6. Türchen - Nikolaus
Louis Pov
Grummelnd zog ich mir die Bettdecke über den Kopf, um dem Tageslicht zu entkommen. Ich wollte noch nicht aufstehen, sondern lieber die noch verbleibenden freien Stunden bis zum nächsten Termin im Bett verbringen. Sicherlich hätte ich den Plan auch durchgezogen, hätte es nicht wenige Minuten später an der Tür des Hotelzimmers geklopft. Nachdem ich mich jedoch geweigert hatte das warme Bett zu verlassen, um die Tür zu öffnen, klopfte es einige Sekunden später erneut, weswegen ich mich seufzend ergab.
Nur widerwillig quälte ich mich aus dem Bett. Aus meinem Koffer holte ich eine Jogginghose, sowie einen Pullover, die ich überzog, da man nie wissen konnte, wer bei einem vorm Hotelzimmer stand.
Ich öffnete die Zimmertür und blickte in einen leeren Flur. Irritiert wollte ich einen Schritt aus dem Zimmer machen, um mich nach einer Person umzusehen, wobei ich mit dem Fuß gegen etwas stieß. Mein Blick glitt auf den Fußboden. Vor mir standen ein Paar Schuhe von Adidas, die mit Süßigkeiten gefüllt waren. Noch verwirrter als zuvor ging ich in die Knie und begutachtete die Schuhe. Sie waren in meiner Größe und vor einigen Tagen hatte ich tatsächlich überlegt mir dieses Modell zu bestellen, war dann jedoch nicht mehr dazu gekommen.
Warum standen Schuhe, die nicht mir gehörten und mit Süßigkeiten gefüllt waren, vor der Tür meines Hotelzimmers?
"Das ist Tradition in Deutschland", ertönte eine vertraute Stimme, weswegen ich aufblickte. Nur wenige Schritte von mir entfernt stand Harry, weswegen sich meine Lippen direkt zu einem breiten Lächeln verzogen.
"Was machst du denn hier?", fragte ich, während ich mich vom Fußboden erhob und auf den Größeren zu lief, der mir entgegen kam.
"Ich hab ein paar Tage frei, ich mag Deutschland und mein Ehemann hält sich gerade für ein Konzert in Deutschland auf, da konnte ich gar nicht anders als herzukommen." Glücklich schlang ich meine Arme um ihn und schmiegte mich an seinen Körper.
"Ich hab dich vermisst."
"Und ich dich erst, Love", murmelte Harry, wobei er sein Gesicht in meinen Haaren vergraben hatte. Wir nahmen uns einen Moment, um die Anwesenheit des jeweiligen Anderen zu genießen, obwohl wir mitten im Hotelflur standen. Obwohl unsere Ehe inzwischen seit drei Jahren öffentlich war, hielten wir uns in der Öffentlichkeit noch immer zurück. Je mehr die Welt von unserer Beziehung mitbekam, desto häufiger kam es vor, dass irgendjemand wildfremdes meint, er müsse sich einmischen. Wir brauchten keine Beziehungstipps oder Kommentare über unsere Leben von Leuten, die wir nicht persönlich kannten.
"Wollen wir in mein Hotelzimmer?", frage ich schließlich.
"Gerne", stimmte Harry direkt zu und löste unsere Umarmung langsam. Er ging vor, wobei er die gefüllten Schuhe vom Boden aufsammelte und mit rein nahm.
"Du sagtest, das sei Tradition?", griff ich das Thema mit den Schuhen wieder auf, während ich hinter mir die Zimmertür schloss.
"Ja, in der Nacht auf den 6. Dezember kommt in Deutschland der Nikolaus und lässt den Kindern, die am Abend zuvor ihre Stiefel vor die Tür stellen, Süßigkeiten und vielleicht auch mal kleine Geschenke da. Du bist zwar kein Kind mehr und es standen auch keine Stiefel vor der Tür oder irgendwas anderes zum Befüllen, aber er hat bei dir sicher mal ein Auge zu gedrückt."
"Und weil nichts vor der Tür stand, hat sich der Nikolaus in meinen Account eingehackt, sich meinen Warenkorb angeschaut und hat die Sneaker per Expressversand bestellt bzw. war selbst noch schnell mitten in der Nacht shoppen?", hakte ich grinsend nach, weswegen Harry mit den Schultern zuckte.
"Der Nikolaus kann sowas halt."
"Dann muss ich mich wohl noch bei ihm bedanken."
"Weiß du, ich habe zufällig Kontakt zum Nikolaus", erklärte der Jüngere.
"Wenn ich das Dankeschön dir zukommen lasse, würdest du es also weiterleiten?"
"Selbstverständlich." Langsam ging ich auf Harry zu.
"Dann richte dem Nikolaus doch bitte aus, dass ich mich sehr über sein Geschenk gefreut habe und ich ihm verzeihe, dass er sich in meinen Account gehackt hat."
"Ich weiß nicht, ob es überhaupt als hacken zählt, wenn du dein PC im Büro nicht Passwort gesichert ist und die Passwörter für deine Accounts gespeichert sind."
"Der Nikolaus war also an meinem PC?"
"Wie gesagt, ich habe Kontakt zu ihm. Du brauchst bei der Polizei also keine Anzeige gegen ihn aufgeben."
"Das ist wirklich ein erstaunlicher Mann, wenn er heute Nacht sogar noch schnell nach London geflogen ist, um sich an meinen PC zu setzen. Da reicht ein normales Dankeschön wohl nicht aus." Ich legte meine Hände in Harrys Nacken, zog ihn etwas zu mir runter und küsste ihn zärtlich. An meinen Lippen lächelnd erwiderte der Brünette den Kuss. Unsere Körper schmiegten sich aneinander, während wir uns zärtlich küssten.
Schließlich ließ ich von Harrys Lippen ab und sah lächelnd zu ihm hoch. Seine Hand strich sanft über meine Wange.
"Ich weiß ja nicht so recht, was ich davon halten soll, dass du einen alten Mann als Dankeschön küssen möchtest. Vielleicht sollte ich diesen Teil der Botschaft lieber nicht weitergeben, nicht dass er noch falsch von dir denkt."
"Ich weiß auch nicht, was ich davon halten soll, dass du andere Männer einfach in unser Haus lässt und dann auch noch an meinen PC. Allerdings kann ich dich beruhigen, ich stehe eher auf jüngere. Optimal ist es, wenn mein Partner 770 Tage jünger ist."
"So ein Zufall, ich bevorzuge es nämlich, wenn mein Partner 770 Tage älter ist. Darf ich dich übrigens dran erinnern, dass du es belächelt hast und meintest, wir würden diese Zahl niemals brauchen, als ich unseren Altersunterschied ausgerechnet habe?"
"Stimmt, wie hatte ich bisher nur leben können ohne diese Zahl zu kennen", schmunzelte ich.
"Spinner", lachte Harry, ehe er mich in einen weiteren Kuss verwickelte.
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