Rollentausch
34:
(TEIL 2 VON ZWEI HÄLT BESSER ALS EINS)
2 Monate später
Ich wurde durch ein kräftiges Schütteln an meiner Schulter aufgeweckt.
"Harry, wach auf. Wir haben verschlafen.", hörte ich Louis' Stimme sagen. Grummelnd drehte ich mich auf den Rücken und blinzelte. Die Sonnenstrahlen brannten fast in meinen Augen und ich kniff sie schnell wieder zu.
"Na los, Haz. Steh auf.", sagte Louis noch einmal. Ich spürte seine Hand über meinen Oberarm streichen und drückte mich näher an diese wärmende Berührung.
Ich schlug meine Lider wieder auf und wurde von einem Lächeln und strahlenden blauen Augen belohnt. "Morgen Lou.", sagte ich, meine Stimme leise und rau vom Schlaf. Ein warmes, flatterndes Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus, als ich sah, dass Louis die Augen kurz schloss und beim Klang meiner Stimme schauderte. Es faszinierte mich, wie sehr auf mich reagierte.
Langsam setzte ich mich auf, streckte mich und gähnte erst einmal. Müde warf ich einen Blick auf die Uhr und erstarrte. Wir hatten ja wirklich verschlafen. Die Schule fing schon in fünfzehn Minuten an.
Wie sollte ich den in so kurzer Zeit zurecht kommen? Eigentlich hatte ich ja vorgehabt noch nach Hause zu fahren - ja, ich war gerade bei Louis zuhause - und mir noch etwas zum Anziehen zu holen, doch so ging sich das nicht mehr aus.
Louis schien meine Gedanken lesen zu können, denn er meinte: "Du kannst Sachen von mir haben. Aber deine Haare musst du so lassen, wir haben zu wenig Zeit, als dass du sie noch richten könntest."
Zögerlich nickte ich und schnappte mir das Gewand, das Louis mir hinhielt. Eine Jeans, eine frische Boxer, ein T-Shirt und einen (ihm zu großen) Pullover. Damit verschwand ich schnell im Bad, zog mich um und putzte mir die Zähne.
Dann ging ich wieder in Louis' Zimmer zurück und blieb vor seinem Bett, auf dem er saß, stehen. Ich nahm seine Hände in meine und zog ihn auf, so dass er in meine Arme fiel und wir uns umarmten.
Louis lachte auf und sah mich lächelnd an. Ich erwiderte sein Lächeln, beugte mich nach unten und legte sanft meine Lippen auf seine. Dieses bekannte Kribbeln, das doch nie alt wurde, breitete sich in meinen Adern aus und brachte eine Gänsehaut mit sich.
Langsam lösten wir und wieder von einander, doch ich ließ ihn nicht los, sondern lehnte meine Stirn an die seine. Sobald ich in seine wunderschönen, tiefblauen Augen schaute, wurde mir leicht schwindlig und ich stieß die Luft aus, die ich zuvor unbemerkt angehalten hatte.
"Lass uns gehen.", flüsterte Lou, doch er bewegte sich keinen Millimeter vom Fleck. Ich nickte nur, doch auch ich rührte mich nicht. Stattdessen ließ ich meine Hand sanft über seine Seite wandern und fuhr seinen Rippenbogen nach, bevor ich sie auf seine Brust legte. Ich spürte seinen Herzschlag unter meinen Fingerspitzen und lächelte leicht. Wie ich dieses Gefühl liebte.
Louis hatte mir so sehr geholfen und alles, was ich ihm dafür geben konnte, war mein Vertrauen, meine Zuneigung und meine Liebe. Er war mein persönlicher Engel, der auf mich aufpasste.
Ich ließ meine Hand über seinen Arm wandern und umschloss dann mit meinen Fingern die seinen. Louis' Lächeln wurde breiter und er drückte mir einen kleinen, zärtlichen Kuss auf den Mundwinkel.
Rückwärtsgehend, den Blick noch immer auf mich gerichtet, zog Louis mich an der Hand aus dem Zimmer. Ich musste grinsen und wäre fast gegen die nächste Tür gerannt, hätte mich mein Freund nicht aus dem Weg gezogen. (Das kam wohl davon, dass ich meine Augen einfach nicht mehr von meinem unbeschreiblich gut aussehenden Lou lösen konnte.)
"Na komm schon, wir müssen uns beeilen.", sagte ich nach einem Blick auf die Uhr, als Louis sich langsam die Schuhe anzog. Er blickte amüsiert auf.
"Jetzt ist es auch schon egal. Ob wir fünf oder fünfzehn Minuten zu spät kommen interessiert keinen.", antwortete er und ich verdrehte gespielt genervt die Augen. Er hatte ja recht, aber ich wollte trotzdem keinen großen Aufstand verursachen.
Wie Louis vorhergesagt hatte, waren wir eine Viertelstunde zu spät dran, als wir das Schulgebäude betraten - etwas Gutes hatte das allerding. Es war niemand mehr auf den Gängen und Louis und ich mussten uns nicht verstecken.
Es wusste niemand, dass wir zusammen waren. Louis hatte vorgeschlagen, es vorerst noch geheim zu halten, zumindest so lange, bis wir uns sicher waren, dass wir die hassvollen Kommentare aushalten konnten. Ich fand es einfach nur schrecklich, dass es überhaupt so weit kommen konnte. Wie konnten sich irgendwelche wildfremden Menschen einbilden, etwas Schlechtes über Louis' und meine Beziehung zu sagen? Sie kannten uns ja nicht mal.
Und es ging sie auch nichts an.
Hand in Hand gingen wir durch das Schulgebäude und nahmen nichts um uns herum wahr. Auch nicht die Gestalt, die um eine Ecke spähte und uns beobachtete.
Ich lächelte Louis an, als er mich bis zur Tür des Klassenzimmers brachte. Er erwiderte mein Lächeln und zog mich in eine feste Umarmung. Dann drückte er seine Lippen auf meine und küsste mich zärtlich.
"Bis bald, Babe.", verabschiedete er sich und ging den Gang entlang. Ich schaute ihm nach, bis er um eine Ecke verschwand.
Seufzend öffnete ich die Tür zu meinem Klassenzimmer und trat ein. Alle Augen lagen auf mir. Niemand sprach auch nur ein Wort.
"Ähm.. tut mir Leid, dass ich zu spät bin?", fragte ich eher, als dass ich es sagte. Meine Stimme war leise und ich starrte unsicher auf den Boden. Eine Locke fiel mir vor die Augen und ich schüttelte sie schnell wieder zurück. Die Blicke folgten mir als ich mich an meinen Platz in der vordersten Reihe setzte.
Ich hörte wie ein paar Mädchen die Köpfe zusammen steckte, zu tuscheln anfingen und leise kicherten.
Was hatten die bloß?
Ich bekam den größten Teil der Stunde nichts mit, da meine Gedanken bei Louis geblieben waren. Und das komische Verhalten meiner Mitschüler half mir nicht beim Konzentrieren.
Endlich erlöste mich das Läuten der Glocke von dem Unterricht. Ich sprang auf und ging schnell aus dem Zimmer, ohne auf die verwirrenden Blicke vieler Mädchen zu achten. Warum starrten die mich so an? Hatte ich was im Gesicht?
Als ich vor die Tür trat, war Louis nicht da. Das war an sich nichts Schlimmes, da wir unsere Beziehung ja geheim hielten, doch normalerweise schrieb er mir sobald die Pause begann eine Sms darüber, wie sehr ich ihm fehlte und dass er das Verstecken hasste.
Hatte er es einfach vergessen?
Ich ging den Gang entlang ohne einem Ziel vor den Augen, als ich drei Jungs miteinander reden hörte. Sie gehörten zu den "Beliebteren".
"... erzählt, dass er Tomlinson mit einem anderen Jungen gesehen hat. Er war sich nicht sicher, glaubt aber, dass es dieser Styles war.", sagte einer der drei. Ich erstarrte. Wie bitte?
"Tomlinson ist schwul?", fragte ein anderer ungläubig nach und der Erste nickte nur.
Scheiße.
"Sie haben nach ihm gesucht und das wird nicht schön für ihn enden.", erzählte der Erste weiter und meine Augen wurden riesig. Mit sie waren natürlich 'die Beliebten' gemeint.
Angst stieg in mir auf. Sie hatten Recht wenn die Fußballer Louis erwischten, würde es nicht schön aufhören. Ich musste ihn finden. Ich musste ihm einfach helfen.
Schnell rannte ich zu den dreien und fragte panisch: "Wo ist er? Habt ihr ihn gesehen? Wo ist Louis?"
Verblüfft starrten sie mich an, bis der, den ich bis jetzt noch nicht reden hatte hören, sagte: "Ich weiß es nicht genau. Aber er ist da rüber gegangen." Er deutete auf einen Gang, der mir von meinen Fluchten sehr bekannt war - dort befand sich auch das Jungsklo, auf dem Louis mich vor zwei Monaten gerettet hatte.
"Beeil dich.", hörte ich den Jungen noch sagen, doch ich war schon weiter gerannt und bog schlitternd um die Ecke. Ich konnte gerade noch ein grölende Gruppe von Jungs erkennen, die in den nächsten Gang verschwanden.
Geschockt sprintete ich zu den Toiletten und riss die Tür auf. "Louis?", rief ich besorgt und hörte entsetzt ein leises Stöhnen.
Nein, das durfte nicht wahr sein!
Ich ging zu der Kabine, aus der das wehleidige Stöhnen drang und spähte hinein. Ein Schluchzen stieg in mir auf und ich presste kurz die Augen aufeinander bevor ich mich vor der zusammen gekrümmten Gestalt auf den Boden fielen ließ.
"Louis?", flüsterte ich und meine Stimme brach weg. Vorsichtig legte ich meine Hand auf seine Schulter und ich drehte ihn in meine Richtung. Entsetzt biss ich mir auf die Lippen als ich Blut auf seinem Gesicht erkennen konnte.
"Lou?", wiederholte ich meine Frage und fuhr vorsichtig mit den Fingerspitzen über seinen Oberarm. Louis öffnete die Augen und dieses wunderschöne blau strahlte mich an. Doch jetzt war es anders, es wirkte gebrochen und leuchtete nicht. Seine Augen waren stumpf und ich konnte den Schmerz in ihnen sehen.
"Haz", wisperte Louis und streckte langsam seine Hand nach mir aus. Schnell griff ich danach und versuchte irgendwie seinen Schmerz zu lindern.
Ich half ihm sich aufzusetzen und Louis lehnte sich schwer atmend an meine Brust. Vorsichtig, damit er sich nicht zu viel bewegen musste, griff ich nach dem Klopapier und riss ein paar Stück ab. Ich schaute ihm fragend in die Augen und er atmete durch und nickte. Langsam führte ich meine Hand zu seinem Gesicht und begann das Blut weg zu wischen. Als es halbwegs weg war, erkannte ich erleichtert, dass es 'nur' Nasenbluten war.
Louis' Wange zierte eine große rote Stelle, der bald seine Tarnung aufgeben und sein wahres Ich, dass eines blauen Flecks zeigen würde. Das Blut an seiner Nase war eingetrocknet und verlieh ihm das Aussehen eines Ganoven.
Sanft zog ich ihn an mich und murmelte in seine Haare: "Es tut mir so Leid." Ich drückte ihm einen kleinen Kuss auf die Schläfe und er versuchte mich anzulächeln.
"Kannst du aufstehen?", fragte ich. Louis zögerte, doch dann nickte er. Wahrscheinlich probierte er nur mir nicht zur 'Last' zu fallen. Doch das war er sicher nicht.
Ich stützte ihn und lagerte fast sein ganzes Gewicht auf mich, so dass er selbst nichts tragen musste. Trotzdem verzog Louis das Gesicht und ich wollte gar nicht wissen, was er sonst noch für Verletzungen davon getragen hatte.
Ohne lang zu überlegen, hob ich ihn hoch und trug ihn vorsichtig aus dem Klo.
Warum musste das genau ihm passieren? Warum konnten sie nicht mich nehmen?
Ich wollte Louis nach Hause bringen, doch um nach draußen zu kommen, musste ich an der Cafeteria vorbei. Es war Pause und folglich lungerten viele hier herum. Das laute Gerede erstarb, als ich vorbei kam und das brachte mich auf eine Idee.
"Wir sind gleich weg, Lou. Lass mich nur kurz was regeln.", flüsterte ich ihm zu und er nickte nur schwach.
Ich räusperte mich und begann dann laut zu sprechen.
"Das hier", ich deutete auf Louis, "ist jemand, den ihr alle kennt. Louis Tomlinson. Bis gestern haben in hier alle geliebt und angehimmelt. Genau so lange, bis ihn heute früh jemand mit mir zusammen gesehen hat." Ich machte eine kurze Pause und alle Augen lagen auf mir. Egal, wie unangenehm ich das normalerweise empfand, heute galt es darum meinen Freund zu beschützen, und das würde ich tun.
"Ja, ich bin schwul. Und ja, auch Louis ist schwul. Und nochmal ja, wir sind zusammen. Doch nur weil man schwul ist, sollte man doch nicht so behandelt werden.", sagte ich laut und deutete auf den zusammen gekrümmten Körper in meinen Armen.
"Nur weil man liebt, wen man eben liebt, sollte man nicht verachtet werden. Nur weil man er selbst ist, sollte man nicht nieder gemacht werden.", fuhr ich fort und es war so still im Raum, dass man eine Stecknadel fallen hören hätte können.
"Ich will mich nicht verstecken und das werde ich auch nicht. Ich will, dass ihr akzeptiert, dass Schwul-sein keine Krankheit ist, keine Wahl, sondern eine angeborene, unveränderbare Tatsache. Niemand kann etwas dafür, so zu sein und es ist nichts Schlimmes.", erklärte ich und sah ein paar der Leute nicken. Erleichtert, dass es hier Menschen gab, die mir zuhörten und nachdachten über meine Worte, dass es Menschen gab, die mir zustimmten, redete ich weiter.
"Wollt ihr so eine Gemeinschaft sein, die Schüler diskriminiert, nur weil sie anders sind? Wollt ihr diese Menschen in den Wahnsinn treiben, ihnen alles versauen und sie vielleicht sogar bis in den Selbstmord stoßen? Wollt ihr an so etwas Schuld sein? Oder wollt ihr vielleicht akzeptieren, dass es Menschen gibt, die anders, doch im Grunde genau gleich wie ihr alle sind?", meine Stimme wurde immer lauter und sicherer.
"Damit niemand mehr so etwas durchmachen muss!", endete ich indem ich noch einmal auf Louis deutete.
Dann war es still. Sekunden verstrichen bis auf einmal ein kleines Mädchen zu klatschen anfing. Nach und nach stiegen immer mehr ein und ehe ich es mir versah, schien der ganze Raum zu jubeln und sprach mir damit seine Anerkennung aus.
Ein kleines siegreiches Lächeln auf den Lippen drehte ich mich um und verließ eilig das Schulgebäude. Ich musste mich um meinen Freund kümmern, den besten Freund der ganzen Welt.
Ich beugte mich mach unten und küsste ihn auf die Stirn.
"Halt durch, Lou. Ich liebe dich."
*****
Hey :) Wie gehts?
Tadaaaaa, der zweite Teil ist (auch endlich) da!
Meinungen? Beschwerden? Wünsche? Anregungen? Sonstiges? :*
DANKEEE! 😊
WIDMUNG: JuliaStyles2014
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