Supplierstunde
49:
Genervt sah ich auf meinen Stundenplan. Heute war wirklich ein schlechter Tag für mich. Nicht nur dass das Warmwasser in der Früh nicht funktioniert hatte und ich mich mit eiskaltem Wasser abgeben hatte müssen, nein, dann musste ich auch noch während meiner einzigen Freistunde heute in einer Klasse supplieren. Besser hätte es gar nicht mehr laufen können.
Obwohl ich erst dieses Jahr zu unterrichten angefangen hatte, hatte ich auch jetzt schon schlechte Tage, und an denen konnte mich nichts aufheitern. Nicht einmal der neue Lehramtstudent, der an dieser Schule die Pflichtunterrichtsstunden machte. Ich war zwar neu, aber es war beinahe unmöglich, ihn nicht zu sehen. Sein Name war Harry Styles, aber das war auch schon alles, was ich über ihn wusste und mit ihm geredet hatte ich auch noch nie. Woran das lag, wusste ich nicht genau, möglicherweise daran, dass wir beide neu waren, vielleicht aber auch einfach, weil ich Fremden gegenüber etwas schüchtern war.
Den Blick gesenkt machte ich mich auf den Weg zu der Klasse, in der ich supplieren sollte. Heute hatte ich echt keine Lust mehr zu tun, als ich eigentlich sollte. Das war natürlich nicht falsch zu verstehen - ich liebte meine Arbeit, sehr sogar, aber jeder hatte manchmal seine schlechten Tage. Und dieser war einer von meinen.
Ich atmete einmal tief durch bevor ich, fast zehn Minuten zu spät, die Tür zum Klassenzimmer öffnete. Langsam stieß ich sie auf und ging hinein, nur um abrupt stehen zu bleiben. Was . . . ? Ich war doch in der richtigen Klasse, oder etwa nicht?
Vorne, neben dem Lehrertisch stand ein großgewachsener junger Mann, den ich schnell als Harry Styles identifizieren konnte. Er schaute auf, als er die Türe aufgehen hörte und sah mich verwirrt an.
"Was machst du denn da?", fragte ich total verblüfft. Ich schloss die Tür hinter mir, einfach nur um etwas zu tun zu habe, und nicht die ganze Zeit in diese unglaublich grünen Augen schauen zu müssen. Mir war nie wirklich aufgefallen, wie grün seine Augen wirklich waren.
"Ahm, ich bin gefragt worden, ob ich die Supplierung hier übernehmen könnte, weil sie keinen Lehrer gefunden haben, der noch frei hätte.", erklärte er und seine Wangen nahmen einen unwiderstehlichen Rotton an. Ich nickte und konnte das kleine Lächeln, das sich auf meine Lippen stahl nicht verhindern. Was machte dieser Kerl nur? Da war ich gerade noch so schlecht drauf, dass ich mich am liebsten auf mein Bett werfen und mich unter den Decken begraben würde und jetzt muste ich lächeln?
"Achso, bei mir steht nämlich auf dem Supplierplan, dass ich hier unterrichten soll.", erwiderte ich. Ich hatte es geschafft - einen ganzen Satz ohne zu stottern oder rot zu werden.
Harry stand unsicher da und mir war klar, dass er nicht wirklich wusste, was er jetzt machen sollte. Er trat von einem Fuß auf den anderen und wollte gerade den Mund aufmachen, um etwas zu sagen, als ich ihn unterbrach.
"Ahm, du kannst ja hier bleiben. Ich meine du bist doch Lehramtstudent, also warum machen wir den Unterricht nicht zusammen?", fragte ich schnell. Zwei Fliegen mit einer Klappe - Harry hatte eine Wahl und musste nicht unwohl dastehen und überlegen, was er tun sollte und ich könnte mehr Zeit mit dem atemberaubenden jungen Mann verbringen. Mir war nie aufgefallen, wie schön er eigentlich war. Wahrscheinlich hatte ich nie richtig hingeschaut, aber jetzt als ich mit diesem unbeschreiblich gutaussehenden Gesicht konfrontiert war, blieb mir nichts anderes übrig, als mir einzugestehen, dass ich ihn vielleicht ein winzig kleines bisschen zu gern anschaute.
"Okay, sicher.", antwortete er leise und ich sah wie seine Mundwinkel leicht nach oben zuckten. Ich ging die letzten paar Schritt nach vorne zum Lehrertisch und legte den Ordner, den ich mit mir herumtragen musste, darauf ab.
"Also um was gehts gerade?", fragte ich. Ich war schon gespannt, was das für ein Unterricht werden würde.
"Eine Diskussion, ob es verantwortbar ist, abzutreiben.", erklärte Harry schnell, ich nickte und lehnte mich seitlich gegen den Tisch. Als wäre die Unterbrechung nie geschehen, begannen die Schüler zu diskutieren, Harry warf nur hier und da ein Wort ein und sorgte dafür, dass sie nicht zu laut oder unverschämt wurden.
Währenddessen saß ich nur da, die Arme vor der Brust verschränkt und beobachtete Harry, wie er in seinem Element völlig aufblühte. Wenn ich ihn vorher als schön empfunden hatte, dann war er jetzt mindestens perfekt. Er hatte einfach diese atemberaubende Ausstrahlung und ich konnte mich nicht von ihm losreißen.
Auf einmal warf er den Kopf zurück und durch all die Stimmen drang sein Lachen zu mir durch. Gänsehaut machte sich auf meinen Armen breit und ich ließ meinen Blick über seinen jetzt freigelegten Hals wandern, der vorher fast zur Gänze von seinen lockigen Haaren verdeckt gewesen war. Ein kleines Lächeln kletterte auf meine Lippen, als ich ihm weiter zusah.
"Mister Tomlinson, was halten Sie von Abtreibung?", riss mich auf einmal die Frage einer Schülerin aus den Gedanken und ich sah schnell zu ihr hinüber. Hoffentlich hatte niemand bemerkt, dass ich die ganze Zeit über nichts Anderes getan hatte, als Harry zu beobachten.
"Ich finde, es ist nicht verantwortbar, ein Kind abzutreiben, selbst wenn es noch nichts spüren kann und theoretisch nicht leben kann. Man sollte sich vorher klar werden, ob man ein Kind will oder nicht, dann kann sowas gar nicht passieren und wenn es nicht freiwillig war, dann gibt es noch immer so etwas wie Adoption.", beantwortete ich dann eilig die Frage und konnte aus den Augenwinkeln sehen, dass sich ein sanftes Lächeln auf Harrys Gesicht geschlichen hatte. Ich konnte nicht anders, als es zu erwidern und dann stand ich wohl wie ein verliebter Volltrottel vor der Klasse. Nur dass ich natürlich nicht verliebt war! Nein, ich war doch alles andere als verliebt.
Dieses Mal wurde ich von der Pausenglocke aus meinen Gedanken gerissen, die sich natürlich nicht um diesen Lehramtstudenten gedreht hatten. Ich stand von meinem Platz, an den Lehrertisch gelehnt, auf und griff nach meinen Unterlagen, die ich jetzt doch gar nicht gebraucht hatte. Dann schaute ich mich nach Harry um, der anscheinend nur mehr auf mich zu warten schien. Schnell eilte ich zu ihm hinüber und nach einem "Wiedersehen und schönes Wochenende" an die Schüler gingen wir gemeinsam aus dem Klassenzimmer.
Überrascht schüttelte ich den Kopf als mir auffiel, dass ich nicht einmal froh war, dass nun endlich Freitag war und ich nur mehr eine Stunde unterrichten musste. Hatte dieser Kerl es tatsächlich geschafft meine schlechte Laune in Luft aufzulösen?
"Mister Tomlinson, geht es Ihnen gut?", fragte Harry mich auf einmal und mir fiel auf, dass ich unabsichtlich stehen geblieben war. Schnell ging ich weiter und nickte ihm freundlich zu.
"Ja, alles in Ordnung. Und nenn mich Louis.", erwiderte ich, als wir Richtung Konferenzzimmer gingen.
"Nur wenn ich dich auf einen Kaffee einladen darf.", hörte ich Harry sagen und wahrscheinlich hatte ich meinen Kopf in meinem ganzen Leben noch nie so schnell bewegt, um ihn anzusehen. Ihm schien erst jetzt klar zu werden, was er gesagt hatte, denn seine Augen wurden auf einmal riesig und seine Wangen hatten Ähnlichkeit mit einer Tomate.
"Oh verdammt, ich h-habs nicht ... so gemeint.", versuchte er sich hastig herauszureden. Ich musste leicht grinsen und legte meine Hand auf Harrys Arm ab, um ihn zum Stehenbleiben zu verleiten.
"Das wär aber schade, wenn du es nicht so gemeint hättest!", sagte ich leise und dieses Grinsen wollte einfach nicht mehr von meinem Gesicht verschwinden. Harry sah vom Boden auf und zu mir, in seinen Augen konnte ich Hoffnung durchschimmern sehen. Er lächelte mich zaghaft an und ich strich mit meinen Fingern sanft über seinen Unterarm, um ihm Mut zu machen, die Einladung noch einmal auszusprechen.
"Würden Sie vielleicht einen Kaffee mit mir trinken gehen, Mister Tomlinson?", stellte er seine Frage erneut und ich musste kurz auflachen.
"Nur wenn Sie, Mister Styles, mich endlich Louis nennen.", antwortete ich und sah ihn auffordernd an. Jetzt musste auch Harry leicht grinsen und er griff theatralisch nach meiner Hand.
"Louis", war alles was er sagte, bevor er meine Hand anhob und einen sanften Kuss auf den Handrücken drückte. "Willst du jetzt einen Kaffee mit mir trinken gehen?", vollendete er die Frage und ich nickte völlig perplex. Hatte er mir wirklich einen Handkuss gegeben?
Total überrumpelt von der Geste und den grün funkelnden Augen konnte ich mich nicht von der Stelle rühren, als er sich zu mir nach vorne beugte.
"Ich sag dir Bescheid.", flüsterte er und sein Atem streifte meinen Nacken. Ich war wie erstarrt und konnte ihm nur nachstarren, als er sich umdrehte und nach einem letzten Lächeln davonging.
~~~~~
"Harry, kommst du runter. Wir kommen zu spät zum Essen.", rief ich durch die Wohnung und kaum zehn Sekunden später hörte ich schon Schritte die Treppe heruntereilen. Ich lächelte als Harry in mein Blickfeld kam. Dann sah wie er plötzlich mit dem Fuß wegrutschte.
"Pass auf du Tollpatsch!", rief ich ihm noch zu, als er auch schon nach vorne flog, die Treppe hinunter. Schnell sprang ich vor und versuchte ihn aufzufangen, bevor er auf dem Boden aufschlug. Theoretisch hätte es ja funktioniert, was ich allerdings nicht bedacht hatte war, dass Harry mit seinem gesamten Gewicht auf mich drauffiel. Ich konnte uns nicht beide halten und fiel um, er auf mich drauf.
"Au", stöhnte ich unterdrückt auf. Harry schaute mich geschockt an und rollte sich schnell von mir herunter.
"Lou, alles okay?", fragte er panisch, ich legte meine Hand beruhigend auf seinen Arm und richtete mich auf.
"Alles gut.", antwortete ich und rieb mir kurz über den pochenden Schädel, den ich mir beim Aufschlag gestoßen hatte. Harry half mir auf und eilte in die Küche um ein Geschirrtuch zu befeuchten und drückte daas kühlende, nasse Tuch gegen meine Schläfe, die das meiste abbekommen hatte.
"Es tut mir so leid!", murmelte er immer wieder und ich legte meine Hände um seinen Nacken und zog ihn näher zu mir.
"Hör auf dich zu entschuldigen, du kannst nichts dafür.", flüsterte ich zurück. Er sah mich weiter besorgt an und strich vorsichtig eine Haarsträhne aus meiner Stirn. Als ich dabei leicht zusammenzuckte, da er unabsichtlich genau über die Stelle gestrichen hatte, an der ich aufgeschlagen hatte, konnte ich sehen wie in seinen Augen Schuld und schlechtes Gewissen auflackerte.
"Es tur mir -", fing er an, doch ich ließ ihn nicht ausreden, sondern zog seinen Kopf zu mir herunter und drückte meine Lippen auf seine. Das war schon immer eine effektive Methode gewesen, um ihn verstummen zu lassen.
Langsam bewegten sich seine Lippen gegen meine und seine Anspannung löste sich immer mehr, als ich meine Finger durch seine Locken streichen ließ. Bald waren alle Schmerzen in meinem Kopf vergessen, als diese sichere Wärme durch mich hindurchschoss und ich zog Harry noch näher an mich, kletterte schon fast auf seinen Schoß. Ich wollte ihm einfach nahe sein, seinen starken Körper schützend an meinem spüren. Ich wollte ihn für immer lieben.
Sanft löste sich Harry aus unserem Kuss und zog mich in seine Arme. Er drückte mich fest an sich und legte seinen Kopf auf meiner Schulter ab, atmete tief ein und presste seine Lippen zart auf meine Haut.
"Wir müssen wirklich los, wenn wir noch zu deinen Elten zum Essen wollen.", sagte er und ich nickte. Trotzdem ließen wir einander nicht los. Ich wollte ihn nicht loslassen.
"Na komm schon", wiederholt er noch einmal und ich stand seufzend von seinem Schoß auf und auch Harry erhob sich. Sofort griff ich nach seiner Hand und er drückte sie sanft. Dann schob er mich zur Tür, eine Hand auf meinem Rücken, die andere noch immer in der meinen.
Das war es, was ich wollte. Meinen Freund, meinen Harry, der mich überall hin begleitete und hinter mir stand, wann immer ich ihn brauchte. Ich war nie glücklicher darüber, Lehrer geworden zu sein und an diesem einen schrecklichen Tag doch in die Schule gegangen zu sein, denn sonst hätte ich das alles nie erlebt.
Lächelnd drückte ich Harrys Hand und schaute in seine funkelnden Augen bevor wir uns auf den Weg machten.
'Danke', sandte ich meine Gedanken auf eine Reise.
'Danke, dass mein Leben so perfekt sein darf.'
*****
Hey *-* ich bins wieder (naja klar, wer denn sonst?)
Diesen OS hat sich @lariiisa gewünscht, ich hoffe, der passt so :)
Meinungen? Wünsche? Anregungen? Beschwerden? Sonstiges?
Ich hab das Gefühl, ich hab irgendwas vergessen, was ich euch eigentlich noch sagen wollte, aber ich weiß nicht, was es ist.. Shit?
WIDMUNG: lariiisa
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