21. Dezember - The Power Of Love

Heute am 21. Dezember haben wir einen tollen OS von der lieben Drachenreiter80 (:
er hat 4539 Wörter und wird euch sehr wahrscheinlich sehr gut gefallen :3
Lasst ihr doch ein paar nette Kommentare da und auch ein drücken auf den Follow Button, wenn ihr möchtet.

Ich bedanke mich vielmals bei dir für diesen wundervollen OS, ich kann das gar nicht in Worte fassen. Auch für deine liebevollen Kommentare immer. Vielen vielen Dank ❤️ Ich hoffe, es ist jetzt der richtige 😅

So, lange genug gelabert; ich wünsche euch sehr viel Spaß xx

Harry konnte es nicht fassen! Das neue Schuljahr hatte so gut angefangen. Die Jungs aus dem Jahrgang über seinem, die ihn im letzten Jahr immer geärgert, nein, fast schon gemobbt hatten, waren in der ersten Schulwoche nirgendwo zu sehen gewesen.

Gerüchten zu Folge waren Zayn und Louis von der Schule geflogen. Warum wusste niemand so genau. Harry konnte sich aber vorstellen, dass die beiden einiges angestellt hatten, was einen Schulverweis nach sich gezogen haben könnte. Harry war froh, sie nicht mehr dauernd um sich zu haben, schließlich hatten sie ihn auch schon nach Unterrichtsende im Besenschrank zum Übernachten eingesperrt oder ihm eine Flasche Wasser über ihm ausgeschüttet, morgens, im Winter, kurz vor Unterrichtsbeginn.

Er war als ihr Opfer auserkoren worden, weil er sang. Er sang in einem Knabenchor. Mit 14. Nicht grade cool, aber er machte das schon seit der Grundschule und eigentlich auch mit Begeisterung. Nur diese beiden Affen vermiesten ihm den Spaß daran.

Er war von seinem Chorleiter geachtet, bekam sogar hin und wieder ein Solo. Auch die Lehrer in der Schule liebten ihn. Er war Everybodies Darling. Ein Einserschüler, der sein Wissen auch gerne weitergab.

Doch heute, am Mittwoch der zweiten Schulwoche, konnte der Kleine mit den schokobraunen Locken und den grünen Augen nur mit entsetztem Gesichtsausdruck in seiner Schulbank sitzen und den Kopf schwer auf seinen angewinkelten Arm abstützen.

Grade hatte sein Klassenlehrer zwei neue Mitschüler vorgestellt: Louis Tomlinson und seinen Best Buddy, Zayn Malik. Das durfte doch nicht wahr sein! Wie war so etwas möglich?! Gab es nicht genügend andere Klassen in seinem Jahrgang? Andere Schulen? In anderen Städten? Alles wäre ihm lieber gewesen als das!

Und dann ließ sein Lehrer eine noch viel größere Bombe platzen. Als Klassenbeste sollten Harry und sein Mitschüler Liam, ebenfalls Einserkandidat, dazu noch Sportskanone und künstlerisch begabt, im ersten Halbjahr Louis und Zayn in den Hauptfächern unterstützen. Für den 14-Jährigen ging die Welt unter. Louis und er. Ein halbes Jahr unzertrennlich.

Die Lehrer hatten nie etwas von den Schikanen mitbekommen. Die beiden Älteren waren erstaunlicherweise nie blöd genug gewesen, sich erwischen oder handfeste Beweise zurück zu lassen. Nein, dumm waren sie nicht. Nur stinkfaul und desinteressiert. Das konnte ja heiter werden.

Frustriert verließ Harry am Ende des Schultages, nach etlichen erfolglosen Diskussionen mit seinem Lehrer, das Schulgebäude. Er wollte das alles erst mal hinter sich lassen und dem Tag noch etwas Positives abgewinnen.

Also streckte er erst mal das Gesicht blinzelnd in die Spätsommersonne, setzte sich möglichst cool seine Sonnenbrille auf und machte sich auf den Weg zum Raum unter der alten Kirche, in dem immer die Chorproben des Knabenchores stattfanden.

Er konnte es nicht greifen, aber irgendwas machte ihn auf seinem Weg nervös. Etwas passte heute nicht ins gewohnte Bild. Er fühlte sich immer wieder beobachtet, konnte aber nichts Ungewöhnliches ausmachen.

Seine Laune war demnach nicht die beste als er bei seinen Sangeskollegen ankam. Er seufzte erst mal schwer.
„Was ist los?", fragte ihn daraufhin sein guter Freund Niall, ebenfalls 14 und vor zwei Jahren von einem verschlafenen Nest in Irland in ein noch verschlafeneres Nest in Mittelengland gezogen. Harry mochte den blondgefärbten Iren, er war immer gut aufgelegt - und immer hungrig. Das waren schon zwei Gemeinsamkeiten, die die beiden teilten. Und er konnte gut zuhören.
„Ach, ich weiß auch nicht. Ich komme mir heute beobachtet vor", meinte der Lockenkopf Schulter zuckend.
„Ich weiß ja auch nicht," äffte Niall Harry nach, blickte über dessen Schulter und fing an schief zu grinsen, „aber vielleicht liegt es an dem neuen Typ mit den blauen Augen. Sein Blick klebt an dir als wolle er dich gleich auffressen. Fast ein bisschen creepy."
„Was?! Wo?" Vor lauter Schreck quietschte Harry mädchenhaft auf, während er sich umdrehte. Tatsächlich! An der gegenüberliegenden Wand, in der Nähe der Tür stand niemand Geringeres als Louis und sah schon fast unschuldig lächelnd zu Harry hinüber und winkte.

Seine etwas zu kurzen, hellbraunen Haare standen verstrubbelt in alle Richtungen ab, die Krawatte seiner Schuluniform hing ihm lose um den Hals und unter seinem halb offenen Hemd blitzte ein Band-Shirt von „The Script" hervor. Irgendwie erinnerte das Harry kurz an Peter Pan. Spitzbübisch und verwegen zugleich.

„Hat man heute denn nirgendwo seine Ruhe vor dem?"
„Du kennst ihn?", fragte der Ire mit großen Augen.
„Ja, leider. Das, mein Lieber, ist mein persönlicher, Fleisch gewordener Albtraum."
„Das?", gab Niall ungläubig von sich. Schließlich kannte er alle von Harrys Erzählungen. Er war der einzige, den Harry je eingeweiht hatte.
„Ja, das ist Louis, wie er leibt und lebt", antwortete Harry trocken, „mach den Mund wieder zu, sonst zieht's."
„Der soll all die Sachen gemacht haben? Das traut man dem gar nicht zu!", runzelte Niall die Stirn. „Und außerdem, was macht der hier?"
„Wenn ich das nur wüsste...", murmelte der Grünäugige grade als der Chorleiter, Mr Jefferson den Raum betrat, schwungvoll die Notensätze austeilte und im Zuge dessen Louis als den Neuen vorstellte.
„Darf ich vorstellen: Louis Tomlinson, 16. Er geht mit einigen von euch in die Schule. Behandelt ihn freundlich, er ist nicht ganz freiwillig hier." Ein breites Lächeln huschte über das Gesicht des Chorleiters, Louis Mimik verzog sich zu einer Grimasse. „Louis, willst du selbst? Oder soll ich?"
„Sie dürfen", grummelte der Schüler und sank tiefer in den Stuhl, auf dem er mittlerweile Platz genommen hatte.

„Unser guter Louis hier hat sich in den Sommerferien nicht sonderlich mit Ruhm bekleckert. Nachdem er das letzte Schuljahr nicht positiv abgeschlossen hat, hat er beschlossen, zusammen mit seinem Kumpel Zayn, das Schulgebäude etwas, nennen wir es mal, dauerhaft umzudekorieren. Dumm nur, dass die beiden erwischt wurden.
Wie ihr wisst, ist der Schuldirektor mein Bruder und - zum Vorteil von Louis - sehr human, was Strafen angeht. Er hat Louis vor die Wahl gestellt. Entweder Schulverweis und Anzeige oder Klasse wiederholen, Noten drastisch verbessern und - sozusagen als Resozialisierungsprojekt, hier in unserem netten Chor das anstehende Weihnachtskonzert mitgestalten. Zayn hat andere Talente, der muss seine Strafe anderweitig abbrummen."

„Jetzt wissen wir, woher der Wind weht.", murmelte Niall überflüssigerweise in Harrys Richtung. Dieser saß mit verschränkten Armen tief in seinen Stuhl gelehnt und musterte erneut den in sich zusammen gesunkenen Strubbelkopf, dessen Augen nun gar nicht mehr spitzbübisch leuchteten. Glück und Stolz sahen anders aus.

Harry wusste nicht so ganz, was er von dieser Entwicklung halten sollte. Auf der einen Seite fand er es mutig von Louis, zu seinem Fehler zu stehen und ihn auszubaden. Aber was hatte er schon für eine Wahl? Mit 16 vorbestraft, ohne Schulabschluss. Dafür war selbst dieser Rambo zu intelligent.
Auf der anderen Seite freute sich Harry, dass sein Peiniger endlich auch mal sein Fett abbekommen würde und er sogar den Ausgang dieser Rehabilitation beeinflussen konnte. In ihm reifte spontan eine Idee... mit einem siegessicheren Grinsen wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Mr Jefferson und der beginnenden Chorprobe zu.

***

„Also Louis, wo sollen wir starten?" Äußerlich ruhig fügte sich Harry seinem Schicksal als Tutor. „Wo brauchst du Hilfe?"
„Keine Ahnung. Sag du", antwortete der Strubbelkopf lustlos auf seinem Kaugummi kauend. Harry konnte nur die Augen verdrehen.
„Mann! Sei ja nicht so anstrengend! Für mich ist das wahrscheinlich mehr Strafe als für dich. Schließlich muss ich meine freie Zeit ausgerechnet mit dir verbringen."
„Ich hätte auch besseres zu tun!", schoss Louis zurück.
„Ach ja? Was denn? Leute, die in der Mittagspause kurz schlafen an den Tisch fesseln damit sie zu spät zum Unterricht kommen? Hänseln? Sachen zerstören? Vielleicht sogar kiffen?", keifte Harry gereizt. So viel zum Thema „nach außen hin ruhig".
„Ok. Ok." Louis hob abwehrend die Hände. „Mach mal halblang, Harold! Was willst du von mir hören? Dass ich mich dir gegenüber Scheiße verhalten habe? Kannst du haben. Ich hab mich Scheiße verhalten. Zufrieden?" Theatralisch machte er eine tiefe Verbeugung.
„Spar' dir den Mist. Von so einer Entschuldigung kann ich mir auch nichts kaufen. Und nenn' mich nicht Harold. Ich heiße Harry", gab Harry patzig zurück. Er wollte es sich nicht anmerken lassen, aber er hasste er, so von Louis behandelt zu werden. Ihm stiegen beinahe schon Tränen in die Augen. Was hatte er ihm nur getan, dass er nicht normal mit ihm umgehen konnte?

Er atmete einmal tief durch und straffte die Schultern. „Ok. Dann also mein Lieblingsfach, Mathe", entschied der Jüngere.
„War ja klar", jetzt war es an Louis, die Augen zu verdrehen.
„Vorsicht!" Harry wedelte mit dem ausgestreckten Zeigefinger und böse funkelndem Blick vor Louis' Gesicht herum. „Ganz dünnes Eis!", warnte er.
Doch der Ältere konnte es nicht lassen, seinen Tutor zu reizen: „Es ist September. Kein Eis in Sicht. Nicht mal im englischen Norden", grinste er.

Harry kniff die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. Er schäumte. Dadurch wurde das Grinsen des Blauäugigen noch einmal breiter. Es machte einfach immer wieder einen Heidenspaß, den Kleinen zu Weißglut zu treiben. Irgendwie war er dann süß, mit flammend roten Backen und diesem unwiderstehlichen Blick. Louis schüttelte den Kopf. Süß? Unwiderstehlicher Blick? Das hatte er jetzt nicht wirklich gedacht, oder?

Lange konnte er sich darüber keine Gedanken machen, denn schon hatte Harry ihm einen Klaps mit seinem Block verpasst. Mitten auf den Hinterkopf.
„Los jetzt, bevor ich es mir anders überlege!"
„Alles gut, Harold."
„Looouuuuiiiissss!"

***
Die Zeit bis Dezember verflog rasend schnell. In der Schule waren die ersten Prüfungen für Louis und für Harry gut gelaufen. Alle Lieder für das Konzert waren eingesungen, die Soli vergeben, die Choreographien waren einstudiert. Die beiden Jungen hatten in den letzten Wochen schon beinahe so etwas wie einen Draht zu einander entwickelt, auch wenn keiner der beiden es zugeben wollte.

Harry musste sich eingestehen, dass Louis eine einzigartige Stimme und eine schnelle musikalische Auffassungsgabe hatte. Das würde er ihm aber niemals laut zugestehen. Nie. Denn eigentlich wollte er ihn immer noch nicht ganz leiden. Das redete er sich zumindest standhaft ein. Es genügte schon, dass Mr Jefferson von dem Jungen so begeistert war.

Auch Louis konnte nicht sehr gut verbergen, dass er Harry von Tag zu Tag mehr mochte und ihm das ganze Gesinge anfing Spaß zu machen. Doch auch er würde das freiwillig nie kundtun. Er war immer noch ein bisschen neidisch auf Zayn, der es geschafft hatte, sich erfolgreich vor der Peinlichkeit zu drücken, mit diesen „singenden Zwergen", wie sie den Knabenchor immer heimlich genannt hatten, in ihren schillernd weißen, bodenlangen Kutten auf der Bühne stehen zu müssen.

Zayn konnte etwas, das Louis nicht in die Wiege gelegt gekommen hatte, er war ein richtig kreativer Künstler. So musste der Halb-Pakistani mit Liam das Bühnenbild und die Effekte für das Konzert entwerfen und umsetzen. Das hätte dem Strubbelkopf auch gefallen, doch er hatte für so was einfach zwei linke Hände.

Grade war die Generalrobe fertig und Mr Jefferson nahm Louis zur Seite, um ihn nochmal für sein Engagement im Chor und seine Stimme zu loben. Die meisten der anderen Jungs kümmerten sich nicht um dieses Gespräch, doch Harry bekam es mit und war gar nicht begeistert. Schließlich begann Louis ihm, in seinen Augen, den Rang im Chor abzulaufen. Das konnte er nicht auf sich sitzen lassen. Er würde seinem Lieblingsfeind heute endlich mal eine auswischen. So, wie es Louis so oft bei ihm gemacht hatte.

Nachdem sie die Umhänge für den Auftritt anprobiert und mit ihren Namen versehen wieder in den Schrank gehängt hatten, passte Harry Louis am Ausgang der Katakomben der Kirche ab.
„Na, wie fühlt man sich als oberste Nachtigall und Liebling vom Chorleiter?! Wohl immer noch nicht im Stimmbruch angekommen, dass du so weit raufkommst bei deinen Soloparts. Wie alt bist du nochmal? 16? Armes Baby! Hoffentlich setzt der Stimmbruch nicht genau beim Konzert ein!"

Dem Blauäugigen fiel die Kinnlade runter. Wo kam das denn plötzlich her? Und warum taten diese Worte so weh? Er war so perplex von diesen Worten und seiner eigenen Reaktion darauf, dass er plötzlich gar nicht mehr so schlagfertig war wie sonst. Nach Luft schnappend kniff er die Lippen zusammen, reckte sein Kinn nach oben und drehte sich schwungvoll von Harry weg, um von diesem Ort und der ganzen Situation weg zu kommen.

Dummerweise stand knapp hinter ihm Niall, in den er nun hineinstolperte. Der Ire konnte die Enttäuschung in Louis' Augen deutlich sehen.
„Spar es dir", murmelte der Ältere ihm zu und stürmte davon. Harry und Niall sahen ihm nach.
„Was war das bitte? Musste das sein?", legte der Blonde gleich los.
Harry schluckte, antwortete aber patzig: „Ja! Er soll spüren, wie es sich anfühlt, immer und immer wieder dafür fertig gemacht zu werden, dass man etwas gerne und mit Leidenschaft macht. Das hat er mir oft genug auch angetan!"
„Also Auge um Auge, oder wie? Ich dachte, du magst ihn mittlerweile?", erwiderte Niall irritiert.
„Glaub mir, wir werden niemals so etwas wie Freunde sein", meinte der Lockenkopf ausweichend. „Dafür hat er mich viel zu oft verletzt, ohne sich auch nur einmal ansatzweise ehrlich gemeint zu entschuldigen." Und außerdem irritiert er mich, sobald er nur in meiner Nähe ist, dachte Harry im Stillen.

Eigentlich sollte er sich jetzt ja richtig gut fühlen, wo er es dem Älteren endlich mal heimgezahlt hatte. Aber das tat er nicht. Er fühlte sich niedergeschlagen und konnte seine Gefühle nicht ordnen. Ihm war schwer ums Herz, aber er konnte sich das nicht erklären.

Niall sah ihn mit schräg gelegtem Kopf an und durchbrach die entstandene Stille: „Was ist los?"
„Was soll schon sein?" Harry reagierte schon fast über, er wurde immer patziger. „Alles in bester Ordnung!"
Das glaubte er sich aber selbst nicht. Wen wollte er hier anlügen? Nichts war in Ordnung.

Wie ferngesteuert drehte auch er sich von Niall weg und machte sich auf denselben Weg, den auch Louis zuvor eingeschlagen hatte. Doch Louis war nicht mehr in Reichweite, was Harry gleichermaßen ärgerte wie auch freute. Auf der einen Seite wollte er sei Gewissen beruhigen und auf der anderen fragte er sich, warum er sich entschuldigen sollte, Louis hatte sich ja auch nie bei ihm entschuldigt. Also ging er, statt dem Älteren hinterher zu gehen, nach Hause und verschanzte sich mit all seinen merkwürdigen Gefühlen im Bett.

Niall indessen, der das ganze Spektakel bis zu Harrys Abgang hin live mitbekommen hatte, machte sich so seine eigenen Gedanken. Er kannte mittlerweile auch Louis gut genug, um ihn einschätzen zu können. Er wälzte die Ereignisse der letzten Monate immer wieder durch und egal, wie er es drehte und wendete, er kam immer zu demselben Ergebnis. Die beiden brauchten Hilfe, um zusammen zu finden. Nur wie?

In dem Moment kam grade die Technikcrew, bestehend aus Liam und Zayn, um die Ecke und der Ire wurde aus seinen Gedanken gerissen. Die beiden Neuankömmlinge sahen sich suchend auf dem Hof der alten Kirche um und entdeckten Niall im Schatten des Hintereinganges. Es war mittlerweile richtig finster dort draußen und alle drei zogen fast gleichzeitig die Kragen ihrer Jacken zurecht, weil es durch den aufkommenden Wind ordentlich kalt war.

Als die beiden bei Niall ankamen, begann Zayn das Gespräch: „Ich war hier eigentlich mit Tommo verabredet, aber wenn ich mich nicht komplett irre, habe ich ihn eben weglaufen sehen. Weißt du, wo er hin ist?"
„Ich denke, er wird sich irgendwohin verkrochen haben und seine Wunden lecken", schmunzelte Niall, der es trotz allem doch bemerkenswert fand, dass Harry sich endlich mal gewehrt hatte. Auch, wenn der Schuss seiner Meinung nach ordentlich nach hinten losgegangen war.
„Wunden lecken? Hör auf in Rätseln zu sprechen, Niall."

„Schon gut", Niall hob abwehrend die Hände. „Harry hat es Louis endlich mal mit gleicher Münze heimgezahlt. Das hat Louis nicht wirklich gut weggesteckt. Also ist er geflüchtet."
Auf Liams Gesicht konnte man die Fragezeichen tanzen sehen aber Zayn verstand, was Niall ihm sagen wollte. „Dieser Zwerg! Der kann Morgen was erleben!"
„Wer kann wann was erleben?", fragte Liam verwirrt. „Kann mal jemand aufhören in Rätseln zu sprechen?"

Also weihten Zayn und Niall den unwissenden Jungen in die ganze Geschichte ein. Auch wenn es Zayn etwas peinlich war, das ganze vor seinem neu gewonnenen Freund zu gestehen.
„Ich hab ja schon viel von dir erfahren, Zayn, aber das entsetzt mich jetzt doch etwas. Und ich hab die ganze Zeit nix mitbekommen. Das gibt's doch nicht!"

„Ist doch jetzt egal. Dafür wirst du Morgen live miterleben, wie der kleine Pisser seine nächste Abreibung bekommt. So geht niemand mit Lou um!", zischte der Halb-Pakistani zwischen zusammengepressten Zähnen hindurch.
„Moment! Der „Pisser", wie du ihn so nett nennst, hatte alles Recht der Welt, so mit Louis umzugehen!", schoss Liam direkt zurück. "Und du hättest auch nichts Besseres verdient! Und überhaupt: du wusstest die ganze Zeit Bescheid, Niall, und hast nie was unternommen?"
„Wie denn auch? Ich gehe weder auf eure Schule, noch wusste ich, wer die Übeltäter waren", verteidigte sich der Ire. „Aber diese Diskussion bringt uns jetzt nicht weiter. Das läuft alles in die falsche Richtung."
„Was meinst du?", fragte Liam verdutzt.
„Ihr habt die beiden eben nicht gesehen. Auch auf die Gefahr hin, euch jetzt zu schocken, aber ich denke, die beiden sind in einander verliebt. Nein, ich denke es nicht, ich bin mir sicher."
„Was?! Du spinnst!", quietschte Zayn entsetzt.
„Nun stell dich nicht so an. Oder hast du ein Problem damit, wenn zwei Jungs was für einander empfinden? Das sollte langsam mal in den Köpfen der Menschen ankommen, dass Liebe Liebe ist, egal ob hetero oder nicht. Oder willst du noch mehr in meiner Achtung sinken?", hielt Liam dagegen.
„Hast du Beweise? Wie kommst du darauf, Niall?"

Und so erklärte der Ire seinen Verdacht und seine Schlussfolgerungen. Die Augen seiner Zuhörer wurden immer größer, so aber auch die Einsicht, dass er recht haben könnte.
„Ok. Und nun?", fragte dann erstaunlicherweise Zayn.

Sie beschlossen, Nialls Theorie bis zum Konzert zu überprüfen. Zayn sollte Louis auf den Zahn fühlen und Niall würde Harry aushorchen. Liam war der Joker, der im Notfall auf die harte Tour einschreiten konnte, wenn die beiden Streithähne nicht von allein zur Besinnung kommen würden. Schließlich würden beide ihn nicht in Verdacht haben, irgendetwas merkwürdiges zu planen, da er mit beiden nur bedingt zu tun hatte.

***

Zwei Tage später war es soweit. In wenigen Stunden würde das große Konzert starten. Die Jungen standen bereits in ihren Kutten in der Kirche und gleich würden sie nochmal das gesamte Konzert durchsingen, damit später alles funktionierte. Es war schließlich für einige der Kleineren und auch für den Ältesten, Louis, das erste Konzert. Schon beim Einsingen konnte man sowohl Harry also auch Louis die Anspannung anmerken. Beide Jungen waren furchtbar unkonzentriert und verpassten bei den Liedern ihre Einsätze. Das wiederum machte Mr Jefferson fast wahnsinnig. Er war kurz davor die beiden kurzfristig vom Konzert auszuschließen. Was für eine Katastrophe!

Während einer kurzen Unterbrechung, in der der Chorleiter versuchte, sich wieder einzukriegen und das auch den Jungen geraten hatte, kamen Zayn und Niall auf Mr Jefferson zu und beruhigten ihn.
„Wir bekommen die beiden wieder hin, Mr J."
„Versprochen."
„Wir brauchen nur ein bisschen Zeit. Wir werden jetzt kurz mit Louis und Harry verschwinden und Sie machen einfach mit der Probe weiter."
„Vertrauen Sie uns. Mir wird gleich „schlecht" werden.", Niall setzte Anführungszeichen in die Luft, „schicken sie mich einfach raus, ein Wasser trinken. Ganz wichtig: Sagen sie Harry, er soll mich begleiten."
Mr Jefferson wusste gar nicht, wie ihm geschah: „Ach, macht doch, was ihr wollt! Ich versteh nur Bahnhof."
„Dafür haben wir in den letzten Tagen umso mehr verstanden, Mr J, lassen sie uns nur machen", strahlten Zayn und Niall über beide Ohren. „Zeit für unseren Plan." Sie klatschten sich mit einem langen, komplizierten Handschlag ab und starteten ihre Mission.

Und so ging Zayn noch in der Pause zu Louis und bat ihn, ihm dabei zu helfen, etwas Schweres aus dem Keller zu holen, da er sonst niemanden hätte, der ihm grade helfen könnte. Niall gesellte sich zu Harry, sie redeten noch ein bisschen mit den anderen Jungs. Aber Niall bemerkte, dass der Lockenkopf sich immer wieder umsah als würde er etwas suchen.

„Was suchst du?"
„Ich? Nichts, nichts!", antwortete Harry ertappt, worauf Niall nur wissend lächelte und nickte: „Ok."
„Aufstellung! Wir machen weiter!", schallte da die Stimme des Chorleiters durch das Kirchenschiff und die Jungen nahmen wieder ihre Plätze ein.
„Wo steckt bloß Louis?"
„Keine Ahnung. Der taucht schon wieder auf. Machst du dir plötzlich doch Gedanken um ihn?", schmunzelte der Ire.
„Nein!", Harry riss die Augen auf. „Nein, wäre ja noch schöner."
„Alles gut, ich hätte keine Probleme damit, falls du davor Angst hast."
Harry sah Niall mit großen Augen von der Seite her an, schwieg aber und wendete seine Aufmerksamkeit dann Mr Jefferson zu, der den Probelauf wieder startete.

Keine zwei Minuten später krümmte Niall sich vor Schmerzen vornüber und hielt sich theatralisch den Bauch. Ganz besorgt legte Harry ihm die Hand beruhigend auf den Rücken. „Mr Jefferson!", unterbrach er das Lied. Dieser gab Harry mit einer Handbewegung zu verstehen, Niall nach draußen zu führen. Und so kam es, dass auch diese beiden sich auf den Weg in die Katakomben unter der Kirche machten.

Auf Höhe des Heizungskellers stand Liam und erkannte gleich das Problem von Niall. „Uhh, ist dir schlecht? Lehn' dich hier an die Wand und warte. Ich hol dir ein Glas Wasser. Du bleibst bei ihm, Harry."
Gesagt, getan. Niall lehnte an der Wand, direkt neben der Tür und Harry stützte sich mit der rechten Hand ebenfalls an der Wand ab und bildete so einen schützenden Kokon um Niall, damit er ihn besser im Auge behalten konnte. Somit hatte er der Tür vom Heizungskeller und Liam den Rücken zugewandt, als dieser ohne Wasser wiederkam und die Tür zu eben diesem Raum aufriss, Harry von hinten schnappte und ihn in den Raum schubste. Er landete nicht ganz sanft in den Armen von Zayn, der bis eben Louis im Heizungskeller in Schach gehalten hatte.

Nun drehte er sich elegant herum, trat einen Schritt zurück Richtung Tür und meinte mit einem Schulterzucken: „Tut uns leid, Jungs. Aber ihr müsst dringend was klären. Wir lassen euch hier erst raus, wenn zwischen euch Frieden herrscht. Und versucht erst gar nicht einen Aufstand zu machen, Mr J ist voll im Bilde. Es wird euch niemand hier rausholen, außer uns. Also, macht hinne, wenn ihr das Konzert miterleben wollt! Wir werden nämlich daran teilnehmen wie geplant."
Mit einem Zwinkern schloss er die schwere Sicherheitstür hinter sich und die beiden Streithähne standen ziemlich perplex in dem mollig warmen Raum.

Schweigen erfüllte den Raum. Nur das Bollern der Heizung und der - sogar hier unten noch schön klingende - gedämpfte Gesang der anderen Jungen war zu hören. Harry drehte sich mit skeptischem Gesichtsausdruck zu Louis, der mit verschränkten Armen an den Heizkörper gelehnt stand. Keiner der beiden machte den ersten Schritt. Sie sahen sich nur in die Augen. Von oben schallten Fetzen des gesungenen Liedes zu ihnen.

The power of love
A Force from above
Cleaning my soul
Flame on burn desire
Love with tongues of fire
Purge the soul
Make love your goal...

Harry musste schlucken, begann dann aber doch zu sprechen: „Entschuldige, Louis. Es tut mir leid, was ich da zu dir gesagt habe. Ich wollte mich rächen, aber es fühlt sich echt scheiße an, dich zu verletzen."
Nun ließ auch Louis seine abwehrende Haltung sinken. „Schon gut. Du hattest alles Recht der Welt dazu. Auch wenn es echt weh getan hat. Ich hätte nie gedacht, dass Worte so verletzen können. Ich möchte mich auch bei dir entschuldigen. Und diesmal wirklich ehrlich und von ganzem Herzen!" Mit einem schiefen, unsicheren Grinsen breitete er seine Arme aus. „Nimmst du meine Entschuldigung an?"

Harry antwortete ihm nur mit einem Schmunzeln und fiel ihm in die Arme. Kitschigerweise erschallte genau in diesem Moment von oben „Halleluja, halleluja". Beide mussten lachen und lösten sich schnell wieder voneinander. „Das geht ja gar nicht. Knuddeln ist unmännlich", meinte Harry und schüttelte sich, weil er versuchte, cool da zu stehen.
„Warum?", fragte Louis und runzelte die Stirn. „Es ist vielleicht nicht männlich, aber menschlich."
Daraufhin überlegte Harry kurz, zuckte mit den Schultern und begab sich wieder in Louis Arme. „Und es fühlt sich gut an, muss ich gestehen."
„Stimmt", gab der Ältere zurück und zog seine Umarmung noch fester um Harry.

So standen sie eine ganze Weile da und spürten die Nähe des anderen.
„Du, Harry?"
„Hmm?"
„Ich will unsere neu gewonnene Freundschaft zwar nicht wieder zerstören..."
„Aber?"
„Oh, Mann! Das ist schwer!" Louis löste sich ein wenig von Harry, um ihm in die, seiner Meinung nach wunderschönen, grünen Augen sehen zu können. Er legte seine Hände locker auf Harrys Arme, um sich notfalls schnell genug von Harry zurück zu ziehen, falls er seine nächsten Worte nicht gut aufnahm. Er biss sich nochmal auf die Unterlippe, schluckte und als er merkte, dass sein Gegenüber langsam genauso nervös wurde wie er selbst, ließ er es einfach raus: „Harry, ich glaube, ich hab dich immer nur geärgert, weil ich dich eigentlich verdammt gernhabe."

Schweigen.

„Hörst du?" Er ließ die Hände sinken. „Ich liebe dich." Da von Harry nichts kam, ließ er den Kopf hängen, um seine aufkommenden Tränen zu verbergen und drehte sich weg. Das hatte ja super funktioniert. Es vergingen einige Sekunden ohne das einer von beiden sprach.

„Ich war zwar noch nie verliebt," begann Harry zögerlich, „aber irgendwie fühlt sich mit dir alles anders an, als mit meinen anderen Freunden.... Ich denke, ich hab mich auch in dich verliebt, Louis." Er legte seine rechte Hand auf die Schulter des Strubbelkopfs, um ihm zu signalisieren, sich wieder umzudrehen. Das tat dieser auch. Beide sahen sich wieder schief grinsend tief in die Augen bis Louis seinen Blick auch mal auf Harrys Lippen schweifen ließ. Beide schluckten schwer, lehnten sich aber trotzdem unsicher zueinander bis ihre Lippen sich das erste Mal berührten.

Es war für beide der erste richtige Kuss und es fühlte sich komisch an. Aber auch gut. So gut, dass sie anfingen in den Kuss hinein zu grinsen und sich wieder fest in den Arm nahmen.

In dem Moment flog die Tür auf und Niall streckte seinen Kopf herein. „Und? Alles wieder gut?"
Die beiden lösten sich nur langsam voneinander. „Alles bestens!", grinsten beide übereinstimmend bis über beide Ohren.
„Dann passt ja alles", antwortete der Ire wissend. „Los! Auf nach oben. Ihr werdet schon schwer von Mr J vermisst."
Und so machten sie sich alle auf den Weg.

Keine zwanzig Minuten später begann das große Konzert. Die Kirche war voll besetzt bis auf den letzten Platz und Liam und Zayn zauberten mit ihrer Lichtshow eine wundervolle, weihnachtliche Atmosphäre. Es brannten hunderte Kerzen, die beiden großen Tannenbäume, die den Chor einrahmten, funkelten, als wären sie mit tausenden Kugeln und Sternen übersät. Wahrscheinlich waren sie das auch. Mr Jefferson strahlte seine Jungs an und die Jungs strahlen zurück, da ein Stück besser lief als das andere. Das Publikum war hellauf begeistert.

Dann kam das große Finale und beim letzten Refrain fing es doch allen Ernstes in der Kirche an zu schneien! Keine Ahnung, welche Tricks Zayn und Liam da aus dem Hut gezaubert hatten aber es kamen richtige, kleine, feine Schaumflöckchen von der seitlichen Empore geschneit und fielen sanft auf die Chorjungen herab. Es war ein wunderbares Schlussbild. Die Zuhörer applaudierten begeistert und bedankten sich mit Standing Ovations. Und Louis und Harry? Die standen in der hintersten Reihe und grinsten über beide Ohren. Und wenn sie sich verliebt an der Hand hielten, wer würde sie dafür verurteilen? Das konnte heute alles nicht mehr besser werden.

[...]

Drachenreiter80

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