13. Dezember: Der mordsmäßige Engel

Da da da da da... Überraschung! Heute haben wir einen One Shot vom lieben Kolibri- ich meine bunterkolibri :3 (Ob ich dich so introduced habe wie letztes Jahr? Maybe :P) Du weißt bereits, wie dankbar ich dir dafür bin, dass du dieses Jahr wieder dabei bist. Auch wenn es sehr unwahrscheinlich ist; falls jemand von euch sie nicht kennen solltet, ist es eine Pflicht, bei ihr vorbei zu schauen. Sie hat außerdem ein richtiges Buch (ja, mit Seiten aus Papier und so) veröffentlicht, welches sicher in deinem Bücherregal fehlt, wenn du es noch nicht hast :-) So, genug geredet. Ich danke dir vielmals <3 

xx Michelle 

Wörteranzahl: 3142


Langweiliger als die Skatrunde mit meinen Großeltern! Genau so lässt sich der heutige Tag beschreiben. Wo zum Piepmatz bleiben die Aufträge? Ich bin jung, gutaussehend, attraktiv und gebildet! Die Leute sollten mir die Bude einrennen. Aber wenn das so weitergeht, zersplittert mein Traum von der Rente mit 30 wie ein Eiswürfel im Mixer.

Daran kann auch Justin Bieber nichts ändern, der im Radio über seinen ›Mistletoe‹ trällert. »Ja ja, du mit deiner Bude in Beverly Hills könntest ruhig mal ein paar Kröten rüberwachsen lassen«, nuschle ich zu mir selbst und schiele zur Uhrzeit auf meiner Armbanduhr. Zeit fürs Mittagessen. Mit einem Blick nach draußen überlege ich, ob ich mich in die Innenstadt wage oder doch lieber beim Pizzaservice meines Vertrauens bestelle. Die graue Suppe vor meinem Bürofenster kann ich jedoch nicht wirklich als gutes Wetter bezeichnen - nein, das ist norddeutsches Schietwetter, wie es im Buche steht. Also wird es heute ein Stück Hefeteig mit fettigem Belag geben. Ich seufze, greife zum Hörer meines Festnetztelefons und wähle die Kurzwahltaste mit der Nummer 1.

Dissonant wie eine verstimmte Gitarre brumme ich zur Weihnachtsschnulze, während ich mir meine Tasse von meiner Kaffeemaschine auf der Kommode hinter mir befüllen lasse. Ich liebe dieses Zeug! Hätte ich nur diese aromatisch duftenden Bohnen erfunden. Dann wäre ich jetzt reich. Allerdings auch schon tot.

Mit dem heißen Gesöff in meiner Hand lehne ich mich im Chefsessel nach hinten und lege die Füße auf den Schreibtisch. Ich greife zur Computermaus, die neben der trostlosen Adventskerze liegt, um überflüssigerweise meinen Terminkalender für die nächsten Wochen zu überprüfen. Doch wie erwartet, entdecke ich in den grauweißen Spalten nichts als gähnende Leere. Warum will denn niemand mit mir arbeiten? Wenn das so weitergeht, muss ich mir doch einen anderen Job suchen. Ich nippe am Kaffee, ehe ich meine Optionen durchgehe. Arzt? Mit dem richtigen Ansprechpartner bekomme ich auf jeden Fall die nötigen Papiere und das Gehalt würde auch stimmen. Nur die Arbeitszeiten entsprechen nicht meinen Vorstellungen. Vielleicht einfacher Verkäufer? Am Wochenende bis Mitternacht schuften für wenig Geld ist allerdings auch nicht mein Ding. Gärtner? Nope, bei Regen draußen malochen – nicht mit mir.

Ding dong. Ich schrecke zusammen und stelle fix meinen Kaffee ab. Habe ich tatsächlich so lange über meine Zukunft nachgedacht? Egal, was soll's. Jetzt gibt es erst einmal etwas für den Magen. Summend erhebe ich mich aus dem Bürostuhl, bevor ich über den Flur hinüber zum Eingang schlurfe und schwungvoll die Tür öffne.

Blinzelnd betrachte ich den Gast, der mir für eine Sekunde die Luft zum Atmen raubt. Nein, das ist nicht mein Pizzabote. Auch kein nerviger Kunde. Und erst recht niemand, den ich verscheuchen will. Ich muss die Tür meines Büros mit der Himmelspforte verwechselt haben, denn vor mir steht ein Engel. Eine wahre Schönheit in etwa in meinem Alter mit braunen, wuscheligen Haaren, zierlicher Figur und blauen Augen, dessen Iriden in den schönsten Nuancen des Ozeans erstrahlen. Von jetzt auf gleich beschleunigt sich mein Puls auf eine ungesunde Geschwindigkeit.

»Harry Styles. So trifft man sich wieder, mein Lieber«, sagt er mit zuckersüßer Stimme und schiebt sich, ohne auf eine Antwort meinerseits zu warten, an mir vorbei. Ich schlucke, entscheide mich aber vorerst zu schweigen, während ich die Tür schließe. Wir kennen uns? Das bezweifle ich. So einen wunderschönen Mann hätte ich niemals vergessen können.

Er betrachtet meine Büroeinrichtung, die billigen Ikea-Möbel, die gestohlenen Gemälde, die gefälschten Urkunden. »So so, sehr beeindruckend«, kommentiert er, weshalb ich mich rasch räuspere. »Was kann ich für Sie ... dich tun?« Wenn wir uns schon einmal gesehen haben, wird duzen wohl nicht verkehrt sein, außerdem ist es besser, wenn ich ihn ablenke, damit er nicht doch noch stutzig wird.

Mit einem grinsenden Gesichtsausdruck dreht er sich zu mir und ehe ich mich versehe, legt er mir den rechten Zeigefinger auf die Brust, um damit über meinen Oberkörper zu gleiten. Erst knapp über meinem Gürtel stoppt er. »Du erkennst mich nicht, habe ich recht?« Ich kann darüber nicht nachdenken. Seine Berührung befördert mich in eine andere Welt. Jedes einzelne Härchen auf meiner Haut stellt sich auf, als wären sie die Knospen junger Pflanzen, die sich dem warmen Sonnenlicht entgegenstrecken. Und diese Augen. Junge, diese Augen sind unglaublich.

Er lächelt, während er sich auf die Zehenspitzen stellt, um mir einen hauchzarten Kuss auf die Wange zu geben. Ich muss träumen. Ich muss einfach träumen, anders kann ich mir diese Szene nicht erklären. Oder habe ich doch den Kaffee erfunden und bin tot?

»Ich helfe dir gerne auf die Sprünge, Harry.« Wie er meinen Namen ausspricht. Ich bin vollkommen verzaubert. »Erinnerst du dich an damals? An unsere Schulzeit? An den Jungen mit der Akne, der keine Freunde hatte und immer alleine sein Pausenbrot auf dem Schulklo gegessen hat?«

Damals ... Schule ... und dieser Junge. Da war was. Und der Ton, den er gerade gewählt hat, lässt nicht vermuten, dass wir Freunde waren. Mit einem tiefen Atemzug reiße ich mich zusammen und räuspere mich. »L ... L ... Ja. Ja, ich erinnere mich.«

»Hmm, L ist schon ganz richtig. Louis Tomlinson ist mein Name.« Louis Tomlinson! Natürlich! Der Typ mit der hässlichen Kinderbrille. Oh, verdammt. Wir waren wirklich keine Freunde, aber ich habe ihm auch nie etwas getan. Dennoch sollte ich vorsichtig sein, nicht dass er sich in irgendeiner Weise rächen will. Auch wenn es da eigentlich nichts gibt, wofür er sich rächen müsste.

Lächelnd legt er mir seine Hand auf die Brust, die andere in meinen Nacken. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass du mein richtiger Ansprechpartner wärst. Ich würde mich freuen, wenn«, er kommt näher, sodass seine Lippen nur noch wenige Millimeter von meinen entfernt sind, »du mir einen Gefallen tun würdest.«

»Und w-was?« Meine Worte sind nur ein Hauchen, aber zu mehr bin ich in dieser Position nicht fähig. Sein verlockendes Aftershave tänzelt mir um die Nase und sein Mund streift federleicht meinen. Fuck, wenn er so weitermacht, wird es gleich eng in meiner Hose.

»Sagen wir es so: Mein Mann muss aus dem Weg geräumt werden.« Er sagt es, als wäre es nichts Besonderes, sondern etwas Alltägliches. Beinahe klingt es so, als würde er mich fragen, ob ich ihm lediglich beim Umzug helfe. Doch ich bin mir ziemlich sicher, dass ich verstehe, was er gemeint hat. Dennoch will ich auf Nummer sicher gehen. »Aus dem Weg räumen?«

»Ja«, flüstert er. »Wegen unseres Ehevertrages bekomme ich nur mein Geld, wenn er stirbt. Bei einer normalen Trennung stehe ich mit leeren Händen da. Das wäre absolut unfair nach all den Strapazen, die mein junges Herz erleiden musste.«

Mord. Er will ihn tatsächlich umbringen. Eiskalt berechneter Mord. Ich schlucke. Das würde man doch nur machen, wenn ein ordentliches Sümmchen dabei herausspringt, oder? Für ein paar hundert Kröten geht man doch nicht dieses Risiko ein. Und wenn ich ihm helfe, kann ich mit ihm verhandeln, sodass ein guter Anteil für mich dabei abfällt. Mein Traum von der Rente mit 30 wäre doch noch nicht verloren. Ich könnte die Welt entdecken, andere für mich arbeiten lassen, den ganzen lieben Tag in der Sonne fläzen und es mir gut gehen lassen. Endlich könnte ich mir den vergoldeten Sportwagen leisten, ein Haus direkt am Meer kaufen und mit einer Yacht über die Meere der Erde schippern. Was für eine Vorstellung von Träumchen! Ich könnte ...

Ding dong. Vor Schreck zucke ich zusammen, erwache aus meiner Tagträumerei und schiele zur Bürotür. Das muss die verdammte Pizza sein. Beschissenes Timing. »Warte kurz«, murmle ich, ehe ich mich aus seinen Armen befreie, um dem Boten das Essen abzunehmen. Er verdreht zwar die Augen, beschwert sich aber nicht.

Als ich den Lieferanten bezahlt habe, werfe ich sowohl die Pizza als auch mein Portemonnaie achtlos auf die Kommode, um mich wieder Louis zu widmen. »Wo waren wir stehen geblieben?« Als er merkt, dass meine Aufmerksamkeit wieder ihm gehört, knipst er augenblicklich sein Lächeln an. »Wir waren dabei, einen Deal abzuschließen«, säuselt er, während er näherkommt. Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, nicke ich vorsichtig. »Was hätte ich denn davon?«, frage ich, um wenigstens ein bisschen Professionalität an den Tag zu legen.

Genau wie vorhin auch hebt er seine Hände, um mit ihnen über meinen Oberkörper zu streicheln. Sofort stockt meine Atmung, Hitze steigt mir ins Gesicht, während ich seine offensichtlich geübten Finger beobachte, wie sie beginnen, die Knöpfe meines Hemdes zu öffnen. »Ich«, wispert er und streckt sich meinem Gesicht entgegen, »bezahle sehr gut.« Kaum haben die Worte seinen Mund verlassen, presst er ebendiesen auf meinen. Okay, das ist genug. Ich bin überzeugt.

Seine Lippen schmecken so süß wie zuckrige Schokoladenglasur, die Berührungen seiner Hände sind wie Magie auf meiner Haut und sein verführerischer Duft umschmeichelt meine Geruchsknospen. Seufzend nehme ich den Kuss an. Meine Arme schlinge ich sofort um ihn, damit er nicht doch einen Schritt zurückweicht. Doch im Gegenteil. Ich spüre, wie sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln verziehen, während er mich mitzieht, bis er mit seinem Po gegen die Kante meines Schreibtisches stößt. Dank meiner miserablen Auftragslage verziert keinerlei Papierkram die Platte, sodass ich ihn ohne Umwege hochhebe, damit er darauf Platz nehmen kann. Das scheint ihm zu gefallen, denn postwendend wickelt er seine Beine um meine Hüfte und zieht mich so ruckartig zu sich, dass wir beide laut stöhnen, als unsere Körper gegeneinanderstoßen. Fuck, dieser Engel muss geradewegs aus der Hölle kommen.


Natürlich kann ich ihm seinen Wunsch nicht abschlagen. Auch wenn sich ein winziges Fünkchen Verstand weigert, so wickelt er mich gekonnt um den kleinen Finger und nutzt seine Reize schamlos aus. Ich bin halt auch nur ein Mensch mit Bedürfnissen und Gefühlen.

Louis weiß genau, was er will. Er hat seinen Plan bis ins letzte Detail ausgearbeitet, für jede noch so kleine Herausforderung eine Lösung ausgetüftelt. Nach ein paar befriedigenden Minuten weiht er mich mit einem Stück Pizza in der Hand in seine Visionen ein.

Tag für Tag gehen wir den geplanten Ablauf durch, treffen uns, um zu üben. Und um Sex zu haben. Genau deswegen tue ich mich schwer. Wie in Gottes Namen soll ich mich in seiner Gegenwart konzentrieren? Wenn er mit seinem knackigen Hintern vor meiner Nase herumtanzt und Anweisungen gibt? Ich habe eine Schwäche für Dominanz.

Es soll der perfekte Mord werden. Risikolos, sicher, ohne Spuren. Doch da meine Gedanken immer wieder andere Dinge mit Louis anstellen, bringe ich ihn mehr als nur einmal in Rage. Und verdammt! Wütend ist er einfach noch hinreißender, weshalb ich nicht länger an mich halten kann und wir gemeinsam im Bett landen. Erst danach bin ich zu logischem Denken fähig.

Von mir aus hätte es ewig so weitergehen können, nur leider haben wir einen Deal. Der Tag, an dem ich einen Menschen abknalle, ist gekommen. Das ist der Preis für all die teuflisch, himmlischen Stunden.

Es ist der vierte Advent, als wir uns ins Anwesen seines Noch-Ehemannes schleichen. Meine verschwitzte Hand ruht dabei immer auf der Pistole in der Gesäßtasche meiner Jeans. Die Villa ist riesig, überall stehen Statuen aus Marmor und vergoldete Vasen. Klassische Musik klingt leise durch die Räume, obwohl weit und breit keine Person zu sehen ist. In der Luft liegt ein Duftgemisch aus Weihnachtsgebäck und beißendem Putzmittel. Wahrscheinlich wurden die glänzenden Böden erst kürzlich gewienert.

»Ich schätze, er ist im Kaminzimmer. Da verbringt er meistens seine Abende mit einem guten Scotch.« Nickend folge ich dem hübschen Mann, der mich in den letzten Wochen so einige Male um den Verstand gebracht hat. Doch heute wird es einen ganz anderen Höhepunkt geben.

Mein Puls wummert in meinen Ohren, als wir den benannten Raum betreten und ich den gehassten Kerl endlich mal zu Gesicht bekomme. Ein eigentlich attraktiver Typ mit braunen Haaren, dessen Klamotten nur mal eine Wäsche nötig hätten. Das Zimmer ist rustikal eingerichtet. Viel Holz, viel Rot. Die vier Kerzen des Adventskranzes leuchten und vermitteln dabei etwas Heimeliges. Ein Weihnachtsbaum, geschmückt mit Lametta, Kugeln und Lichtern, steht in der Ecke. Unser Zielobjekt lümmelt währenddessen in einem riesigen Ohrensessel und blättert in einem Magazin. Als er uns bemerkt, blickt er auf und hebt überrascht die Brauen. »Oh, Darling. Wen hast du denn da mitgebracht?«, säuselt er so künstlich, dass selbst mir als Fremder auffällt, dass die Freundlichkeit nur gespielt ist.

Mit einer ausladenden Handbewegung deutet Louis auf mich, sieht aber weiterhin seinen Ehemann an. »Das, mein lieber Antonio, ist dein kostenloses Ticket ins Grab.« Wow, danke für diese Bezeichnung. Ich verkneife mir ein Augenrollen und zücke stattdessen die Waffe, um sie auf unser Opfer zu richten. Ein spöttisches Lachen erklingt von ... wie hieß er noch gleich? Anton? Antonio? Toni? Ist auch scheißegal. Hauptsache wir können schnell wieder verschwinden, ich bekomme mein Geld und gerne lebenslangen Sex mit Louis.

»Ich denke nicht, dass es mein Ticket ist, Schätzchen«, erwidert der, dessen Namen ich vergessen habe. Von Angst weit und breit keine Spur, kein Zittern in der Stimme, lediglich Selbstsicherheit und Arroganz.

»Glaub es oder glaub es nicht. Gleich hängst du tot über der Sofalehne und ich kann endlich das Leben genießen, das ich verdient habe. Ein Leben ohne dich, aber mit deinem Geld.« Louis grinst, während er mit den Fingern über die vergoldeten Griffe der antiken Anrichte fährt. Währenddessen ist mir, als würde ein dicker Fisch in meinem Magen wie am trockenen Land um sein Leben zappeln.

»Ach, Louis. Naiv wie eh und je. Nicht alles ist immer so, wie es scheint, das solltest du doch langsam gelernt haben. Denkst du wirklich, ich habe nicht kapiert, dass du mich verlassen willst? Noch dazu mit meinem Geld. Ts, ts, ts. Wenn du jetzt deine Sache packst und verschwindest, bekommst du zwar keinen Cent, aber ich lasse dich leben. Anderenfalls ist heute dein letzter Tag auf dieser Erde.« Er dreht den Spieß also um. Ein schallendes Lachen folgt seinen Worten, worauf Louis für einen Moment die Augenbrauen zusammenzieht. Doch schnell fängt er sich wieder. Wir sind zu zweit, ich bin bewaffnet und sein Noch-Mann scheint nicht so, als hätte er eine Knarre oder Ähnliches bei sich. Louis wiegt sich auf der sicheren Seite.

»Ich denke gar nicht erst dran. Wir zögern nicht, dir die Kugel zu geben. Nur vorher musst du mir noch den Code vom Safe im Arbeitszimmer geben.«

»Warum sollte ich ihn dir geben, wenn du so oder so vorhast, mich zu töten?« Berechtigte Frage. Ich hoffe, auch dafür hat Louis eine Antwort parat. Mit seinem zuckersüßen Lächeln, das auch mich schon das ein oder andere Mal bezirzt hat, neigt er seinen Kopf. »Wenn du kooperierst, darfst du einen schnellen, für dich schmerzlosen Tod durch einen Kopfschuss sterben. Wenn nicht, schießen wir dir nur ins Bein und foltern dich so lange, bis du mit der Sprache rausrückst, Antonio.«

Antonio. Stimmt, das ist sein Name. Antonio grinst, zuckt mit den Achseln und wedelt mit seiner freien Hand Richtung Tür. »Pack deine Sachen und verschwinde. Auf diese Kinderkacke habe ich keinen Bock.«

»Ist das dein letztes Wort?«

»Mein allerletztes.«

Louis schnauft und schaut dann zu mir. Nickend hebe ich den Arm, richte die Pistole auf den Kerl, der heute den letzten Tag seines Daseins erlebt hat. Antonio schüttelt langsam den Kopf, dann lächelt er schelmisch und zeigt dabei auf mich, als wäre ich ein belangloser Gegenstand. »Hast du deinen Killer eigentlich gut geprüft?« Louis greift zur Scotchflasche, die auf dem kleinen Beistelltisch steht, ehe er genüsslich einen Schluck daraus nimmt. Er wirkt kühl und überlegen. »Natürlich habe ich das.« Mit einem weiteren Kopfnicken weist er mich an, den Abzug endlich durchzuziehen.

Doch ich bleibe regungslos stehen.

Antonio schmunzelt und schlürft ebenfalls weiter aus seinem Glas. »Anscheinend war deine Prüfung nicht gründlich genug.«

Das ist mein Stichwort. Ich drehe mich und richte die Pistole auf Louis. Er erstarrt in seiner Bewegung, während er die Augen aufreißt. Panisch huscht sein Blick über mich und die Waffe. »Was? A-aber ... Aber ...«

Ich schlucke, ehe ich ihm eine Antwort geben kann. »Es tut mir leid. Er hat es herausgefunden und zahlt mehr.«

Louis schüttelt fassungslos den Kopf. »Was? W-wie?«

»Dein Handy. Er hat dich abgehört. Aber das ist doch jetzt egal. Ich will es endlich hinter mir haben! Also Fresse halten jetzt!« Wie in Zeitlupe atme ich ein letztes Mal tief durch. Antonio lächelt siegessicher, Louis schluckt.

Dann der Knall, der meine Ohren zum Klingeln bringt.

Ungläubig sieht Louis an sich herunter, mustert den Blutfleck, der sich auf seinem Oberkörper ausbreitet. Er taumelt einen Schritt zur Seite, stolpert gegen den Beistelltisch, woraufhin die Scotchflasche klirrend zu Boden fällt und sich der sündhafte teure Alkohol in das Parkett frisst. Er macht noch einen Schritt nach hinten, einen nach vorne. Dann ist es vorbei. Rücklings fällt er auf den Boden.

Ich senke den Arm mit der Waffe, schlucke beim Anblick meines Geliebten, der nun tot vor mir liegt und nehme dennoch wahr, dass man hinter mir den Atem anhält.

Erst ein Klatschen, dann viele weitere. Ich bekomme Applaus für meine Tat.

***

Liam, der eben noch Antonio hieß, hebt sein Glas. »Na, das nenn ich mal eine coole Aktion für unser Klassentreffen. Auf uns! Nich' lang schnacken, Kopp in Nacken!«, ruft er über den Tisch, woraufhin die gesamte Meute ihre Gläser ext.

Da wir kurz vor Heiligabend haben, haben wir das Klassentreffen unserer Grundschulklasse direkt zu einer Weihnachtsfeier erklärt. Anstelle von lästigem Schrottwichteln haben wir uns jedoch dazu entschieden, in kleinen Gruppen kurze Theaterstücke oder Sketche vorzuführen. Das ist mal etwas anderes und soweit ich es richtig einschätze, hat es auch allen Spaß gemacht.

Grinsend beuge ich mich nach links und lege meinem Freund einen Arm um die Schulter, um ihn zu mir zu ziehen. »Es tut mir immer noch leid, dass ich dich erschossen habe, Baby«, lalle ich möglichst leise, drücke ihm dann einen Kuss auf die Schläfe. »Ja ja, das hat dir doch gefallen«, erwidert er, doch ich höre das Grinsen heraus.

Lächelnd küsse ich mich bis zu seinem Ohr, um die nächsten Worte nur zu hauchen. »Ich liebe dich, Lou.« Sofort knufft er mir in die Seite und kichert. »Erst umbringen und dann wieder so. Du kannst von Glück reden, dass wir das Fest der Liebe haben und ich dich auch liebe«, erwidert er, bevor er seinen Kopf an meine Schulter legt.

»Leute, nicht kuscheln. Heute wird gefeiert!«, brummt Liam, ehe er eine weitere Runde Glühwein bestellt. »Hey, ich schwitze immer noch vom Lampenfieber und wurde dann auch noch umgebracht. Lass mir ein paar Minuten Zuneigung«, sagt Louis mit einer Schmollschnute, für die ich ihn schon wieder knutschen könnte.

»Aber es hat sich doch gelohnt und Lampenfieber gehört dazu. Also ... Ich habe Hunger. Wer kommt mit zum Buffet?«

»Ich!« Das lässt Niall sich nicht zweimal sagen. Gemeinsam mit Liam springt er auf, um sich mit den deftigen Speisen den Bauch vollzuschlagen. Kopfschüttelnd sehen wir den beiden hinterher. Erst als sie hinter einem breiten Pfeiler verschwinden, drehe ich mich wieder zu Louis. Ich gebe einen überraschten Laut von mir, als er mir plötzlich die Hände an die Wangen legt und mich in einen hitzigen Kuss verwickelt. Oh ja, genau so sollte das Fest der Liebe sein.


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