2. Dezember: Sahnehäubchen

Am zweiten Dezember haben wir einen süßen One Shot von der lieben alyssadormidera :)
Ich danke dir vielmals für die Teilnahme an diesem Projekt und deiner Mühe, die du investiert hast! Lasst ihr doch gerne ein paar Kommentare da und wenn ihr Interesse auf mehr habt, schaut bei ihrem Account vorbei ❤️
Und jetzt viel Spaß mit 4867 Wörtern c:

Lots of love
Michelle xx




Demonstrativ gebe ich ein Schnauben von mir, als die Tür hinter mir ins Schloss fällt. "Jetzt hör auf rumzuheulen, Louis! Das wird lustig." Breit grinsend stupst Liam gegen den weißen Plüschbommel der Weihnachtsmütze, die er mir gerade aufgesetzt hat. "Mach das noch einmal und ich hab das Teil schneller verbrannt, als du gucken kannst." sage ich trocken und funkle ihn böse an. "Och komm schon, du bist doch sonst auch keinem feuchtfröhlichen Abend abgeneigt." sagt er und stupst mich neckisch mit dem Ellenbogen an, nachdem er die Hände in seinen warmen Jackentaschen vergraben hat. "Ja. Aber ich mag den Alkohol halt lieber in kalter Form. Goldig, prickelnd und mit Schaumkrone." "Naja, also wenn du den Glühwein lange genug stehen lässt, wird der auch kalt, Sprühsahne haben die da bestimmt auch und wenn du willst, mach ich dir mit nem Strohhalm auch ein paar Blubberblasen rein." Entgeistert sehe ich ihm dabei zu, wie er sich selbst für diese wahnsinnig gute Idee feiert. "Stell dich nicht so an, Tommo. Sei kein Grinch." Jetzt muss auch ich etwas grinsen. "Seh ich aus, als wäre ich grün?" frage ich mit hochgezogener Augenbraue. "Nope. Aber wir machen dich jetzt blau, mein Lieber. Her mit den viel zu süßen Shots, von denen einem nach 3 Stück schon schlecht wird!" grölt er freudig und legt mir den Arm um die Schulter, als er mich in Richtung des komplett mit Lichterketten und kitschiger Deko überladenen Holzhütten-Dorfs mit der Aufschrift "Hüttenzauber" zieht.

Yep, zauber mir nen ordentlichen Pegel, bitte. Ich will zumindest voll sein, wenn ich das hier schon ertragen muss.

"Gott, ist das voll hier..." murmle ich, als mein Mitbewohner mich durch die Menschenmenge zieht. Als hätte ich es damit heraufbeschworen, wird der Mann neben mir angerempelt und schüttet mir die Hälfte seines kochend heißen, klebrigen Becherinhalts über die Hand. "Aaaah, holy fuck! Was ist das, Lava?!" schreie ich aus, als die rote Flüssigkeit sich langsam den Weg in meinen Ärmel bahnt. "Oh Gott, sorry Bro! Das wollte ich nicht, ich bin angerempelt worden..." sagt er direkt besorgt und reicht mir ein Taschentuch. Gequält lächle ich ihn an und bedanke mich, murmle "Schon ok, nicht schlimm..." als Liam vor mir sich wieder in Bewegung setzt. Zwar bekomme ich meine Hand mit dem Taschentuch wieder trocken - aber dafür klebt sie jetzt wie Mist. Und auch die durch die hohe Temperatur des Getränks entstandenen roten Flecken darauf sehen nicht wirklich gesund aus.

Fantastisch, ich bin keine 5 Minuten hier und habe schon Verbrennungen dritten Grades & nen klebrigen, nassen Ärmel. Ich liebe Weihnachtsmärkte. Sehr.

"Heeeeeey!" ruft Liam dann plötzlich freudig aus, als er seine Freunde erblickt. Ich kenne bisher nur Niall, der bereits letzte Woche zu Besuch in unserer WG war. Mir ist selbst bewusst, dass ich dankbar dafür sein sollte, dass er mich direkt mitnimmt und seinen Freunden vorstellt, denn ich kenne außer ihm noch niemandem hier in London. Ein paar Kommilitonen kennen lernen, bevor in 2 Wochen das Wintersemester beginnt, ist sicherlich nicht schlecht. Also setze ich ein freundliches Lächeln auf und versuche, mir alle Namen zu merken, die mir gegen das viel zu laute "Last Christmas", entgegengeschrien werden. Alle wirken tatsächlich auf Anhieb wirklich nett und der etwas südländisch aussehende Typ, der neben mir steht und offenbar mit dem blonden, hübschen Mädchen (ich glaube sie hatte sich als Gigi oder so vorgestellt?) zusammen ist (denn sie klebt an ihm, als wollte sie ihn nie wieder loslassen), verwickelt mich direkt in ein Gespräch.

Er fragt, was ich studiere, wo ich herkomme und wie ich Liam kennengelernt habe. Wow, man könnte echt den Eindruck bekommen, es interessiert ihn wirklich, wer ich bin. Als ich gerade versuche, ihm zu erklären, wo Doncaster liegt, fragt Liam brüllend in die Runde "Kommt Harry doch nicht?" Warum auch immer, bringt mich das kurz aus dem Konzept und ich wende mich dem Rest der Gruppe zu. "Doch, der ist gerade mit Getränke holen dran!" klärt ihn Tessa auf (Oder hieß sie Theresa? Taylor? Gott, ich bin so schlecht mit Namen...) Aus Reflex drehe ich mich zeitgleich mit Liam in die Richtung, in die sie zeigt, weiß allerdings anders als er nicht, welcher der locker 10 Personen, die vor der Hütte stehen, gemeint ist. Ein paar Minuten später bekomme ich auf meine nicht ausgesprochene Frage allerdings eine Antwort, als ich neben mir eine tiefe, etwas schüchtern klingende Stimme höre.

"Tschuldigung... Vorsicht heiß, darf ich kurz?" Ich drehe mich in die Richtung, aus der die Stimme kommt und sehe zuerst nur das volle Tablett mit dampfenden Pinguin-Tassen darauf. Die Person, die es hält, steckt noch zwischen zwei anderen Menschen fest. "Hier sind wir, Harry!" ruft Niall ihm zu und bekommt ein "I'm on my way..." zurück. Ohne zu zögern greife ich mit einer Hand nach dem Tablett und mache einen breiten Ausfallschritt, um dem Typen neben mir zu symbolisieren, dass er im Weg steht. Er geht mit entschuldigendem Blick zur Seite und legt somit den Blick frei auf den Jungen, auf den wir alle warten.

Im gleichen Moment, indem sich unsere Augen treffen, berühren sich auch unsere Hände unter dem Tablett - und für ein paar Sekunden steht alles um mich herum still.

Dieses Grün macht mich sprachlos. Es ist so warm, so intensiv, dass ich sofort eine Gänsehaut bekomme, als er mich damit überrascht mustert. Nur am Rande bemerke ich, dass Liam neben mir auftaucht und ihn aufklärt, dass er mir das Tablett gerne geben darf, da ich zu ihnen gehöre. Sein linker Mundwinkel hebt sich ein Stück, wodurch sich ein kleines Grübchen daneben bildet. Ein kurzer Moment der Enttäuschung durchfährt mich, als er seine Hand zurück zieht um sich zu uns durch zu quetschen. Ich reiche das Tablett weiter, damit er Platz hat, sich zu uns zu stellen. Zu meiner Freude entscheidet er sich dagegen, die Position neben Niall wieder einzunehmen, der neben sich Platz macht, denn er bleibt stattdessen zwischen mir und Liam stehen.

Mir wird erst bewusst, dass er locker anderthalb Köpfe größer ist als ich, als er sich etwas zu mir runterbeugt. "Hey, ich bin Harry." sagt er und zeigt mir dabei wieder dieses niedliche Grübchen. "Louis." stelle ich mich ebenfalls vor und kann erst meinen Blick von ihm reißen, als mir jemand ein Getränk anreichen möchte. Etwas verlegen bedanke ich mich und greife nach der Tasse vor mir, zucke allerdings kurz zusammen, als das heiße Porzellan die verbrannte Haut berührt. Harry hat als Einziger mein leises "Aua..." mitbekommen und sieht mich besorgt an. "Ach herrje, was hast du denn gemacht?" sagt er erschrocken, als er die mittlerweile wirklich bedenklich roten Umrisse auf meiner Hand erblickt. "Hab auf dem Weg durch die Menge Bekanntschaft mit dem Glühwein von jemandem gemacht, nichts Wildes..." murmle ich um nicht so schwach zu wirken, doch er hebt sanft mein Handgelenk an und schiebt vorsichtig den Ärmel zurück, um zu gucken, wie weit die heiße Flüssigkeit gekommen ist. "Das sieht echt nicht gut aus, Louis, versprichst du mir, dass du da zuhause Wundsalbe drauf machst?"

Überrascht darüber, wie sehr er sich um mich sorgt, obwohl er mich doch gar nicht kennt, nicke ich nur, kann ein kleines Lächeln allerdings nicht unterdrücken. Er erwidert dieses, murmelt dann "Warte..." bevor er etwas in seiner Jackentasche sucht. "Wunder dich nicht, unser Harry ist immer so fürsorglich..." schmunzelt Zayn neben mir, der das Gespräch offenbar mitbekommen hat. "Ja, und als du dir gestern den Glühwein nochmal 'durch den Kopf gehen' lassen hast, fandest du das auch gar nicht so schlecht, Zaynie." grinst ihn Harry an, als er sich wieder zu uns dreht. Er wickelt den Knäul in seiner Hand auseinander und hält mir ein paar Handschuhe hin. "Hier, zieh die an, dann sollte es weniger wehtun, wenn was Warmes drankommt." "Oh... Dankeschön." sage ich etwas verlegen, als ich sie entgegennehme. Lächelnd nimmt er mir den Becher aus der Hand, damit ich die mit feinen Stickereien durchzogenen, filigran geschnittenen Lederhandschuhe überziehen kann. Ich würde sowas persönlich sonst nie anziehen, aber zu Harry passen sie irgendwie perfekt.

Sein ganzes Erscheinungsbild ist so... ja, ich denke perfekt ist schon das richtige Wort. Der grob gestrickte, graue Wollpullover passt optisch hervorragend zu dem dunkelgrünen, offenen Mantel mit goldenen Knöpfen, die sich wiederum in den golden schimmernden Chelseaboots an seinen Füßen wiederfinden. Die schwarze Skinnyjeans sitzt perfekt und der lange, schlichte schwarze Schal, der ihm nur locker um den Hals liegt, rundet sein Outfit auf klassische Art und Weise ab. Darauf liegen seine, im etwas schwummerigen Licht des Weihnachtsmarktes seidig schimmernden, brauen Locken, die ihm fast bis zur Brust reichen. Mit einer Hand, an der mehrere, große Ringe stecken, die wie darauf abgestimmt super zur silbernen Kreuzkette um seinen Hals passt, wirft er die Prachtmähne locker auf eine Seite wodurch ihm eine Strähne ins Gesicht fällt, die er irritiert anschielt und dann grinsend noch oben wegpustet. Mir fällt erst auf, wie verträumt ich ihm dabei zugesehen habe, als er ein leises "Oh..." von sich gibt. Auch er schien in Gedanken gewesen zu sein, denn mit schüchternem Grinsen gibt er mir meine Tasse zurück, die er beide mit einer Hand durch die Henkel festhalten konnte. Bereits bei den Handschuhen ist mir aufgefallen, dass sie mir viel zu groß sind, aber als er seine langen Finger nun um seine Tasse legt, realisiere ich, wie groß sie sind. Aber naja, vermutlich ist bei seiner Körpergroße einfach alles an ihm groß.

Moment, was?

Unterbewusst wandert mein Blick für eine Sekunde zwischen seine Beine, bevor ich irritiert den Kopf schüttle und meine Augen schnell den Inhalt meiner Tasse fixieren. Habe ich gerade wirklich darüber nachgedacht, wie groß wohl sein bestes Stück ist? Seit wann interessiert mich sowas? Ich werfe einen kurzen Blick durch die Runde, doch offenbar hat niemand - inklusive Harry - meinen Blick in seinen Intimbereich mitbekommen. Schnell nehme ich einen Schluck aus dem Pinguin in meiner Hand und erinnere mich gottseidank noch rechtzeitig daran, dass es extrem heiß ist.

Wow... das ist verdammt lecker, aber das ist doch kein Glühwein? Was trinke ich da eigentlich?

"Hmn, was ist das?" frage ich daher denjenigen, der es geholt hat. "Apfelpunsch mit Calvados, gut oder?" erklärt Harry mir lächelnd. "Voll! Bei uns zuhause gibt's immer nur Glühwein, Glühwein und... Glühwein." Er beginnt zu lachen und fragt dann, woher ich komme. "Aus Doncaster, das ist in Nordengl-" will ich gerade ansetzen, doch er unterbricht mich. "Ah das kenne ich! Ich komme auch von da oben, das sind nur so... knapp 2 Stunden von meiner Heimatstadt glaube ich." Überrascht strahle ich ihn an. "Wow, du bist der erste Mensch, den ich treffe, der Doncaster kennt. Wo kommst du denn her?" "Dabei hört man doch direkt, dass du aus South Yorkshire kommst..." sagt er über meinen Dialekt schmunzelnd, weshalb auch ich etwas grinsen muss. "Ich komme aus Holmes Chapel, nicht ganz ne Stunde südwestlich von Manchester." beantwortet er dann meine Frage. "Kenne ich leider nicht..." gebe ich zu, hätte allerdings nie damit gerechnet, was er daraufhin sagt.

"Dann muss ich dich wohl mal mitnehmen." Der Blick, den er mir dabei zuwirft, bevor er, ohne seine Augen von mir zu lösen, den Kopf senkt und einen Schluck aus seinem Getränk nimmt, geht mir bis unter die Haut. Für einen kurzen Moment vergesse ich zu atmen, fasse mich dann allerdings wieder und sage mit überraschend fester Stimme "Klar, gerne. Warum nicht." Er schenkt mir noch ein leicht verschmitztes Lächeln, bevor er sich zu Liam dreht, der ihn gerade angetippt hat. Schwer atme ich aus und lasse meinen Blick kurz zu Boden sinken. Ich habe schon wieder die Luft angehalten. Verdammt, was ist denn mit mir los? Ich nehme ein paar weitere Schlucke aus dem leckeren Gemisch vor mir und versuche mich auf irgendwas anderes zu konzentrieren, als Harry, der gerade noch einen Schritt näher zu mir gekommen ist, weil er jemandem Platz gemacht.

Wow, wie gut er riecht...

Um mich abzulenken filtere ich eins der Gespräche aus unserer Runde aus dem Gemurmel heraus, dass es allerdings nicht wirklich besser macht. "Hast du das gerade gesehen? Harry versucht mit Louis zu flirten..." kichert das blonde Mädchen mit T, an dessen Namen ich mich beim besten Willen wirklich nicht mehr erinnern kann. "Natürlich habe ich das gesehen, das war ja wohl mehr als offensichtlich." antwortet Gigi.

War es das?

"Louis sah allerdings auch nicht sonderlich abgeneigt aus..."

Mist, war das wirklich so auffällig?

"Naja, wie soll man da auch nicht schwach werden? Es ist Harry..." seufzt Blondie. "Taylor, hast du dich ernsthaft immer noch nicht damit abgefunden, dass du nicht sein Typ bist?"

Warum spricht sie das so komisch aus?

"Lass mich, woher hätte ich bitte wissen sollen, dass er immer so charmant ist und nicht, weil er mich gut findet? Aber wie auch immer..." Taylor, wie sie offenbar heißt, sieht zu mir rüber und ich schaffe es noch schnell genug, so zu tun, als würde ich die Getränkekarte hinter ihr studieren wollen, sodass sie nicht merkt, dass ich ihnen zuhöre. "Meinst du echt, er ist drauf angesprungen?" lenkt sie dann das Gespräch wieder auf mich. "Er sah schon recht angetan aus, finde ich..." "Denkst du, er ist auch schwul?"

Moment, wieso auch? Hat Gigi deshalb gerade das 'nicht sein Typ' so besonders betont? Ist sie das nicht, weil sie weiblich ist? Bin ich etwas sein Typ? Aber wann bin ich schon mal jemandes Typ...

"Ich würd's ihm auf jeden Fall gönnen... Ich finde es so schade, dass unser Haz keinen Freund hat, den er mit seiner endlosen Liebe überschütten kann."

Ja. Er ist es wirklich. Moment, warum freue ich mich darüber?

"Ich finde ja, die beiden würden gut zusammenpassen." grinst Taylor dann in meine Richtung und klimpert mich mit ihren blauen Rehaugen an, als wäre nichts. Ich erwidere ihr Lächeln freundlich und leere dann in einem Zug den noch halb vollen Becher in meiner Hand.

"So gefällt mir das, Louis!" ruft Niall freudig aus, als ich die Tasse wieder sinken lasse und grinse noch mit vollem Mund etwas verlegen in die Runde, die mich mit beachtlichen Blicken mustert. "Wie sieht's aus bei dem Rest? Was haltet ihr als nächstes von einer Runde Shots?" will Niall dann mit euphorischer Stimme wissen. Ich nicke direkt und auch der Rest der Truppe ist hellauf begeistert.

Shots klingt super, Alkohol löst bestimmt diesen komischen Knoten in meinem Magen.

Ich begleite Niall zur Theke, um ihm tragen zu helfen und während wir gerade auf ein ganzes Tablett voll Kurze warten, mustert er mich einen Moment nachdenklich. "Hast du eigentlich eine Freundin?" fragt er dann. Etwas überrumpelt schüttle ich den Kopf. "...oder einen Freund?" Ich muss grinsen.

Warum muss ich grinsen, verdammt?!

"Auch nicht."

Noch einmal mustert er mich nachdenklich, bevor er mir seine Gedanken unverblümt ins Gesicht wirft. "Hör zu, Louis, ich kenne Harry seit einer halben Ewigkeit und ich sehe, wie er dich anguckt. Er steht auf dich, da bin ich mir sicher. Ich kenne dich nicht gut genug und sei mir bitte nicht böse, wenn ich das so direkt sage, aber bitte mach ihm nicht zu viele Hoffnungen, wenn es für dich nicht in Frage kommt, eventuell irgendwann über ein bisschen lustiges, oberflächliches Geflirte hinaus zu gehen. Wir hatten das schon mal und es ist mehr als eklig geendet. Harry hat es sich nicht anmerken lassen, aber ihm ging es verdammt dreckig deswegen. Wie gesagt, ich will dich in keinster Weise angreifen oder dir Angst machen! Ich mag dich wirklich und ich hab das Gefühl, du passt wirklich gut in unsere Gruppe. Bitte werde dir nur klar darüber, was du willst oder nicht willst und... versuch ihm nicht weh zu tun, okay?" Langsam nicke ich und versuche zu verarbeiten, was er da gerade zu mir gesagt hat.

Ja... was will ich denn eigentlich?

Kurz lasse ich den Kopf etwas sinken und denke über seine Worte nach. Ich hab eine Menge Mist in Doncaster hinter mir gelassen, viele falsche Freunde und eine gescheiterte Beziehung. Eigentlich wollte ich von Beziehungen und all dem Blödsinn erstmal nichts mehr hören... Und eigentlich habe ich auch nie zuvor daran gezweifelt, dass ich zu 100% heterosexuell bin, es gab nie einen Anlass darüber nachzudenken. Bis jetzt. Bis Harry. Ich sehe zu ihm rüber und merke dadurch, dass auch er gerade zu mir rüber sieht. Sanft lächelt er mich an und mein Herz beginnt zu rasen. Ich lächle zurück und lasse den Blick dann etwas in die Ferne schweifen. Und plötzlich ist der metaphorische Knoten in meinem Bauch verschwunden.

Denn... warum eigentlich nicht? Klar, es fühlt sich irgendwie komisch und neu an, dass ein Mann mich so nervös, so... kribbelig macht, aber ganz ehrlich? Was habe ich zu verlieren? Ich habe mir vor meinem Umzug vorgenommen, nur noch auf mein Bauchgefühl zu vertrauen und nicht mehr alles zu zerdenken.

Und mein Bauch sagt mir gerade: Ich will Harry.

Als mir das bewusst wird, beginne ich breit zu grinsen. Niall, der gerade das Tablett entgegennimmt, mustert mich überrascht. "Was hast du denn auf einmal für gute Laune?" schmunzelt er. "Mir ist nur gerade klar geworden, was ich will." Er hebt eine Augenbraue in die Höhe. "Und das wäre?" Anstatt zu antworten, sehe ich erneut zu Harry rüber, der mich noch immer verträumt ansieht. Niall folgt meinem Blick, schmunzelt dann leise und fordert mich mit einem "Dann komm." dazu auf, ihm den Weg frei zu machen. Flüsternd fügt er dann hinzu "...und hol dir was du willst."

"Ok, jeder hakt sich bei einem anderen ein, wir trinken jetzt Brüderschaft!" schlägt Taylor freudig vor, wofür sie von Liam verwirrt angeschaut wird. "Wir duzen uns doch sowieso schon alle?" Allgemeines Gekicher geht durch die Runde. "Egal, du weißt wie ich das meine!" sagt sie bockig und hakt sich demonstrativ bei dem Jungen neben sich ein (Keine Ahnung wie er heißt, hat er sich mir überhaupt vorgestellt? Egal. Dann passt er ja gut zu ihr...). Da mir klar war, dass Zayn sich direkt zu Gigi umdreht, wende ich mich Harry zu, der mir direkt bereitwillig seinen Ellenbogen entgegenstreckt, sodass ich meinen Arm hindurch schlängeln kann.

Mit niedlich-frechem Grinsen funkelt er mich durch seine bereits etwas glasig-schimmernden Augen an. Bevor ich meinen Arm durch seinen führen kann, schnellt sein Kopf plötzlich nach vorne. Schneller als ich gucken kann fährt er mit seiner Zunge unter das Sahnehäubchen auf meinem Bratapfel-Zimt-Likör und befördert es geschickt in seinen Mund. Erschrocken blicke ich ihn an, ein kurzer Gänsehautschauer durchfährt mich durch das anzügliche Glitzern in seinen Augen. Quälend langsam fährt er sich dann mit seiner Zunge über die Lippen um die dort hängen gebliebene weiße, flauschig-schaumige Masse davon zu lecken. Er weiß genau was er tut, das verrät mir das dreckige Grinsen in seinem Gesicht. Ich bin mir sicher, dass er diesmal realisiert hat, dass ich die Luft angehalten habe, aber ich überspiele das geschickt, indem ich seinen Arm herunterziehe und das Gleiche mit seinem Pinnchen tue. Er wirkt kurz überrascht, aber erfreut über meine plötzliche Initiative.

"Auf uns!" ruft Taylor dann begeistert aus und setzt ihr Pinnchen an. Ich komme Harry durch die verschränkten Arme beim Trinken so nah, dass seine Locken mein Kinn kitzeln und ich albern kichern muss.

"Moment, muss man sich nach dem Trinken nicht eigentlich küssen?" fragt Gigi und funkelt mich an Zayn vorbei dabei vielsagend an, als ich gerade versuche, unsere Arme wieder zu 'entheddern'. Zayn lässt sie das natürlich nicht zweimal sagen, genauso wie Taylor, die dem Typen ohne Namen hemmungslos ihre Zunge in den Hals schiebt. Liam, der mit Niall angestoßen hat, sieht diesen kurz mit großen Augen an, bevor beide zu lachen anfangen, mit den Schultern zucken und sich ein unschuldiges Küsschen geben. Liam hat mir erzählt, wie lange die beiden sich schon kennen und ich habe das Gefühl, das war nicht das erste Mal, dass die beiden sich besoffen ein Küsschen gegeben haben. Warum auch nicht, ist ja nichts dabei, wenn man gut befreundet ist.

Dann wird mir plötzlich bewusst, was das für mich bedeutet. Ich 'muss' Harry küssen. Bevor sich allerdings das Kribbeln in meinem Bauch überhaupt ausbreiten kann, spüre ich schon seine warmen, etwas feuchten Lippen auf meiner eingefrorenen Wange.

Oh.

Ich versuche meine Enttäuschung herunter zu schlucken und mir einzureden, dass das die einzige 'logische' Lösung ist. Wir kennen uns doch eigentlich überhaupt nicht und er hat keine Ahnung, wie ich auf einen 'richtigen' Kuss reagiert hätte. Natürlich knutscht er mich nicht direkt ab, dafür ist er viel zu höflich.

Leider.

Ich revanchiere mich ebenfalls mit einem Küsschen auf seine Wange und bilde mir ein, dass er dabei glücklich brummt. Im weiteren Verlauf des Abends versuche ich ihm zu symbolisieren, dass ich Interesse an ihm habe, ohne dabei zu aufdringlich zu wirken. Wenn sich jemand an uns vorbei quetscht, komme ich ihm beim Ausweichen deutlich näher, als notwendig, berühre ihn immer mal wieder sanft am Arm oder lege ihm eine Locke zurück, die der Wind an die falsche Stelle geweht hat. Wir unterhalten uns zwischenzeitlich so gut, dass wir es nicht mal mitbekommen, als Liam uns fragt, was wir als nächstes Trinken wollen. Abgesehen von seiner Wirkung auf meinen Hormonhaushalt wird mir dadurch mehr und mehr bewusst, was er für ein interessanter und auch von innen wunderschöner Mensch ist.

Als gegen 10 Uhr der Weihnachtsmarkt schließt, entscheiden wir uns, alle zusammen zu Liam und mir zu gehen, da wir am meisten Platz haben und am nächsten dran wohnen. Wir lassen uns noch ein paar Flaschen von dem leckeren Apfelpunschzeug und dem Toffifee-Likör abfüllen, um sie zuhause zu vernichten und machen uns dann auf den Weg. Kaum sind wir aus den engen Gassen des Marktes wieder auf offener Straße angekommen, beginne ich zu frieren. Meine Jacke ist zwar mit falschem Schafsfell gefüttert, aber trotzdem eigentlich nur eine Jeansjacke. Als der Schnee langsam den Stoff meiner Vans durchweicht, wird mir auch wieder bewusst, dass das definitiv das falsche Schuhwerk für Dezember ist. Harry, der auffällig dicht neben mir läuft, bemerkt mein kurzes Frösteln, als wir an einer Ampel stehen und wickelt mir unaufgefordert seinen Schal um den Hals. "Oh, uhm... dankeschön." murmle ich kleinlaut und genieße den Geruch seines Parfüms, das mich daraufhin umhüllt. Tief vergrabe ich meine Nase darin und bin froh, dass ich es darauf schieben kann, dass ich friere. Das ich unter dem weichen Stoff grinse wie ein verknalltes, 12-Jähriges Mädchen muss ja keiner wissen.

Zu meinem Pech scheint allerdings Harry zu verstehen, was ich hier eigentlich tue, denn sein Grinsen ist lauter als jedes Wort, das er sagen könnte. Obwohl Pech in diesem Kontext vielleicht das falsche Wort ist...

Zuhause angekommen gebe ich ihm seine Handschuhe zurück und will gerade den Schal abwickeln, doch er schüttelt nur den Kopf. "Behalt ihn ruhig noch ein bisschen..." grinst er. "... bis du wieder etwas aufgewärmt bist." fügt er dann für Liam hinzu, der uns mit eindeutigem Grinsen mustert.

Als würde er nicht wissen, was hier los ist.

"Harry, willst du Louis kurz helfen, seine Hand zu verarzten? Das Zeug ist alles in der Küche..." sagt er und verschwindet selbst im Wohnzimmer zu den anderen, bevor wir überhaupt antworten können.

Ladies and Gentleman, Liam Payne. Wingman of the Year.

Wie befohlen gehen wir also in die Küche und schmieren meine mittlerweile ziemlich spannende Hand mit Wund-und-Heilsalbe ein, bevor Harry mir noch einen Verband drum herumwickelt. Einen kurzen Moment ist es daraufhin unangenehm still, bis Harry plötzlich tief ein und ausatmet. "Louis?" "Harry?" Ich sehe ihn an. "Darf ich dich mal was sehr... Direktes fragen?" Seine Stimme ist lediglich ein Flüstern. Ich nicke nur. "Wenn du irgendwo deine Sexualität angeben müsstest, was würdest du ankreuzen?" Seine Augen bohren sich in meine und ich sehe seinem Adamsapfel an, dass er schluckt. "Ganz ehrlich? Ich habe absolut keine Ahnung." Er beginnt leise zu lachen und senkt den Kopf. "Das hab ich so auch noch nie gehört." schmunzelt er. "Vor ein paar Stunden hätte ich mit dieser Frage noch kein Problem gehabt..." gebe ich zu und fummle etwas nervös an der Naht seines Schals herum, in dem ich zum gefühlten hundertsten Mal, seit er um meinem Hals hängt, meine Nase vergrabe. Als er versteht, was ich damit sagen will, zuckt ein kleines Lächeln über seine Lippen und er gibt ein leises "Oh..." von sich.

Als seine Augen wieder auf meine treffen, kratze ich allen meinen Mut zusammen (der in einer Menge Alkohol schwimmt und daher einfacher zu sammeln ist, als sonst) und flüstere "Du schuldest mir übrigens noch was." Nachdenklich zieht er die Augenbrauen zusammen und scheint nicht zu verstehen, was ich meine.

Mist. Dann halt gerade raus.

"Jetzt küss mich, du Idiot." hauche ich mit zittriger Stimme, weshalb er den Mund etwas öffnet und mich mit großen Augen mustert. "B-Bist du sicher?" Nervös beißt er sich auf die Lippe, als sein Blick zu meinen runter wandert. Kurz tut er mir leid, dass er wohl wirklich so schlechte Erfahrungen gemacht hat, dass er so vorsichtig geworden ist, sogar im besoffenen Kopf noch 'vernünftig' sein zu wollen.

Ich atme noch einmal tief durch, dann stelle ich mich zwischen seine Beine (dadurch, dass er an der Küchentheke lehnt, ist er genauso groß wie ich) und komme seinem Gesicht so nah, dass wir uns fast berühren. "Ganz sicher." flüstere ich und sehe ihm tief in die Augen. Seine wandern zwischen meinen hin und her, als ich ihm liebevoll eine Locke hinters Ohr streiche. Ganz leicht lächle ich ihn an, bevor er mir zittrig eine Hand an die Wange legt und noch ein Stückchen näherkommt. Letztendlich bin ich derjenige, der die letzten Zentimeter überwindet und noch einmal tief einatmet, bevor ich meine Lippen vorsichtig auf seine lege.

Obwohl der Alkohol noch immer etwas meine Sinne vernebelt, merke ich noch genau, was dadurch in mir ausgelöst wird. Ein wunderschönes Kribbeln durchflutet von meinem Magen ausgehend meinen ganzen Körper und legt sich warm um mein Herz, das wie wild zu pochen beginnt. Leise seufzt Harry in den Kuss, bevor er mir auch die andere Hand auf die Wange legt und mich näher an sich zieht. Langsam bewegen sich unsere Lippen so harmonisch auf einander, als hätten sie nie etwas anderes gemacht, als miteinander im perfekten Einklang zu tanzen. Meine Finger haben sich um seine Hüften gelegt und den dicken Wollpulli ein Stückchen nach oben geschoben, wodurch sie sanft über die warme Haut an seinem unteren Rücken streichen. Kurz überlege ich, meine Zunge mit ins Spiel zu bringen, doch irgendwas in mir, bringt mich dazu, es langsam angehen zu wollen. Harry scheint es ähnlich zu gehen, denn vorsichtig löst er sich irgendwann wieder von mir und atmet schwer aus. "Wow..." flüstert er noch mit geschlossenen Augen, was mich etwas schmunzeln lässt.

Eine meine Hände lege ich nun ebenfalls auf seine Wange und streiche sanft mit meinem Daumen über seine Wimpern. "Same." murmle ich, bevor er seine Augen wieder öffnet. "Guck mal, was du mit mir machst." flüstert er und legt die Hand in seinem Gesicht stattdessen auf sein Herz, was mindestens genauso wild von innen gegen seinen Brustkorb hämmert, wie meins es tut. "Same." wiederhole ich mich und lächle ihn an. "Wollen wir es einfach erst morgen kompliziert machen und es heute Abend noch genießen?" fragt er verschmitzt grinsend. "Klingt gut."

An der Hand zieht er mich dann ins Wohnzimmer, wo alle nur breit grinsen, aber niemand etwas dazu sagt, als wir uns zusammen unter eine Decke kuscheln. Darunter versteckt verschränkt er erneut seine Finger mit meinen und malt mir kleine Herzchen auf den Oberschenkel. Bis fast 3 Uhr nachts sitzen wir noch zusammen, bis uns allen die Augen zufallen.

Unaufgefordert gibt mir Harry seine Nummer, als wir uns verabschieden und auch ich tippe meine gerne in sein Handy ein. "Schlaf gut, Lou." flüstert er, während die anderen bereits ins Treppenhaus verschwinden. "Du auch, Haz." antworte ich, bevor er sich zu mir runterbeugt und mir einen kurzen, unschuldigen Abschiedskuss gibt. Als er den anderen folgt, stehe ich noch einen Moment im Türrahmen und sehe dadurch, wie er sich noch einmal umdreht und mich einfach glücklich anlächelt.

Als ich mich kurze Zeit später ins Bett kuschle, schreibe ich ihm noch eine Nachricht.

_____________

Louis, 02:54am

...du hast übrigens deinen Schal vergessen...C:

Harry, 02:55am

Hab ich nicht, ich wollte nur auf Nummer sicher gehen, dass ich dich nochmal wieder sehen darf...

Louis, 02:55am

Das darfst du auch so <3
Heißt das, ich darf den Schal dann behalten? :D

Harry, 02:56am

... nur, wenn ich dann das T-Shirt behalten darf, dass ich dir geklaut habe.

Louis, 02:56am

Wann warst du denn bitte in meinem Zimmer, um mein Schlaf-T-Shirt zu stehlen? o.O

Harry, 02:57am

Das erklär ich dir, wenn ich morgen vorbei kommen darf... :3

Louis, 02:57am

Ich wäre traurig, wenn du das nicht tust.

Harry, 02:57am

Uhm... ich hab übrigens nachgedacht...

Wie wär's, wenn wir das mit dem 'Kompliziert' einfach ganz weglassen und dafür einfach mit dem genießen weitermachen? C:

Louis, 02:58am

Deal <3
Schlaf gut, Hazza :*

Harry, 02:58am

Schlaf gut, Louboo :*

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Über den niedlichen Spitznamen grinsend, sperre ich mein Handy und kuschle mich in mein Kissen, um das ich seinen Schal gewickelt habe. 'Mist, ich bin bis über beide Ohren verknallt.' ist das Letzte was ich denke, bevor ich lächelnd einschlafe.

Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so froh darüber sein würde, auf einen Weihnachtsmarkt gegangen zu sein.



alyssadormidera


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