Colourful Emotions

65:

"Mit welcher Farbe würdest du deine Gefühle beschreiben?"

Harry lag neben mir im Bett und starrte an die Decke. Wir waren beste Freunde und machten einfach alles zusammen. Niemand verstand, warum wir ständig zusammen herum liefen. Nicht einmal unsere Eltern wussten wirklich, warum wir das taten. Doch es war uns egal. So lange wir zusammen waren, konnte uns niemand etwas anhaben.

Die Frage hatte mich völlig unerwartet getroffen und ich schaute verwirrt zu Harry hinüber. Welche Farbe beschrieb meine Gefühle?

"Ahm . . . keine Ahnung.", murmelte ich.

Harry drehte den Kopf in meine Richtung. In der Abenddämmerung leuchtete seine Haut beinahe golden und seine tiefen, grünen Augen sahen mich forschend an.

"Jeder kann seine Gefühle mit einer Farbe beschreiben.", sagte er und sah mich voller Überzeugung an. Fasziniert sah ich dieses Funkeln in seinen Augen und meine Gedanken verschwammen, verflüchtigten sich und ließen mich allein mit diesem Glänzen in den grünen, so strahlend grünen Augen meines besten Freundes zurück.

"Jetzt gerade würde ich meine Gefühle, zum Beispiel, mit der Farbe blau beschreiben.", riss Harry mich aus meiner Starre.

"Warum?", fragte ich nach, als er keine Anstalten machte, weiter zu sprechen. Harry lächelte leicht und antwortete mir. "Weil blau eine ruhige und harmonische Farbe ist und ich mich gerade jetzt vollkommen entspannt fühle.

Ich nickte verstehend und drehte mich auf den Rücken, um Harry nicht anschauen zu müssen und deshalb meine Gedanken sortieren zu können.

Welche Farbe beschrieb meine Gefühle?

Ich wusste es nicht. Natürlich kannte ich die Bedeutung der verschiedenen Farben, aber ich wusste nicht, welche ich nehmen sollte, welche jetzt genau passte.

Stirnrunzelnd drehte ich mich wieder zu Harry und musterte ihn. Er wartete aufmerksam auf eine Antwort. Seine Augen lagen fest auf mir und bevor ich noch weiter überlegen konnte, platzte ich einfach mit etwas heraus.

"Ähm . . . grün.", murmelte ich und Harry schaute interessiert zu mir herüber.

"Warum genau grün?", fragte er nach.

Na toll, was sollte ich denn jetzt sagen - weil es die Farbe deiner wunderschönen Augen ist? Nein, das konnte ich nicht tun, also kratzte ich mein Wissen über 'Grün' zusammen und versuchte, etwas Kluges zu sagen. Vielleicht wollte ich Harry ja einfach nur beeindrucken, mit dem was ich sagte, vielleicht wollte ich es auch nur wirklich selber glauben.

"Naja, weil grün für Zufriedenheit und für etwas Lebendiges steht und ich mich jetzt gerade ziemlich lebendig fühle.", sagte ich und meine Stimme wurde immer leiser. Ich hatte ihm nicht gerade gesagt, dass ich mich in seiner Nähe lebendig fühlte, oder? Innerlich schlug ich mir mit der Hand vor den Kopf, doch äußerlich versuchte ich völlig ruhig zu bleiben. Harry lächelte nur lieb und nickte, als ob er mich verstehen würde. (Das konnte er natürlich nicht, denn er war auch nicht in seinen besten Freund verliebt, wie ich.)

"Grün steht auch für Hoffnung.", stellte er fest und ich nickte.

"Das ist mir klar.", war alles, was ich darauf sagte, denn, ja, ich hoffte. Ich hoffte so sehr, dass Harry mich lieben könnte. Schnell drehte ich mich wieder auf den Rücken, um seinem tiefen, samtenen Blick auszuweichen.

Ja, grün passte zu mir.

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Es war so laut und die pulsierenden Lichter schmerzten meinen Augen. Ich bahnte mir einen Weg durch die tanzende Menschenmenge und ließ mich an einem Tisch am Rande des Raums nieder.

Harry hatte mich überredet, mit ihm fort zu gehen und jetzt waren wir seit fast zwei Stunden in irgendeinem Club, dessen Namen ich schon wieder vergessen hatte. Ich war nicht sonderlich erpicht darauf gewesen, mich zu betrinken und dann einen Volltrottel aus mir zu machen, also hatte ich mich mit einem Bier zufrieden gegeben und hatte Harry dabei zugesehen, wie er ein Glas nachdem anderen alles hinunter schüttete, was er in die Hände bekam.

Ich ließ meinen Blick über die tanzende Menge schweifen und versuchte Harry ausfindig zu machen, um ihm zu sagen, dass ich nach Hause gehen wollte. Eng aneinander gedrängte Körper versperrten mir den Blick auf andere und in dem dunklen, manchmal hell aufblitzenden Licht konnte man kaum jemanden erkennen.

Seufzend stand ich wieder auf und begab mich in die Menge. Ich musste Harry finden, bevor ich ging. Nicht allzu vorsichtig drängte ich mich durch die Menschen und hielt Ausschau nach einem großen, etwas tollpatschigen Lockenkopf.

Die Menge zog mich immer weiter hinein und verschluckte mich. Um mich herum bewegte sich alles, schien ausgelassen zu feiern, lachen, oder zu sehr mit dem Partner beschäftigt zu sein um noch irgendetwas anderes mit zu bekommen.

Mein suchender Blick erhaschte dunkelbraune Locken und ich erkannte Harry unter den Menschen. Entgegen meiner Erwartungen war er jedoch nicht allein. Nein, er 'tanzte' mit einem Mann, der wahrscheinlich zehn Jahre älter war und unglaublich hässlich war. Okay, vielleicht war er nur fünf Jahre älter und vielleicht war er auch nur halb-hässlich, aber das spielte keine Rolle. Er war zu alt und zu hässlich, Punkt. Und dann begrabschte er Harry auch noch so, als hätte er noch nie in seinem Leben einen anderen Mann gesehen.

Ein tanzendes Pärchen versperrte meine Sicht und ich stieß sie unfreundlich zur Seite, um zu Harry und dem Arschkriecher, wie ich ihn spontan getauft hatte, hinüber zu gehen.

Schon von weitem konnte ich erkennen, dass Harry betrunken war. Ich hatte auch nichts anderes erwartet, bei der Menge an Alkohol. Er 'tanzte', wobei er eher nur über seine eigenen Füße stolperte und sich an dem blonden Arschkriecher anlehnen musste. Das schien ihm jedoch nichts auszumachen und auch, dass er begrabscht wurde, war ihm anscheinend egal.

Die Hände des Blonden wanderten über Harrys Rücken und blieben auf seinem Hintern liegen. Zischend atmete ich ein und versuchte nicht einfach seine Hand weg zu schlagen, doch als er dann auch noch anfing an Harrys Hals zu knabbern, als wäre er ein verdammtes Meerschweinchen, riss mein Geduldsfaden.

Ich eilte zu ihnen und packte die Hand des Blonden, um sie von meinem Harry weg zu reißen. Arschkriecher sah mich wütend an und machte den Mund auf, wahrscheinlich um mir irgendeine Beleidigung entgegen zu werfen, doch ich achtete nicht darauf.

Stattdessen schnappte ich den taumelnden Lockenkopf am Arm und zog ihn mit mir mit, von der Tanzfläche. Ich konnte hören, wie Harry sich hinter mir beschwerte, doch es war nicht ernst zu nehmen, da er zwischendurch immer wieder zu Kichern anfing.

Als wir an der frischen Luft waren, atmete ich tief durch und ließ Harry los. Ich wusste, jetzt würde er mir folgen.

Ich ging los und Harry taumelte an meiner Seite entlang. Frustriert darüber, dass er fast kein normales Wort mehr herausbrachte, fuhr ich mir durch die Haare.

"Louuu . . . deine Haaaare sin' soo schön.", kicherte Harry und versuchte nach mir zu greifen, doch er verfehlte mich um gute zehn Zentimeter. Ich wusste nicht genau, ob ich über sein Verhalten lächeln oder einfach den Kopf schütteln sollte, also ließ ich es bleiben.

Gott sei Dank war es nicht weit bis zu Harry nach Hause und ich konnte die Straße schon sehen. Bei einem Zebrastreifen zog ich Harry über die Straße auf die richtige Seite. Der Lockenkopf stolperte mir nach und fiel beinahe zu Boden, als er die Bordsteinkante übersah. Schnell griff ich nach ihm und hielt ihn fest, bevor er auf dem Asphalt aufschlagen konnte.

Geschockt schlang Harry seine Arme um mich ich konnte sehen, dass er gleich zu weinen anfangen würde - er war schon immer extrem emotional, wenn er betrunken war. Eilig umarmte ich ihn und strich ihm über den Rücken, in der Hoffnung, dass er nicht heulen würde.

"Alles gut", murmelte ich ihm zu und wollte weiter gehen, doch Harry ließ mich nicht los.

"Du has' mein Leb'n ge-ge-rettet.", kicherte er unter Tränen und drückte mir einen dicken Schmatzer auf die Wange.

~

Es dauerte nicht mehr lange bis wir an seinem Haus angekommen waren und ich die Tür mit dem Ersatzschlüssel, den mir Harry vor fast einem Jahr in die Hand gedrückt hatte, aufgesperrt hatte. Vorsichtig schob ich Harry hinein ins Warme und schloss die Tür hinter uns.

Nachdem ich Harry dabei geholfen hatte seine Schuhe auszuziehen, zog ich ihn die Treppe hinauf in sein Zimmer. Ich stieß ihn sanft auf sein Bett und zog ihm, nach einem Blick auf ihn, der mir klar machte, dass er es niemals selber machen könnte, das T-Shirt über den Kopf.

Harry kicherte ununterbrochen und hätte er nicht so unglaublich süß ausgesehen, wäre ich schon längst genervt verschwunden.

"Louu . . . hab'n wir jetzt Sex?", flüsterte er geheimnisvoll, doch seine Stimme war so laut, dass man ihn vermutlich im ganzen Haus gehört hatte, nicht dass da jemand war, der ihn hören könnte.

Ich schüttelte auf seine Frage nur den Kopf, doch sie hatte mich mehr getroffen, als ich es zeigte. Warum hatte Harry mich gefragt, ob ich mit ihm schlafen würde? Wollte er es denn?

Schnell versuchte ich die Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen und half Harry einfach weiter aus seinen Klamotten, bis er nur mehr in seiner Boxer da saß. Dann drückte ich ihn nach hinten, so dass er aufs Bett fiel und zog die Decke über ihn.

Bevor ich mir helfen konnte, strich ich mit einer Hand sanft durch die Locken. Er drückte seinen Kopf gegen meine Hand und schloss zufrieden die Augen.

"Schlaf gut, Love.", murmelte ich und wollte meine Hand wegziehen, doch Harry griff nach mir und zog mich zurück.

"Bleib da.", befahl er und zog mich fester zu sich, so dass ich stolperte und aufs Bett fiel. Seine Arme schlangen sich um meinen Oberkörper und er schmiegte sich an mich. Sobald ich mich auch nur ein Stück bewegte, murrte Harry auf und schloss seine Arme nur noch fester um mich.

"Lass mich wenigstens die Jeans ausziehen.", sagte ich zu ihm und er öffnete ein Auge um mich anzusehen. Murrend ließ er mich los und ich schlüpfte aus Jeans und Shirt. Sofort schnappte Harry wieder nach meiner Hand und zog mich zurück ins Bett. Wieder kuschelte er sich an mich und sein Kopf kam auf meiner - jetzt nackten - Brust zum Liegen. Ruhige Atemzüge trafen auf meine Haut und sandten Schauder über meinen Rücken.

"Gelb", sagte ich auf einmal.

Harry hob verwirrt den Kopf. Seine Augen sahen mich müde an.

"Gelb beschreibt meine Gefühle.", erklärte ich.

"Warum?", fragte Harry und lächelte mich sanft an. In diesem Moment wirkte er überhaupt nicht mehr betrunken, aber ich war mir sicher, dass er es war. Wenn ich ihm also den Grund sagen würde, könnte er sich ziemlich sicher am nächsten Tag nicht mehr daran erinnern.

"Gelb steht für Eifersucht und Neid und du kannst dir gar nicht vorstellen, wie eifersüchtig ich war, als ich dich mit dem komischen Typen im Club gesehen hab.", erklärte ich leise. Eine Zeit lang sagte ich nichts, schaute nur auf die Decke und dachte an all die schönen Momente, die Harry und ich zusammen gehabt hatten, daran, wie sehr ich ihn eigentlich liebte.

Mein Blick fiel zur Seite auf die Gestalt neben mir und ich fühlte ein wunderschönes, warmes Gefühl in meiner Brust aufsteigen, als ich sah, dass Harry mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen, an meiner Seite zusammen gerollt, eingeschlafen war.

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Fast drei Wochen später hatte ich einen Entschluss gefasst. Ich musste Harry sagen, was ich für ihn empfand. Ich musste es einfach los werden.

Harry hatte mich nie darauf angesprochen, was in der Nacht, als er so betrunken gewesen war, passiert war und ich hatte keine Ahnung, ob er es wusste, oder nicht. Ich war viel zu schüchtern, um ihn darüber auszufragen.

Harry und ich waren gerade dabei ein Fotoalbum zu bekleben. Mein bester Freund hatte beschlossen, wir müssten so etwas machen, damit wir uns bis in alle Ewigkeit daran erinnern konnten. In das Album kamen nur Bilder von uns beiden und hätte ich nicht gewusst, dass Harry nichts für mich empfand außer Freundschaft, hätte ich das ziemlich romantisch gefunden.

"Harry", begann ich zögerlich zu reden und der Lockenkopf sah sofort auf. Als er bemerkte, wie unsicher ich mir war, lächelte er mir aufmunternd zu.

"Du hast mich ja mal gefragt, mit welcher Farbe ich meine Gefühle beschreiben würde.", fing ich an und Harry nickte. Seine Augen lagen fest auf mir und beobachteten jede meiner Bewegungen.

Ich schluckte und rieb meine kalten Hände aneinander. Ich würde es ihm wirklich sagen.

"Naja, was ich dir sagen wollte, ist, ahm, rosa beschreibt meine Gefühle jetzt gerade ziemlich gut.", fuhr ich fort und knetete mit meinem Daumen die Handfläche meiner anderen Hand. Ich hatte es gesagt, es war draußen und jetzt konnte ich nur mehr warten, wie Harry darauf reagieren würde.

"Rosa?", fragte Harry überrascht und sah mir genau in die Augen.

"Du weißt, dass rosa sowas wie zarte Liebe oder verliebt sein bedeutet?", fragte er mich und ich schloss kurz die Augen. Ja, natürlich wusste ich das.

Entschlossen nickte ich und sah ihn wieder an.

Harry schien sprachlos zu sein. Er war völlig erstarrt und gerade als ich aufstehen wollte, um zu gehen, schoss seine Hand nach vorne und hielt mich fest. Plötzlich schienen seine Augen zu strahlen, als hätte man ein Licht angeknipst und sein Mund war zu einem Lächeln verzogen.

"Wirklich?", fragte er nach und seine tiefe Stimme klang rauer als sonst, noch schöner.

Ich nickte als Antwort und bevor ich es mir versah, hatte Harry mich in seine Arme gezogen und ich spürte Tränen auf mein Schlüsselbein tropfen. Sanft strich ich Harry durch die Haare und versuchte ihn zu beruhigen, doch erst als ich die kleinen, sanften Küsse fühlte, die Harry überall hindrückte, wo er hinkam, war ich mir sicher, dass ich das Richtige getan hatte und das es sich nur um Freudentränen handelte.

Die ganze Anspannung wich von mir und ich ließ mich in Harrys Umklammerung sinken. Seine Arme um mich gaben mir ein Gefühl der Sicherheit und der Geborgenheit und da war wieder diese Wärme, die sich von meiner Brust aus durch meinen Körper ausbreitete.

"Ja, definitiv rosa.", bestätigte ich leise.

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"Mit welcher Farbe würdest du deine Gefühle beschreiben, Honey?"

"Regenbogenfarben."

"Warum?"

"Weil du mich so glücklich machst, dass ich mich nicht nur für eine Farbe entscheiden kann, Love."

*****

Hi =) wie gehts euch so?

Jap, es gibt einen OS von mir und ich hoffe er hat euch gefallen.. 😊

Würd mich freuen, wenn ihr eure Meinung dazu da lasst!

Achja und danke an alle die mich nach dem letzten Os lieber heiraten als umbringen wollten ^^ hab euch alle lieb!! ❤

Und sorry @Honey2698 dass ich die Hochzeit nicht geschrieben hab, aber ich hab echt keine Ahnung wie die das im Mittelalter gemacht haben.. ^^ vielleicht kommt aber demnächst so mal ein Hochzeits-OS..

WIDMUNG: pauli912 (danke für den süßen Kommentar!)

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