1. Dezember - Mustang Makeover

So... ich hoffe, dass alle damit einverstanden sind, dass ich mit meinem OS anfange. Ein Grund dafür ist, dass er nicht so krass Weihnachtlich ist, wie all die anderen. Außerdem hab ich es dann hinter mir und.... ja 😅
Ich werde zu Anfang jedes One Shots die Wörteranzahl drüber schreiben, damit jeder selbst entscheiden kann, wann er Zeit dafür hat, diesen zu lesen.

Ich wünsche euch viel Spaß und.. lasst jedem Autor doch einen Kommentar da (:

Lots of love ❤️

xoxo Michelle (lashton_fever)

Wörteranzahl: 4753


"Ein Pferd?", fragte ich noch einmal genauer nach, da ich das vorträgliche Geburtstagsgeschenk noch nicht so ganz verstand. Es war immerhin Ende August und ich hatte noch mehr als drei Monate Zeit, bis ich meinen vierundzwanzigsten Geburtstag feiern würde.

"Naja, zwei Pferde, um genau zu sein", verbesserte mich mein Vater und schob mir ein Foto hin, auf welchem ein schwarzer Rappe und ein weißer Schimmel zu sehen waren. Mein Herz begann schneller zu schlagen, als ich diese wunderschönen Geschöpfe vor Augen hatte und ich traute mich kaum zu fragen, aber ich musste einfach.

"Wieso zwei? Lottie reitet doch nicht mehr, seitdem sie damals den Unfall hatte."

"Da kommen wir auch schon zu dem Punkt, der wohl etwas schmerzhafter wird", murmelte mein Vater und verengte seine Augen etwas, als er das Bild wieder an sich nehmen wollte und ich es fest in meiner Hand hielt. Ich konnte meinen Blick nicht von dem Schimmel abwenden, welcher mich geradezu verzauberte.
"Wir haben einen Trainer organisiert, der sich um die beiden Pferde kümmern wird. Sie sind Mustangs und wurden zu ihrem eigenen Schutz eingefangen. Die beiden haben sich wohl nicht trennen lassen und ihnen muss außerdem alles von Null erklärt werden. Sie hatten noch nie richtigen menschlichen Kontakt und das war uns zu gefährlich."

"Wieso habt ihr euch dann dafür entschieden?" Sie hatten mir immer noch nicht erzählt, wofür das alles war und es machte mich stutzig.

"Dein Vater und ich dachten, dass es das perfekte Geschenk für dich wäre. Dieses Pferd wäre deins, von Anfang an. Du gibst ihm einen Namen, du hilfst dabei, es auszubilden. Du bist der erste Mensch in seinem Leben. Das andere Pferd wird am fünfundzwanzigsten Dezember dieses Jahr, versteigert." Meine Mutter legte mir ihre Hand auf den Arm und versuchte sich an einem lächeln, welches ihre Augen nicht ganz erreichte. Wahrscheinlich, weil sie immer noch die Zweifel in meinen Augen erkennen konnte.

"Ihr habt euch also schon entschieden, welches im Nachhinein hier bleibt und welches nicht?", fragte ich, leicht schnippisch und hasste mich im nächsten Moment dafür, weil sie mir hier gerade ein Geschenk machten. Ja, tatsächlich das schönste Geschenk, was mir jemals jemand machen könnte.

"Der Rappe ist jung, kräftig. Er passt zu einem Prinzen." Die Stimme meines Vaters duldete keine Widerworte, weswegen ich nickte, ohne weiter darauf einzugehen.

Natürlich interessierte es sie nicht, wie ich darüber dachte.

"Wieso darf ich ihn nicht alleine ausbilden? Wieso brauchen wir einen Trainer?", fragte ich also stattdessen nach und ließ das Bild auf den Tisch fallen. "Ich reite gefühlt mein ganzes Leben. Ich habe so oft beim trainieren zugesehen, teilweise übernommen, ich-"

"Es ist zu gefährlich, Louis", unterbrach mich meine Mutter und ich verstummte. "Du darfst ihn trainieren. Es wird nur.."

"Jemand drüber schauen und meine Fehler ausbessern", beendete ich ihren Satz und stand vom Tisch auf. Leise schob ich meinen Stuhl ran und räusperte mich, ehe ich mich entschuldigte und den Essenssaal verließ.

Natürlich, selbst an meinem Geburtstagsgeschenk würde herumgebastelt werden.

*****

"Bist du aufgeregt?", fragte mich Lottie, als wir durch unseren Garten gingen, um zum Grundstück hinter unserem Haus zu gelangen.

Dort hatten unsere Eltern alles für die Neuankömmlinge vorbereitet, ein großes abgezäuntes Feld und eine Unterkunft. Ich würde natürlich auch den Trainer kennenlernen, den sich meine Eltern für dieses spannende Projekt herausgesucht haben und auch da war ich gespannt, wieso sie sich eben diesen ausgesucht haben.

"Schon.. ein bisschen", murmelte ich und kaute auf meiner Unterlippe, während ich das lockere Hemd, welches ich ausnahmsweise tragen durfte, etwas über meine Handgelenke zog.

"Dir hat die Stute besser gefallen, oder?"

Sie kannte mich eben einfach zu gut. Deswegen lächelte ich sie nur traurig an und zuckte mit den Schultern, ehe wir an dem Punkt ankamen, wo wir die beiden Pferde auf der Weide sehen konnten und meine Schwester wie festgefroren stehenblieb. Sofort legte ich eine Hand auf ihre Schulter und verabschiedete mich von ihr, da ich wusste, dass sie den Pferden und auch der abgezäunten Weide, keinen Schritt mehr näher kommen würde. Dementsprechend war hier genau der richtige Ort.

Sie lächelte mich entschuldigend an, doch ich wank nur ab. Ich konnte sie verstehen, zumindest teilweise. Das Ereignis damals hat sie verstört, auch wenn wir beide wussten, dass das Pferd nicht Schuld war. Aber es ist nunmal passiert.

Je näher ich der abgezäunten Weide kam, desto präsenter wurde auch der Mann, welcher davor saß und mit den Grashalmen spielte. Er trug ein weißes Shirt mit einer grünen Reiterhose und ich musste leicht grinsen, als mir auffiel, wie förmlich ich im Gegensatz zu ihm gekleidet war. Aber natürlich musste der Prinz auch jetzt, wenn keine Kameras da waren, aussehen wie ein Prinz auszusehen hat.

"Hey, wie lange sitzt du schon hier?", fragte ich ihn und ich sah seinen Körper zucken, ehe er hinter sich sah und er offenbar über sich selbst lachen musste. Dann stand er auf und bat mir die Hand an, welche ich natürlich sofort annahm und fuhr sich danach einmal durch seine braunen Locken, um eben diese zu richten.

"Seitdem die Pferde vor einer halben Stunde hier angekommen sind. Der Schwarze soll wohl bald dir gehören?"

Unsere beiden Blicke fuhren zu den Pferden, welche nahe aneinander standen und uns beide immer stehts im Blick hatten. Man konnte ihre Unsicherheit förmlich spüren; natürlich, sie hatten eine lange Reise hinter sich.

"Ja, so wird es wohl sein..", murmelte ich und konnte meinen Blick wieder nicht von dem weißen Schimmel abwenden, welcher sich als eine Stute herausstellte. Der Trainer schien meine Unsicherheit entweder nicht zu spüren oder überspielte sie einfach, was ich daran merkte, dass er langsam zum Gatter ging, um bereit zu sein, eben dieses aufzumachen.

"Er ist wirklich wunderschön." Seine Stimme klang so bewundernswert, wie ich mich bei dem Anblick der weißen Stute fühlte und ein leichtes lächeln kam auf meine Lippen. "Ach, wie unhöflich von mir, ich bin Harry, vierundzwanzig und Student."

"Freut mich, dich kennenzulernen. Ich bin Louis, dreiundzwanzig und Prinz von England." Harry lachte nach meiner Vorstellung einmal und ich wusste natürlich auch genau wieso, immerhin war es lächerlich, dass ich mich vorstellte. Trotzdem hatte es sich gut angefühlt, einfach mal so zu tun, als wäre eben diese Vorstellung ganz normal gewesen. "Was hast du jetzt vor?"

"Wir beide gehen da jetzt rein."

Wie bitte?

Er musste meinen geschockten Gesichtsausdruck gesehen haben, denn kurz darauf lachte er wieder und öffnete das Gatter einen Spalt breit, woraufhin die Pferde sofort ein Stück zurückwichen.

"Keine Angst, uns wird nichts passieren. Wir setzen uns nur etwas rein und lernen uns kennen, immerhin werden wir die nächsten Monate viel miteinander arbeiten müssen. Währenddessen können die beiden sich daran gewöhnen, dass wir hier hin gehören und ihnen nichts tun, ja, fast schon so tun, als würden wir sie gar nicht sehen. Sie lernen, uns nicht als Bedrohung zu sehen." Da Harry so sicher klang mit dem, was er sagte, nickte ich und schlich vor ihm auf die Weide, woraufhin er das Gatter hinter sich wieder schloss und wir beide uns zur Mitte begaben. Er ließ sich fallen und ich tat es ihm nach. Wir saßen mit dem Rücken zu den Pferden und ich atmete einmal tief durch, da ich, trotz das ich keine Angst vor den Tieren hatte, einen massiven Respekt besaß. Harry hingegen schien ganz ruhig zu sein und hatte immer noch dieses Glänzen in den Augen, woraufhin ich mich augenblicklich fragte, ob das einfach seine Art ist oder, ob das an den wunderschönen Geschöpfen hinter uns lag. "Ich hoffe du hast viele Gesprächsthemen, denn wir werden eine ganze Weile hier drin verbringen, mehrere Tage die Woche, bis wir für sie dazugehören."

"Student also?", gab ich lediglich als Antwort und lehnte mich etwas zurück, woraufhin Harry lachte und gleichzeitig nickte.

*****

Tage vergingen, in denen ich mehr Zeit in der Mitte der Weide verbrachte, als im Schloss. Harry und ich wussten so gut wie alles voneinander, immerhin hatten wir wirklich viel Zeit, um unser ganzes Leben aufzurollen. Von unserer Kindheit zu erzählen, wobei seine viel spannender war, als meine. Schule.. viel spannender bei mir. Und jetzt, sein Studium.

Er hatte ein Zimmer im Schloss bekommen und sogar ein Auto, damit er zu seinen Vorlesungen fahren konnte und danach hier hin, weswegen ich manchmal schon Stunden alleine auf der Weide saß und einfach nur diese zwei Pferde beobachtete, die sich anscheinend besser kannten, als irgendwas anderes. Ein paar Mal hatten wir Blickkontakt aufnehmen können, Harry und ich waren sogar schon aufgestanden und ein paar Schritte auf sie zugekommen, doch sobald es den Pferden zu unbehaglich wurde, stellte sich der Rappe vor die Stute und schützte sie.

Gerade saß ich also wieder alleine auf dem Feld und hatte eine leichte Jacke übergeworfen, weil es doch in den letzten Tagen kälter geworden war. Harry war schon früh verschwunden, ich hatte sein Auto vom Hof fahren sehen und dann dauerte es nicht lange, bis ich hier war. Die Pferde wurden immer komfortabler damit, wenn Harry oder ich das Gatter öffneten und schreckten nicht mehr zurück, um dann am anderen Ende der Weide auf uns zu warten. Stattdessen blieben sie, wo sie waren, jedoch aufmerksam. Ich wusste außerdem, dass sie es seltsam fanden, wenn einer von uns beiden alleine hier war und sie sich dann direkt umschauten, um nach der anderen Person zu suchen. Harry meinte, das wäre ebenfalls ein Fortschritt.

"Deine Mum hat mich aufgehalten und meinte, du hättest nicht gefrühstückt", holte mich Harrys Stimme aus meinen Gedanken und natürlich, hatte ich ihn schon vorher bemerkt, da ich die Pferde unentwegt angeschaut hatte und sich ihre Haltung sofort veränderte.

Mit einem lächeln drehte ich mich zu Harry um, welcher zwei Tüten in der Hand hatte, die ich nur zu gut wieder erkannte. Meine Mum hatte sie damals gekauft, damit ich mich beim Privatunterricht etwas normaler fühlte, denn das war mein Wunsch gewesen. Ich konnte zwar nicht in eine normale Schule gehen, aber ich hatte mir immer gewünscht, dass mein Alltag so aussah; dazu gehörten nunmal auch die Lunchtüten.

"Danke."

Er nickte nur, ließ sich neben mir nieder und holte zwei Äpfel aus seiner Tasche, welche ich verwirrt anschaute.

"Die sind nicht für uns", meinte er und sah dann zu den zwei Prachtexemplaren, die uns gerade jetzt keine Beachtung schenkten, sondern einfach etwas grasten. "Ich wollte heute mal einen kleinen Trick probieren. Kein Pferd sagt Nein zu einem Apfel."

"Also hast du die Hoffnung in deinen Charme verloren?", fragte ich grinsend und Harrys Blick wurde gespielt entrüstet.

"Die Hoffnung in meinen Charme verloren? Niemals", gab er zurück und schüttelte den Kopf, ehe er aufstand und mir die Hand hin hielt, um mir aufzuhelfen. "Ich gebe meinem Charme nur noch eine süßere Note."

Er ließ meine Hand erst los, als wir so nahe bei den Pferden standen, dass sie vom Boden aufgesehen hatten und uns im Blick hatten. Sofort hatte sich der Rappe wieder vor die Stute gedrängt, weswegen ein leichtes lächeln auf meinen Lippen erschien. Das Ganze musste wie ein Spiegel aussehen, nur das auf der einen Seite Pferde und auf der anderen Seite Menschen zu sehen waren. Das schwarze Pferd beschützte das weiße und Harry, beschützte mich. Dies tat er, in dem er sich ebenfalls so vor mich stellte, das er derjenige wäre, der etwas abbekommt. Falls es schief laufen sollte, natürlich.

Harry machte beruhigende Geräusche mit seinem Mund und hielt die Hand ohne Apfel zu den Pferden hin, welche zwar Interessiert, aber dennoch distanziert wirkten. Ich konnte mich daran erinnern, wie Harry am vierten Tag bereits die Nüstern des Rappen berühren konnte und, obwohl es nur für weniger als drei Sekunden der Fall war, hatte ich ihn danach strahlen sehen wie niemals zuvor. Demnach war diese Annäherung nichts Neues für das Pferd, aber immer noch ungewohnt.

Als Harrys Hand erneut die Nüstern streifte, hielt ich meinen Atem an und sah gespannt in die Augen des Pferdes, welche lediglich auf Harry lagen.

"Alles gut, ich tue dir nichts", hauchte Harry mit so sanfter Stimme, dass sie sich auch gleich wie Balsam auf meine Seele legte und mich zu beruhigen schien. Die selbe Wirkung schien er damit auf das Pferd zu haben, denn kurz darauf fuhr seine Hand über die Kinngrube, bis zum Genick. Das Pferd zuckte etwas zurück, doch dann hatte Harry schon die andere Hand hervorgeholt und interessiert schnupperte es an dem Apfel, während Harry weiterhin durch seine Mähne fuhr.

Die Situation war angespannt, jedoch nicht negativ angespannt. Das Interesse war geweckt, von unserer Seite schon lange doch jetzt auch, von der Seite der Pferde. Dies zeigte sich daran, dass die Stute langsam hinter dem Rappen hervorkam und Blickkontakt mit mir hielt.

"Sie denkt, du hast den anderen Apfel", flüsterte Harry, um die Pferde nicht zu erschrecken und ich griff in seine rechte Jackentasche, um den zweiten Apfel herauszuholen und ebenfalls zu der Stute hin zu halten.

"Hey du hübsche", hauchte ich und tat das, was ich eben bei Harry gesehen hatte. Mit langsamen, kleinen Schritten bewegte ich mich auf sie zu, streckte meine Hand aus und zeigte ihr somit, dass dies das erste Körperteil war, welches sie entgegennehmen würde. Ein kurzer Blick zu Harry zeigte, dass dieser immer noch den Hals des Pferdes streicheln konnte, ehe ich etwas an meiner Hand spürte und sah, wie das Pferd nach dem Apfel biss; ohne den Blickkontakt zu unterbrechen.

Vorsichtig fuhr meine Hand über ihren Nasenrücken, ehe ich noch einen kleinen Schritt näher kam und über ihre Weiße Mähne strich.

Mit einem Grinsen drehte ich mich zu Harry um, welcher ebenfalls nicht glücklicher aussehen könnte.

"Die süßere Note scheint geholfen zu haben", lächelte ich und nahm meine Unterlippe zwischen meine Zähne, woraufhin Harry leise lachte.

"Wer kann es ihnen verübeln."

*****

Heute war es so weit. Nach über einem Monat, in welchem Harry und ich die Pferde lediglich von Außen beobachtet hatten und wir sie nun ohne Probleme berühren konnten, weil sie uns vertrauten, wollte Harry ausprobieren, sich das erste Mal auf ihren Rücken zu legen.

Innerhalb dieses Monats war mir aufgefallen, dass das schwarze Pferd zwar ein tolles Pferd war und mir auch vertraute; jedoch die Verbindung zu der Schimmel-Stute viel inniger war. Andersherum war es bei Harry. Ich hatte manchmal das Gefühl, dass sie die selbe Persönlichkeit besaßen, weswegen Harry immer genau wusste, wie er mit diesem Wirbelwind umgehen musste. Ich hingegen, fühlte mich bei der ruhigen Stute wohler, die sich gerade in meine Brust schmiegte und sich von mir kraulen ließ.

"Bist du bereit?", fragte Harry, welcher ein provisorisches Halfter aus einem dünnen Seil besorgt hatte, welches noch nicht so eng anliegen würde, dass die Pferde sich bedroht fühlten. Es war nicht das erste Mal, dass er dieses um machte und ich erinnerte mich, als der erste Versuch schief gelaufen war und der Rappe wie wild durch die Weide gelaufen war. Es hatte eine erneute Woche gebraucht, bis dies mit wenig Komplikationen klappte.

"Ich weiß, das ist nicht der Plan, aber...", murmelte ich und seufzte leise. "Kann ich mich vielleicht stattdessen auf sie legen?"

Die Pferde sollten sich an unser Gewicht gewöhnen, bevor wir uns direkt auf sie drauf setzten und versuchten, sie zu reiten. Sie waren es immerhin nicht gewöhnt, dass jemand anders ihren Willen bestimmt und auf ihrem Rücken sitzt.

"Louis", sagte Harry sanft und schaute mich mit diesem Blick an, der mir, seit unserer ersten innigen Umarmung nach dem Halftererfolg, ein wohliges Gefühl im Bauch gab. Natürlich wusste ich, was das zu bedeuten hatte, doch darauf wollte ich mich im Moment nicht konzentrieren. Wir hatten noch weniger als zwei Monate Zeit, diese Pferde zu Reitpferden zu machen. Das war der Plan. "Von mir aus, kannst du das tun, mit was du dich am besten fühlst."

Ich nickte, nahm einmal tief Luft und fuhr erst über den Mähnenkamm der Stute, dann über den Widerrist, bis hin zum Rücken, damit sie alle meine Bewegungen verfolgen konnte und wusste, wo ich mich gerade befand. Ein seufzen entkam meinem Mund, als ich Harrys Blicke auf mir spürte und ich klopfte einmal auf den Rücken des Pferdes, um Mut aufzubauen.

"Wir kriegen das hin. Du brauchst keine Angst haben, süße", murmelte ich und machte damit weiter, irgendwelche Sachen vor mich hin zu murmeln, da Harry bereits erwähnt hatte, wie sehr sich ihre Körpersprache beruhigte, sobald sie meine Stimme hörte.

Als mein Bauch mit ihrem Rücken in Berührung kam, ich ihren warmen Körper unter mir spürte und meine Augen schloss, durchfuhr mich das Gefühl von unendlicher Freude. Ich konnte das Grinsen auf meinem Gesicht nicht verbergen und ich spürte, wie eine Träne meine Wange herunter lief.

"Ich habe einen Namen für sie", flüsterte ich so leise, dass ich dachte, dass Harry mich gar nicht verstehen konnte. Doch er stand direkt neben mir und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht, als ich mein Gesicht aus dem Fell löste und ihn voller Glück anschaute.

"Welchen denn?" Seine Augen funkelten, als hätte er gerade ein Weltwunder beobachtet, während mein Bauch kribbelte. Ach was, mein ganzer Körper kribbelte vor Freude.

"Halona..", murmelte ich und lächelte.

"Was bedeutet er?"

"Glücklich."

*****

Der vierundzwanzigste Dezember kam viel zu schnell, was wahrscheinlich daran lag, dass ich jeden Tag mit Harry und den Pferden verbrachte. Halona und Paytah, hatten sich in Harrys und mein Herz geschlossen, sowie er sich in meins geschlossen hatte.

Ich wusste nicht, wie er fühlte, aber meine Schwester meinte, dass es wohl fast unvermeidbar gewesen ist. Den Weg, den wir zusammen gegangen waren und die Dinge, die wir uns anvertraut hatten. Ich hatte das Gefühl, ich kannte ihn besser als mich, da ich alles von ihm wusste. Wenn ich auf der Weide ankam, konnte ich seine Gefühle mit nur einem Blick in seine Augen ablesen und anders herum, war es genauso. Zwischen uns war nichts passiert, nicht das, was ich mir ein paar Mal gewünscht hatte und dann doch zu Feige gewesen war, es einfach zu tun.

Als der erste Schnee kam, waren die Pferde so außer sich vor Freude gewesen, dass wir trotz des Verbotes meines Vaters, einen Ausflug zusammen gemacht hatten. Einen Ausritt. Tatsächlich hatte ich meinen Vater überreden können, dass ich die Stute behalten dürfte, doch das stimmte mich noch lange nicht glücklich. Ich sah die Verbindung, die Harry zu dem Hengst hatte und anders herum, konnte man es genauso spüren. Manchmal sah ich, wie Harry sich die Tränen aus dem Gesicht wischte, wenn er darüber nachdachte, wie wenig Zeit den beiden noch gemeinsam blieb.

Es tat mir im Herzen weh, vor allem weil ich wusste, dass nicht nur der Hengst gehen würde, sondern auch Harry. Sobald der Rappe versteigert worden war, würde ich den Jungen, der mein Herz gestohlen hat, nie mehr wieder sehen, denn er hatte keinen Grund dazu, noch hier aufzutauchen.

Nachdem ich den ganzen Tag damit verbracht hatte, meinen Geburtstag zu feiern, Geschenke anzunehmen und mich einmal vor den Engländern zu zeigen, um meinen Dank für die ganzen Glückwünsche auszusprechen und ihnen ein schönes Weihnachtsfest zu wünschen, befand ich mich jetzt auf dem Weg zum Stall, in welchem die beiden Tiere über Nacht standen. Es war einfach etwas zu kalt geworden, um sie draußen zu lassen.

Wie ich erwartet hatte, stand Harry im Stall, hatte die Rotlichtlampe angeschlossen und bürstete das Fell des Rappen, welches bereits seidig schwarz glänzte. Seine Mähne war ordentlich gebürstet und hatte nun kleine Pflechtzöpfe drin, damit sie morgen schön wellig über seinen Hals fallen würde.

Ich konnte zwar nur Harrys Rücken sehen, doch ich sah, wie dieser ab und zu zusammen zuckte. Ich wusste das er weinte, bevor ich es sah und schmiegte mich ohne Vorwarnung an seinen Rücken. Unter meiner Berührung stoppte er mit dem bürsten und ließ diese über sich ergehen, weswegen wir für eine kurze Weile so stehen blieben und ich mein Gesicht zwischen seinen Schulterblättern bettete.

"Es tut mir so Leid..", hauchte ich leise, als kein einziges Glücksgefühl mehr durch meinen Körper strich. Nicht einmal wegen meines Geburtstags oder Weinachten. Lediglich Trauer erfüllte mich, als mir bewusst wurde, dass vier Wesen verletzt werden würden und das nur, weil einer ging. Das war einfach nicht fair.

"Dich trägt keine Schuld, Lou..", seufzte Harry, als er mich zu sich umdrehte und mir mit gekonnten Bewegungen die Haare aus dem Gesicht strich. "Ich werde Morgen nicht mitkommen. Ich kann das nicht."

"Aber ich kann das nicht ohne dich", widersprach ich panisch und griff nach seiner Hand, die an meiner Wange hängen geblieben war. "Du hast ihm alles beigebracht, du reitest ihn, du-"

"Ich kann nicht. Ich will..", er seufzte und erneut traten Tränen in seine Augen, die mir im Herzen weh taten. "Es ist so unfair, Lou. Ich habe Herz und Schweiß in dieses Wesen gesteckt.. ich kann nicht dabei zusehen, wie ein anderer es mit nach Hause nimmt. Ich kann nicht." Er strich Paytah über die Mähne und ich sah die Träne, die sich den Weg über seine Wange bahnte. "Außerdem meinte die Presse bereits, wie hoch die Leute bieten werden, wenn dieses Pferd vom Prinz geführt wird. Ich hatte einen Moment lang überlegt, mitzubieten, doch keine Chance."

"Wir finden eine Lösung", widersprach ich ihm, doch er schüttelte den Kopf.

"Keine Lösung, in der ich keine Bank ausrauben müsste."

"Mach dir keine Sorgen." Ich vergrub meinen Kopf in seiner Brust und schloss meine Augen, als sein Arm um meine Mitte mich näher zu ihm zog. "Ich kriege das schon hin."

*****

Die Glocken sollten Weihnachten darstellen, Schnee lag auf den Straßen und Tannenbäume waren geschmückt, während etliche Familien ihren Familienspaziergang ausführten. Meine Weihnachtsstimmung war dieses Jahr verpufft, denn bereits früh am Morgen, hatte Harry Paytah in den Anhänger führen müssen und sich die Tränen verkniffen, da er vor meinen Eltern nicht weinen wollte. Doch ich hatte sein Herz brechen hören und ich wollte ihn in den Arm nehmen, doch ich konnte nicht. Mein Vater ahnte bereits etwas und ich musste ein Hindernis nach dem anderen bewältigen, sonst würde alles Einstürzen.

Das Stadion war voll mit Kauflustigen Menschen, die genug Geld besaßen, um ihren Liebsten heute ein Pferd zu ersteigern; passend zu Weihnachten. Ich hatte die Knöpfe meiner Jacke bis oben zugemacht und war gerade der jenige, der in Paytah's Anhänger ging, um ihn nach draußen zu bringen.

Unruhig versuchte das Pferd sich zu bewegen und beruhigte sich augenblicklich, sobald es mich wahrnahm. Doch es spürte, dass irgendwas falsch lief und natürlich, das jemand fehlte. Das sein bester Freund fehlte.

"Hey Großer", versuchte ich es vorsichtig und griff nach seinem Halfter, um ihn an Ort und Stelle zu halten. Das Feuer in seinen Augen, nach welchem Harry ihn benannt hatte, schien ich förmlich zu sehen und ich schmiegte mein Gesicht an seinen Hals, um nicht nur ihn, sondern auch mich zu beruhigen. "Es tut mir so Leid. Ich hoffe, ich tue das richtige..", seufzte ich leise, fuhr durch seine Locken und hörte kurz darauf meinen Vater nach mir rufen, weswegen ich einmal tief durchatmete und ohne das Pferd den Anhänger verließ.

"Louis, wo-"

"Kann ich mit euch reden?", fragte ich meine Eltern, welche sofort nickten und doch bewegte sich keiner der Wachen von den beiden weg. "Alleine?"

Nach ein paar kurzen unsicheren Blicken, nickten die beiden erneut und wir stellten uns zu dritt hinter den Anhänger, wo wir wenigstens etwas Blickgeschützt waren und ich atmete einmal tief durch, bevor ich ein Stoßgebet in den Himmel schickte.

"Worum geht's denn, mein Schatz?", fragte meine Mutter liebevoll und ich bin mir sicher, dass sie tief im inneren bereits eine Idee hatte und sich nur nicht traute, diese auszusprechen.

"Wir können Paytah nicht versteigern. Nicht heute und auch nicht an irgendeinem anderen Tag", antwortete ich mit strenger Stimme, die zeigen sollte, wie Ernst mir das Ganze war. Ich hatte immerzu Harrys traurigen Gesichtsausdruck vor mir, und, wie er die letzte Nacht in der Box des Pferdes verbracht hat, um die letzten Minuten mit ihm zusammensein zu können. So etwas konnte einfach nicht zerstört werden.

"Du hast doch deinen Willen bekommen und durftest die Stute behalten, was möchtest du mit dem Hengst? Er wird eine Menge Geld für den guten Zweck einbringen", widersprach mein Vater, während ich den Blick meiner Mutter auf mir spürte; wissend.

"Dann werde ich spenden, so viel, wie wir vielleicht für den Hengst bekommen hätten."

"Geht es dir um den Mann oder um das Pferd?", fragte mein Vater nun und ich konnte die Skepsis in seinem Blick erkennen. Natürlich, er hatte Harry und mich mehr als einmal zusammen gesehen und ich war mir sicher, dass meine Gefühle nicht unbemerkt bleiben konnten. Nicht, wenn ich so stark fühlte.

"Beide. Sie sind ein Herz und eine Seele, wir können die beiden nicht trennen", meine Stimme war flehend und ich sah zu meiner Mum, welche immer noch sprachlos daneben stand. "Bitte Mum, du hast Harry heute morgen gesehen. Du hast die beiden zusammen gesehen. Lass mich ihm diesen Weihnachtswunsch erfüllen, heute ist doch das Fest der Liebe, oder? Wieso vier Lebewesen das Herz brechen?"

Tränen traten in meine Augen, als ich daran dachte und ich schluchzte einmal, als ich an Harrys gepackte Taschen von heute Morgen dachte. So viele gebrochene Herzen, als Halona nach Paytah geschrien hatte, sobald Harry ihn in den Anhänger gebracht hatte.

"Und wo soll das Pferd dann hin?", meinte nun meine Mutter, woraufhin sie einen geschockten Blick meines Vaters kassierte, welchen ich zu verdrängen versuchte.

"Die beiden bleiben in dem Stall. Harry kann weiterhin vorbei kommen, wann er möchte. Wir können weiter trainieren, es ist noch so viel zu tun und das schaffe ich nicht alleine." Ich nahm die Hand meiner Mutter und sah sie mit dem Blick an, zu dem kein Elternteil Nein sagen konnte. Nicht an Weihnachten.

"Du wirst es auf dem Platz erklären und die Spendensumme verkünden?", fragte mein Vater stattdessen und geschockt, aber auch dankbar, sah ich zu ihm.

"Natürlich."

*****

"Harry!", schrie ich, sobald ich im Schloss angekommen war und die Tür zu seinem Zimmer Aufriss, welches nun tatsächlich komplett geräumt war. Dabei meinte er zu mir, er würde erst in ein paar Tagen seine restlichen Sachen holen.

Die letzte Hoffnung, die sich in mir aufbaute, war der Stall, weswegen ich meine Beine in die Hand nahm und nach draußen rannte.

Meine Schuhe versanken im Schnee, da es immer noch am schneien war. Ich spürte die Kälte auf meinem Gesicht und doch war es mir egal, da ich nur noch ein paar Minuten hatte, bis der Anhänger hier auftauchen würde und ich Harry das Weihnachtsgeschenk machen konnte, was er verdient hatte. Und vielleicht, würde auch ich etwas Glück haben und das Geschenk bekommen, welches mich am glücklichsten machen würde.

Tatsächlich sah ich Harry bei Halona stehen, wie er ihr über die weiße Mähne strich und langsam auf sie einredete. Wahrscheinlich versuchten beide, sich gegenseitig zu trösten, doch das musste ich jetzt stoppen. Ich wollte das Weihnachtsgefühl zurück haben, es weitergeben. An die Wesen, die ich liebte.

"Harry!"

Bei meinem Ruf drehte er sich zu mir um und sah mich geschockt an, ehe ich ihm in die Arme lief und mich fest an seinen Körper drückte.

"Lou", hauchte er atemlos und ich löste mich von ihm, damit er mit seinen Händen mein Gesicht umrahmen und mich mit Verwunderung in den Augen anblicken konnte. "Was machst du denn schon hier? Die Versteigerung hat doch gerade erst begonnen?"

"Ich wollte dir eine Freude machen. Ein Weihnachtsgeschenk." Ich hörte wie ein Auto vor den Stall fuhr und nahm Harrys Hand, um ihn aus dem Stall zu führen. Seine Augen wurden groß, als er den bekannten Anhänger sah und ich öffnete die Tür, damit er kurz darauf bei seinem besten Freund stehen konnte.

"Aber wie-"

"Ich habe mit meinen Eltern geredet. Ich habe doch gesagt, ich kriege das hin." Das Grinsen auf meinen Lippen wurde immer größer, als Harry mich in eine feste Umarmung zog und ich mich an seine Brust schmiegte. "Frohe Weihnachten, Harry."

Ich löste mich langsam und schaute zu ihm hoch, damit er sich nun auf das Pferd stürzen kann, doch stattdessen umfasste er wieder mein Gesicht und noch ehe ich mich versehen konnte, lagen die Lippen von denen ich seit Wochen träumte, auf meinen und übten den genau richtigen Druck aus, um die Schmetterlinge in meinem Bauch zum Leben zu erwecken.

Der Kuss dauerte nicht lange und doch hatten meine Hände schnell nach seinen Handgelenken gegriffen, um ihn bei mir zu halten, sodass selbst als unsere Lippen sich langsam lösten, seine Stirn sich gegen meine lehnte.

"Ich weiß nicht, was ich sagen soll", hauchte er sprachlos und ich kicherte kurz, ehe ich mit meinen Lippen noch einmal über seine fuhr.

"Vielleicht Dankeschön?", feixte ich und hörte ein lachen von ihm. "Und Frohe Weihnachten?"

"Dankeschön", flüsterte er gegen meine Lippen und küsste mich noch einmal. "Und Frohe Weihnachten."

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