte Weihnachtsmuffel in festliche Stimmung versetzt wurde, half Louis dem Lockenkopf alle Zutaten für die Lebkuchenhäuser beisammen zu suchen, während die Kinder in der Zwischenzeit unter sich etwas spielten.
Harry hatte wirklich an alles gedacht. Aus großen Einkaufstüten packte er die unterschiedlichsten Süßigkeiten, die zum Verzieren der kleinen Häuschen genutzt werden konnten. Schokolinsen, Zuckerstangen, Gummibärchen, Marshmallows, Zuckerschrift in den verschiedensten bunten Farben und und und. Nicht schlecht staunend verteilte Louis die Utensilien etwas auf der langen Tafel und bekam gleich noch größere Augen, als der Erzieher auch noch einen Bausatz an selbst gebackenem Lebkuchen für jedes Kind aus einer seiner Tüten zauberte.
"Ist an dir jetzt auch noch ein Meisterbäcker verloren gegangen?", fragte Louis überrascht und beobachtete, wie der Andere leicht verlegen den Kopf senkte. "Vielleicht hatte ich gestern Abend ein bisschen mehr Spaß bei den Vorbereitungen für den Adventsnachmittag, als ich eigentlich sollte." Schmunzelnd nahm Louis ihm eine der Vorratsdosen aus der Hand und stellte sie ebenfalls auf den Tisch. "Das riecht fantastisch", schwärmte er, als er den Deckel abnahm und seine Nase in die Metallbox steckte. "Danke." Sie lächelten sich kurz an, ehe der Erzieher dazu überging, das Icing für die Häuschen vorzubereiten, welches zum Aneinanderkleben der Teile und zum Befestigen der Dekorationen benötigt wurde.
Louis sah unterdessen bei den Kindern nach dem Rechten und wurde sogleich von Ernest und zwei seiner Freunde dazu verdonnert, den Bösewicht in ihrer Peter-Pan-Geschichte zu übernehmen, indem sie ihm ein Holzschwert in die Hand drückten. Gerade waren sie dabei, ihn mit bunten Tüchern, die provisorisch als Seile dienten, mit den Händen an einem Holzbalken im Raum zu befestigten, als Harry die wilde Kindergartenbande für ihren nächsten Programmpunkt zusammentrommelte.
Sofort rannten die Kinder jubelnd zu dem Erzieher und vergessen war der gefesselte Louis am anderen Ende des Raumes. "Ernie!", rief er seinem kleinen Bruder hinterher, jedoch vergeblich. Der Kleine war schon mitten dabei, sich den Mund mit allerlei Süßigkeiten vollzustopfen.
Genervt versuchte der Wuschelkopf seine Hände aus der Fesselung zu lösen, scheiterte jedoch kläglich und ließ frustriert seinen Kopf nach hinten gegen den Holzbalken sinken. Seufzend schloss er die Augen.
"Ich habe mich schon gewundert, wo du abgeblieben bist." Erschrocken öffneten sich seine Lider wieder und er blickte direkt in ein grinsendes Gesicht, welches ihm mit zwei grünen Augen entgegenstrahlte. "Harry", sagte Louis erleichtert und versuchte sich leicht aufzusetzen. Der Lockenkopf hockte vor ihm, die Hände miteinander verschränkt und die tiefen Grübchen auf seinen Wagen prominenter, denn eh und je. "Könntest du mich losmachen? Man hat mich einfach hier zurückgelassen."
Der Erzieher schürzte für einen Moment die Lippen, schien tatsächlich abzuwägen, ob er dem Braunhaarigen helfen sollte, bis er ein Brummen von sich gab. "Hmm, sollte ich? Du bist ziemlich aufgeschmissen ohne mich, wie es aussieht." Grinsend schob er sich die volle Unterlippe zwischen die Zähne und biss sich darauf, um sein Lachen zu unterdrücken. Er beugte sich ein Stück zu Louis nach vorne und musterte sein Gesicht, welches ihm plötzlich mit weit aufgerissenen Augen entgegenblickte.
Zu sprachlos war Louis von dem Anblick des Lockenkopfs, welcher nur wenige Zentimeter vor ihm kniete und so so wunderschön aussah. Mit rasantem Puls und wild klopfendem Herzen, welches ihm fest gegen den Brustkorb hämmerte, sodass Louis beinahe Angst hatte, sein Gegenüber könne es hören, schluckte er schwer, als sich Harry noch ein wenig näher zu ihm herunter lehnte. Beinahe hätte er automatisch die Augen geschlossen, voller Erwartungen auf das, was kommt, als er warme Finger an seinen Handgelenken spürte, die die Knoten der Tücher lösten.
"Du bist gerettet, Captain Hook", sprach der Lockenkopf, wobei Louis seinen Atem auf seinem Gesicht spürte. Wie von selbst leckte er sich über die Unterlippe, seine Hände noch immer hinter dem Balken verschränkt, obwohl er sie längst wieder bewegen konnte. Doch erst als sich Harry vor ihm aufrichtete, ihm einmal zuzwinkerte und dann wieder zu den Kindern verschwand, erwachte Louis allmählich aus seiner Starre.
Einen Moment zum Durchatmen genehmigte er sich jedoch noch, um sein bis in den Hals pochendes Herz zu beruhigen sowie die wildgewordene Schmetterlinghorde in seinem Bauch zu bändigen und zurück in die Versenkung zu schicken, wo sie hergekommen war. Es war zu früh für sie, viel viel zu früh.
Als Louis ebenfalls zu den Kindern stieß, saßen sie alle bereits am Tisch und hatten mit dem Zusammenbauen der Lebkuchenhäuser begonnen. Bei einigen von ihnen stand bereits das Grundgerüst, andere hatten die Teile in Schieflage zusammengesetzt und waren direkt zum Dekorieren übergegangen und wieder andere kümmerten sich nicht darum, hier irgendetwas zusammenzubauen, sondern kauten genüsslich auf den einzelnen Teilen des würzigen Gebäcks.
Schmunzelnd ließ sich der Wuschelkopf auf einem freien Stuhl neben Doris nieder, welche mit konzentriert zwischen die Lippen geschobener Zunge das Dach auf ihre vier Wände klebte. "Das sieht super aus, Dory!", lobte sie ihr großer Bruder und erntete zum Dank sogleich ihr strahlendstes Zahnlückenlächeln.
Louis half ihr, die Fugen des Hauses zur Stabilität mit Zuckerguss zu füllen. Als sie wieder alles unter Kontrolle hatte - Doris war schon immer ein sehr ordentliches Mädchen gewesen, welches stets versuchte ihr bestes zu geben und alles zu ihrer eigenen Zufriedenheit fertigzustellen - ging Louis um den Tisch, um auch bei ihrem Zwillingsbruder vorbeizuschauen.
"Oh Theo, das solltest du nicht tun." Schnell griff er nach dem Handgelenk eines kleinen schwarzhaarigen Jungen, an dessen Platz er gerade vorbeilief und den er vom Spielen vorhin bereits kannte, und zog dessen mit Icing beschmierten Finger aus seinen Haaren. "Der Zuckerguss klebt ganz doll, du solltest dir damit nicht in die Haare fassen", erklärte er und zog eins der Hygienetücher zur Hilfe, die auf dem Tisch lagen und wischte Theos Hände damit sauber. Er pflückte einzelne Zuckerreste aus seinen Haaren, die allerdings bereits getrocknet waren - um den Rest mussten sich wohl oder übel Theos Eltern kümmern - ehe er zu Ernest weiterging.
Als er neben seinem Bruder in die Hocke ging, spürte er Blicke auf sich, die auf seiner Haut kribbelten und als er den Kopf hob, um dessen Herkunft ausfindig zu machen, begegnete er Harrys grünen Augen, die ihn lächelnd musterten. Ertappt sah der Lockenkopf zur Seite, als er Louis' Blick bemerkte und beugte sich wieder über das Mädchen, welches gerade seine Hilfe beanspruchte.
Mit einem Grinsen auf den Lippen wendete Louis sich an Ernest und sah ihm beim Dekorieren seines Häuschens zu. Er konnte jedoch nicht verhindern, dass seine Augen immer wieder durch den Raum huschten, auf der Suche nach dem gelockten Erzieher, der sein Herz aus unerklärlichen Gründen zum Purzelbaum schlagen animierte.
"Du kannst wirklich gut mit kleinen Kindern umgehen." Erschrocken fuhr Louis auf der Stelle herum und fasst sich ans Herz, froh darüber, seine Teetasse, die er sich in der kleinen Wohnküche gerade neu aufgegossen hatte, nicht in der Hand zu halten. Verbrennungen zweiten Grades konnte er jetzt nicht gebrauchen. "Ich habe 6 jüngere Geschwister, ich schätze da lernt man das irgendwann."
Harry nickte verstehend. Sein Blick klebte allerdings nicht an Louis' Augen, sondern saß tiefer bei seinen Lippen. Nervös darüber drehte Louis an dem Saum seines Hoodies und räusperte sich leise. "Ehm, hab... habe ich etwas-" Die restlichen Worte blieben ihm im Halse stecken, als der Lockenkopf seine Hand nach seinem Gesicht ausstreckte und sein Kinn umfasste. "Du hast etwas Zuckerguss im Mundwinkel. Hast du etwa heimlich genascht?"
"Oh." Der Wuschelkopf spürte erneut die Hitze in sich aufsteigen, als der Erzieher damit begann, mit seinem Daumen die Reste des Icings von seinen Lippen zu kratzen. Viel zu schnell für Louis' Empfinden, zog er seine Hand wieder zurück, doch er musterte Harry mit großen Augen dabei, wie er nun damit begann, die süßliche Glasur von seinem Daumen zu lecken.
Jegliches Blut aus seinem Körper drohte sich an einer bestimmten Stelle sammeln zu wollen, als Louis' Gedanken in eine ganz falsche Richtung abdrifteten, die in einem Kindergarten nichts zu suchen hatten. Mit hochrotem Kopf zwang Louis sich den Blick von den Lippen des Lockenkopfs zu wenden, schob sich dann mit sinnfreiem Gestotter an Harry vorbei, musste allerdings noch mal zurück, um seine vergessene Teetasse einzusammeln und gab sich damit die Blöße, erneut schnellen Schrittes an ihm vorbeizulaufen.
Wie schaffte es der Erzieher, seine Gefühle innerhalb kürzester Zeit derart auf den Kopf zu stellen, sodass Louis, welcher sonst vor Selbstbewusstsein strotze und in seinem Bekanntenkreis für seine offene Art und das große Mundwerk bekannt war, in Harrys Gegenwart jedes Mal zu einem schüchternen Schulmädchen mutierte?
Als auch die letzten Kinder ein Lebkuchenhaus kreiert hatten, welches vielleicht nicht immer auf allen vier Wänden stand, jedoch auf alle Fälle als Unikat durchging, trommelte der Erzieher sie zum Ausklang des Tages erneut in der Kuschelecke bei den Sitzsäcken zusammen, um ihnen eine Weihnachtsgeschichte mit auf den Nachhauseweg zu geben. Gemeinsam mit den Kleinen setzte Louis sich auf den Boden in den Kreis und versank wieder einmal in den angenehm tiefen Klängen von Harrys Stimme.
Doch die angenehme Ruhe währte nicht lange. Sobald der Lockenkopf den Adventsnachmittag mit den letzten Worten der Geschichte offiziell für beendet erklärte und den Kindern auftrug, sich die restliche Zeit, bis sie abgeholt wurden, untereinander zu beschäftigen, brach ein wildes Durcheinander los. Louis schnappte sich schnell seine beiden jüngeren Geschwister, ehe sie ebenfalls entwischten und blickte in ihre schmollenden Gesichter, als er ihnen erzählte, dass sie gleich nach Hause gingen.
"Ich helfe Harry noch schnell ein wenig beim Aufräumen, solange könnt ihr noch spielen. Aber dann möchte ich, dass wir ohne Gemecker nach Hause gehen können, okay?" Die beiden nickten eifrig und einverstanden mit dem Vorschlag, ehe sie auch schon mit einem "Danke, Lou!" zu ihren Freunden rannten.
Wortlos ging der Wuschelkopf auf den Erzieher zu, welcher gerade die Kissen und Sitzsäcke zusammen sammelte, um sie in eine Ecke des Raumes zu legen und stapelte sich selber so viele er konnte in seine Arme. "Du musst mir nicht helfen, Louis. Du hast schon so viel getan heute", sagte Harry, als er den Anderen bemerkte, welcher jedoch nur gespielt genervt mit den Augen rollte. "Red keinen Unsinn, Harry. Zu zweit geht es doch viel schneller."
Zu zweit ging es wirklich schneller. In Windeseile hatten sie den Raum des Kindergartens wieder so hergerichtet, wie Louis ihn vor ein paar Stunden vorgefunden hatte. Die Tische und Stühle standen wieder an ihrem üblichen Platz in der Raummitte, die Kuschelecke war aufgelöst und einzeln verstreute Spielsachen eingesammelt und in Kisten verstaut. Stumm standen sie sich gegenüber, als der letzte Tisch zurechtgerückt war, beide unsicher, wie sie sich nun voneinander verabschieden würden.
"Oh! Ich habe noch eine Dose selbst gebackener Kekse im Büro, die würde ich dir zum Dank gerne mitgeben", schoss es plötzlich aus Harry heraus, der damit die Stille durchbrach. "Oh nein, Harry, das musst du nicht, wirklich. Das habe ich gerne gemacht", versuchte Louis abzuwinken, folgte dem Lockenkopf jedoch bereits, welcher mit langen Schritten auf eine verschlossene Tür mit der Aufschrift 'Privat' zuging.
"Doch. Keine Widerrede, ich bestehe darauf." Sich geschlagen gebend, seufzte der Wuschelkopf leise und lehnte sich lächelnd gegen den Türrahmen des Büros, in welchem Harry gerade in einem Rucksack nach der Keksdose kramte. Als er sie mit einem leisen "Aha" daraus hervorzog, ging er auf Louis zu und überreichte sie ihm mit einem Lächeln auf den Lippen.
"Danke für deine Hilfe heute, Louis. Es war ein wirklich schöner Nachmittag." Gerade, als Louis zu einer Antwort ansetzen und die Worte erwidern wollte, ertönte lautes Getuschel neben ihnen, aus dem einzelne Sätze zu ihnen durchdrangen. "Guck mal, sie stehen unter dem Mistelzweig." "Jetzt müssen sie sich küssen." "Küssen?" Fast zeitgleich schossen Louis' und Harrys Köpfe nach oben, wo tatsächlich ein grüner stacheliger Zweig über ihnen im Türrahmen baumelte. Wie hatte Louis das Gesteck nicht bemerken können?
Mit grinsendem Gesichtsausdruck, der die Vertiefungen in seinen Wangen erneut zum Vorschein brachte, rief Harry den Kindern ein "Zieht eure Jacken und Schuhe an, eure Eltern kommen gleich" zu, ehe er sich wieder zu dem Wuschelkopf drehte, welcher mit nervösen Fingern an dem Deckel der Keksdose spielte. Lautes Fußgetrappel verriet ihnen, dass die Kinder tatsächlich der Aufforderung ihres Erziehers nachkamen. Harry und Louis waren also alleine.
"Ich schätze die Kinder haben recht mit dem, was sie gesagt haben oder?", fragte der Lockenkopf und nickte mit dem Kopf in die Höhe zu besagtem Objekt, von welchem ein gewisser Brauch ausging. "Ehm, ich-", setzte Louis an, brachte jedoch keinen gescheiten Satz zustande, weswegen er sich für ein einfaches Nicken entschied und zu Harry noch oben sah, welcher ihn in seiner Größe um einen Kopf überragte. "Brauch ist Brauch."
Die neckischen Worte des Erziehers trieben Louis' Puls noch weiter in die Höhe, und als er dann auch noch nach Louis' Wange griff und mit seinem Daumen sanft über die erhitze Haut strich, hatte der Kleinere das Gefühl, dass ihm die Knie nachgaben. Die Stelle, an der Harrys Finger ruhten, prickelte unter seiner Berührung und jagte eine Welle der Gänsehaut über seinen Körper. Die vollen roten Lippen des Lockenkopfs, die Harry wiederholt aus einem Reflex heraus mit seiner Zunge befeuchtete, befanden sich in verführerischer Nähe zu Louis' Gesicht. Er konnte das Unvermeidliche nicht länger hinauszögern, welches den ganzen Nachmittag über, seitdem sie sich das erste Mal in die Augen gesehen hatten, unausgesprochen im Raum stand.
Sie wussten es beide und spürten es mit jedem Blick, den sie sich zuwarfen und jedem Lächeln, das sie sie schenkten. Dass ihnen nun ein Mistelzweig, der durch Zufall oder auch nicht in diesem Moment über ihnen hing, auf die Sprünge half, schob Louis auf eine schicksalhafte Fügung oder als Dank dafür, dass er sich vor ein paar Stunden aus seiner warmen Wohnung hinaus in die Nasskälte geschleppt hatte.
Von einer Welle des Muts gepackt, griff Louis in den Halsausschnitt von Harrys Strickpullover und zog ihn so das letzte Stückchen zu sich nach unten, um ihre Lippen zu einem kurzen, jedoch süßen Kuss miteinander zu verbinden. Harrys Lippen schmeckten nach Lebkuchen, Zuckerguss und Kinderpunsch und fühlten sich so warm und weich gegen seinen eigenen an.
Grinsend wie zwei Honigkuchenpferde blickten sie sich in die Augen, als sie sich voneinander lösten und der Erzieher erneut begann, mit seinem Daumen über Louis' Wange zu streicheln. „Vielleicht holst du die Zwillinge demnächst noch mal ab. Der Mistelzweig hängt noch die komplette Weihnachtszeit hier."
„Ist das so? Es wäre auch wirklich zu schade, wenn er ungenutzt bleibt, meinst du nicht auch?" Mit zwischen die Zähne gezogener Unterlippe nickte Harry, als Louis ihm eine in die Stirn gefallene Locke zur Seite strich. Ein leicht rötlicher Schimmer hatte sich auf seine Wangen gelegt.
„Vielleicht lasse ich ihn aber auch noch ein wenig länger hängen", meinte er und sah unschuldig erneut hinauf zu dem grünen Zweig, welcher über ihren Köpfen baumelte. „Das klingt nach einer guten Idee." Schnell stellte sich Louis auf seine Zehenspitzen und drückte dem Lockenkopf einen flüchtigen Kuss auf die Wange, bevor auch schon die fertig angezogenen Zwillinge um die Ecke gesaust kamen.
Jeder von ihnen trug sein Lebkuchenhaus in der Hand, bei welchem mittlerweile bereits einzelne Verzierungen, Fensterläden oder Schornsteine angeknabbert waren. Er schob die beiden sanft mit den Händen an ihren Rücken aus dem Kindergarten hinaus und zwinkerte Harry zum Abschied zu, wobei er seinen Blick noch einmal rasch über das gesamte Erscheinungsbild des Größeren schweifen ließ.
Die Schmetterlinge in seinem Inneren brachen erneut aus ihrem Versteck aus. Jetzt wäre es wirklich zwecklos, sie weiter zurückhalten zu wollen, wo sie sowieso bereits in rasanter Geschwindigkeit durch seinen Magen tobten. Ein kribbeliges, aufregendes Gefühl machte sich bei dem Gedanken an den tollen Adventsnachmittag in seinem Körper breit und Louis war sich mehr als sicher, dass er die Zwillinge heute nicht zum letzten Mal in den Kindergarten begleitet hatte.
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