Zwei hält besser als Eins

33:

Den Kopf gesenkt ging ich in die Schule hinein. Ich wollte einfach nicht auffallen, was mir meistens auch recht gut gelang. Warum ich nicht auffallen wollte? Naja, das war noch immer besser als beleidigt oder zusammengeschlagen werden, oder etwa nicht?

Ich hatte keine Ahnung, warum gerade ich dieses Opfer für die Schule 'spielen' musste. Wahrscheinlich, weil ich einfach anders war. Ich hatte andere Ziele, andere Hobbys. Und mit eben diesen kamen viele nicht unbedingt klar. Sie hielten mich für den größten Streber, den es je gegeben hatte. Dabei stimmte das nicht einmal hundertprozentig, denn obwohl ich immer ausgezeichnete Noten hatte, lernte ich nicht jeden Tag bis spät in die Nacht hinein dafür, wie alle annahmen.

Ich war einfach ziemlich gut in der Schule und anders als die meisten, waren mir meine Noten eben nicht egal. Ich wollte einen guten Abschluss haben, damit ich danach an einer der besseren Unis studieren könnte.

Vielleicht lag es aber auch gar nicht an den Noten, dass ich diesen Ruf als Streber und Loser hatte. Denn seit ich zum ersten Mal beleidigt worden war, war mein Selbstvertrauen immer kleiner geworden und jetzt war praktisch nichts mehr davon übrig.

Möglicherweise lag es aber auch an meinem Aussehen, denn anders als die meisten, gab ich nicht so viel auf mein Äußeres. Es musste praktisch und halbwegs bequem sein, dabei natürlich sehr professionell. Vielleicht würden mich nicht so viele Schüler dumm anstarren oder für einen Loser halten, wenn ich einmal ein normales T-Shirt trug, oder auch einfach meine Haare so lockig ließ, wie sie eigentlich waren, aber damit fühlte ich mich nicht wohl.
Stattdessen trug ich dunkle Jeans und über einem (meistens weißen) Hemd noch ein Gilet. Meine Haare waren nach hinten gegelt, damit sie mir nicht vor die Augen fallen konnten. Auf meiner Nase saß eine dicke 'Nerdbrille'.

Schnell ging ich zu meinem Spind und holte die wichtigen Schulbücher heraus. Ich drehte mich um und ließ meinen Blick kurz über den Schulgang schweifen, um zu schauen, ob jemand der 'Beliebten' in der Nähe war.

Die 'Beliebten', das waren natürlich alle Fußballspieler und diejenigen, die mit ihnen herumhingen. Unser Schulfußballteam war eigentlich wirklich gut, aber die meisten Spieler waren ziemlich arrogant und nutzten einfach alles und jeden an dieser Schule aus, um ihre Beliebtheit nur noch weiter zu steigern. Dazu gehörte auch, kleinere und schwächere Schüler zu beleidigen und zu verprügeln.
Und zu eben diesen gehörte ich.

Mein Blick fiel auf eine kleine Gruppe von Jungs. Sie standen lässig herum und lachten zusammen, grölten und pfiffen jedem Mädchen nach, dass auch nur ansatzweise in ihre Nähe kam. Zumindest so lange, bis ihr Blick auf mich fiel.

Scheiße.

Ich drehte mich um und ging schnell in die andere Richtung los. Hastig verschwand ich um eine Ecke und verschwand in einem der Klos. Ich sperrte die Tür ab und setzte mich auf die geschlossene Toilette. Zitternd wartete ich.

Leise Schritte kamen näher und wurden immer lauter. Ich hörte wie sie nach mir riefen, doch ich gab keinen Mucks von mir. Die Knie an meine Brust gezogen, vergrub ich meinen Kopf darauf. Ich wollte nicht schon wieder von ihnen nieder gemacht werden.

Dann wurde die Tür zum Jungsklo aufgerissen. Mein Atem ging immer schneller und die Tränen standen mir hetzt schon in den Augen. Warum immer ich?

"Alter, ich glaub wir sind hier falsch. Die Schwuchtel wird wahrscheinlich im Mädchenklo hocken. Da passt es besser dazu.", meinte einer der Jungs und alle lachten.

"Du meinst, es glaubt, wenn es sich ins Mädchenklo hockt, dann braucht es keine Angst mehr vor uns haben, weil wir dann nicht wissen, dass es schwul ist?", lachte ein anderer. Ich krümmte mich noch kleiner zusammen, die Tränen liefen über meine Wangen nach unten.

Dann wurde auf einmal die Tür zum ersten Klo aufgerissen und ich hörte wie sie unterdrückt lachten. "Da bist du ja mal nicht, Streberchen." Wieder lautes Lachen.

Die Schritte kamen näher.
Nein, bitte nicht!

Die Gruppe machte eines dieser lauter werdenden Anfeuerungsgeräusche und dann wurde die nächste Klotür aufgerissen. Sie brachen in Gelächter aus und ich konnte nicht genau verstehen, was sie sich gegen zuriefen, da meine Gedanken alle nur darauf fixiert waren, nicht laut aufzuschluchzen oder mich irgendwie anders zu verraten.
Es würde keine Rolle mehr spielen, denn die nächste Tür wäre meine.

Ich schloss meine Augen und versuchte mich noch kleiner zu machen. Ich schnappte nur kleine Wortfetzen auf, doch ich wollte auch gar nicht wissen, um was es eigentlich ging.

Ich hörte wie eine Tür aufgerissen wurde und vergrub meinen Kopf nur noch weiter in meinen Knien. Jetzt war es soweit. Die Jungs lachten und ich atmete tief durch bevor ich aufschaute.

Irritiert zog ich die Augenbrauen zusammen, da war niemand. Die Tür war noch geschlossen.
Was war dann passiert?

Ich lauschte konzentriert und dann hörte ich es.

"Tomlinson, du bist auch mal da. Hast du dich jetzt endlich mal dazu entschieden, uns zu helfen dieser Styles-Schwuchtel Manieren beizubringen?", fragte einer der Jungs und ich biss mir auf das Handgelenk, um nicht loszuheulen. Also doch kein Wunder, nur noch mehr Verstärkung.

"Nein, bin ich nicht. Ich muss euch nur vom Coach ausrichten, dass wir jetzt ein Fußballtraining haben.", antwortete eine ruhige, melodiöse Stimme.

Warte - was?

Ein Wunder?

Die Gruppe murrte zwar etwas herum, doch einer nach dem anderen zogen sie ab. Hatte der unnahbare Louis Tomlinson mir gerade geholfen? Der Käpten des Fußballteams? Der, der sich sonst in nichts einmischte?

"Kommst du Tomlinson?", fragte jemand, doch der Angesprochene erwiderte: "Nein, ich komme gleich nach."

Meine Augen wurden größer. Er wollte noch hier bleiben? Was wenn er doch kein Wunder war, sondern mich einfach nur alleine fertig machen wollte?

Zittrig atmete ich ein und stieß so leise wie möglich die Luft wieder aus. Ich zuckte zusammen, als die Tür zum Jungsklo zufiel und den Raum in schweigen tauchte. Ich hörte Schritte, die näher kamen. Noch einmal kugelte ich mich zusammen. Ich wollte einfach nur einen Tag ohne schwere Verletzungen, Beleidigungen oder ähnliches überleben.

"Harry?", fragte die wunderschöne Stimme auf einmal.

Erschrocken sah ich auf. Louis Tomlinson wusste meinen echten Namen? Woher wusste er den denn? Sonst hatte doch niemand eine Ahnung wie ich wirklich hieß.

Das war eine der täglichen Beleidigungen der Fußballer gewesen. Irgendwann hatten sie einmal herumgeschrien, dass 'Marcel' schwul ist und hatten dabei auf mich gezeigt.

Seitdem war das sowas wie mein Name geworden. Ich hasste ihn, weil er mich einfach zu sehr an diese Idioten erinnerte, doch ich konnte ihn nicht los werden - egal, wie sehr ich mich bemühte. Fast niemand wusste mehr wie ich wirklich hieß und dass Louis jetzt meinen Namen rief, glich einem Weltwunder.

Er war wahrscheinlich der Beliebteste Typ auf der ganzen Schule und ehrlich gesagt, konnte ich verstehen, warum er so angehimmelt wurde. Er war einfach perfekt. Der schönste Mensch, der mir je in meinem Leben untergekommen war.

Bevor ich noch darüber nachdenken konnte, hörte ich mich auch schon antworten. "Hier", murmelte ich schwach.

Die Schritte kamen näher und Louis versuchte, die Tür zu der Kabine zu öffnen, doch sie war noch abgesperrt.

"Machst du bitte auf?", fragte er ruhig.

Sollte ich?

Meine Hand zitterte, als ich sie nach vorne streckte und die Tür aufsperrte. Schnell zog ich sie wieder zurück und kauerte mich zusammen. Ich beobachtete wie sich die Türklinke senkte und dann langsam die Tür aufschwang.

Mein Blick fiel auf zwei blaue Augen und ich hätte mich beinahe in ihnen verloren. Sie strahlten eine Offenheit aus, die ich noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Als er mich bemerkte, wie ich da zusammengekauert da saß, die Wangen tränennass, verdunkelte sich sein Gesichtsausdruck und er kniete sich langsam vor mich hin.

Vorsichtig streckte er eine Hand nach mir aus und ich konnte Verletzen in seinen Augen erkennen, als ich zurückzuckte. Ich schaute ihn aus großen Augen an und atmete tief durch.

"Ich will dir nichts tun.", versuchte Louis mich zu beruhigen und ich nickte leicht als Zeichen, dass ich ihn vertanden hatte.

Noch einmal streckte er seine Hand mach mir aus und dieses Mal ließ ich seine sanfte Berührung zu. Seine Finger strichen leicht über meine Handfläche und langsam entspannte ich mich etwas.

"Woher kennst du meinen Namen?", fragte ich, sobald ich mich etwas unter Kontrolle hatte. Meine Stimme klang brüchig und wurde immer leiser.

"Weil ich dich beobachtet habe.", gab Louis zu und ich sah ihn verwirrt an. Wieso sollte Louis Tomlinson, der beste Fußballspieler und beliebteste Schüler mich Harry Styles, den größten Loser und Streber der Schule beobachten wollen?

Louis musste wohl bemerkt haben, wie verwirrt ich war, denn er sprach leicht zögerlich weiter. "Ich beobachte dich schon seit fast zwei Jahren. Du bist sehr faszinierend, weißt du das eigentlich?"

Faszinierend? Ich?

Ich lachte ungläubig leise auf, doch Louis strich einfach weiter mit seinem Finger über meine Hand und wanderte langsam zu meinem Unterarm. Gänsehaut breitete sich auf meiner Haut aus und ich lächelte schwach. Das erste ehrliche Lächeln seit Monaten.

"Ja, Harry, du bist faszinierend. Irgendetwas an dir.. wie wenn du mich in deinen Bann gezogen hast..", murmelte er leise.

"Beweise es!", forderte ich ihn auf.

Louis lachte kurz auf, dann sah er mich wieder ernst an und nickte. "Okay", flüsterte er. Ich schluckte als mir auffiel, wie nahe er bei meinem Gesicht war.

Er kam mir immer näher und dann lagen seine Lippen auf meinen. Fast augenblicklich flatterten meine Lider zu und ich ließ alle meine Schutzmauer fallen. Noch nie hatte ich so etwas verspürt. Louis zog mich näher an sich und ich schmolz in seinen Berührungen dahin. Seine Hände strichen über meine Oberarme und hielten mich schützend fest. Zum ersten Mal fühlte ich mich richtig geborgen. Ich liebte das Gefühl von Louis' starken Armen gehalten zu werden. Ich musste mich um nichts kümmern, mir keine Sorgen machen, nicht aufpassen, sondern konnte einfach einmal ich selbst sein.

Langsam löste er sich von mir, doch ich drückte mich an seine Brust, so dass er seine Arme nicht aus der Umarmung lösen konnte. Ich wollte nicht in die grausame Realität zurück kommen. Nein, ich wollte für immer hier in seinen Armen bleiben. Für immer von ihm beschützt werden.

Louis drückte mich ein Stück weg und sofort breitete sich Panik in mir aus. Was wenn jetzt alles nur noch schlimmer werden würde. Ich klammerte mich stärker an ihm fest, Tränen in den Augen. Er durfte mich nicht alleine lassen.

Entsetzt sah Louis die Tränen und schloss mich schnell wieder fester in seine Arme. Leise flüsterte er mir beruhigende kleine Sachen ins Ohr und rieb sanft Kreise auf meinen Rücken.

"Ich lass dich nicht allein. Ich versprech es dir! Du musst nie wieder allein sein. Dir wird nichts mehr passieren. Ich werd es nicht zulassen.", versprach er und ich lächelte leicht. Er schauderte als er meinen Atem in seiner Halsbeuge spürte.

"Danke Louis.", murmelte ich.

Er drückte mich nur fester und presste kleine Küsse auf meine Schläfe und in mein Haar. Zu zweit würden wir diese Zeit überstehen. Louis würde mir helfen.

"Ich liebe dich, Harry.", wisperte er.

"Ich liebe dich auch."

*****

Hey :) von mir hört man auch mal wieder was..

Diesen OS hat sich @real_eyes_real_lies gewünscht (hoffe, er gefällt dir..)

Ihr seid übrigens echt DER WAHNSINN!! Ich hab noch nicht mal einen neuen OS geschrieben und schon 100 neue Votes.. wtf?! Danke!! ❤

Love you all! :*

WIDMUNG: real_eyes_real_lies

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