4. Dezember: Ich Liebe Dich

Ich wünsche euch allen einen tollen 4. Dezember! An diesem Tag habe ich den One Shot von der lieben aada2018 für euch :-) Vielen Dank, dass du bei der ganzen Aktion mitgemacht hast und dir die Mühe gemacht hast, über 4700 Wörter in die Tasten zu hauen. Lasst ihr doch bitte ein paar nette Kommentare da und schaut auf ihrem Profil vorbei. 

Ich wünsche euch viel Spaß beim lesen und ich sehe euch in meinem Weihnachtsbuch wieder (: <3 

Lots of Love

Michelle xx 



„Du musst ihn entweder vergessen oder ihn dir zurückholen, Louis." seufzte Liam am anderen Ende der Leitung. Ich schluchzte leise und versuchte vergeblich mir die Tränen von den Wangen zu wischen. „Und wie stellst du dir das vor, Liam? Wir sind seit 7 Jahren zusammen und..." Ich wurde von meinem eigenen Schluchzen unterbrochen und brauchte einige Sekunden, bis ich weitersprechen konnte. „Und mal davon abgesehen sind wir immer noch in der gleichen Band, falls du das vergessen haben solltest."

Ich konnte hören, wie Liam seufzte. „Hab ich nicht vergessen. Aber..." „Nichts aber. Ich kann nicht ohne ihn leben, Liam. Ich kann nicht!" schrie ich jetzt unter Tränen und kauerte mich auf dem Sofa zusammen, wo ich seit 10 Tagen eigentlich ausschließlich meine Zeit verbrachte. Seit Harry gegangen war. Bei dem Gedanken daran wurde mir schlecht und ich musste mich wirklich zusammenreißen, um mich nicht hier und jetzt zu übergeben.

„Lou.... Pass auf. Ich bin in ner halben Stunde bei dir. Geht das?" seufzte Liam jetzt am anderen Ende der Leitung und ich bejahte flüsternd. Dann legte Liam auf und ich war alleine mit meinen Gedanken. Wie habe ich es nur so weit kommen lassen können?

Vor zwei Wochen hatte mein Management sich bei mir gemeldet. Es gab schon wieder viele Spekulationen rund um meine Beziehung zu Harry. Obwohl One Direction im Moment nicht als Band auftrat, kontrollierte das Management eigentlich jeden meiner Schritte. Und wenn die mich herbestellten, musste ich eben kommen.

Als ich also vor zwei Wochen dort auftauchte, teilte man mir mit, dass ich etwas gegen die Gerüchte unternehmen müsse. In meinem Management saßen eben nur homophobe Arschlöcher. Natürlich hatte ich schon Erfahrungen mit dieser Art von Verheimlichung der Wirklichkeit gemacht und wusste was auf mich zukommen würde. Dachte ich zumindest. Als man mir dann mitteilte, dass eine neue Fake-Freundin nicht ausreichen würde, wäre ich fast an die Decke gegangen. Was sollte ich denn noch alles machen?

Die Antwort war schließlich ganz leicht. Ein Kind... Ich sollte mit einer, mir fremden Frau, ein Kind zeugen und dieses der Medienwelt präsentieren. Natürlich hätte ich abgelehnt, wenn ich gekonnt hätte. Aber ich konnte nicht. Meine Knebelverträge, die ich vor knapp 8 Jahren in meiner kindlichen Naivität unterzeichnet hatte und die Drohungen des Managements zwangen mich dazu jede ihrer Forderung hinzunehmen.

Ich verheimlichte es Harry zunächst. Ich wollte die Enttäuschung in seinen Augen nicht sehen. Ich hatte viel zu große Angst ihn verlieren zu können. Stattdessen setzte ich mich selbst unter Drogen. Trank zu viel, nahm die Pillen, die man mir anbot und schaffte es tatsächlich auf Anhieb die fremde Frau zu schwängern. Erinnern konnte ich mich daran nicht. Das einzige, an das ich mich klar und deutlich erinnern konnte, waren die Enttäuschung und die Wut auf Harrys Gesicht, als ich, völlig zugedröhnt mit Alkohol und irgendwelchem illegalen Zeug, wieder nach Hause kam und ihm lallend alles gestand.

Harry hatte mich einfach nur angestarrt. Regungslos hatte er vor mir gesessen und mich dann wortlos in unser Schlafzimmer gebracht, bevor er seine Sachen gepackt hatte und verschwunden war. Wohin, wusste ich bis heute nicht.

Wimmernd presste ich den Pullover an meine Brust, den ich ganz hinten in unserem Kleiderschrank gefunden hat und drückte meine Nase in den Stoff. Harrys Geruch ging bereits verloren, aber ein bisschen roch der Pulli noch nach ihm.

In diesem Moment wurde ich von der Klingel aus meinen Gedanken gerissen. Langsam erhob ich mich und tapste zur Tür. Auf dem Weg dorthin, kam ich an einem Spiegel vorbei und musterte mich kurz. Ich hatte seit einer Ewigkeit nicht geduscht, seit Harry weg war fast nichts mehr gegessen und getrunken und draußen war ich sowieso schonmal nicht gewesen.

„Hey Liam." murmelte ich, als ich die Tür öffnete. Mein bester Freund und Bandkollege musterte mich kurz und biss sich auf die Unterlippe. „Na?" gab er leise zurück und betrat das Appartement. Auf seiner Jacke hatten sich kleine Schneeflocken abgesetzt, die jetzt durch die Wärme im Haus zu schmelzen begannen. Anscheinend hat es in den letzten Tagen angefangen zu schneien. Als Liam und ich uns auf den Weg zurück ins Wohnzimmer machten, warf ich schnell einen Blick auf den Kalender, der an einer der Wände hing. Noch vier Tage bis Weihnachten. Noch drei Tage bis zu meinem Geburtstag. Den ich nicht feiern würde. Genauso wenig, wie Weihnachten.

Im Wohnzimmer angekommen rollte ich mich wieder in einer Ecke des großen Sofas zusammen, während Liam sich vorsichtig ein Stück von mir entfernt auf dem Sofa niederließ. „Ach Lou... Was machst du immer nur für Sachen?" seufzte er schließlich leise und unterbrach so die entstandene Stille. Sofort traten wieder Tränen in meine Augen. Das ich inzwischen nicht bereits ausgetrocknet war, war wirklich ein Wunder.

„Ich wollte das alles nicht. Ich wollte es wirklich nicht!" wimmerte ich und Liam rutschte ein Stück näher zu mir, um vorsichtig einen Arm um meine Schultern zu schlingen. „Ich weiß, Louis. Aber du weißt hoffentlich selbst, dass du Harry mit deinem Handeln unendlich verletzt hast. Es ist nur verständlich, dass er gegangen ist." Schluchzend nickte ich. Natürlich hatte ich Verständnis dafür, dass Harry gegangen war. Und die Tatsache, dass es alleine meine Schuld war, das Wissen, dass ich ihn so sehr verletzt hatte, dass er es nicht mehr mit mir in einem Appartement aushalten konnte, brachten mich fast um.

Zitternd lehnte ich mich gegen Liam's Schulter. „Ich kann nicht ohne ihn." flüsterte ich schließlich kaum hörbar, als keine Tränen mehr übrig waren. „Ich kann nicht so leben."

Mein bester Freund spannte sich an und drehte sich so, dass ich ihn anschauen musste. In seinen Augen konnte ich Angst sehen. „Das weiß ich, Lou. Aber mach jetzt keinen Scheiß, klar? Ich brauche dich und Harry braucht dich auch." Ich schüttelte nur erschöpft den Kopf. Plötzlich war ich unendlich müde. „Er ist gegangen." murmelte ich, aber Liam packte mich feste an der Schulter.

„Ja, er ist gegangen. Aber jetzt ist es deine Aufgabe ihn wieder zurückzuholen!" sagte er laut. Sein durchdringender Ton weckte irgendetwas in mir. Eine winzig kleine Hoffnung, dass doch noch alles gut werden könnte. „Wie soll das gehen?" fragte ich Liam leise, der nur seufzend den Kopf schüttelte. „In dem Aufzug schonmal nicht. Vielleicht fängst du mal mit Duschen an."

Eigentlich wollte ich nicht. Ich wollte nur auf dem Sofa liegen und an die Decke starren. Die Trauer und die Sehnsucht nach Harry schienen mich zu erdrücken. Aber Liam musterte mich so böse, dass ich mich schließlich zusammenraffte und aufstand. In der Tür blieb ich stehen.

„Kannst du... Kannst du vielleicht neue Klamotten holen. Ich will unse...das Schlafzimmer gerade nicht sehen." Liam schien etwas genervt, erhob sich aber, um mir frische Klamotten zu holen. „Wärst du nicht sowieso schon so fertig, hätte ich dich richtig zur Sau gemacht. Harry ist mir nämlich auch verdammt wichtig." sagte er bissig, als er mir die Klamotten in die Hand drückte. Ich tat das bloß mit einem Nicken ab. Verdient hätte ich es bestimmt. Dann tapste ich Richtung Badezimmer.

„Du schließt nicht ab! Falls du nen Abgang machst, muss ich irgendwie zu dir kommen." rief mir Liam noch hinterher. Im Bad angekommen, rannen mir wieder Tränen über die Wangen. Auch hier erinnerte mich alles viel zu sehr an ihn. So schnell es ging wusch ich mich, putze meine Zähne und zog die Klamotten an, die Liam mir gegeben hatte, um das Bad wieder verlassen zu können. Ich hielt es einfach nicht aus.

„Du siehst besser aus." begrüßte mich Liam, als ich in einer frischen Jogginghose und einem meiner Pullover wieder ins Wohnzimmer trat. Dann drückte er mir eine Schüssel Nudeln und ein großes Glas Wasser in die Hand. „Du siehst aus, wie der Tod höchstpersönlich. Bevor du das nicht aufgegessen hast, machst du hier gar nichts mehr." bestimmte mein bester Freund und ich ergab mich meinem Schicksal. Eigentlich hatte ich auch keine Kraft mich ihm zu widersetzen.

Ich brauchte lange, bis ich schließlich die letzten Nudeln herunter gezwungen hatte. Auch das Wasser musste ich in mich hineinzwingen und war froh, dass ich mich nicht sofort wieder übergeben musste. „So können wir doch weitermachen." sagte Liam leise, der mich, während ich gegessen hatte, genauestens von seinem Platz aus beobachtet hatte.

„Wie sieht jetzt dein toller Plan aus?" fragte ich ihn müde. Liam runzelte leicht die Stirn. „Du willst Harry zurück? Dann geh ihn dir holen. Oder versuchs zumindest. Entschuldige dich, erkläre es ihm und bitte ihn dann irgendwann zu dir zurück zu kommen. Das ist das einzige, was du im Moment tun kannst." legte Liam mir nüchtern die Fakten dar. Ich schluckte und hatte das Gefühl, wieder in Tränen ausbrechen zu wollen, aber es ging nicht.

„Was ist, wenn er mich endgültig verlässt?" fragte ich leise und Liam seufzte. „Dann wirst du das akzeptieren und lernen müssen damit zu leben." gab er genauso leise zurück. Ich konnte ein schwaches Wimmern nicht unterdrücken. „Aber genau deshalb musst du dich anstrengen." fügte Liam etwas lauter hinzu. Er hatte Recht. So wie eigentlich immer.

„Ich muss zu ihm. Ich muss mit ihm reden, Liam! Ich..." stammelte ich hastig und wollte aufspringen, aber Liam drückte mich sofort zurück aufs Sofa. „Nicht heute und auch nicht morgen. Du hast die letzte Woche weder richtig gegessen, noch wirklich geschlafen. So lasse ich dich nicht weg. Außerdem solltest du dir gut überlegen, was du sagen willst."

Ich wollte zu einer Antwort ansetzten, aber Liam schüttelte den Kopf und legte eine Hand auf mein Knie. „Glaub mir, Lou. Es ist besser so!" Ich gab klein bei. Gegen Liam hatte ich eh keine Chance. Alleine körperlich was ich ihm ja schon unterlegen. „Wo ist er denn? Ich muss es wissen. Sonst kann ich nicht zu ihm." fragte ich leise und Liam seufzte wieder leise. „Wir regeln das morgen, Lou. Du schläfst jetzt erstmal. In Ordnung?"
Ich wollte wieder verneinen, aber plötzlich übermannte mich eine so starke Müdigkeit, dass ich einfach nur nickte und mich in die Decke kuschelte, die neben mir lag.

Als ich das nächste Mal aufwachte, roch ich direkt den herrlichen Duft von frischem Kaffee und hörte irgendjemanden in der Küche hantieren. Für einen kurzen Moment bildete ich mir ein, dass Harry im nächsten Moment ins Wohnzimmer kommen würde, aber es war nur Liam, der mit zwei dampfenden Tassen Kaffee zu mir trat. „Guten Morgen, Lou. Geht es dir besser." Ich nickte und gähnte. „Morgen Li. Und ja... Ich denke schon. Dankeschön." Ich nahm eine der Tassen entgegen und nippte vorsichtig an dem heißen Getränk.

„Ich hab doch aber schon eine Nacht geschlafen. Mir geht es doch wieder ganz gut." versuchte ich Liam eine Viertelstunde später beim Frühstück zu überzeugen. Aber mein bester Freund blieb hart. „Heute und Morgen steigst du in kein Auto, mein Lieber. Du hast echt viel abgenommen und ich glaube nicht, dass du in der Lage bist zu fahren."

Mürrisch sah ich ihn an. „Dann sag mir wenigstens, wo Harry ist." Sie Name trieb mir immer noch Tränen in die Augen, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass zumindest nicht alles verloren war. Liam seufzte leise. „Er ist nach Hause gefahren. Nach Holmes Chapel."

Ich schluckte. Ich hatte ihn wirklich verletzt. „Gut... Dann fahr ich halt übermorgen." Liam sah mich entgeistert an. „Da hast du Geburtstag, Lou." Ich zuckte mit den Schultern. „Ich werde weder Weihnachten, noch meinen Geburtstag feiern, solange ich Harry nicht zurückhabe." sagte ich bestimmt und sah Liam fest an. Dieser biss ein Stück von seinem Brötchen ab und nickte schließlich. „Wenn du meinst. Dann fahr halt übermorgen. Aber heute gehen wir erstmal ein bisschen raus. Du siehst immer noch aus, wie eine wandelnde Leiche."

Der Tag war erstaunlich schön. Nachdem Liam und ich uns in unsere Wintermäntel, Mützen und Schals gepackt hatten, konnten wir tatsächlich unerkannt draußen rumlaufen. Wir gingen ein wenig durch den Park. Die Wiesen, Bäume und Sträucher waren mit einer dünnen Schneeschicht überzogen und alles glitzerte. Für ein paar Minuten konnte ich sogar die Trauer und Angst, die mich seit einer Woche plagte, vergessen und genoss die Zeit mit meinem besten Freund.

Als wir dann wieder im Appartement angekommen waren, waren wir beide absolut durchgefroren. Ich kochte Liam und mir eine Kanne Tee und wir setzen uns wieder ins Wohnzimmer. Dort hatte Liam bereits gelüftet und dir Rollos wieder hochgezogen, sodass die Spuren der letzten Woche zumindest einigermaßen beseitigt waren.

„Aber eine Frage hab ich noch... Wieso lässt du den ganzen Scheiß mit dir machen, Lou?" fragte Liam mich schließlich. Ich seufzte tief und blinzelte die ersten Tränen weg. Ich wollte einfach nicht mehr weinen.

„Ich... Sie setzten mich unter Druck. Sie sagen, dass sie meine Karriere und mein Image so zerstören werden, dass ich nie wieder einen Job finde, wenn ich ihre Forderungen nicht annehme. Und sie...sie sagen, dass sie euer Image auch zerstören." stammelte ich schließlich leise und sah auf meine Hände.

Vorsichtig stellte Liam seine Tasse auf dem kleinen Wohnzimmertisch ab und legte einen Arm um meine Schultern. „Hör nicht auf sie. Das ist alles eine große Lüge, die sie da auftischen. So viel Macht haben die bei weitem nicht." „Aber was, wenn doch?"
Liam lachte leise. „Dann werden wir alle klarkommen. Aber versprich mir bitte, dass du sowas nie wieder machst. Das hast du nicht verdient und Harry auch nicht!"

Den nächsten Tag verbrachten wir hauptsächlich drinnen. Ich arbeitete lange daran, was ich Harry sagen wollte und vergoss dabei wieder viele Tränen. Schließlich konnte ich mich doch überwinden in unser Schlafzimmer zu gehen, um dort das Geschenk zu holen, was ich für Harry zu Weihnachten besorgt hatte. Ich hatte ein Fotoalbum gemacht. Über Wochen hinweg hatte ich Fotos ausgedruckt und eingeklebt, kleine Texte dazu geschrieben und mehrere Nervenzusammenbrüche erlitten. Ich war einfach nicht besonders begabt, was Feinmotorik betraf.

Und ich hatte einen Ring gekauft. Ich hatte Harry einen Antrag machen wollen. Aber jetzt... Ich würde ihm den Ring trotzdem geben. Egal, wie unser Gespräch ausging.
„Na?" Liam trat leise ins Schlafzimmer und ließ sich neben mir auf der Bettkante nieder. Einen Moment betrachtete er den Ring, der in dem kleinen Kästchen auf meiner Handfläche lag. „Du liebst ihn wirklich." stellte er nach einigen Sekunden fest. Ich nickte. „Er ist mein Leben!" Liam lächelte sanft. „Und du bist seins. Das wird schon!"

Die gesamte Nacht schlief ich wirklich schlecht. Liam hatte sich am Abend verabschiedet, da ich schon früh am nächsten Morgen loswollte. Ich würgte mir irgendwie eine halbe Scheibe Toast rein und ging dann zum Auto. Über Nacht hatte es wieder angefangen zu schneien, weshalb mir mein Navi auch fast sechs Stunden Fahrt anstatt dreieinhalb anzeigte. Aber das war mir egal. Ich wollte zu Harry.

Während der Fahrt hörte ich die meiste Zeit Musik und versuchte mich so irgendwie abzulenken. Zwischendurch erhielt ich immer wieder Nachrichten, in denen man mir zum Geburtstag gratulierte und den Anruf meiner Mutter nahm ich schließlich entgegen. Ich hatte ihr bereits gestern erklärt, warum ich über Weihnachten erstmal nicht nach Hause kommen würde und nachdem ich nach ihrer Standpauke in Tränen ausgebrochen war, hatte sie noch lange beruhigend auf mich eingeredet und mir versichert, dass wir meinen Geburtstag auch einfach nachfeiern könnten.

Als ich schließlich von der Autobahn fuhr, war mir kotzübel. Die zehn Minuten, die man noch bis zu Harrys Elternhaus brauchte, zogen sich ewig und inzwischen zitterte ich am ganzen Körper. Als ich den Wagen dann vor dem Haus parkte, brauchte ich einige Minuten, bis ich mich schließlich zum Aussteigen überwinden konnte.

Langsam ging ich zu Eingangstür. Hier lag der Schnee sogar noch höher, als in London und es wäre die perfekte Kulisse für einen Heiratsantrag gewesen. Aber ich war mehr für das Gegenteil hier. Damit ich keinen Rückzieher machen konnte, drückte ich schnell auf die Klingel, als ich an der Tür war. Von drinnen hörte ich Schritte und dann wurde die Tür geöffnet.

„Louis? Was willst du denn hier?" fragte mich Gemma. Sie trug einen dieser schrecklichen Weihnachtspullis und eine Jogginghose, aber ihr Blick war feindselig.
„Hi Gemma." Mein Mund war trocken. Ich schluckte einmal und fuhr dann fort. „Ich muss mit Harry reden." Gemma zog eine Augenbraue nach oben. „Er will aber vielleicht nicht mit dir reden."

Bittend sah ich sie an und mir traten wieder Tränen in die Augen. „Ich muss! Ich muss mich wenigstens entschuldigen." Gemma seufzte und nickte dann. „Ich hol ihn. Warte hier. Aber wenn er nicht will, verschwindest du wieder." Ich wischte mir hastig die Tränen von den Wangen und nickte. Die Feindseligkeit von Gemma tat weh. Eigentlich hatten wir uns immer sehr gut verstanden.

Sie verschwand im Inneren des Hauses und nach ein paar Minuten kam Harry an die Tür. Er sah mindestens genauso schlimm aus, wie ich. Seine Augen waren blutunterlaufen und auch er hatte abgenommen. „Was willst du?" seine Stimme klang müde. Am liebsten wäre ich ihm um den Hals gefallen. Aber das wäre wohl ziemlich kontraproduktiv gewesen.

„Ich... Bitte hör mir einfach bis zum Ende zu. Danach verschwinde ich von mir aus ganz aus deinem Leben und melde mich nie wieder, wenn das dein Wunsch ist. Aber bitte... Gib mir nur die paar Minuten." Harry nickte langsam und ich gab einfach auf die Tränen zurückzudrängen. Es hatte eh keinen Sinn.

„Ich weiß, dass ich Scheiße gebaut habe. Das ist mir bewusst und ich weiß auch, dass man nicht entschuldigen kann, was ich getan habe. Aber ich...ich würde dir trotzdem gerne erklären, warum ich es getan habe." begann ich, wagte es aber nicht Harry anzusehen.

„Du weißt genauso gut, wie ich, wie das Management ist und in welche Verträge ich gezwungen wurde. Und du musst mir glauben, dass ich es wirklich nicht tun wollte. Aber sie haben mir gedroht. Sie haben gesagt, dass sie mich und meine Karriere zerstören werden, wenn ich nicht mit ihnen zusammenarbeite. Damit hätte ich leben können. Für meine Karriere und mein Image würde ich mir nicht die Liebe meines Lebens nehmen lassen. Aber sie haben auch gedroht dich und die anderen Jungs zu zerstören. Und das wollte ich nicht. Ich weiß, wie wichtig dir dein Job ist. Die Musik ist dein Leben und bei dir läuft es gerade so dermaßen gut. Ich wollte nicht, dass sie dir das nehmen."

Ich sah Harry kurz an. Dieser lehnte ihm Türrahmen, die Lippen fest aufeinander gepresste und eine Hand zu Faust geballt. Aber er sagte nichts, weshalb ich fortfuhr.

„Deshalb hab ich es getan. Ich weiß, dass ich dich betrogen habe und zwar unter Einfluss von illegalen Drogen und Alkohol. Zu meiner Verteidigung... Anders hätte ich das auch nicht geschafft." Ich lachte bitter auf und fuhr mir über die Augen.

„Und ich kann verstehen, wenn du nichts mehr mit mir zu tun haben willst. Das ist die einzig logische Konsequenz, die du aus meinem Handeln ziehen kannst. Aber ich muss es einmal von dir hören. Das...das es vorbei ist. Und bevor du das tust, möchte ich dir nur noch etwas sagen, weil ich sonst nie wieder die Möglichkeit dazu bekommen werde."

Vorsichtig griff ich in meine Jackentasche und zog den Ring hervor. Ich konnte hören, wie Harry scharf die Luft einzog, sah aber nicht auf. „Ich wollte dich morgen eigentlich fragen. Ob du mich heiraten willst. Mir ist klar, dass daraus nichts mehr wird, aber ich will ihn dir trotzdem geben. Du kannst damit machen was du willst. Verbrenn ihn meinetwegen. Ich hätte es verdient."

Ich schluckte hart. Jetzt oder nie. Ich sah auf und blickte direkt in Harrys grüne Augen. „Ich lieb dich, Harry. Ich liebe dich, seit ich dich das erste Mal gesehen habe. Da warst du gerade mal 16. Aber du warst seitdem der Einzige für mich und wirst es auch immer bleiben. Ich kann nicht ohne dich an meiner Seite leben. Und wenn jetzt Schluss ist, hoffe ich, dass du mit jemand anderem glücklich werden kannst."

Ich hörte ein Schluchzen und musste selbst kurz innehalten, bevor ich weitersprechen konnte. „Weißt du, Harry... ich wünsche dir das wirklich. Ich wünsche mir für dich nur das Beste im Leben. Und wenn ich dir das nicht geben kann, dann sollst du wenigstens ohne mich glücklich werden. Ich kann dir versprechen, dass ich selbst niemanden Neues finden werde. Das schaffe ich nicht. Aber ich muss und will deine Entscheidung akzeptieren und werde dann alleine leben müssen. Das ist schon in Ordnung."

Ich trat einige Schritte nach vorne und legte das Kästchen mit dem Ring auf die Treppenstufen vor der Tür. Dann ging ich wieder zurück. Ich sah Harry nicht an. Das konnte ich nicht ertragen. Aber ich schluckte nochmal und sagte dann leise, aber mit fester Stimme. „Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich dich so sehr verletzt habe. Und ich liebe dich. Aber ich werde jetzt gehen und wünsche dir alles Gute! Wenn du irgendwann nochmal Kontakt willst, wirst du schon einen Weg finden mich zu erreichen."

Ich wollte schon gehen, da viel mir noch etwas ein. Ich griff nochmal unter meine Jacke und legte das eingepackte Fotoalbum mit auf die Treppe, die zum Glück nicht von Schnee bedeckt war. Dann sah ich für einen winzigen Moment auf. Harry weinte und es fühlte sich an, als würde man mir ein Messer durchs Herz rammen, als ich ihn so sah. „Frohe Weihnachten, Harry." wisperte ich und ging dann mit gesenktem Kopf Richtung Auto. Meine Tränen tropften in den Schnee und an liebsten wäre ich hier an Ort und Stelle auf die Knie gesunken und nie wieder aufgestanden.

Ich war fast an meinem Auto, als ich plötzlich Harrys Stimme hinter mir hörte. „Louis, warte!" Langsam drehte ich mich um und sah Harry, der nur auf Socken durch den Schnee auf mich zu lief. Einen Moment hatte ich Angst, dass es nur Einbildung war, aber dann schlangen sich seine Arme um mich und zogen mich an seine Brust.

Ich krallte mich in den Pulli, den Harry trug und weinte hemmungslos. Auch er weinte. Ich konnte das Beben spüren, dass durch seinen ganzen Körper ging. „Ich liebe dich, Lou. Ich..." schluchzte er leise und ich drückte mein Gesicht in seine Schulter. Es tat so unendlich gut. Erst nach einigen Minuten löste sich Harry vorsichtig ein Stück von mir uns hob meinen Kopf so an, dass ich ihm direkt in die Augen sehen musste.

„Du hast mich verletzt, Louis." begann er leise und als er sah, dass ich wieder begann zu zittern, griff er nach einer meiner Hände und hielt sie fest. „Aber ich liebe dich und ich kann nicht ohne dich leben. Ich weiß nicht, wie lange ich brauchen werde, um dir zu verzeihen. Vielleicht kann ich das auch nie ganz schaffen. Und ich weiß vor allem nicht, ob ich dein Kind wirklich jemals akzeptieren werden kann. Aber ich will dich nicht verlassen." Ich schluchzte auf und schlang wieder meine Arme um ihn. Auch er hielt mich fest, sprach dabei aber flüsternd weiter.

„Ich glaube dir, dass du es nicht freiwillig getan hast. Das macht es nicht viel besser, aber vielleicht macht es mir das Verzeihen leichter. Ich hoffe es zumindest." Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu. „Ich werde Zeit brauchen, Louis. Und die musst du mir geben." Sofort löste ich mich von ihm und trat ein paar Schritte zurück. „Alles, was du willst." wisperte ich. Aber Harry kam wieder auf mich zu und hob mein Kinn mit zwei Fingern an. „Nein, Louis. Nicht alles! Ich werde nicht sofort wieder mit dir schlafen können und ich weiß auch noch nicht, ob ich direkt wieder in unsere Wohnung will. Und wir werden neu Vertrauen aufbauen müssen. Das wird sehr anstrengend werden. Aber ich liebe dich und ich habe dich auch vermisst. Also bitte geh nicht von mir weg."

Ich nickte schwach und Harry brachte ein kleines Lächeln zustande, bevor er sanft seine Lippen auf meine drückte. Der Kuss dauerte nicht lange, aber ich versuchte meine ganze Liebe und Zuneigung für ihn hineinzulegen. „Es tut mir so leid!" flüsterte ich, als unsere Lippen sich wieder voneinander lösten. Harry nickte unter Tränen. „Ich weiß!"

Plötzlich wurden wir von einer Stimme unterbrochen. „Ich freue mich, dass ihr auch doch noch zusammengerafft habt, aber könntet ihr bitte reinkommen. Es sind unter null Grad und du, Harry, hast keine Schuhe an." Gemma stand in der Eingangstür und musterte uns streng. Hastig lösten wir uns voneinander und konnten uns beide trotz der Tränen, die uns über die Wangen rannen, ein kleines Lachen nicht verkneifen.

Harry ging Richtung Tür. Ich blieb jedoch an Ort und Stelle stehen. „Kommst du?" fragte Harry mich, der sich wieder zu mir umdrehte. „Soll ich denn?" erwiderte ich leise. Ich wollte Harry nicht bedrängen. Harry kam wieder zu mir zurück und nahm mein Gesicht in beide Hände.

„Du sollst." Einen Moment sahen wir uns schweigend an und dann sagte Harry ganz leise „Happy Birthday, Lou." Ich schloss für ein paar Sekunden die Augen. Irgendwie berührten mich diese Worte aus seinem Mund gerade viel mehr, als alles andere, was er je zu mir gesagt hatte. Es war eine Art Bestätigung dafür, dass wir es versuchen würden. Dass er einen Schritt auf mich zutrat, um für uns zu kämpfen. „Danke, Haz." flüsterte ich leise und folgte ihm dann ins Haus.

Den Nachmittag verbrachten wir zusammen mit seiner Familie. Zunächst waren alle etwas kritisch mir gegenüber, aber als Harry mich sanft neben sich aufs Sofa zog und leicht lächelnd verkündete, dass ich eine zweite Chance bekommen würde, lockerte sich die Stimmung schnell. Erst am Abend, als es ans Schlafen ging, wurde es nochmal komisch. Ich bot Harry an, dass ich auf dem Sofa schlafen könne, was er aber ablehnte. Stattdessen legte er eine Matratze neben sein Bett in seinem Zimmer. Es tat zwar weh, dass er das Bett nicht mit mir teilen wollte, aber es war besser als gar nichts.

Ich lag noch lange wach und auch Harry schlief nicht. Das wusste ich. Mitten in der Nacht bewegte er sich plötzlich und rutschte an die Bettkante. „Louis, schläfst du?" flüsterte er leise. „Nein. Ich kann nicht." erwiderte ich leise und hörte, wie Harry seufzte und dann die kleine Nachttischlampe anknipste. „Ich..." Harry zögerte und krabbelte dann zu mir auf die Matratze. Er setzte sich ein Stück von mir entfernt hin und lehnte sich gegen sein Bett. „Ich habe über das hier nachgedacht." sagte er dann leise und deutete auf seine Handfläche, in der der Ring lag, den ich ihm geschenkt hatte. Ich schluckte leicht.

„Was ist damit?" fragte ich leise und Harry sah mich an. „Das würde ich gerne von dir wissen." gab er zurück und jetzt seufzte ich. „Ich liebe dich und auch, wenn ich dich vielleicht nie heiraten werden kann, möchte ich, dass du weißt, dass es nur dich in meinem Leben gibt. Deshalb wollte ich ihn dir geben. Auch nach allem, was passiert ist. Als eine Art Versprechen von mir an dich." erklärte ich ihm schließlich meinen Gedankengang und er nickte langsam. Dann hielt er ihn mir hin.

„Ich werde dieses Versprechen sehr ernst nehmen. Das weißt du hoffentlich. Und ich möchte, dass du es mir wirklich gibst. Auch physisch." Ich verstand worauf er hinaus wollte.

Mit zitternden Fingern griff ich nach dem Ring und nahm vorsichtig seine linke Hand in meine. Dann sah ich ihm feste in die Augen und schob den Ring vorsichtig auf seinen Finger. „Ich verspreche es dir!" sagte ich leise und Harry hielt meinen Blick fest. Dann löste er ihn schließlich und sagte leise. „Komm mit ins Bett. Ich kann so nicht einschlafen."

Er erhob sich und hastig folgte ich ihm. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Vorsichtig legte ich mich neben ihn, hielt aber etwa Abstand. Ich konnte einfach nicht einschätzen, wie weit es für Harry in Ordnung war. Doch dieser rückte jetzt näher an mich, legte seinen Kopf vorsichtig auf meine Schulter und schlang einen Arm um meine Hüfte. „Gute Nacht, Boo." wisperte er, bevor er einschlief. Einen Moment betrachtete ich sein Gesicht, was jetzt so friedlich und entspannt war. Ich strich ihm vorsichtig eine Locke aus dem Gesicht. „Gute Nacht, Haz. Und frohe Weihnachten!"

Es würde ein langer und schwerer Weg werden. Definitiv! Aber ich war bereit zu kämpfen. Ich wollte und ich würde kämpfen! Für Harry und für mich. Es kam mir immer noch vor, wie in Wunder, dass ich jetzt tatsächlich mit ihm im Arm hier liegen konnte. Es war fast unvorstellbar. Und mit dem Gedanken daran, schlief ich auch schließlich ein. Mit dem Gedanken an mein persönliches Weihnachtswunder.

aada2018

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