2. Dezember: Everything happens for a reason
Es freut mich so sehr, dass der Kalender schon am Anfang so gut bei euch ankommt! Jetzt ist es schon der 2. Dezember und dieses Mal haben wir einen längeren OS von der lieben Keimling18 für euch :-) Lasst bitte auch ihr viele liebe Kommentare da und ich danke dir, für deinen Beitrag zu diesem Kalender! ❤️
xx Michelle
Wörteranzahl: 6856
Kleine, weiße Schneeflocken fallen vom Himmel. Sie glitzern im Mondschein und wirken wie kleine Kristalle. Andächtig legt der junge Doncaster seine Hand an das Glas des großen Fensters. Die Schneekristalle ziehen ihn so in den Bann, dass er seine Schmerzen vergisst. Er vergisst sogar, warum er hier ist. Alles was für den Siebzehnjährigen wichtig ist, ist das schöne Spektakel, was sich da vor seiner Nase abspielt. Schnee hat ihn schon immer begeistert, vor allem an seinem Geburtstag. Sein Blick huscht zu der großen Uhr an der Wand. Kurz vor Mitternacht. Gleich ist sein Geburtstag wieder vorbei, den Geburtstag, den er fast nicht mehr erlebt hätte. Nachdenklich beobachtet er die Schneeflocken weiterhin bei ihrem Tanz. Wie schnell das Leben vorbei sein kann, musste er gestern schon lernen. Es kann alles sein, ein falscher Schritt, ein falscher Satz, eine falsche Entscheidung oder man hat einfach nur Pech. So wie der Junge, der es gerade schafft seinen Blick vom Schnee loszureißen und ihn über die Häuser, die sich vor ihm erstrecken, gleiten lässt. Schnell wird ihm das aber zu langweilig, da er immer dasselbe sieht. Weihnachtsdekoration. Mit einem beklemenden Gefühl in der Brust, denkt er an seine Familie, die Morgen alle beisammen sitzen und Geschenke austauschen. Nur er wird nicht dabei sein, er wird im Bett liegen und sich ausruhen, so wie es die Ärztin wollte. Eigentlich sollte er genau das jetzt auch tun. Im Bett liegen und ausruhen, aber er konnte nicht mehr still liegen bleiben, als er die Schneeflocken von seinem Bett aus bemerkte. Er musste einfach aufstehen. Schneeflocken waren schon immer etwas besonderes für ihn und machten ihn einfach nur glücklich. Sie entspannten ihn, machten ihn Sorglos für den Moment in denen er sie betrachtet. Generell er wurde einfach ausgeglichener. Nichts brachte ihn mehr zur Ruhe, als das anmutige Tanzen der Schneekristalle, welches er mit müden Augen verfolgte und ganz vielleicht schlief er auch bei diesem ein. Und ganz vielleicht, befand sich dabei auch ein leichtes Lächeln auf den zarten Lippen des Jungen.
《♡》
Pov. Harry
"Fröhliche Weihnachten Mom!" Gut gelaunt betrete ich das Krankenhaus, indem meine Mutter arbeitet. Wie erwartet steht sie schon an der Rezeption und redet noch mit der Empfangsdame. Als sie mich allerdings hört, unterbricht sie ihr Gespräch und dreht sich zu mir um. Lächelnd umarme ich sie, während sie mir auch Frohe Weihnachten wünscht. "Und wie war die Nachtschicht so? Spannende Fälle gehabt oder war es einmal eine ruhige Nacht?" ,frage ich, doch kann mir ihre Antwort anhand der Augenringe eigentlich schon denken. "Naja wie mans nimmt. Ich hab dir doch von der Not-Op vorgestern Nacht erzählt. Der Junge wurde gestern Nacht auf der Fensterbank, mit einer leichten Unterkühlung, gefunden. Er hat das Fenster aufgemacht und sich mitten in der Nacht davor gesetzt. Keiner weiß wieso er es gemacht hat, sein Zustand nach der Op war ohnehin nicht der Beste. Ein Wunder, dass er es überhaupt bis zur Fensterbank geschafft hat." Kopschüttelnd sieht sie auf den Boden. Nachdenklich zieht sie ihre Stirn in Falten und hat wieder diesen ganz bestimmten Blick aufgesetzt.
Einfühlsam greife ich nach ihren Handgelenken und ziehe somit ihre Aufmerksamkeit auf mich. Ihre Augen huschen wild hin und her bis sie bei meinen hängen bleiben. Augenblicklich wird sie wieder ruhiger. "Was ist los Mom?"
"Es ist nur- dieser Junge hat mich so sehr an Edward erinnert. Vor ein paar Jahren war er in derselben Situation, nur kam für ihn jede Op zu spät. Doktor Wieman wollte den Jungen eigentlich auch nicht operieren, so wie bei Edward damals, aber ich bin hartnäckig geblieben. Mit einem Blinddarm ist nicht zu Spaßen, vor allem nicht, wenn die Gefahr auf eine Entzündung besteht. Wie verantwortunglos kann man nur sein? Er hätte fast schon wieder denselben Fehler gemacht wie vor sechs Jahren." Aufgelöst sieht sie mich an. Die Tränen haben sich schon längst ihren Weg über ihr Gesicht gebahnt. Selbst den Tränen nahe, ziehe ich sie in eine starke Umarmung.
Ich sage nichts, da ich genau weiß, dass es nicht Worte sind, die sie braucht, sondern die Nähe zu ihrem einzigen Sohn.
Vorsichtig löse ich mich von ihr. "Komm, Robin wartet im Auto und fährt mit dir Heim. Wir haben dir auch was zu Essen und einen Kaffee mitgebracht" ,lenke ich ein, lege einen Arm um sie und führe sie aus dem Krankenhaus. Der Ort, der mittlerweile wie ein zweites Zuhause für unsere Familie geworden ist.
Dankend lässt sich Mom auf den Beifahrersitz fallen, nachdem ich ihr die Türe geöffnet habe. "Nicht dafür, meldet euch, sobald ihr es sicher nach Hause geschafft habt. Es liegt teilweise ziemlich hoher Schnee." Besorgt sehe ich zu meinem Stiefvater, der mir ein beruhigendes Lächeln schenkt. "Ich passe schon auf."
Gerade will ich meinen Kopf aus dem Auto ziehen und die Türe zu machen, als Mom meine Hand ergreift. Ihr Blick ist trüb und wieder glitzern die Tränen in ihren Augen. "Er hatte dieselben blauen Augen." Es ist fast nur ein Hauchen, die Schwäche in ihrer Stimme ist nicht zu überhören. "Wer?" ,frage ich und schlucke den Kloß, der sich in meinem Hals ansammeln wollte, runter. "Der Junge, Louis. Seine Augen sehen genauso aus wie Eddys und er spielt Fußball, hat mir seine Mutter in einem kurzen Gespräch erzählt. Ist das nicht unglaublich Harry? Edward hat früher auch gerne Fußball gespielt." Mit einem verträumten Lächeln sieht sie auf ihre Hände hinab, die sich in ihrem Schoß befinden. Robin wirft mir einen besorgten Blick zu, während ich meine Mutter Mitleidig betrachte. "Mom ich dachte du hättest es mittlerweile verarbeitet" ,seufze ich und streiche ihr einmal durch die Haare. Sie ist völlig überarbeitet und die Operation von diesem Jungen hat zu viele Parallelen mit Edwards. Es ist zu viel für sie. Heute Abend werde ich mit ihr über einen Urlaub sprechen, genug Überstunden hat sie ja dafür schon gemacht.
"Hab ich auch, aber- Harry die beiden sind sich so ähnlich, das kann kein Zufall sein, das ist ein Zeichen" ,meint sie plötzlich überzeugt und mit fester Stimme. Ihren Kopf hat sie am Sitz angelehnt und sieht zu mir hoch. Die Erschöpfung steht ihr deutlich ins Gesicht geschrieben, sie muss nach Hause und schlafen. Dringend.
"Denkst du nicht, du interpretierst da etwas zu viel rein?" ,frage ich sie vorsichtig und mit einem milden Lächeln. "Nein, ganz sicher nicht. Louis ist etwas besonderes und rate mal, wann er Geburtstag hat." - "Mom ich- keine Ahnung" ,seufzend sehe ich sie an. Wieder umgreift sie mein Handgelenk.
"Gestern." Edwards Geburtstag.
"Mom..." ,fange ich vorsichtig an, doch sie unterbricht mich. "Ist schon gut Harry, ich bitte dich nur um eine Kleinigkeit. Lass dir für ihn mehr Zeit, als für die anderen Kinder, tu es für mich" ,flehend sieht sie mich an, weshalb ich nicht anders kann als ergeben zu nicken.
"Ist gut Mom." Mit einem Kuss auf ihre Stirn verabschiede ich mich von ihr und mache die Türe zu. Mit den Händen in den Hosentaschen sehe ich meinen Eltern dabei zu, wie sie den Krankenhausparkplatz verlassen und denke dabei an die Worte meiner Mutter.
Hoffentlich ähnelt dieser Louis meinem Bruder nicht zu sehr, ich bin mir nicht sicher ob ich das aushalte.
《♡》
"Hey ihr Zwei, und? Seid ihr schon motiviert, Geschenke zu verteilen und den Kindern ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern?" ,frage ich freudestrahlend, als Liam und Zayn aus dem Auto steigen. Zayn verharrt mitten in seiner Bewegung und sieht mich mit verengten Augen an. "Es ist Acht, am Morgen. Normalerweise gehe ich da ins Bett, also warte mit deiner drecks guten Laune noch, bis ich empfänglich für die geworden bin." Mürrisch läuft Zayn jetzt zu Liam, umarmt ihn von hinten und lehnt seinen Kopf an Liams breiten Rücken an. Liam bergrüßt mich zur selben Zeit mit einem Handschlag und grinst wegen Zayns Aktion stumm vor sich hin.
"Nimms ihm nicht übel, du kennst unseren Morgenmuffel doch" ,meint Liam jetzt feixernd. Von Zayn hört man nur ein unzufriedenes Brummen, welches Liam und mich zum Lachen bringt.
"Ist deine Mutter schon Weg?" ,fragt Liam und startet den Versuch Smalltalk zu führen, bis der Ire endlich kommt. Pünktlich war der jedenfalls noch nie. "Robin hat sie vor Zehn Minuten abgeholt, sie war ziemlich erschöpft. Ich glaube ein paar Wochen Urlaub würden ihr auch gut tun" ,spreche ich meine Überlegungen aus und erhalte ein zustimmendes Nicken von dem Älteren. "Sie arbeitet seit Edwards Tod ohnehin viel zu viel" ,schneidet Liam das Thema wieder an und ich frage mich, was heute alle mit Edward haben. Sonst ist er auch nie so ein großes Gesprächsthema. Klar er war mein Bruder, er ist es auch nach seinem Tod noch, aber mir wäre es lieber, wenn man die Dinge ruhen lassen würde. Irgendwie muss man ja versuchen damit abzuschließen.
"Ich- es tut mir leid. Also ich wollte nicht-" - "Ist schon gut Li, lass uns über was anderes reden. Wie läuft es so zwischen Zayn und dir?" ,frage ich und lenke damit auf ein anderes Thema. Liam will gerade antworten, als Zayn es für ihn übernimmt.
"Besser als mit dir und deinem Freund."
"Ich hab doch gar keinen Freund" ,entgegne ich irritiert, doch von dem Schwarzhaarigen kommt nur noch ein "exakt".
"Sorry Harry, die Uhrzeit" ,meint Liam nur Schulterzucken und umgreift Zayns Hände, welche sich um seinen Bauch schlingen. "Nicht die Uhrzeit, Harrys Visage" ,kommt es schleppend von Zayn, der sich scheinbar wieder im Halbschlaf befindet. Dieser hindert ihn allerdings nicht daran mich zu beleidigend, doch das gehört irgendwie zu unserer Freundschaft dazu. Er beleidigt mich, ich beleidige ihn. Normal halt.
"Deine versteckst du ja noch netterweise hinter Liams Rücken" ,kontere ich grinsend. Zayn brummt unzufrieden, löst eine Hand um Liams Bauch, zeigt mir den Mittelfinger und legt sie anschließend wieder auf seine andere Hand.
Ein lautes Hupen lässt uns alle zusammenzucken. Ein blauer Van bleibt neben uns stehen und entgegen unserer Erwartungen, steigt kein meckernder alter Mann aus, sondern- "Nicht der Kobold auch noch. Bitte nicht um diese Uhrzeit" ,höre ich Zayn auch schon jammern, als Niall schwungvoll aus dem Van aussteigt. "Hey Gays" ,begrüßt er uns alle gut gelaunt und bleibt voller Tatendrang vor uns stehen. Zayn stöhnt genervt und löst sich von Liam.
"Wird dir das nicht irgendwann mal zu langweilig?" ,fragt er missgelaunt, doch der Ire bleibt weiterhin fröhlich.
"Zayniewaynie! Ich hätte dich ja fast nicht erkannt, so ohne gestylte Haare. Schicke Friese alter. Könntest glatt als mein Hund durchgehen" ,meint der Ire lachend und klopft dem Schwarzhaarigen kräftig auf die Schulter. Zayn geht nicht weiter drauf ein, sondern dreht sich gleich zu Liam um. "Warum sind wir nochmal mit ihm befreundet?"
"Weil ich der größte Motherfucker auf der Erde bin und du auch so cool sein willst wie ich" mischt sich Niall lautstark in die Unterhaltung ein und klopft Zayn noch einmal auf den Rücken.
Es gibt genau drei Dinge, die Zayn abgrundtief hasst. Erstens früh geweckt zu werden. Zweitens, wenn ihm Jemand auf den Rücken geklopft und drittens Zayniewaynie genannt zu werden. Niall sollte sich also in Deckung begeben, wenn er den Tag überleben will.
"Okay, jetzt ist er dran" ,murrt Zayn auch schon und will ein Schritt auf Niall zu machen, doch Liam stoppt ihn.
"Naja Anygays... wollen wir anfangen?" ,fragt Niall übermotiviert und läuft zum hinteren Teil des Vans. Geflissentlich ignoriert er Zayns Aufreger über seine Person und macht die hinteren Türen auf.
"Wenn der nicht mit dem ganzen Schwulenscheiß aufhört, färbe ich ihm seine Haare bunt. Der ist schwuler als ich Liam und er ist Hetero!" Schmunzelnd stimme ich Zayn gedanklich zu. Niall könnte man manchmal wirklich anhand seiner Ausdrucksweise und einfach seiner ganzen Art, für Schwul halten. Doch er ist Hetero. Naja laut ihm.
"Können wir Aufhören meine Sexualität infrage zu stellen und damit anfangen, ein paar Kinder glücklich zu machen?" ,fragt Niall laut, während er die Türe öffnet und in den Van steigt. Ich folge ihm in das Innere vom Van und bleibe nicht schlecht staunend, vor dem Berg an Kinderspielzeug stehen. "Wow das sind ja noch mehr Spenden als im vorherigen Jahr" ,höre ich Liam anerkennend sagen, als auch er mit Zayn zu uns in den Van kommen. "Ja das sind mehr als genug dieses Jahr, den Rest spenden wir einfach an das Wartezimmer im Krankenhaus" ,meint Niall und gibt jedem von uns einen braunen Sack. Schnell sorgen wir dafür, dass alle Spielsachen und Kuscheltiere in die vier Säcke aufgeteilt werden. Als das endlich alles geschafft ist, wollen wir eigentlich aus dem Van aussteigen, doch Niall verhindert es indem er schnell beide Türen schließt. "Was soll das Ni? Wir sind eh schon spät dran."
"Ja, aber ich dachte wir machen das heute zu etwas besonderem, da es das fünfte Jahr ist, indem wir jetzt schon diese Geschenkeaktion machen. Heute ist unser Jubiläum Leute, da muss man groß auflegen, deshalb hab ich auch die hier besorgt" ,enthusiastisch hält Niall ein undefinierbaren Stofffetzen hoch. Erst bei genauerem hinsehen, erkenne ich das Elfenkostüm. Mit hochgezogenen Augebrauen sehe ich zu Liam und Zayn, welche Nialls Vorschlag augenscheinlich auch nicht wirklich prickelnd finden.
"Okay Niall, wie sag ich das jetzt ohne deine Gefühle zu verletzten?" ,fragt Zayn rhetorisch und tippt sich mit dem Zeigefinger gegen sein Kinn.
"Lieber werde ich jeden Morgen um fünf Uhr von dir und deiner nervigen gutelaune Musik geweckt, als dieses... Ding anzuziehen. Meinetwegen setzt ich die Mütze auf, was die Anderen machen, ist mir an der Stelle egal. Hauptsache ich werde mit keinem von euch gesehen. Ich für meinen Teil, kenne das Wort Würde nämlich noch und diese werde ich selbst nicht für die Kinder hier über Bord werfen. Die müssen sich mit mir zufrieden geben. Ich mein, ich bring ihnen Geschenke, am Weihnachtsmorgen. Da ist denen doch egal was ich anhabe." Niall zieht sofort einen Schmollmund. Zayn verkneift sich ein genervtes Augenrollen, während Liam das Mitleid deutlich ins Gesicht geschrieben ist. Liam würde bestimmt aus Mitleid das Kostüm anziehen, nur weil er es nicht leiden kann, wenn einer seiner Freunde traurig ist.
"Ja, aber die Kostüme sind für den richtigen Flair" ,verteidigt Niall seine Kostümidee, doch Zayn antwortet ihm prompt. Er macht einen Schritt auf Niall zu und legt seine Hände auf dessen Schultern. Ernst sieht Zayn den Iren an, ehe er langsam beginnt zu reden.
"Hör verdammt nochmal auf, wie ein schwuler Modedesigner zu reden."
"Wenigstens seh ich nicht aus wie ein Hund." Beleigt schüttelt Niall Zayns Hände ab. Zayns Blick ist wieder mürrisch und ich merke genau, wie er dem Blonden jetzt gern an den Hals springen würde. Allerdings reißt er sich zusammen und spannt seinen Kiefer an.
"Gib mir einfach die Kackmütze, ich hab keine Lust noch länger rumzutrödeln" ,brummt der Schwarzhaarige genervt und nimmt die Mütze energisch entgegen. Unmotiviert und ohne weiteren Kommentar, zieht Zayn sich die Weihnachtsmütze über und öffnet die Hintertüren. Er schnappt sich seinen Sack und verlässt den Van.
"Bis später Jungs, wehe ihr braucht länger als ich. Ich will hier pünktlich weg und was essen, nur dass das klar ist" ,droht Zayn uns noch, ehe er aus unserem Sichtfeld verschwindet. Liam kann sein Lachen nicht mehr zurückhalten und bricht in schallendem Gelächter aus.
"Du hättest ihm wenigstens sagen können, was auf seiner Mütze steht" ,versuche ich vorwurfsvoll zu sagen, doch mein Schmunzeln verhindert mein Vorhaben.
"Er hat nicht gefragt, wollt ihr eure auch haben?" ,fragt der Ire grinsend. "Kommt drauf an, was steht denn bei uns drauf?" ,fragt Liam schmunzelnd und wischt sich die Lachtränen aus den Augen. Niall hält uns die jeweiligen Weihnachtsmützen hin und zieht sich im Anschluss seine eigene über. "Naja immerhin sind wir nur Hazzy und Lima" ,höre ich Liam sagen, der mir kurz darauf meine Weihnachtsmütze gibt. In grüner, schön geschwungener Schrift steht Hazzy auf meiner Mütze.
Niall verlässt jetzt ebenfalls den Van und wirft sich den Sack über die Schulter. "Hey warte, was steht den bei dir drauf?" ,rufe ich ihm neugierig hinterher und springe, mehr oder weniger, elegant aus dem Van.
"Weihnachtskobold" ,antwortet Niall schmunzelnd und wirft mir den Autoschlüssel vom Van zu.
Liam bleibt kopfschüttelnd neben mir stehen und sieht dem übermotivierten Niall hinterher, welcher fast schon hüpfend ins Krankenhaus läuft. "Was glaubst du wird Zayn mit Niall machen, sobald er bemerkt, was auf seiner Mütze steht?" ,fragt Liam schmunzelnd, was ich erwidere.
"Wenn wir Glück haben überlebt der Kobold den heutigen Tag."
《♡》
Mit einem breiten Lächeln, verlasse ich das Zimmer von Damien. Er ist wirklich ein aufgeweckter kleiner Junge. Ich war eine volle Viertelstunde bei ihm, weil er mich einfach nicht gehen lassen wollte. Schließlich bin ich seine einzige Verbindung zum Weihnachtsmann. Ich liebe es jedes Jahr aufs neue, den Kindern den Tag wenigstens ein bisschen verschönern zu können. Krankenhäuser haben schon etwas trostloses an sich, vor allem an Weihnachten, wenn man aus dem Fenster sieht und die ganzen schönen Weihnachtsdekoration sehen kann.
"Hallo Harry! Na bist du wieder auf Geschenketour?" ,spricht mich Trisha, eine der Krankenschwestern, an. Sie ist Zayns Mutter und versteht sich sehr gut mit meiner, durch die Beiden haben Zayn und ich uns auch vor Jahren mal kennengelernt.
"Zayn habe ich vorhin auch schon gesehen, er blüht immer total auf, sobald Kinder in seiner Nähe sind. Ich finde das ja extrem knuffig. Du hättest sein strahlendes Lächeln mal sehen sollen, ich hab ihn glatt für Niall gehalten" ,berichtet Trisha lächelnd. Sie kennt ihren, meist missgelaunten, Sohn schließlich am Besten und freut sich jedes Jahr wieder, wenn sie ihn wenigstens für einen Tag im Jahr, mit einem Dauergrinsen rumlaufen sieht.
"Ich bin jedes Jahr auch wieder verwirrt, wie schnell seine Laune sich ändert sobald Kinder im Raum sind" ,stimme ich hier nickend zu. Sie will sich gerade wieder von mir verabschieden, als ihr noch etwas einfällt. "Oh und bevor ich es vergesse, ihr habt dieses Jahr wirklich echt schöne Mützen. War das Nialls Idee?" Lächelnd nicke ich, heute wurde ich schon oft auf die schicke Weihnachtsmütze angesprochen. Niall hatte zur Abwechslung mal eine echt gute Idee. Trisha verabschiedet sich jetzt endgültig bei mir und wünscht mir noch viel Spaß.
Schmunzelnd laufe ich zum nächsten Zimmer, klopfe an und rücke den Sack auf meiner Schulter wieder zurecht. Es ertönt ein leises Ja, weshalb ich die Türe öffne und vorsichtig den Raum betrete.
Ein Junge, etwa 16, mustert mich mit einem ziemlich verwirrten Blick. "Was soll der Aufzug Hazzy?" ,fragt er mich mit hochgezogener Augenbraue. Ah scheinbar kann da Jemand lesen.
"Ich bin ein Elf, sieht man das nicht?" ,frage ich schmollend und bringe den Jungen zum Schmunzeln. "Du bist der erste Elf mit Chelsea boots, den ich jemals gesehen hab." Schulterzuckend laufe ich näher zu ihm ans Bett und sehe ihn gespielt hochnäsig an. "Ich bin eben ein Modebewusster Elf" ,entgegne ich und stelle im Anschluss meinen Geschenkesack neben mich. Auf Dauer wird das Teil echt schwer.
"Darüber lässt sich streiten Hazzy" ,meint der Wuschelkopf und mustert mich von oben bis unten. Ein Schmunzeln bildet sich wieder auf seinen Lippen, als er mir ins Gesicht sieht.
"Ich bin mir nicht sicher, ob Weihnachtssocken in Kombination mit Chelsea boots so Modebewusst sind."
Irritiert sehe ich an mir runter. Weihnachtssocken?
Ein Lachen lässt mich wieder den Kopf heben. Der Junge vor mir hält sich lachend den Bauch, seine Augen sind niedlich zusammengekniffen. Kleine Lachfalten umspielen die blauen Augen, die er jetzt wieder versucht zu öffnen. Schwer atmend versucht er sich von seinem Lachanfall zu beruhigen, wischt sich die Lachtränen von den Wangen und sieht zu mir hoch. Schmunzelnd erwidere ich seinen Blick. Er ist wirklich süß, wenn er so ausgelassen lacht. "Wie du gerade nachschauen musstest, ob du wirklich Weihnachtssocken anhast!" Er will gerade wieder mit dem Lachen anfangen, als er plötzlich schmerzhaft das Gesicht verzieht und sich den Bauch hält. Alamiert setzte ich mich auf die Kante vom Krankenhausbett und will ihm gerade fragen, was los ist oder ob ich eine Schwester rufen soll, da lächelt er mich schwach an und hebt beruhigend die Hand.
"Lachen tut noch etwas weh" ,erklärt er mild lächelnd und lehnt seinen Kopf wieder an den fetten Kissen hinter ihm an.
"Kann ich dir irgendwie helfen?" ,frage ich, weil ich sofort Mitleid mit ihm bekomme, da er von einer Sekunde auf die andere so viel zerbrechlicher aussieht. "Könntest du das Bett noch etwas hochfahren, also den Kopfteil. Ich würd gern ein bisschen aufrechter sitzten, dieses halb liegen halb sitzen kotz mich schon den ganzen Morgen an, aber ich kann mich nicht genügend bewegen, um nach der Fernbedienung zu suchen." Bittend sieht er mich an. Sofort stehe ich auf, laufe einmal um sein Bett rum und greife dort nach dem Kabel, mit welchem die Fernbedienung am Bett festgemacht ist. Ich ziehe etwas an diesem, bis ich die Fernbedienungen in der Hand halte, die vorher noch unter dem Bett lag. Sie muss in der Nacht wohl aus der Halterung gerutsch sein.
"Wie hast du die jetzt so schnell gefunden?" ,fragt er verwundert nach, was mich grinsen lässt. "Jahrelanges Training" ,antworte ich und warne ihn vor, als ich das Bett in die gewünschte Lage bringe.
"Besser?" - "Ja, danke Hazzy" ,erwidert er wieder mit diesem frechen glitzern in seinen Augen. Er macht dennoch einen ziemlich erschöpften Eindruck auf mich, auch wenn er versucht es mit seinen frechen Sprüchen zu kaschieren. Mein Bruder hat früher auch immer versucht alles runterzuspielen mit ein paar frechen Sprüchen oder dummen Witzen. Oft hat er auch Dinge verharmlost, so wie auch damals bei seinem Blinddarm. Seufzend stecke ich die Fernbedienung wieder in ihre Halterung und laufe zurück zu meinem Geschenkesack. Ich sollte aufhören an Edward zu denken, vor allem heute. Mehr Zeit bleibt mir allerdings auch nicht mehr über meinen Bruder nachzudenken, da mich der Wuschelkopf wieder anspricht.
"Du kennst dich offentsichtlich ziemlich gut hier aus Hazzyboy, kannst du mir dann auch mal sagen, wann ich in diesem scheiß Laden endlich mal Mittagessen bekomme?"
Ich kann nicht anders, als kurz über seine Formulierungen zu lachen, ehe ich kurz zur Uhr sehe. "Nicht mehr lang, aber an deiner Stelle würde ich mich nicht auf den Fraß hier freuen" ,antworte ich ihm schmunzelnd. Es ist kein großes Geheimnis, dass das Essen hier nicht das Beste ist, durch ein paar Aufenthalte hier kann ich es selbst bestätigen. Aber Krankenhäuser sind eben nicht dazu da, um die Geschmacksknospen zu verwöhnen sondern um uns zu helfen. Naja mehr oder weniger, manchmal werden hier auch einzelne Leben zerstört oder für immer verändert. Und schon wieder denke ich an Edward, ganz toll.
"Tu ich eh nicht, die geben mir nur Suppe und andere flüssige Lebensmittel, aber hunger habe ich trotzdem. Meinetwegen ess ich dann auch sowas" ,meint er mit angewidertem Blick.
Er bekommt nur Suppe?
Eine kleine Vermutung schleicht sich in den Vordergrund.
Er hat blaue Augen, eine freche Art, sein Bauch tut weh, wenn er lacht und er darf nur Suppe essen?
Der Verdacht, dass Louis gerade vor mir sitzt, verstärkt sich immer mehr, aber bevor ich mir ganz sicher sein kann, sollte ich nochmal genauer nachfragen.
"Wieso was hast du denn?" ,frage ich möglichst beiläufig und greife nach einem der Stühle die hinter mir stehen. Ich setzte mich hin, während er mir antwortet.
"Bilddarm, also der ist jetzt weg." Nickend sehe ich zu ihm und beiße mir überlegend auf die Unterlippe. Blinddarm. Was ein Zufall. Nicht.
"Wer hat dich denn operiert?" ,frage ich weiter, was dem Wuschelkopf jetzt anfängt komisch rüber zu kommen. Skeptisch sieht er mich an. Verübeln kann ich es ihm nicht, die Frage ist schon ein wenig seltsam. Vor allem, wenn sie von Jemanden kommt den er erst seit Zehn Minuten kennt.
"Warum willst du das wissen?"
"Ich kenne ein paar Ärzte hier. Ich komm jedes Jahr an Weihnachten hier her und verteile Geschenke an die Kinder, die Weihnachten hier verbringen müssen. Mittlerweile kennt mich hier Jeder. Ich mag zwar diesen Ort hier nicht, aber ich mag die Menschen, deshalb komme ich jedes Jahr wieder" ,erkläre ich mich. Seine Gesichtszüge entspannen sich wieder und er wirkt durch meine Antwort auf einmal sehr viel neugieriger. Mit einem leichten Lächeln beobachte ich das und kann es mir nicht verkneifen, diesen Gesichtsausdruck als niedlich abzustempeln.
"Du kommst freiwillig hier her? An Weihnachten? Hast du keine Familie mit der du das Fest verbringen willst?" Mit schiefgelegtem Kopf sieht er mich an. Scheinbar kann er nicht verstehen, wieso ich das Fest nicht mit meiner Familie verbringen will und lieber meinen Tag in einem Krankenhaus verbringe.
"Doch, aber ich finde es schöner Kindern ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, die ihr Weihnachten hier verbringen müssen" ,antworte ich schulterzuckend. Mir wurde diese Frage schon oft gestellt, ich antworte immer gleich und jedesmal ist die Reaktion meines Gegenübers verständnislos. Traurig eigentlich, wenn man sich mal überlegt, dass jeder einen bestimmten Grund dahinter sieht. Dass jeder glaubt, ich würde es nur tun, weil ich selbst keine Familie hätte. Niemand denkt daran, dass mir doch tatsächlich die Kinder am Herzen liegen könnten. Keiner kann verstehen oder nachvollziehen, warum meine Freunde und ich das seit fünf Jahren machen, so lange sie nicht selbst die vielen lachenden Kinderaugen gesehen haben. Ich mag Kinder, einfach nur weil sie noch diese Unbeschwertheit haben, diese Sorglosigkeit. Sie haben kein Angst vor dem Morgen oder denken gar drüber nach. Sie leben einfach im Moment, etwas was man als Erwachsener nicht verlernen sollte. Das Leben kann so schön sein, aber vor allem auch so verdammt kurz.
"Das ist sehr selbstlos. Ich weiß nicht, ob ich das auch machen würde" ,meint der Wuschelkopf jetzt, was mich bescheiden Lächeln lässt.
"Es ist nicht für Jeden was." - "Das glaub ich dir." Einen Moment lang sehen wir uns schweigend an. Seine Lippen verformen sich langsam zu einem Lächeln, was ich nur zu gern erwidere. Die Sonnenstrahlen fallen gerade perfekt und tauchen sein Gesicht in ein warmes goldbraun. Mein Blick gleitet von seinen Augen, über seine kleine Stupsnase zu den schmalen Lippen, welche mich anlächeln. Kleine Lachfältchen bilden sich wieder an seinen Augen. Er ist einfach nur niedlich...
...und ein Patient deiner Mutter, reiß dich zusammen Harry.
Ich lehne mich etwas in meinem Stuhl zurück. "Also wer hat dich operiert?"
"Ich glaub Twist oder so, war ne Frau" ,meint er schulterzuckend und sieht jetzt eher gelangweilt zur Decke. Twist.
"Das war meine Mutter" ,spreche ich meinen Gedanken ausversehen laut aus und habe damit sofort die Aufmerksamkeit von dem Blauäugigen.
"Gott du Armer."
"Hä?"
"Hazzy Twist klingt schon etwas behämmert" ,meint er schmunzelnd und sieht mich wieder mit diesem frechen Glitzern in den Augen an.
"Mein Nachname ist auch Styles, nicht Twist" ,werfe ich ein, während der Jüngere zur Fernbedienung vom Bett greift und dieses gerade macht. Mit geschlossenen Augen legt er gemütlich einen Arm unter seinen Kopf, den anderen lässt er auf seinem Bauch liegen.
"Macht es nicht besser Hazzy" ,kommt es halb singend von ihm zurück. Er ist schlimmer als Edward, dass ich das mal denken würde.
"Du bist ziemlich frech weißt du das?" ,stelle ich ihm eine ziemlich rhetorische Frage.
"Hör ich oft" ,entgegnet er und klingt dabei mehr als zufrieden. Dass er das oft hört, war mir klar. Von seiner Art her, ist er Edward wirklich sehr ähnlich, nur war Edward eben mehr der Draufgänger vom Aussehen her und vor allem weniger... niedlich.
"Wie alt bist du?"
"17, du?"
"21"
Sofort öffnet er seine Augen und fährt das Kopfteil vom Bett wieder etwas hoch.
"Gott bist du alt und seit wann machst du das hier schon?" Er nimmt wirklich kein Blatt vor den Mund, wobei der erste Teil vom Satz wohl eher als Witz gedacht war.
"Seit fünf Jahren" ,antworte ich etwas ernster. Dieses Thema liegt mir sehr am Herzen.
"Was? Das ist krass. Seit du 16 bist?" ,fragt er nochmal schockiert nach. Ich nicke. "Aber warum? Gab es dafür einen Grund?" Neugierig sitzt er mittlerweile wieder aufrecht in seinem Bett und wartet gespannt auf meine Antwort. Wahrscheinlich wartet er jetzt auf etwas Spektakuläres.
"Meine Familie hat aufgehört Weihnachten zu feiern" ,sage ich bloß und versuche das Ganze so irgendwie runterzuspielen.
"Warum?"
Ich zögere. Eigentlich rede ich nicht gern darüber, auf der anderen Seite bin ich eigentlich dafür, dass man so etwas offen behandeln sollte. Es hilft über Dinge zu sprechen, die einen belasten und doch kommt es mir nur schwer über die Lippen. Ich beschließe nicht weiter darüber nachzudenken und es einfach auszusprechen.
"Mein Bruder ist an Weihnachten gestorben."
Geschockt und überrascht weiten sich die Augen meines Gegenübers. "Oh ich-" ,stotternd versucht er sich zu entschuldigen. Wofür genau, weiß ich nicht, wahrscheinlich denkt er er hätte irgendeine Line übertreten.
"Alles gut, das ist jetzt mittlerweile sechs Jahre her. Ich dachte mir, wenn ich kein schönes Weihnachten mehr haben kann, dann will ich es wenigstens den Kindern hier verschönern. Das Fest der Liebe und der Familie hier verbringen zu müssen, ist nicht besonders toll" ,beruhige ich ihn sofort. Von Außen muss ich ziemlich gelassen wirken, innerlich tobt gerade allerdings ein Sturm an Emotionen.
"Woran ist er gestorben, wenn ich fragen darf?" ,traut er sich jetzt zu fragen und ich bin irgendwo froh, dass er das Thema jetzt nicht totschweigt sondern versucht das Gespräch fortzuführen.
"Blinddarm, sie haben ihn nicht operiert. Der Arzt meinte es wäre keine Entzündung" ,erzähle ich ruhig, balle meine Hände allerdings zu Fäusten. Ich verfluche den Arzt dafür, dass er nicht weiter nachgeschaut hat und ich verfluche Edward dafür, dass er seine Schmerzen runtergespielt hat. Wäre er einmal in seinem Leben nicht der harte Draufgänger gewesen, könnte er noch leben.
"Das hat der Arzt bei mir auch gesagt, deine Mutter wollte mich trotzdem operieren" ,meint er jetzt überrascht. Mild lächelnd sehe ich Louis an. Mittlerweile bin ich mir ziemlich sicher, dass er es ist.
"Ich weiß, das war der selbe Arzt wie bei meinem Bruder, weshalb meine Mutter dich nochmal gründlich untersuchen wollte. Sie hat mir davon erzählt, deine Op hat sie ziemlich mitgenommen" ,erzähle ich ihm bedrückt und frage mich im selben Moment, warum ich es ihm erzähle.
"Oh nein das wollt ich nicht" ,kommt es sofort von Louis. Die Schuldgefühle sind im deutlich ins Gesicht geschrieben.
"Du kannst doch nichts für deinen Blinddarm Louis" ,versuche ich ihm klar zu machen. Es wäre äußerst dumm, wenn er deshalb jetzt ein schlechtes Gewissen bekommt.
"Du kennst meinen Namen?" ,fragt er verwundert, weshalb ich mich verlegen am Nacken kratze. Eigentlich hätte mir Mom gar nicht so viel über ihn erzählen dürfen, aber sie konnte eben nicht anders und ganz ehrlich, bei sowas geht mir die Schweigepflicht am Arsch vorbei.
"Meine Mutter hat ihn mal erwähnt."
Louis nickt.
"Ich hoffe mal für dich, das Hazzy nicht dein richtiger Name ist" ,meint er nach ein paar Minuten des Schweigens. Ein Grinsen befindet sich wieder auf seinen Lippen.
"Harry" ,beantworte ich seine indirekte Frage, was ihn zufrieden nicken lässt. Müde gähnt er einmal ausgelassen und sieht anschließend schmatzend und mit halboffenen Augen zu mir. "Ich bin müde, mach was dagegen Harold."
Schmunzelnd stehe ich auf und nehme ihm die Fernbedienung aus der Hand und sorge dafür, dass er sich in der liegenden Position befindet. "Augen zu Louis" ,sage ich schmunzelnd und decke ihn bis zu seinem Hals zu. "So und jetzt erzählst du mir einfach mal was über dich. Worauf du Lust hast, egal was" ,sage ich mit ruhiger Stimme und versuche ihn mit dem Trick zum Einschlafen zu bringen, der bei meiner kleinen Cousine immer geholfen hat.
"Was soll das bringen? Ich will doch-" - "Schhh" ,unterbreche ich ihn sofort, drücke seinen Kopft sanft in die Kissen zurück und er beginnt tatsächlich damit, mir etwas zu erzählen. Ich höre an seiner Stimme, wie es ihm immer schwerer fällt, die Wörter auszusprechen. Nach gerade mal fünf Minuten ist er eingeschlafen, der Trick hat funktioniert. Leider habe ich bei meinem Masterplan vergessen, dass ich jedesmal selbst einschlafen. Wie auch diesesmal.
《♡》
Ein lautes Klingeln reißt mich aus meinem Nickerchen. Zuerst bin ich richtig irritiert, bis ich merke wo ich mich befinde und was für ein Tag heute ist. "Willst du nicht mal rangehen?" ,kommt es brummend von dem Wuschelkopf. Rangehen? Es dauert kurz bis ich begreife, dass mein Handy diesen schrecklichen Ton von sich gibt. "Ja?" ,melde ich mich mit verschlafener Stimme.
"Okay wo zum Teufel bist du? Niall, Liam und ich warten seit einer halben Stunde auf dich! Ich weiß ja, dass das Projekt dir am Herzen liegt, aber du kannst doch nicht fünf Stunden damit verbringen. Ich will verdammt nochmal jetzt Heim und essen. Außerdem-" Weiter höre ich nicht mehr zu, da ich sein gemeckere im Moment nicht ertragen kann. Er ist manchmal so eine Diva.
"Zayn ich bin gleich fertig, ich hab mir bei einem Kind etwas mehr Zeit gelassen. Gib mir Zehn Minuten" ,unterbreche ich ihn genervt. "Fünf." - "Ist ja gut."
Genervt lege ich auf und stecke das Handy zurück in meine Hosentasche.
"Hast du mich grad als Kind bezeichnet?" ,fragt Louis jetzt deutlich wacher. "Möglich" ,antworte ich bloß und stehe auf. Noch etwas verschlafen strecke ich mich.
"Sehe ich wie ein Kind für dich aus?" ,fragt er jetzt, während er den Kopfteil wieder hochfahren lässt. Es sieht zu lustig aus, als das ich mir ein Grinsen hätte verkneifen können. "Natürlich nicht, du bist der männlichste Mann, den ich je gesehen hab." Das meine Stimme förmlich vor Ironie tropft, scheint der Jüngere gekont zu ignorieren. "Oh ja das bin ich."
"Schade ich wollte dir gerade noch ein Geschenk aus meinem Geschenkesack anbieten, aber die sind leider nur für Kinder. Kann man nichts machen" ,sage ich schulterzuckend und hieve den Sack wieder auf meine Schulter und will schon gehen, als er mich zurückruft.
"Ich habs mir anders überlegt!"
Schmunzelnd drehe ich mich wieder um und stelle den Sack zu ihm aufs Bett. "Gut, dann darfst du dir ein Geschenk rausholen."
"Nur eins?" Er schiebt seine Unterlippe vor und will damit wahrscheinlich bezwecken, dass ich nachgebe. "Nur eins" ,bleibe ich standhaft. "Ich hatte gestern Geburtstag und musste den auch hier verbringen. Es war ein sehr traumatisches Erlebnis Hazzy." Ernst sieht er mich an und ich verfluche mich innerlich, als ich wegen seiner Masche tatsächlich nachgebe. Es lag an seinen Augen, das ist unfair. Er spielt allgemein mit unfairen Mitteln.
"Gut, dann eben zwei."
"Danke Hazzy!" ,freut er sich überschwänglich und drückt mir in seiner Euphorie einen Schmatzer auf die Wange. Spätestens jetzt, hätte er auch den ganzen Geschenkesack von mir bekommen, wenn er mich drum gebeten hätte. Zu meinem Glück ist er mit seinen zwei Geschenken zufrieden und lässt mich gehen, oder auch nicht. Meine Hand liegt auf der Türklinke, als er noch etwas sagt.
"Weißt du Harry, dein Bruder ist ein Held."
"Wie meinst du das?" ,verwundert drehe ich mich um.
"Naja, ohne ihn wäre ich jetzt tot. Deine Mutter hätte sich nie so für mich eingesetzt, wenn dein Bruder nicht wegen seinem Blinddarm gestorben wäre. Im Grunde hab ich ihm zu verdanken, dass ich hier sitzte und atme. Er hat mir ein Leben geschenkt und das werde ich nutzen. Edward hat mich vor dem Tod bewahrt, dass ist doch eigentlich genau das, was Superhelden so machen. Weißt du Harry, er lebt zwar nicht mehr, aber Edward ist ein Held, mein Held."
Mit Tränen in den Augen sehe ich den Jungen vor mir an und erkenne zum ersten Mal, seit sechs Jahren, den Sinn in Edwards Tod.
《♡》
Ungeduldig, aber auch schrecklich nervös laufe ich durch die sterilen Gänge. Es ist ein Tag vergangen seit der ersten Begegnung mit Louis und schon vermisse ich seine freche Art. Genau aus diesem Grund befinde ich mich auch auf dem Weg zu ihm, mit einem richtigen Geschenk. Etwas was er mag, immerhin hat er das selber gesagt.
Mom wollte gestern noch alles über ihn wissen und ob ich die Ähnlichkeit zu Edward nicht auch gesehen habe. Zugegebenermaßen hat er ein paar Ähnlichkeiten mit meinem Bruder, aber er ist trotzdem eine andere Person, mit anderen Gedanken und Empfindungen. Also sollten wir aufhören, die Beiden miteinander zu vergleichen, es sind unterschiedliche Personen, mit unterschiedlichen Charaktereigenschaften.
Trotzdem komme ich um eine Aussage von meiner Mutter nicht drum herum, er ist wirklich etwas besonderes und das kann ich schon nach einem Tag sagen.
Mittlerweile bin ich vor seiner Tür angekommen und klopfe an. "Du bist eime Stunde zu früh Mom" ,werde ich von Louis begrüßt, der mit geschlossen Augen in seinem Bett entspannt. "Liegt vielleicht daran, dass ich nicht deine Mutter bin" ,sage ich grinsend. Sofort öffnet er ein Auge und sieht zu mir, ein zufriedenes Lächeln schleicht sich auf seine Lippen, als er sein Auge wieder schließt.
"Harold, was verschafft mir die Ehre, hast du mich etwa schon vermisst? Ich weiß ich bin unwiderstehlich."
"Eher unausstehlich" ,verbessere ich ihn und setzte mich auf den Stuhl, der neben seinem Bett steht. "Die einen sagen so, die Anderen so" ,meint er schulterzuckend und fährt den Kopfteil von seinem Bett hoch.
"Also, was verschlägt einen gutaussehenden, jungen Mann, um diese unchristliche Uhrzeit in ein Krankenhaus?" ,fragt er mit einem schelmischen Grinsen. "Ich hab ein Geschenk für dich" ,antworte ich und halte die dampfenden Tasse in meiner Hand hoch. Louis nimmt sie neugierig entgegen und schaut sofort nach, um welchen Tee es sich handelt. "Das dritte Geschenk in zwei Tagen, du weißt aber wie man Jemanden um den Finger wickelt. Noch dazu ist es mein Lieblingstee, woher wusstest du das?" ,fragt er interessiert nach und lässt dabei die Tasse in seinen Schoß sinken. Ich lächle.
"Du hast es mir erzählt, als du versucht hast einzuschlafen. Du hast dich über die schlechte Teeauswahl beschwert, deshalb dacht ich mir, dass ich dir deinen Lieblingstee zum Frühstück vorbeibringe" ,entgegne ich und tue so, als wäre das etwas völlig normales.
"Hast du nichts besseres zu tun Styles?" ,fragt er schmunzelnd und nippt an dem Tee, der mittlerweile abgekühlt ist. Zum Glück durfte ich vorhin den Wasserkocher im Aufenthaltsraum benutzen.
"Um ehrlich zu sein, nicht wirklich. Außerdem mag ich deine Gesellschaft." Louis Lächeln wird durch meine Antwort breiter und er vergisst für einen kurzen Moment den Tee in seiner Hand. "Ich deine auch, es ist irgendwie komisch so im Fokus von irgendwem zu stehen. Aber ich mag das Gefühl" ,gesteht er und wirkt jetzt fast schon schüchtern. "Wieso? Stehst du Zuhause nicht im Fokus?"
"Wie denn, bei sechs jüngeren Halbgeschwistern?" ,lacht Louis. Überrascht weiten sich meine Augen.
"Sechs?"
"Jap."
"Und die sind alle jünger?"
"Jap."
"Stressig" ,sage ich baff, was Louis wieder zum Lachen bringt.
"Du bist niedlich Styles" ,meint er nach ein paar Minuten der Stille. Ein verträumtes Lächeln liegt auf seinen Lippen und es ist das schönste, was ich jemals gesehen habe. "Lustig, ich wollte gerade das Selbe sagen."
"Heute sind wir aber flirty unterwegs Styles, du weißt doch gar nicht ob ich auf Jungs steh" ,meint Louis jetzt scherzend und nippt wieder an seinem Tee.
Nachdenklich mustere ich ihn. Als er meinen forschenden Blick bemerkt, lässt er die Tasse sinken und sieht mich mit schiefgelegtem Kopf an. "Was hast du Harry?" - "Bekomm ich deine Handynummer?" ,frage ich ohne länger drüber nachzudenken und sorge dafür, dass sich ein breites Lächeln auf sein Gesicht schleicht.
"Nur wenn du mich auf ein Date einlädst" ,fordert Louis grinsend, was ich erleichtert erwidere. "Deal."
《♡》
Der Lockenkopf bleibt den ganzen Tag über bei dem Jungen, mit den blauen Augen. Sie lachen viel, albern rum, aber unterhalten sich auch über ernstere Themen. Die Stunden streichen nur so dahin und als am Abend die ersten Schneeflocken fallen, bittet der Wuschelkopf den Älteren darum, das Fenster zu öffnen. Mit Unterstützung des Lockenkopfes, schafft es der Jüngere bis zur Fensterbank, dort sitzen die Beide Stillschweigen und beobachten zum ersten Mal gemeinsam den anmutigen Tanz der Schneeflocken. Zufrieden lehnt sich der Blauäugige an dem Größeren an und genießt dessen zarten Streicheleinheiten. Eine Weile sitzen sie einfach nur stumm da und genießen die Gegenwart des jeweils Anderen, jedenfalls bis dem Blauäugigen ein neues Tattoo auf der Handinnenfläche des Älteren auffällt. Vorsichtig öffnet er die Hand etwas weiter, um es beser lesen zu können. Es ist frisch gestochen worden, vermutlich gestern noch.
Everything happens for a reason
Steht dort in geschwungener Schrift und dem Jüngeren ist sofort klar, auf was der Lockenkopf da anspielt. Mild lächelnd verschränkt er vorsicht seine kleinere Hand, mit der frisch tätowierten, des Älteren und führt ihre verschlungenen Hände zu seinem Mund. Vorsichtig platziert er einen Kuss auf diese und der Lockenkopf versteht.
Mit wässrigen Augen drückt er den kleineren an sich, lehnt seinen Kopf an der Wand hinter sich an und sieht aus dem Fenster. Er sieht die Weihnachtsdekoration und tut etwas, was er bei diesem Anblick schon lange nicht mehr getan hat. Der Lockenkopf lächelt.
Vielleicht, denkt er sich, vielleicht lerne ich das Fest wieder zu lieben.
Dieses Weihnachten hat er gelernt, dass das Schicksal manchmal komische, meist unverständliche, Wege einschlägt. Doch wenn man diese am Ende betrachtet, ergeben sie Sinn. Alles ergibt Sinn, man muss eben nur warten bis man am Ende einer dieser Wege angekommen ist.
Er ist nicht der Einzige, der etwas gelernt hat, der Junge in seinen Armen hat im selben Moment einen ähnlichen Gedanken. Der Wuschelkopf weiß jetzt, das mit allem schlechten auch etwas gutes passiert. Nur ist Jedem selbst überlassen, auf welches der beiden Dinge er sich fokussieren will.
Der Wuschelkopf hat seinen Blinddarm zwar verloren und keinen schönen Geburtstag gehabt, dafür waren die darauffolgenden zwei Tage umso besser und er hat eine neue Liebe gefunden.
Eine Liebe, die ihn nächstes Jahr ganz vielleicht dazu bringt, als fünfter Weihnachtself ebenfalls Geschenke in dem Krankenhaus zu verteilen, in dem sie sich kennenlernten.
<3 Keimling18
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