❆ 21. Türchen: Every Curse Can Be Broken / Part Two ❆
Heute haben wir den zweiten Teil von deinem gestrigen one shot! Ich danke dir vielmals fürs dabei sein und die Mühe die du dir gemacht hast. Es ist nun wirklich nicht selbstverständlich das jemand für ein Projekt, welches nicht das eigene ist, über 15'000 Wörter in die Tasten haut :o vielen vielen Dank ♥️
Danke auch an alle die dabei waren und so liebe Kommentare geschrieben haben. Lasst ihr auch gerne jetzt wieder einen Kommentar da und schaut bei ihr vorbei! Nun viel Spaß und lots of love xx
Wörteranzahl: 9413
Es vergingen Wochen, Monate, in denen Louis und ich uns besser kennenlernten und sogar Freunde wurden, wobei ich bewusst darauf achtete, dass ich mich möglichst nicht verriet. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass er eine Ahnung hatte und nah dran mich zu enttarnen, aber er sprach es glücklicherweise nie an, denn ich wusste nicht, ob ich es übers Herz bringen würde, ihn jetzt noch anzulügen.
Über den Sommer war er mir unglaublich ans Herz gewachsen und ich hatte Angst ihn wieder zu verlieren, noch mehr als bei allen anderen Personen in meinem Leben, dabei wusste ich, dass es zwangsläufig passieren würde.
Ich hatte von Anfang an gewusst, dass es keine gute Idee war, Louis in mein Leben zu lassen, weil ich von Anfang an gespürt hatte, dass er mehr für mich werden würde, aber darauf durfte ich mich nicht einlassen. Es war so schon schmerzhaft genug und mit jedem Tag der verstrich, wurde mir immer wieder vor Augen geführt, dass meine Zeit mit Louis begrenzt war.
Der Sommer war schon lange in den Herbst über gegangen und die die Bäume waren beinahe alle schon kahl. Mir blieben noch weniger als zwei Monate mit Louis und ich hatte den Entschluss gefasst, dass ich diese Zeit ausnutzen würde.
Fest entschlossen das beste aus meiner miserablen Situation zu machen, betrat ich die Schule auf der Suche nach Louis. Auch in diesem Schuljahr hatten wir keinen Kurs zusammen, weshalb ich ihn nicht im Unterricht treffen würde.
An den Spinden fand ich ihn schließlich, als er gerade sein Chemiebuch heraus nahm und in seinen Rucksack gleiten ließ.
Auf dem Gang herrschte ein reges Treiben und um uns herum schnatterten die Schüler über ihren Tag, ihren Unterricht und alles, was ihnen sonst so einfiel. Immer wieder drangen einzelne Gesprächsfetzen zu mir, aber ich konzentrierte mich auf Louis, der mir begeistert zu winkte.
Ich winkte nicht zurück, sondern trat einfach ziemlich nah an ihn heran, was ihn verwirrt in mein Gesicht blicken ließ. Ich überragte ihn bereits um einen halben Zentimeter und es war abzusehen, dass ich noch größer werden würde, aber er musste noch nicht hochschauen um mir in die Augen sehen zu können.
Verwirrt huschte sein Blick zwischen meinem rechten und meinem linken Auge hin und her, unschlüssig in welches er schauen sollte. ,,Was ist los, Harry?", fragte er besorgte und legte eine Hand auf meine.
Ich hatte das hier nicht geplant, eigentlich war das sogar eher eine Entscheidung, die ich getroffen hatte, als ich heute morgen aus dem Bett aufgestanden war, woher auch immer das gekommen war.
Weil ich keine Ahnung hatte, was ich sagen sollte, legte ich meine Hände auf seine Hüften, zog ihn noch näher zu mir heran und presste meine Lippen stürmisch auf seine. Er reagierte nicht, aber dadurch ließ ich mich nicht beirren.
Nach ein paar Sekunden, die ich auf seinen Schreck schob, legte er seine Hände auf meine Brust und schob mich von sich weg. Tränen hatten sich in meinen Augen gebildet, auch wenn ich nicht so genau wusste, warum.
Vielleicht weil mir jetzt erst so richtig bewusst wurde, dass ich ihn verlieren würde, wie ich jeden anderen, sogar meine Familie, verloren hatte oder vielleicht auch weil ich furchtbare Angst vor seiner Abweisung hatte und mir nun fast sicher war, dass er mir sagen würde, dass er nicht an mir interessiert war und auch unsere Freundschaft so keinen Sinn mehr hatte. Vermutlich war es eine Mischung aus beidem.
,,Nicht weinen", flüsterte er und fuhr mit seinem Daumen über meine Wange, wo er meine Träne auffing.
,,Warum?", fragte er dann ernsthaft und suchte meinen Blick.
,,Ich habe Angst. Ich will dich nicht verlieren", antwortete ich wage, aber ich war einfach nicht in der Lage ihn anzulügen, dafür war ich ihm viel zu sehr verfallen.
,,Du wirst mich nicht verlieren", meinte er, während sein Daumen immer noch sanft über meine Wange strich. Unbewusst lehnte ich mich der Berührung entgegen um so viel seiner Wärme zu sammeln, so lange es mir noch möglich war. Warum hatte ich nur zugelassen, dass es soweit kommen konnte.
,,Das kannst du nicht verhindern, aber ich will die Zeit, die mir, uns, noch bleibt nutzen, bitte. Ich brauche das hier", flehte ich und meinte einen Funken des Verstehens in seinen Augen sehen zu können.
,,Es gibt da etwas, das du mir nicht erzählst, richtig?"
,,Zwing mich nicht zu lügen." Er wusste genauso gut wie ich, dass er recht hatte, aber ich konnte ihm unmöglich die Wahrheit erzählen. ,,Bitte"
,,Ich habe keine Ahnung, was passieren wird, Harry, aber ich bin hier, wenn du mich brauchst und wenn du reden willst", versprach er und zog meinen Kopf zu seinen Lippen um meine Stirn zu küssen.
„Bleib einfach bei mir", verlangte ich und versuchte mir einzuprägen, wie sich seine Lippen auf meiner Haut anfühlten, damit ich es nie vergessen würde.
,,Versprochen"
Louis POV
,,Wir müssen unbedingt hinter Harrys Geheimnis kommen", meinte ich, als ich später in meiner Freistunde mit Zayn in der Bibliothek saß und eigentlich lernen sollte für die anstehenden Klausuren.
,,Glaubst du immer noch, dass er etwas verbirgt?", fragte mein bester Freund resigniert. ,,Ich dachte, das wäre vorbei, seit du dich mit ihm angefreundet hast."
,,Ich glaube es nicht mehr nur, ich weiß es."
,,Ach ja?" Mit ungläubigem Blick sah er mich an, aber ich ließ mich davon nicht einschüchtern.
,,Ja und ich weiß, dass dir ein bisschen Ablenkung auch ganz gut tun würde. Zumindest wäre es besser, als Mimi auf Instagram zu stalken, obwohl du derjenige warst, der Schluss gemacht hat", meinte ich, bereute es aber sogleich wieder, als ein verletzter Ausdruck über Zayns Gesicht huschte.
„Tut mir leid, ich weiß, wie sehr du an ihr hängst, aber du solltest ihr wirklich ihren Freiraum lassen und dich auf etwas anderes konzentrieren, damit du nicht in deiner Trauer versinkst, okay?"
Er nickte, auch wenn ich sehen konnte, dass er immer noch verletzt war.
,,Bist du dir sicher, dass du sein Geheimnis enttarnen willst. Es gibt sicher einen Grund, dass es ein Geheimnis ist", wandte er noch ein, aber ich wusste, dass er mir helfen würde.
,,Ich bin mir sicher." Dass ich es nicht war, musste er nicht wissen, aber ich hatte das Gefühl, dass dieses Geheimnis Harry auffraß und ich wollte ihm helfen.
Zayn atmete einmal tief durch, bevor er fragte: ,,Wo willst du anfangen?"
„Ich hatte überlegt, dass wir erstmal im Internet nach ihm suchen könnte. In der Regel findet man dann alte Einträge von der Kommunion oder irgendeinem kleineren Wettbewerb, bei dem man als Kind mitgemacht hat", erklärte ich, während ich schon einen der Computer in der Bibliothek hoch fuhr.
„Was versprichst du dir denn davon, in seiner Kindheit herumzuschnüffeln?", wollte Zayn spitz wissen, was mir verriet, dass er mir wohl nicht so leicht vergeben würde.
„Es tut mir wirklich leid, was ich eben gesagt habe, okay? Ich wollte dich wirklich nicht verletzen. Eigentlich mache ich mir sogar ziemlich Sorgen um dich, weil du immer noch so an ihr hängst und sie einfach nicht loslassen kannst und ich möchte dir nur helfen." Sein Gesichtsausdruck wurde sanfter und endlich wusste ich, dass das schlimmste überstanden war.
,,Ich weiß, aber es tut einfach noch immer so weh sie verloren zu haben." Mitleidig sah ich ihn an, wusste aber nicht, wie ich ihm helfen konnte, da ich noch nie wirklich gut im Trösten gewesen war.
„Wenn ich dir irgendwie helfen kann, musst du es einfach sagen und ich werde es tun", versprach ich und versuchte so viel Ernsthaftigkeit in meine Augen zu legen, wie es nur ging, um ihm zu zeigen, dass ich es genauso meinte, wie ich es gesagt hatte.
Ein schwaches Lächeln zuckte über sein Gesicht. „Danke, das weiß ich zu schätzen." Es entstand eine kurze Pause in der wir uns nur gegenseitig anlächelten. ,,Vielleicht wäre es ein Anfang mich abzulenken, wie du gesagt hast. Wie heißt Harry nochmal mit vollem Namen?"
„Harry Styles", antwortete ich erleichtert und klatschte voller Tatendrang in die Hände.
Da mein Computer endlich hochgefahren war, konnte ich mich mit meinen Schuldaten einloggen und Harrys Namen in die Suchleiste eingeben. Als ich mich einmal selbst gegoogelt hatte, war dabei tatsächlich ein Bild von meiner Kommunion aufgetaucht und eins von einem Zeitungsartikel über einen sehr überraschenden Sieg meiner Fußballschulmannschaft.
Bei Harry kam einfach gar nichts, was mich ein wenig stutzig werden ließ. Es war nur ein Gefühl, aber eigentlich fand man zu jedem wenigstens irgendwas, wobei es natürlich auch sein konnte, dass Harry ein sehr unauffälliges Kind gewesen war.
Bei meinem nächsten Versuch setzte ich den Namen unserer Stadt hinter seinen Namen, da er mir mal verraten hatte, dass er schon sein ganzes Leben lang hier wohnte. Vielleicht würde ich dann was finden.
Aber auch das war nur eine Sackgasse. Ich fand zwar einige Harrys bei meiner Suche und wohl auch welche, die sehr interessante Styles hatten, aber mein Harry war nicht darunter.
Krampfhaft überlegte ich, nach was ich noch suchen könnte um ein Ergebnis zu bekommen, aber mir fiel nichts mehr wirklich ein. ,,Hast du was gefunden?", fragte ich bei Zayn nach, konnte mir die Antwort aber schon denken.
„Zu Harry selbst scheint es nichts zu geben, aber sein Vater war einige Male mit so einer komischen Firma in der Zeitung und ich habe herausgefunden, wo sie wohnen in den gelben Seiten."
,,Wenigstens etwas. Vielleicht können wir ja mal mit seinen Eltern reden", schlug ich vor, aber obwohl Zayn derjenige gewesen war, der die Adresse herausgefunden hatte, schaute er mich nur skeptisch an.
„Bist du dir sicher, dass das nicht ein wenig zu weit geht? Was willst du denen überhaupt erzählen? Hallo, ich bin Louis Tomlinson, der feste Freund ihres Sohnes und möchte gerne hinter sein Geheimnis kommen, weshalb ich jetzt Sie ein bisschen dazu ausquetschen will?"
Das war durchaus ein berechtigter Einwand, aber ich wischte ihn einfach mit einer abwinkenden Handbewegung aus dem Weg. „Das überlege ich mir, wenn es so weit ist. Ich glaube, dass ich das machen sollte."
„Ich weiß nicht, Louis. Da habe ich wirklich kein gutes Gefühl bei." Das war jetzt leider doof, denn mich überwältigte immer mehr das ungute Gefühl, dass ich etwas Großem auf der Spur war und ich war neugierig.
„Ich zwinge dich nicht mitzukommen, wenn du das nicht willst. Es ist ja wirklich nicht die feine englische Art, jemandem so hinterher zu spionieren, aber ich spüre einfach, dass Harrys Geheimnis größer ist als wir. Und egal, wie sehr es ihn kaputt macht, er würde es mir nicht erzählen. Ich möchte ihm helfen."
„Das ist dein Problem. Du möchtest allen unbedingt helfen, anstatt einfach mal zu akzeptieren, dass man einigen einfach nicht helfen kann, wenn sie sich nicht helfen lassen wollen." In einem letzten Versuch mich umzustimmen schüttelte Zayn mit dem Kopf, um seine Worte zu unterstützen.
„Man kann jedem irgendwie helfen", meinte ich dazu nur schlicht und schulterte meinen Rucksack. „Ich habe nach der Stunde Englisch, die jetzt ansteht, frei, dann mache ich mich direkt auf den Weg und es steht dir frei mich zu begleiten oder es zu lassen."
Er begleitete mich nicht, wie sich herausstellte, obwohl ich ihm noch eine ganze Viertelstunde nach Schulschluss Zeit gelassen hatte, sich mir anzuschließen, aber er zog es vor nach Hause zu gehen und sich mit seinen Hausaufgaben zu beschäftigen.
Nachdem ich mich noch dreimal versichert hatte, dass ich an der richtigen Adresse war und es sich hier auch wirklich um Harrys Eltern handelte, drückte ich auf die Klingel, die man direkt darauf im Haus hören konnte. Nervös trat ich von einem Bein aufs andere. Mittlerweile war ich mir sicher, was ich sagen wollte, aber trotzdem klopfte mir mein Herz bis zum Hals.
Es dauerte unverhältnismäßig lange, bis die Tür aufging und eine dunkelhaarige, nett aussehende Frau mich ansah. „Hallo, ich bin Louis Tomlinson und ich wollte zu Harry", sagte ich mit festerer Stimme, als ich mich fühlte.
„Tut mir leid, Louis, da musst du dich in der Adresse geirrt haben", meinte sie und wollte die Tür schon wieder zu machen, als ich nochmal das Wort ergriff.
„Aber sie sind doch Anne Styles, oder nicht?", fragte ich ein wenig verwirrt, aber wenn ich ehrlich war hatte ich so etwas in der Art schon tief in meinem Inneren geahnt.
,,Ja, die bin ich."
,,Dann haben sie einen Sohn namens Harry Styles, der noch hier wohnen müsste", versuchte ich es weiter. „Ich bin ein Freund und komme wegen eines Schulprojektes." Gut, der letzte Teil war gelogen, aber der erste Teil stimmte durchaus.
„Tut mir wirklich leid, aber ich habe keinen Sohn namens Harry. Ich habe lediglich eine Tochter namens Gemma und die ist im letzten Jahr ausgezogen um zu studieren", erklärte mir Anne erstaunlich hilfsbereit.
„Doch, den haben Sie und er ist einer der nettesten Menschen, die ich kenne." Ich war definitiv noch nicht bereit aufzugeben. Sie musste sich doch an ihr Kind erinnern oder Zayn hatte mich doch an der Nase herumgeführt.
Es sah aus, als würde etwas wie Verständnis durch ihre Augen zucken, aber das war so schnell wieder verschwunden, dass ich mir nicht mal sicher war, ob ich es nicht vielleicht einfach nur geträumt hatte.
„Nein, da musst du mich wirklich verwechseln." Mit diesen Worten schloss sie die Tür endgültig und ließ mich wie ein begossener Pudel draußen stehen.
Gelinde gesagt war ich geschockt, auch wenn ich nichts dagegen tun konnte, dass es mich nicht so sehr überraschte, wie es vielleicht sollte. Schon die ganze Zeit hatte ich so ein schlechtes Gefühl gehabt.
In fünf Minuten in der Stadtbibliothek
Die Antwort, die ich von Zayn auf die Nachricht bekam, war ein simples Fragezeichen auf das ich gar nicht mehr einging, da ich wusste, dass er auch ohne Erklärung kommen würde und ich keine Lust hatte erst einen Haufen an Text einzugeben, um ihm die Situation zu erklären.
Zeitgleich kamen wir vor der Stadtbibliothek an. „Was willst du denn jetzt hier?", fragte mein bester Freund mit einem, deutlich genervten Ton in der Stimme.
„Nach alten Zeitungsartikeln suchen", antwortete ich knapp, wir hatten dafür definitiv noch genug Zeit, wenn wir 17 Jahre Zeitungsartikel durchschauten.
„Hallo, ich bin Louis Tomlinson und ich muss für die Schule ein Projekt machen für das ich einige Zeitungen der letzten 17 Jahre brauche", erklärte ich. Die gelangweilte Bibliothekarin nickte und beschrieb mir den Weg zum Archiv, wo ich hoffentlich endlich fündig werden würde.
Zielstrebig lief ich mit Zayn im Schlepptau durch die hohen Regale, in denen sich die Bücher stapelten, bis ich dort angekommen war, wo ich hinwollte und war erstaunt, wie sortiert hier alles war.
„Louis, was soll das hier alles?", verlangte Zayn zu wissen.
„Seine Eltern können sich nicht mehr an ihn erinnern, im Internet findet man nichts und Harry kommt weinend zu mir und erklärt mir, dass niemand etwas dagegen tun könne, dass ich ihn verlasse. Das kommt mir alles wahnsinnig merkwürdig vor und ich werde herausfinden, was dahinter steckt und ich habe die Hoffnung, dass wenigstens die Tinte nicht vom Papier verschwindet."
Ohne ihn anzusehen wusste ich, dass Zayn mehr als verwirrt war und ich konnte es ihm kaum übel nehmen, wo es mir nicht anders ging.
Ich zog die erste Zeitung vom 01.02. von vor 17 Jahren aus dem Karton in dem sie verstaut war und blätterte zu den Geburtsanzeigen vor, die ich schnell überflog, aber Harry war nicht dabei, weshalb ich die Zeitung vom Tag danach ebenfalls herauszog.
„Da!" Ich tippte mit dem Finger auf Harrys Geburtsanzeige. „Harry Styles, geboren am 01.02. als Sohn von Anne und Desmond Styles, kleiner Bruder von Gemma Styles", las ich laut vor.
,,Das wussten wir doch schon, oder etwa nicht?" Die Verwirrung war Zayn ins Gesicht geschrieben.
„Ja, aber ich brauchte die Gewissheit, weil ich eben vor besagter Anne Styles stand und sie keine Ahnung hatte, dass sie einen Sohn hat, aber jetzt wissen wir immerhin, dass Harry wirklich ihr Kind ist. Wir müssen unbedingt noch mehr über Harry finden."
Auch wenn ich ihm ansehen konnte, dass er mehr als skeptisch war, begann mein bester Freund verschiedene Zeitungen aus den Kartons zu ziehen und darin herumzublättern um vielleicht ein Bild von Harry zu entdecken.
Über eine Stunde durchforsteten wir vor allem die Zeitungen, die zwischen Harrys siebten und zwölften Lebensjahres erschienen waren fanden aber nicht wirklich war. So langsam merkte ich auch, dass mir meine Augen immer wieder zufielen und die Buchstaben eher an mir vorbei rauschten und alle zusammen zu schmelzen schienen.
„Ich glaube, ich habe was", murmelte Zayn schließlich und hielt mir die Zeitung unter die Nase. Bevor ich etwas erkennen konnte, musste ich ein paar Mal blinzeln, aber dann erkannte ich, was Zayn zweifelsohne gemeint hatte.
Auf dem Bild, das in der Zeitung abgedruckt war, konnte man einen Jungen entdecken, der wie eine jüngere Version von Harry aussah und es vermutlich auch war. Schnell überflog ich den Zeitungsartikel und er war sogar mit Namen darin aufgeführt, weil er mit elf einen Vorlesewettbewerb gewonnen hatte.
Damals hatte er noch keinen Lockenkopf gehabt, aber bei dem breiten Lächeln, das er der Kamera geschenkt hatte, kamen die Grübchen zum Vorschein, die ich so sehr an ihm liebte und seine grünen Augen funkelten voller kindlicher Freude. Erst jetzt fiel mir auf, dass von diesem freudigen Funken nichts mehr in seinen Augen übrig geblieben war.
„Das hätten wir im Internet auch finden müssen", meinte ich mit hohler Stimme und Zayn zog sein Handy hervor, aber ich wusste schon, dass er nichts finden würde. Würde es diesen Artikel auch im Internet geben, hätten wir ihn schon längst gefunden.
„Warum findet man nichts darüber im Internet?"
„Keine Ahnung", antwortete ich wahrheitsgemäß und strich über Harrys glückliches Kindergesicht. „Er wurde vergessen", teilte ich dann meine Erkenntnisse, auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass Zayn auch schon darauf gekommen war.
In einem Anflug geistiger Umnachtung, begann ich wieder in einem der Kartons herumzuwühlen. „An welchem Datum wurde unser Jahrgang eingeschult?", wollte ich dann von ihm wissen und er nannte mir das Datum, ohne noch weiter nachzufragen, wobei ich mich jetzt fragte, woher er das noch so genau wusste. Ich hätte mich bestimmt nicht mehr dran erinnern können.
Als ich die richtige Zeitung gefunden hatte, blätterte ich sie durch, bis ich zu dem Artikel kam, der erzählte, wer alles in den verschiedenen Schulen in unserer Stadt eingeschult wurde.
Während Zayn über meine Schulter schaute, guckte ich mir aufmerksam die Bilder an, bis ich an einem ziemlich bekannten Gesicht hängen blieb. „Da ist er", flüsterte ich und deutete auf Harry, der auch in dem Bild ziemlich fröhlich wirkte.
„Er steht sogar neben mir", stellte mein bester Freund verblüfft fest. „Wie kann ich vergessen haben, dass wir mal in eine Stufe gegangen sind?"
„Wie das möglich ist, weiß ich nicht, aber du bist nicht der einzige. Soweit ich das mitbekommen habe, hat jeder ihn vergessen, du, ich, sogar seine Freunde und Eltern."
Harry POV
Seit ich Louis geküsst hatte, benahm er sich merkwürdig, auch wenn ich nicht genau sagen konnte, was es war. Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein.
„Hey, Gummibärchen", begrüßte er mich jetzt und drückte mir einen Küsschen auf die Wange, bevor er sich gegen den Spind neben meinem lehnte und mich aufmerksam beobachtete. Seit wir sowas wie ein Pärchen waren tat er das auffällig oft.
„Guten Morgen, Cupcake. Findest du nicht auch, dass es heute besonders kalt draußen ist, ich wäre beinahe erfroren", beschwerte ich mich in einem lockeren Plauderton.
„Vielleicht solltest du mal auf deine Winterjacke umsteigen, dann würdest du auch nicht immer so frieren", stellte Louis in einem trockenen Ton fest.
Einerseits hatte er ja durchaus recht damit, dass es wirklich langsam zu kalt wurde für eine Übergangsjacke, aber ich weigerte mich immer noch dagegen.
„Wenn ich die Winterjacke anziehe, würde ich zugeben, dass es Winter ist und dazu bin ich noch nicht bereit." Eigentlich hatte ich die Worte so sehr genuschelt, dass ich hoffte, Louis hätte sie nicht gehört, aber leider hatte ich mich damit geirrt.
„Warum das denn? Ich liebe den Winter ja, Weihnachten und damit gleichzeitig mein Geburtstag, Schnee. Findest du nicht auch, dass Schnee etwas wunderbares ist und dabei der Geruch von Tee und frisch gebackenen Plätzchen. Aber das allerbeste ist, dass man sich schon um sechs Uhr Abends mit einem Buch oder einem Film oder einer Serie ins Bett kuscheln kann und niemand nimmt Anstoß daran, während das im Sommer geradezu verpönt ist. Außerdem ist es kalt genug um ständig diese kuscheligen Flauschsocken anzuziehen und damit wie ein Ninja über den Boden zu rutschen."
An Louis' Gesichtsausdruck konnte man ganz genau sehen, wie sehr er den Winter liebte. Persönlich mochte ich den Frühling am liebsten. Alles erwachte wieder zum Leben, es war nicht mehr so kalt, dass man Angst haben musste, dass einem der Schnodder in der Nase gefror und es schien noch eine halbe Ewigkeit bis Weihnachten zu sein, auch wenn das eher eine Illusion war.
„Ich mag den Winter nicht", meinte ich schlicht, weil ich Louis nicht verärgern wollte und lächelte ihn zaghaft an.
„Warum?", fragte er fordernder als mir lieb gewesen wäre und es fühlte sich so an, als würde er mehr in Erfahrung bringen wollen, als warum der Winter nicht meine Lieblingsjahreszeit war.
Unschlüssig zuckte ich mit den Schultern, schließlich konnte ich ihm schlecht sagen, was wirklich dahinter steckte, also schwieg ich lieber. „Hat sich einfach so ergeben."
Es klingelte und Louis hakte sich bei mir unter um mich noch zum Unterricht zu bringen. „Das verstehe ich nicht. Irgendwann musst du mir das näher erklären, wo es doch so viele gute Dinge am Winter gibt." Bei seinen Worten schlug er einen ähnlichen Plauderton an, wie ich am Anfang unserer Unterhaltung, aber ich spürte, dass mehr dahinter steckte und es ließ mir einen Schauder über den Rücken laufen.
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So oder so ähnliche Unterhaltungen führten Louis und ich immer öfter und immer hatte ich das Gefühl, dass mehr dahinter steckte als nur simple Neugierde an kleinen Dingen in meinem Leben. Leider hatte ich keine Ahnung, wie ich damit umgehen sollte und das behagte mir gar nicht.
Trotzdem genoss ich meine Zeit mit Louis. Seine Anwesenheit beruhigte mich, ließ mich vergessen, was bald anstand und dass er mich wieder vergessen würde. Diese Zeit, die ich mit ihm hatte, war jeden Schmerz wert und jede Enttäuschung, auch wenn sich mein Herz zusammen krampfte bei dem Gedanken daran, dass ich ihn verlieren würde.
Jeder neue Tag erinnerte mich aufs Neue an den Abschied, der mir bevor stand und manchmal weinte ich mich abends in den Schlaf, weil mein Fluch mir noch nie mehr weh getan hatte, als dieses Jahr, weil ich dieses Jahr etwas gewonnen hatte, was ich vielleicht nie wieder bekommen oder erleben durfte.
„Schau mal, ist die Schneekugel nicht süß?", riss mich Louis' Stimme aus meinen Gedanken und zeigte auf einen der Stände des Weihnachtsmarktes durch dessen Gassen wir soeben schlenderten.
Wir hatten unseren Beziehungsstatus nie endgültig geklärt, aber gerade hielt Louis' behandschuhte Hand meine und es fühlte sich an, als hätte ich die Gewissheit, dass er mein fester Freund ist.
„Die ist wirklich süß. Willst du sie deiner Schwester schenken?", fragte ich mit einem Blick auf den dicken Schneemann um den ein paar kleine Kinder Schlittschuh fuhren.
„Ja, ich hatte daran gedacht sie Fizzy zu schenken, sie liebt die Dinger total und hat schon eine ganze Sammlung in ihrem Regal stehen.
„Dann wird sie sich über diese hier bestimmt besonders freuen." Louis blinzelte lächelnd zu mir hoch, sodass ich beinahe den Eindruck hatte, als wäre ich einige Zentimeter gewachsen.
Während er der Verkäuferin einen Geldschein über die Theke schob und sich dann die Schneekugel nahm, um sie sorgfältig zu verpacken, fragte er beiläufig: „Möchtest du eigentlich an Weihnachten zu uns kommen? Es würde mich wirklich freuen, würdest du mit mir und meiner Familie meinen Geburtstag feiern."
Einen Moment war ich sprachlos. „Gerne", murmelte ich und hätte mir im nächsten Moment beinahe die Hand vor den Mund geschlagen. Wie hatte ich dem nur zustimmen können.
Aber bevor ich die Einladung doch Ablehnen konnte, legte sich ein breites Lächeln auf Louis' Gesicht und er legte seinen Arm um meine Taille. „Super! Du hast ja keine Ahnung, wie sehr mich das gerade freut. Dann werde ich Mama sagen, dass sie für eine Person mehr kochen soll. Sie wird dich lieben und vermutlich direkt in unsere Familie aufnehmen, als wärst du ihr eigenes Kind."
Das würde in einer Katastrophe enden, ich konnte es quasi fühlen, aber ich brachte es auch nicht übers Herz, Louis jetzt noch zu enttäuschen. Vielleicht schaffte ich es mich rechtzeitig wieder zu verabschieden, sodass es zu keinen unangenehmen Zwischenfällen kommen würde.
Wir liefen weiter, obwohl ich nun ungewöhnlich still war. Die besorgten Seitenblicke von Louis konnte ich dabei auf der Haut spüren, als würden sie Löcher in meinen Körper bohren. „Mama wird dich wirklich lieben, falls es das ist, was dir Sorgen macht", sagte er schließlich, aber sein Ton sagte mir mal wieder, dass da mehr hinter dieser Aussage steckte, als ich wusste.
„Das ist gut zu wissen." Abrupt blieb Louis stehen, was mich auch zwang innezuhalten und ihn anzusehen. Es war ein besorgtes Glitzern in seinen Augen, aber ich hatte keine Zeit mehr es genauer zu erforschen, weil sich da schon seine Lippen auf meine pressten.
Warm und weich bewegten sie ich auf meinen und ließen mich für einen Moment alles vergessen, was ich glaubte zu wissen. Für einen einzigen, magischen Moment gab es da nur mich und Louis und diesen Kuss, der jede Verzweiflung wie eine Kleinigkeit aussehen ließ, die einfach so beseitigt werden konnte.
Halt suchend klammerte ich mich an seine Schultern, zog ihn näher an ich, um ihn bei mir zu haben und nie wieder loszulassen. Wenn ich könnte, würde ich ihn für immer behalten.
„Was ist nur los mit dir?", fragte Louis, als wir uns lösten und sah mir forschend in die Augen.
„Das kann ich dir nicht sagen." Über den Punkt, an dem ich leugnete, dass ich ein Problem zu haben, war ich lange hinaus.
„Ich weiß. Ich liebe dich." Louis' Worte waren so sanft und so voller Verständnis, dass mir die Tränen in die Augen stiegen. Wie lange würde er mich noch lieben? Zwei Wochen? Dann war Weihnachten und er würde sich nicht mal daran erinnern mich gekannt zu haben.
„Heirate mich", flüsterte ich und ich wusste, dass meine Verzweiflung aus mir sprach, aber wenn er jetzt sagen würde, dass er es tun würde, dann hätte ich wenigstens für eine kurze Zeit das Gefühl, dass unsere Liebe überdauern konnte. Wenn er mir das Versprechen gab mich unser Leben lang zu lieben, dann hätte ich immerhin das Gefühl, dass ich ihn eventuell nicht verlieren würde.
„Irgendwann werde ich das tun. Das verspreche ich dir und wenn ich mich jedes Jahr aufs Neue in dich verlieben muss", versprach er und mir rauschte der Schock durch die Adern. Mir wurde abwechselnd heiß und kalt, während ich erstarrte und ihn einfach nur sprachlos ansehen konnte.
„Du weißt es." Es war keine Frage, es war eine Feststellung.
„Zumindest einen Teil", gab er zu und ich wusste nicht, was ich fühlen sollte. Einerseits fühlte ich eine enorme Last von meinen Schultern fallen, andererseits fühlte ich mich betrogen, weil er in meine Privatsphäre gedrungen war und mir mein Geheimnis ohne mein Wissen entrissen hat.
„Woher?", Wollte ich wissen. Der verletzte Gesichtsausdruck, als ich zwei Schritte von ihm zurück wich, entging mir nicht, aber ich war selber auch gerade verletzt, also blendete ich das einfach aus.
Unsicher kaute Louis auf seiner Unterlippe herum. „Das sollten wir woanders besprechen." Er warf einen bedeutungsvollen Blick auf unsere Umgebung und ich nickte.
Erst als wir mit einem Tee in seinem Zimmer saßen, sprachen wir wieder. Davor hatte ein eisiges Schweigen geherrscht und ich hatte keinen Versuch unternommen, es zu brechen.
„Du bist sauer"; stellte Louis fest und er hatte Recht Wut war auch ein bisschen mit in dem Mix an Emotionen, der gerade in mir überzukochen drohte, aber es war nicht wirklich die vorherrschende Stimmung. Ich sagte es nicht.
„Und du hast alles recht dazu, aber ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Schon am Anfang des Jahres hatte ich das Gefühl, dass da mehr an dir ist, als du zugeben willst und das hat mich einfach nicht mehr losgelassen. Ich konnte mich nicht von dir fern halten und ich war mir sicher, dass ich dich kannte. Zayn und Mimi haben mich sogar schon als Stalker betitelt, aber ich konnte nichts dagegen machen." Louis rang die Hände, als er das sagte und sah gerade auch ziemlich verzweifelt aus.
„Dann habe ich dich um die Freundschaft angefleht und ich hatte das Gefühl, dass ich das endlich ruhen lassen konnte. Ich konnte dich kennenlernen und ich habe mich wirklich ernsthaft in dich verliebt, weshalb ich dachte, dass ich mir das am Anfang des Jahres einfach nur eingebildet hatte. Mit nichts würde ich die Zeit, die wir im Frühling und Sommer hatten eintauschen. Vermutlich habe ich mich in meinem ganzen Leben noch nie so oft unter Leute gemischt, wie in diesem Jahr, weil du mich dazu gebracht hast, Zeit außerhalb meines Zimmers und meiner Bücher verbringen zu wollen. Ich mochte deine Freunde unheimlich gerne und habe mich so wohlgefühlt, wie noch nie in meinem Leben."
Während er das sagte, leuchteten seine Augen und ich wusste, dass er es ernst meinte. Wenn ich ehrlich war, hatte ich diesen Sommer genauso genossen, wie er und in Zayn einen wirklich guten Freund gefunden, der immer für einen Spaß zu haben war. Ich erinnerte mich an unzählige Wasserschlachten im Freibad oder Picknicks im Park oder heimliches Sternegucken, wenn wir uns alle Nachts rausgeschlichen hatten.
Ein Lächeln huschte über mein Gesicht, als ich an all die schönen Erinnerungen dachte und dass ich dieses Jahr niemals in meinem Leben vergessen würde.
„Aber dann hast du mich geküsst, einfach so und angefangen zu weinen als du mich angefleht hast, dich nicht zu verlassen und plötzlich war ich mir sicher, dass da doch etwas ist und ich mir nicht alles eingebildet habe, als ich am Anfang gedacht habe, es würde mehr hinter dir und deinem Verhalten stecken und ich habe auf einmal gesehen, wie sehr es dich mitnimmt, was auch immer du für ein Geheimnis haben mochtest. Also habe ich angefangen ein bisschen nachzuforschen. Erst im Internet, aber weil da wirklich so gar nichts über dich stand, habe ich deine Eltern besucht und als deinen Mutter sich nicht mehr an dich erinnert hat..."
Louis brach mitten im Satz ab und ließ den Rest in der Luft hängen, als er mich unsicher ansah, Vermutlich erwartete er, dass ich zornig wurde, aber während er geredet hatte, hatte ich bemerkt, dass ich nicht wirklich wütend, enttäuscht oder erleichtert war. Eigentlich war ich einfach nur müde und wollte, dass es endlich vorbei war.
„Danach habe ich mit Zayn angefangen alte Zeitungen zu durchforsten auf der Suche nach dir und haben festgestellt, dass ich tatsächlich vor deiner Mutter stand und auch, dass du schon länger als erst seit den Weihnachtsferien auf diese Schule gehst. Genau genommen gehst du schon seit der fünften Klasse auf unsere Schule und da habe ich eins und eins zusammen gezählt und vermutet, dass du jedes Jahr etwa um Silvester herum, vergessen wirst und zwar von ausnahmslos jedem."
Er endete, aber ich hüllte mich weiter in Schweigen. Es vergingen mehrere Minuten, in denen Louis mich ängstlich ansah und ich einfach nur an meinem Tee nippte, bis die Tasse komplett leer war.
„Willst du nicht auch was dazu sagen?", fragte er unsicher und kaute schon wieder auf seiner Unterlippe. Eine fürchterliche Angewohnheit. So würde er sie sich noch kaputt beißen.
„Ich habe es so lange für mich behalten, da fühlt es sich merkwürdig an, jetzt alles zu erzählen", gab ich zu, aber mein Blick hing immer noch an seinen Lippen, die weiter von seinen Zähnen malträtiert wurden.
Bevor er oder ich noch etwas sagen konnte, hatte ich mich nach vorne gebeugt und meine Lippen auf seine gepresst. Wem machte ich was vor. Eigentlich war ich froh, dass er mein Geheimnis nun kannte und dass er mich nicht gänzlich komisch fand, das würde ich die letzten Wochen ganz sicher nichts aufs Spiel setzen.
Louis löste sich nach einer viel zu kurzen Zeit wieder von mir und sah mich beinahe erbost an. „Ich glaube nicht, dass das die richtige Zeit ist um zu knutschen."
Ergeben seufzte ich und erzählte ihm die ganze Geschichte. Wo er schon so viel Arbeit damit hatte, das alles herauszufinden, hatte er die ganze Wahrheit verdient.
„Als ich kleiner war, wurde ich ziemlich stark gehänselt in der Schule. Es hat mich fertig gemacht und es verging kein Tag, an dem ich mir nicht gewünscht habe, es würde endlich aufhören. Ich habe mir so sehr gewünscht, dass die anderen Kinder mich vergessen würden, damit ich einfach mit meinem Leben weiter machen konnte, dass ich das meiner Mutter erzählt habe, als ich weinend von der Schule gekommen bin. Es war ein besonders schlimmer Tag und da habe ich diesen Wunsch beinahe Wort für Wort so gesagt und es mir als einzigen Wunsch zu Weihnachten gewünscht."
Ohne es verhindern zu können, stiegen mir Tränen in die Augen an dieses eine verhängnisvolle Weihnachten. „Es ist in Erfüllung gegangen, bloß nicht ansatzweise so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Einfach jeder, der jemals mit mir geredet, mich gemocht oder auch nur gesehen hatte, hatte mich vergessen. Sogar meine Eltern und meine große Schwester. Da war absolut niemand mehr, der sich an mich oder mein Gesicht erinnern konnte. Ich erinnere mich daran, dass ich am Morgen nach Weihnachten runter in die Küche gekommen bin, wie an jedem anderen Tag auch und meine Mutter hat mich angesehen als wäre ich ein Fremder. Sie hat um Hilfe gerufen und als ich ihr völlig verwirrt gesagt habe, dass ich ihr Sohn bin, hat sie die Polizei gerufen und mich mit einem Küchenmesser bedroht. Das war der schlimmste Tag in meinem Leben, da bin ich mir ziemlich sicher."
Die erste Träne verließ mein Auge und rollte über meine Wange, wo sie von Louis aufgefangen wurde. Seine Hände umfassten meine Wangen und fingen jede Träne auf, die mir über die Wangen rollten, während sein Daumen beruhigende Kreise auf meiner Haut zeichneten.
„Seitdem werde ich ausnahmslos jedes Weihnachten von jedem einzelnen Menschen vergessen und sogar die Artikel oder alles, wo ich erwähnt bin, wird aus dem Internet gelöscht. Alles, was von mir übrig bleibt sind mit Tinte auf Papier geschriebene Sachen, wie Zeitungsartikel oder Zeugnisse. Das ist mein Fluch und ich habe gelernt damit zu leben. Irgendwie hat Niall es jedes Jahr geschafft sich mit mir anzufreunden, weshalb ich wenigstens immer den gleichen Freundeskreis hatte, was mir einiges einfacher gemacht hat, aber trotzdem musste ich jedes Mal so tun, als wäre alles neu für mich."
Ein schwaches Lächeln huschte über meine Lippen und ich lehnte meinen Kopf an Louis' Schulter, um mich von ihm trösten zu lassen. Es tat gut, endlich jemanden zu haben, mit dem ich reden konnte.
„Dann kamst du und hast dich an mich erinnert, obwohl wir uns im letzten Jahr nur vom Sehen gekannt haben und das hat mir mehr Angst eingejagt, als es sollte am Anfang, aber irgendwie fand ich deine Art süß und ich habe mich in dich verliebt und jetzt habe ich schreckliche Angst, dass ich dich verlieren werde, denn wenn du dich nicht mehr an mich erinnerst, dann..."
Dieses Mal war ich derjenige, der den Satz in der Luft hängen ließ, aber wir wussten beide, was ich gerade empfand, da war ich mir ziemlich sicher.
„Jeder Fluch kann gebrochen werden", flüsterte Louis mir ins Ohr, während seine Finger sanft durch meine Haare fuhren und er mich fest und beruhigend an sich drückte. „Ich werde mich an dich erinnern, egal was es kosten mag."
„Versprich nichts, was du nicht halten kannst", wisperte ich zurück und konnte sogar selber hören, wie rau meine Stimme klang. Die Chance, dass er meinen Fluch wirklich brechen konnte, waren aberwitzig gering und doch flackerte der Funken der Hoffnung wieder in meinem Inneren auf von dem ich dachte, er wäre schon längst erloschen.
„Tue ich nicht. Komm an Heilig Abend zu meinem Geburtstag", bat er und mit einem Blick in seine treuherzigen Augen, konnte ich nicht anders als zu nicken, obwohl ich wusste dass es eine schlechte Idee war, aber Louis hatte mich schon von Anfang an dazu gebracht unkluge Entscheidungen zu treffen. Das war nur eine Entscheidung mehr, die ich vielleicht besser nicht getroffen hätte.
Möglicherweise waren die Entscheidungen, die ich in Louis' Gegenwart getroffen hatte aber auch die besten, die ich jemals hätte machen können.
-☆-
Louis' Geburtstag kam schneller als mir lieb war und mit jedem Tag, den er näher rückte, erwischte ich mich dabei, wie ich nervös an meinen Nägeln kaute oder meine Lippen kaputt biss. Das ging so weit, dass sogar meine Freunde mich darauf ansprachen und fragten, ob alles in Ordnung mit mir sei. Natürlich hatte ich sie angelogen, auch wenn Louis meinte, dass ich ehrlich sein sollte, aber dafür war ich nicht wirklich bereit.
Am 24. stand ich minutenlang vor seiner Haustür und kämpfte mit mir um wirklich auf die Klingel zu drücken. Am liebsten wäre ich einfach umgedreht und hätte mich dann in meinem Selbstmitleid gesuhlt, bis mich nach den Ferien wieder jeder vergessen hatte, aber ich wusste, dass Louis das nicht zulassen würde.
„Du weißt schon, wofür eine Klingel da ist, oder?", fragte Louis mich kichernd, als er die Tür öffnete ohne, dass ich geklingelt hatte. „Du musst die Tür nicht anstarren bis sie von alleine aufgeht und dich einlässt."
Ohne etwas zu erwidern ließ ich mich in die Umarmung sinken, die Louis mir mit ausgebreiteten Armen anbot, in der Hoffnung sein vertrauter Geruch, der sich mittlerweile wie Zuhause anfühlte, würde mich etwas beruhigen. Es klappte sogar etwas, aber gleichzeitig brachte es meine Angst zum Überkochen, sodass ich mich so fest an ihn klammerte, dass ich beinahe das Gefühl hatte, er würde zerbrechen.
Etwas unbeholfen tätschelte Louis mir den Rücken und strich mir durch die wilden Locken, die ich mir den ganzen Tag schon so sehr gerauft hatte, dass sie eher einem Vogelnest glichen.
„Alles wird gut, das verspreche ich dir", flüsterte er mir beruhigend ins Ohr und drückte mich fest an sich. „So einfach wirst du mich nicht mehr los", scherzte er, um die Stimmung etwas aufzulockern, was ihm nicht gelang.
Als ich auch noch anfing zu weinen, schob Louis mich so weit von sich weg, dass er mir in die Augen sehen konnte. Mit beiden Händen schob er meine wirren Haare etwas zurück und er wischte die Tränen von meinen Wangen, auch wenn immer wieder neue nachkamen.
Ernsthaft sah er mir in die Augen. „Ich verspreche und schwöre dir, dass ich mich auf dem ein oder anderen Weg an dich erinnern werde und dass ich dich nicht verlasse. Du wirst mich unter keinen Umständen verlieren, okay?"
„Woher willst du das wissen?", fragte ich mit belegter Stimme. Alles in mir wollte seinen Worten Glauben schenken, aber ich wagte nicht zu hoffen, weil es viel schlimmer sein würde, wenn diese Hoffnung wie ein Ballon platzen würde. Davon würde ich mich nicht mehr erholen.
„Ich weiß es einfach." Es lag so viel Überzeugung in seiner Stimme, dass ich nicht anders konnte, als zu nicken, auch wenn es töricht war.
Eine Frau kam aus der Küche zu uns. Zumindest nahm ich das an, weil sie noch ein Trockentuch in der Hand hielt und eine mit Mehr beschmierte Schürze um die Hüfte gebunden hatte. Schnell beseitigte ich die Tränenspuren von meinem Gesicht.
„Hallo, du musst Harry sein. Louis hat schon so viel von dir erzählt, da ist es wirklich erstaunlich, dass ich dich noch nicht vorher getroffen habe. Ich bin Jay", stellte sie sich mit einer allumfassenden Herzlichkeit vor, die mich sofort geborgen fühlen ließ und statt mir einfach nur die Hand zu geben, zog sie mich in eine warme, mütterliche Umarmung.
„Genau, ich bin Harry", murmelte ich, da ich nicht wusste, was ich sonst erwidern sollte.
„Du bleibst über die Weihnachtstage, richtig? Louis meinte, dass du dich nicht so gut mit deinen Eltern verstehst und an Weihnachten sollte wirklich niemand alleine sein, also bist du hier natürlich immer Willkommen", verkündete sie, was mir ein schiefes Lächeln entlockte.
„Das ist wirklich unfassbar nett, Jay", bedankte ich mich, aber sie winkte nur ab, lachte mir aber offen entgegen. „Das macht uns allen wirklich nichts aus. Wir sind ohnehin schon so viele, da macht einer mehr es auch nicht mehr aus und Louis konnte unter uns fünf Frauen ohnehin mal ein wenig männliche Unterstützung gebrauchen."
Man hörte wie in der Küche etwas lautstark zu Boden fiel, gefolgt von einem schuldbewussten „Ups!", das durchs halbe Haus geschrien wurde, in dem die Aufforderung, dass die Herrin des Hauses wiederkommen sollte, mitschwang.
Jay zuckte nur unmerklich zusammen, aber wenn möglich wurde ihr Lächeln nur noch breiter und liebevoller. „Wir haben gerade Plätzchen gebacken. Ich bringe euch gleich welche hoch in Louis' Zimmer, aber ich fürchte, jetzt muss ich den Zwillingen erst einmal helfen Chaos zu beseitigen, dass sie angerichtet haben", entschuldigte sie sich und verschwand wieder.
„Na komm." Louis legte mir einen Arm um die Taille und führte mich in sein Zimmer.
„Warum habe ich deine Familie noch nicht früher kennengelernt?", fragte ich aus reiner Neugierde, weil man sich mit so einer liebevollen und herzlichen Mutter wirklich nicht fürchten musste, seinen Freund mit nach Hause zu bringen. Aber waren wir das überhaupt? So richtig geklärt hatten wir das immer noch nicht.
„Keine Ahnung, hat sich einfach nicht ergeben, schätze ich." Er zuckte mit den Schultern und ließ sich auf sein Bett fallen. Einladend tätschelte er den Platz neben sich, damit ich mich auch setzte.
„Herzlichen Glückwunsch", wünschte ich, weil ich bemerkt hatte, dass ich das über meine eigene Nervosität eben völlig vergessen hatte. Mit einem liebevollen Lächeln betrachtete Louis mich, dann lehnte er sich herüber zu mir und küsste mich.
„Danke", flüsterte er zwischen zwei Küssen, bevor er auf meinen Schoß kletterte und seine Hände in meinen Haaren vergrub. Damit er nicht runter fiel, schlang ich meine Arme um seine Taille und zog ihn näher zu mir heran.
„Ich bitte euch Jungs. Entweder ihr schließt die Tür ab oder ihr verschiebt das ganze hier, bis ihr nicht mehr erwartet, dass ich nochmal rein komme." Erschrocken fuhren wir auseinander, als wir Jays Stimmte hörten, die uns sanft zurecht wies.
„Sorry Mama", entschuldigte Louis sich. „Beim nächsten Mal werden wir dran denken." „Das will ich hoffen. Und jetzt lasst euch nicht weiter stören, ich bin schon wieder weg." Sie winkte uns nochmal zu, dann waren wir wieder alleine.
Wir tauschten einen Blick und mussten dann beide anfangen zu kichern und Louis ließ sich von meinem Schoß seitlich aufs Bett fallen, sodass er mich noch ansehen konnte.
„Ich habe noch ein Geschenk für dich", meinte ich dann hielt ihm ein mehr schlecht als recht verpacktes Päckchen vor die Nase.
Mit einem überraschten Blick nahm Louis es entgegen und entfernte das Tesafilm, womit ich wirklich nicht gespart hatte, damit das Geschenkpapier auch wirklich halten würde. Eine kleine Schachtel kam zum Vorschein und als er sie öffnete lag darin ein Schlüsselanhänger. Genauer gesagt zwei. Zwei Hälften eines Herzens.
„Ich weiß nicht, ob es nicht vielleicht noch zu früh für solche Geschenke ist, aber ich dachte, selbst wenn du mich vergisst morgen, hast du immerhin noch was von mir, auch wenn du dich nicht daran erinnern kannst, dass es von mir ist und ich habe etwas, dass mich mit dir verbindet. Oh Gott, das klingt ausgesprochen noch viel kitschiger als in meinem Kopf. Tut mir leid, ich-"
Während ich immer roter im Gesicht wurde und nun am liebsten im Boden versunken wäre, wurde Louis' Lächeln immer breiter, bis er sich schließlich zu mir nach vorne lehnte und mich unterbrach, indem er seine Lippen auf meine drückte.
„Mach dir nicht so viele Gedanken. Ich liebe es", flüsterte er und umarmte mich, als ich endlich Ruhe gegeben hatte. Erleichtert atmete ich aus und auch auf meinem Gesicht breitete sich ein schiefes Lächeln aus.
„Hat deine Mutter nicht eben was von Keksen gesagt?", fragte ich dann, um das Thema zu wechseln und Louis deutete mit dem Daumen hinter sich auf seinen Nachttisch, wo zwei Tassen mit dampfendem Tee standen und ein Teller mit den unterschiedlichsten Keksen drauf.
Louis POV
Gemeinsam verbrachten wir meinen Geburtstag mit meiner Familie und es war wirklich wunderbar. Obwohl Harry und ich noch gar nicht so lange zusammen waren, fühlte es sich absolut richtig an, ihn an meiner Seite zu haben und wie es aussah, liebte meine Familie ihn von der ersten Sekunde an, als würde er schon seit einer Ewigkeit dazugehören. Mehr konnte man sich gar nicht wünschen.
Nachdem wir uns mehrere Kinderweihnachtsfilme angesehen hatten, beschlossen wir ins Bett zu gehen und ich merkte Harry seine Angst und Nervosität mit jeder Sekunde mehr an. Weil ich nicht wirklich wusste, wie ich es besser machen konnte, versuchte ich so weit es ging an seiner Seite zu bleiben und strich ihm immer wieder über den Arm, den Rücken oder zog ihn in eine Umarmung, aber nichts schien wirklich zu helfen.
Wobei ich ihm das beim besten Willen nicht verübeln konnte. Wäre ich an seiner Stelle, ich wäre schon lange durchgedreht. Schon lange bevor wir uns getroffen hatten. Wenn ich mir nur vorstellte, dass meine Mutter, meine Schwestern oder Zayn mich vergessen würden...
Ich brauchte ein paar Minuten länger im Bad und als ich wieder in mein Zimmer kam, sah ich Harry mit einigen Blättern in der Hand. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht, als ich erkannte, was er da in seiner Hand hielt.
Weil ich ihn nicht aufschrecken wollte, blieb ich im Türrahmen stehen und beobachtete ihn, während sich mit jeder Zeile, die er las, mehr Tränen in seinen Augen bildeten
Vorsichtig lehnte ich mich gegen die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. Anscheinend hatte ich ihn mit der Bewegung nun doch auf mich aufmerksam gemacht, obwohl ich mich extra langsam und leise bewegt hatte.
Erschrocken sah er auf und begegnete meinem Blick. „Entschuldige, ich wollte nicht in deinen Sachen herumschnüffeln, aber als ich meinen Namen gelesen habe, konnte ich nicht anders... Tut mir leid, ich hätte es nicht lesen dürfen." Eilig legte er die Zettel wieder zurück auf den Schreibtisch, wobei ihm einige herunterfielen und durcheinander wirbelten.
„Mist, sorry, das wollte ich nicht", entschuldigte er sich weiter. Diese Tollpatschigkeit hatte etwas unheimlich Süßes an sich, weshalb ich nicht mehr widerstehen konnte und auf ihn zutrat, um meine Arme auf seine Hüften zu legen.
„Du darfst das ruhig lesen. Wäre es geheim, würde es nicht so offen auf meinem Schreibtisch liegen", beruhigte ich ihn und half ihm die glücklicherweise durchnummerierten Blätter in der richtigen Reihenfolge wieder zurückzulegen und zog Harry schließlich in meine Arme.
„Das war ein Brief an dich", stellte er fest, als er mir in die Augen sah. „Jap, das war ein Brief an mich von mir über dich. Ich möchte dich nicht anlügen, ich bin mir nicht sicher, ob ich dich nicht vielleicht wirklich wieder vergessen werde, aber ich möchte auf gar keinen Fall die Zeit mit dir verlieren, dafür ist sie mir einfach viel zu wichtig, dafür bist du mir viel zu wichtig. Also habe ich mir einen Brief geschrieben, in dem ich die Situation erkläre und aufschreibe, was wir alles erlebt haben, damit ich mir immerhin wieder vorstellen kann, wie es gewesen ist und ich mich wieder in dich verlieben kann."
Die Tränen, die jetzt Harrys Wangen benetzen waren Freudentränen, da war ich mir ziemlich sicher. Trotzdem wischte ich sie sanft weg.
„Nicht weinen. Alles wird gut", versprach ich und ich meinte es auch so.
„Ja, das wird es", antwortete Harry das erste Mal mit einer ähnlichen Überzeugung, wie ich sie immer an den Tag zu legen pflegte und ich konnte nicht anders, als ihn wieder zu küssen. Das war etwas an das ich mich wirklich gewöhnen konnte. Ihn immer und in jeder Lebenslage zu küssen, einfach, weil ich es konnte.
Eine Weile lagen wir noch wach in der Dunkelheit meines Zimmers und tauschten schläfrige Küsse und Kuscheleinheiten aus, bis wir schließlich beide einschliefen, er mit seinem Kopf auf meiner Brust, während er meinem Herzschlag lauschte.
„Er beruhigt mich", gab er zu kurz bevor er endgültig eindämmerte. „Er zeigt mir, dass du da bist, ganz nah bei mir und ich dich tatsächlich haben kann." Als er das gesagt hatte, musste mein Herz ein wenig schneller geschlagen haben, aber ich war mir nicht sicher, ob er das noch mitbekam, im nächsten Moment waren seine Atemzüge nämlich ganz gleichmäßig geworden und seine Arme, die er eben noch fest um mich geschlungen hatte, lockerten sich etwas.
Nur einige Momente später war ich selbst auch ins Land der Träume über gewechselt.
Als ich aufwachte, war das erste, was mir im Halbschlaf auffiel, dass etwas schweres auf meiner Schulter lag und mit gleichmäßig in meinen Nacken atmete, was mich sofort hellwach werden ließ. Normalerweise wachte ich nicht auf und eine andere Person lag auf mich.
Ich riss den Kopf hoch und entdeckte einen Lockenkopf, der noch schlafend am mich gekuschelt war und mich als Kissen benutzte. Mein vom Schlaf vernebeltes Gehirn brauchte einige Momente um zu verarbeiten, was hier passiert war und ich ließ mich erleichtert wieder zurück in die Kissen fallen.
Ein befreites Lachen drohte aus meiner Kehle zu blubbern, aber ich hielt es nach Kräften zurück, aber ich drückte den Jungen in meinen Armen näher an meinen Körper um ihn so nah bei mir zu halten, wie es nur möglich war.
Es dauerte noch eine ganze Weile, bis er aufwachte, aber ich wartete gerne darauf und begnügte mich damit selbst immer mal wieder zwischen Halbschlaf und Wachsein zu wechseln, bis ich bemerkte, dass er ein bisschen hin und her rutschte und einige äußerst süße gemurmelte Laute von sich gab, bis er schließlich die Augen öffnete und sich erst verwirrt umblickte und dann unsicher zu mir hoch.
„Guten Morgen Harry", begrüßte ich ihn und nahm ihm mit einem Schlag alle Angst und jede Last von den Schultern. Sanft strich ich ihm eine verirrte Locke hinters Ohr und sah zum ersten Mal das fröhlich-unbeschwerte Funkeln in seinen Augen, das ich auf dem Bild in dem Zeitungsartikel gesehen hatte und von dem ich dachte es wäre verloren gewesen.
„Du kannst dich erinnern", murmelte er und vergrub sein Gesicht in meiner Brust.
„Das habe ich dir doch versprochen, oder nicht?" Mit einer Hand fuhr ich in seine weichen Locken und streichelte hindurch, was Harry ein zufriedenes Brummen entlockte.
„Aber wie ist das möglich?"
„Wären wir hier in einem Märchen, würde ich sagen, es war der Kuss der wahren Liebe, aber da ich mir ziemlich sicher bin, dass das hier kein Märchen ist, kann ich dir das leider nicht beantworten." Wobei ich fand, dass das hier schon ein ziemlich gutes Happy End war.
„Ich glaube trotzdem an den Kuss der wahren Liebe", meinte Harry und strahlte mich an, als er seinen Kopf von meiner Brust hob.
-☆-
Direkt am Morgen nach den Feiertagen gingen Louis und ich händchenhaltend zu Nialls Haus, weil er uns zu einer Weihnachtsfeier eingeladen hatte. Da auch Jay und Louis' Schwestern mich wieder erkannt hatten, machte ich mir keine Sorgen, dass er es auch tat, aber ich hatte wenig Hoffnung, dass er sich wirklich an alles erinnern konnte, denn Louis hatte bestätigt, dass er sich nur an das letzte Jahr erinnern konnte und nicht daran, dass wir uns davor schonmal getroffen hatten, aber das war immerhin besser als nichts.
Wir waren die letzten, die ankamen. Alle unsere Freunde waren schon da, inklusive Zayn, mit dem sich besonders Niall in den letzten Wochen richtig angefreundet hatte und sogar Amalia war da, weil sie Niall leid tat. Die saß jetzt mit Emily auf dem Teppich vor dem Sofa und unterhielt sich angeregt mit ihr.
Selbst Zayn sah ziemlich ausgelassen aus und hatte ein echtes Lächeln im Gesicht, das ich in dem Ausmaß schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte, aber die neuen Freunde schienen ihm gut getan zu haben und das machte mich mindestens genauso glücklich wie ihn.
„Harry! Louis! Wie schön, dass ihr auch endlich da seid, ich halte das ständige Rumgeknutsche von Liam und Tori echt nicht mehr aus. Heute sind sie da wirklich besonders fleißig, als hätten sie sich seit Jahren nicht mehr gesehen."
Niall strahlte bis über beide Ohren und ich konnte sehen, dass Harry neben mir ähnlich breit lächelte. Seit Tagen hatte er dieses Strahlen nicht mehr aus seinem Gesicht bekommen, aber darüber würde ich mich ganz sicher nicht beschweren. Es war schön zu wissen, dass er endlich glücklich werden konnte.
„Setzt euch zu uns", bot er uns an und gestikulierte zum Sofa. Danach runzelte er kurz die Stirn, als hätte er etwas ganz merkwürdiges gesagt, schüttelte aber dann den Kopf und lachte.
„Merkwürdig, ich hatte gerade das Gefühl als hätte ich dich Harry schon einmal zu einer Party in unser Haus gebeten, dabei bin ich mir ziemlich sicher, dass das hier meine erste Party mit dir ist."
Sofort schoss mein Blick zu Harry und ich fing seinen Blick auf. Vielleicht waren die Erinnerungen doch nicht ganz weg, sondern nur ein wenig verschüttet und mit ein bisschen Geduld konnte man sie wieder frei schaufeln.
An dem Ausdruck in Harrys Augen konnte ich erkennen, dass er dasselbe dachte und innerhalb von einem Sekundenbruchteil eine Entscheidung getroffen hatte. „Ich glaube ich muss euch etwas sagen, Leute", gab er dann zu und anstatt Weihnachten ein bisschen zu feiern, saßen wir den ganzen Nachmittag bei Niall im Wohnzimmer und Harry erzählte uns von seiner Geschichte und seinen Erinnerungen. Es zeigte sich, dass einige der Erinnerungen schon bei der Erwähnung der Geschichten wieder zurück kamen. Wie viele über die Zeit zurück kommen würden, konnte niemand wissen, aber wir würden es herausfinden und das Wichtigste war, dass der Fluch wirklich gebrochen war.
Einige Tage später stand ich mit Harry wieder vor dem Haus seiner Eltern und wieder öffnete Anne Styles die Tür. Harrys Hand in meiner begann zu schwitzen und zu zittern, woran ich merkte, dass er extrem nervös sein musste, also drückte ich sie, um ihm zu zeigen, dass ich an seiner Seite war und ganz sicher nicht vor hatte sie zu verlassen.
„Hey, ich kenne dich. Du bist der Junge, der behauptet hat, ich hätte einen Sohn", erkannte sie mich sofort wieder und ich konnte nicht anders als zu lächeln. Als ihr Blick zu Harry wanderte, zog sie die Augenbrauen zusammen, konnte ihre Augen aber nicht mehr von ihm abwenden.
„Deshalb bin ich hier. Ich bin Louis Tomlinson und das hier ist Harry Edward Styles, ihr Sohn", erklärte ich.
„Das ist unmöglich", hauchte Anne verwirrt. „Ich würde doch niemals mein eigenes Kind vergessen."
„Dürfen wir reinkommen? Dann erzählen wir ihnen gerne die ganze Geschichte", bat ich und Anne nickte, während sie die Tür für uns offen hielt.
Im Wohnzimmer saßen schon Harrys Vater und seine Schwester, die wohl für einen Besuch nach Hause gekommen war. Gemeinsam setzten wir uns an den Tisch und erzählten, was an dem Weihnachten vor ein paar Jahren passiert waren und holten sogar die Zeitungsartikel heraus, die ich gefunden hatte, um zu beweisen, dass wir die Wahrheit sagten. Nicht, dass das wirklich nötig gewesen wäre. Besonders Anne glaubte uns sofort und meinte sogar, dass einige Erinnerungen aus Harrys Kindheit sofort wieder in ihren Kopf gekommen waren.
Von allen Seiten wurden viele Tränen vergossen, aber wer konnte ihnen das verübeln, wenn sie gerade ihren Sohn wiedergefunden hatten. Die ganze Zeit blieb ich an Harrys Seite und hatte eine Hand beruhigend auf seinem Knie liegen.
Stunden später verließen wir Harrys einstiges Zuhause wieder. Es war unterdessen schon dunkel geworden und es war zum ersten Mal im Jahr Schnee gefallen, der die Luft klar und rein erscheinen ließ.
„Danke, Louis. Für alles, was du für mich getan hast", bedankte Harry sich und lächelte mich schüchtern an.
„Ich würde alles für dich tun." Es war ein Versprechen und das wussten wir beide.
„Können wir dann statt Weihnachten nur deinen Geburtstag feiern? Du bist viel mehr mein Christkind, als Jesus es jemals sein könnte." Bei diesen Worten schwoll mein Herz so sehr an, dass ich Angst hatte, es würde nicht mehr in meine Brust passen.
„Ja. Ja, das können wir tun." Harry sah mich an, als wäre ich seine Welt und ich denke das war der Moment, in dem ich wusste, dass ich alles, einfach alles tun würde, damit er mich wieder mit diesem Blick ansehen würde.
„Ich liebe dich, Harry."
„Ich liebe dich auch, Louis, so sehr."
Für viele Menschen bedeutete Weihnachten und der Winter etwas Wundervolles, Magisches und wo wir jetzt hier im immer stärker fallenden Schnee standen und uns küssten, konnte Harry endlich anfangen etwas Positives mit dieser Jahreszeit zu verbinden.
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