2. türchen - come back to me
„Es ist das zweite Weihnachten ohne dich und ich weiß nicht ob ich das noch lange durchhalte." Harry nimmt die Hand seines Mannes in seine und lehnt seinen Ehering gegen Louis'.
Er ist müde, erschöpft, völlig fertig. Unter seinen Augen zeichnen sich tiefe Ringe ab. Auch wenn seine Haare frisch gewaschen sind, sein Gesicht frisch rasiert und seine Kleidung den Duft von Weichspüler ausstrahlt - man sieht ihm deutlich an, wie schlecht es ihm geht.
Harry kann das nicht mehr. Hier herkommen und sehen, wie die Liebe seines Lebens schlafend in einem Bett liegt. Schlafend, aber irgendwie ja doch nicht lebendig.
„Ich vermisse dich so sehr, Lou." Er rückt den Stuhl näher ans Bett, legt ihre verschränkten Hände sanft auf Louis' Brust ab und fährt mit der anderen in die Haare seines Ehemannes. Sie sind immer noch so weich. Obwohl er hier seit so vielen Monaten liegt. „Ich kann doch nicht schon wieder ohne dich Weihnachten feiern? Ich bin schon letztes Jahr fast umgekommen vor Sehnsucht. Dass du am 24. Geburtstag hast, macht die Sache noch viel schlimmer, du hast deinen Geburtstag immer so geliebt." Er lacht leise. „Fuck, du bist fast dreißig, aber jedes Jahr bist du aus dem Bett gehüpft wie ein kleines Kind und hast mich gefragt, ob ich den Kuchen schon fertig habe."
Harry spürt wie seine Augen wässrig werden. Er hat schon so viel geweint, dass es mittlerweile fast selten ist, dass er Tränen vergießt. Meistens sitzt er nur hier neben Louis, hält seine Hand und versucht zu atmen. Damit hat er so seine Probleme seit Louis im Koma liegt.
Aber heute ist es besonders schlimm. Es ist fast Weihnachten und Harry versteht einfach nicht, wie die Welt von ihm verlangt, dass er das nochmal ohne Louis durchmacht. Es geht einfach nicht, er ist nicht in der Lage dazu.
Weihnachten ist das Fest der Liebe und der Familie und der Menschen und Harrys Familie, Harrys Liebe, Harrys Mensch ist nun mal Louis. Er ist alles für ihn.
„Ich weiß nicht wer ich bin, ohne dich." Harry atmet zitternd ein und in einem Zug aus. Er streicht über Louis' Wange, spürt seine Haut, verdammt, er liebt diesen Mann so sehr. Die Verzweiflung ist deutlich in seiner Stimme zu hören und könnte irgendwer ihn jetzt sehen würde die Person ihn vermutlich sofort zu einem Therapeuten schicken.
Aber Harry hat ja Hilfe. Er geht ja zur Therapie. Zwei mal die Woche sogar.
Es hilft kaum.
„Ich meine...unser ganzes Leben lang waren es immer du und ich, zusammen", sagt er. „Die letzten anderthalb Jahre waren das erste Mal, dass ich irgendwelche Dinge alleine durchstehen musste und ich-" Er stockt. „Langsam bin ich echt mit meinen Kräften am Ende." Er führt Louis' Hand zu seinen Lippen und küsst seine Fingerknöchel. „Ich kann immer noch nicht schlafen. Die Panikattacken werden schlimmer. Und du bist nicht da...und ich..." Er nimmt seine rechte Hand von Louis' Wange, um sich verzweifelt durchs Gesicht zu fahren.
„Unsern Hochzeitstag alleine zu verbringen, ich kann das nicht. Ich hab die ganze Zeit nur daran zurückgedacht wie wir, sobald ich achtzehn war, ins Standesamt gerannt sind, fest entschlossen zu heiraten, in der Sekunde in der es möglich war und dass die ganze Welt meinte das wäre die dümmste und unbedachteste Entscheidung unseres Lebens." Sein Griff um Louis' Finger verfestigte sich. „Lou, es war die beste. Es war die beste Entscheidung unseres Lebens. Acht Jahre später und ich liebe dich so viel mehr, als ich es jemals für möglich gehalten hätte." Er drückt noch drei Küsse auf Louis' Hand.
„Und du verpasst so viel. Die Zwillinge sie sind...so sehr gewachsen, in der Zeit die du schon..." Harry ringt nach Worten. Er will es nicht bei dem nennen was es ist. „Die du schon fehlst. Sie...sie haben angefangen zu laufen und zu reden und ich wünschte einfach du könntest es sehen. Und ich wünschte ich könnte dich dabei sehen. Und das Funkeln in deinen Augen. Und dann mit dir darüber reden eigene Kinder zu adoptieren und eine Familie gründen und fuck-"
Harrys Stimme bricht und er schluchzt leise auf. „Ich liebe dich so sehr, Louis. Bitte komm zu mir zurück."
Er sinkt schwach mit seinem Oberkörper nach vorne, presst seine Stirn in Louis' Brust und weint. „Bitte."
Seine Stimme ist kaum mehr als ein Hauchen und er macht Louis Krankenhaushemd nass von Tränen. Drei Minuten lang weint er still vor sich hin, dann irgendwann zucken Louis' Finger in seiner Hand.
Aber Harry presst nur die Augen zusammen und seufzt. Jedes Mal macht sein Herz einen Sprung vor Hoffnung. Aber das ist schon öfter passiert. Es ist nur ein Krampfanfall von Louis' Körper, das kann vorkommen.
Beim ersten Mal als es passiert ist, hatte Harry fast einen Herzinfarkt, er ist ausgerastet, hat nach Ärzten gerufen, dachte jetzt wacht Louis auf.
Es war schrecklich diese Hoffnung zertrümmert zu bekommen. Danach ist es noch ab und zu passiert, manchmal hat auch ein Bein von Louis gezuckt, oder seine Augenlider.
Aber aufgewacht ist er nie. Und jetzt ist es nur noch eine schmerzliche Erinnerung daran, dass Louis im Koma liegt und nicht mal Harrys Hand halten kann.
„Oh Louis", flüstert Harry vollkommen kraftlos und wischt sich mit dem Ärmel über die Wangen, um die Tränen anzutrocknen.
Aber dann hält er inne.
Denn etwas ist anders.
Es ist nicht wie sonst, es sind keine unkontrollierten Zuckungen, die wieder aufhören, nein, Louis' Finger schließen sich langsam um Harrys Hand.
Harry wagt es kaum zu atmen. Er hat so viel Angst in diesem Moment, weil er Hoffnung hat und nicht will, dass die schon wieder zerstört wird, er glaubt nicht, dass er das nochmal aushält. Langsam hebt er seinen Kopf, sieht zu Louis Gesicht, steht aus seinem Stuhl auf, ohne seine Hand zu bewegen, damit ja nicht die Chance besteht, sie könnte aus Louis' Fingern gleiten.
„Lou?", haucht er und legt seine andere Hand vorsichtig auf Louis' Wange.
Und dann flattern Louis' Augenlider.
Und dann sieht Harry die blauen Augen, in die er sich verliebt hat, bevor er denken konnte.
Er schnappt nach Luft, versucht nicht in Ohnmacht zu fallen und Tränen füllen seine Augen. „Louis?", fragt nochmal, so leise, dass er es selbst kaum hört.
Louis' Augen fliegen durch Harrys Gesicht und seine Finger zucken nochmal in Harrys Hand, drücken sie fester.
„Harry", kommt es dann geflüstert und leise von seinen Lippen und Harry schluchzt laut auf und legt auch die andere Hand an Louis' Gesicht.
„Du..." Seine Stimme bricht, er weiß nicht was er sagen kann, er hat Angst aufzuwachen und das hier ist nur ein Traum. „Louis", flüstert er dann nochmal. „Du bist wach, du bist hier."
Louis sieht ihn nur an und blinzelt. „Was...", sagt er. Es ist immer noch nur ein Hauchen, seine Stimme wäre vermutlich auch komplett kratzig und leise, er hat sie schließlich anderthalb Jahre nicht benutzt. Er versucht sich zu räuspern, seine Stirn legt sich angestrengt in Falten und sofort schüttelt Harry den Kopf. „Nein, Lou, hey, ich versteh dich auch so."
Louis atmet aus, blinzelt nochmal langsam. „Was ist passiert?", fragt er dann und Harry versucht seinen eigenen Atem zu beruhigen.
Er scheitert kläglich.
„Warte, ich...ich muss eben..." Er streckt sich ein Stück und betätigt den Hilfe Knopf neben Louis' Bett. Dann sieht er zurück in das Gesicht seines Mannes.
„Du...du hattest einen Unfall."
Louis mustert ihn nur.
„Und ähm..." Harry schließt kurz die Augen und seine Stimme bricht wieder fast als er weiterspricht.
„Wann?", haucht Louis.
Harry schluckt. „Vor etwa 20 Monaten."
„Was?" Louis starrt ihn nur an, seine Hand tastet an Harrys Seite und er gibt ihm sofort die Hand, Louis klammert sich daran fest. „Was?" Tränen steigen in seine Augen und Harry drückt ihm nur seine Lippen auf die Stirn und streicht sanft über seine Wange.
Und dann öffnet sich die Tür und eine Krankenschwester und Dr. Jensen kommen in den Raum. Und dann wird alles irgendwie hektischer, obwohl sich alle bemühen Ruhe zu bewahren.
Und Harry lässt Louis' Hand nicht eine Sekunde los.
Er ist aufgewacht.
Er ist wirklich aufgewacht.
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Die nächsten zwei Wochen sind die glücklichsten Wochen Harrys Lebens, weil er jeden Tag aufwacht und es kein Traum war. Weil er jeden Tag aufwacht und Louis das auch tut.
Eine Weile muss Louis noch im Krankenhaus bleiben, als dann alle seine Werte stabil genug sind, wird er aber tatsächlich fast pünktlich zu Weihnachten entlassen und obwohl er am Anfang noch einen Rollstuhl braucht, weil seine Muskeln noch so schwach sind kann Harry nicht glauben, dass seine Wohnung sich zum ersten Mal seit 20 Monaten wieder nach zu Hause anfühlen wird.
Nachdem sie am 24. ruhig Louis' Geburtstag gefeiert haben liegen sie abends zu zweit ineinander verhakt auf dem Sofa und gucken einfach nur dem Feuer im Kamin zu.
Irgendwann spürt Louis wie sein Mann leicht zittert und als er zu ihm blickt sieht er die Tränen auf Harrys Wangen.
„Hey, sagt er leise. „Hey Baby, was ist los?"
„Ich kann nicht glauben, dass du wieder hier bist", sagt Harry leise schluchzend. „Bei mir."
Louis Blick wird weich und er streicht Harry liebevoll eine Locke aus der Stirn. „Ich kann nicht glauben, dass du anderthalb Jahre lang ohne mich leben musstest."
„Ich liebe dich", schluchzt Harry und Louis schlingt sofort seine Arme enger um Harrys Hals und drückt seine Nase gegen Harrys Wange. „Ich liebe dich. Und ich bin hier."
„Ja." Harry nimmt sein Gesicht in seine Hände, um ihn anzusehen und ein Lächeln fliegt auf seine Lippen.
„Ja, du bist hier. Du bist zu mir zurückgekommen."
„Ich würde dich nie verlassen, Harry."
„Ich war kurz davor, es zu glauben."
Louis' Augen spiegeln den Schmerz, den er für Harry verspürt und Harry lächelt. „Aber du hast mir mal wieder das Gegenteil bewiesen", sagt er und damit zieht er Louis noch näher und küsst ihn und die beiden seufzen auf.
Und zum ersten Mal seit Ewigkeiten fühlt Harry sich wieder ganz.
Louis ist sein Zuhause.
Und er hat ihn nicht verlassen.
Er ist zu ihm zurückgekommen.
_____
sehr kurz und sehr weak, aber ich verspreche es wird besser hahaha
der der morgen kommt ist zum beispiel einer meiner favourites :)
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