Friedensverhandlungen
Der Kampftag war vorbei.
Die energischen Angriffe der Polen hatten die Versorgungen des deutschen Heeres empfindlich gestört. Die Überfälle beim Fouragieren hatten zu erheblichen hohen Verlusten an Männern auf deutscher Seite geführt und so mancher Magen musste dort drüben im deutschen Heerlager wohl vorerst hungrig bleiben.
Doch auch die polnische Seite hatte Verluste. Bei der Unterredung in dem Stallgebäude am Abend, forderte der Herzog von allen eingesetzten Truppenführern Bericht ab.
Larno hörte all dies- auch froh darüber, selbst keine Männer melden zu müssen. Die Schlesier ihrerseits gaben dem Grafen Sigismund von Lehn deren Dank an Larno's Einheit bekannt, wo durch entschlossenes Handeln ein schlimmerer Ausgang verhindert wurde. Graf Sigismund benannte dies auch noch einmal kurz in der Besprechung, was Larno sehr mit Stolz im Kreise der Herren erfüllte, da dies für ihn der einzige Erfolg an diesem Tag blieb.
Wenn die Meldungen des Ausfalles so stimmten, hatten die Polen sechs Männer verloren und gut zwanzig Verwundete erhalten. Die höchsten Verluste hatten hier wohl die Masowier bei den Kämpfen. Die Deutschen jedoch konnte man wohl überraschen. Mehr als Vierzig waren dort wohl gefallen, viele wohl auch verwundet.
Auch wenn Herzog Boleslaw I. Chrobry ein Brandschatzen untersagt hatte, so waren es doch hier und dort Flammen, die den Karren zusetzten. In einem Fall brannte westlich der Stadt ein Bauernhaus nieder, in welches sich die Deutschen zurückgezogen hatten. Nur so konnte man sie letztlich heraustreiben und angehen.
Der Herzog lobte den Ausgang der schnellen Aktion. „Wir haben die Truppen Heinrichs II. heute hart getroffen! Nun werden sie sich vorerst neu aufstellen müssen, wenn sie sich aus dem Umland Fourage beschaffen wollen. Für uns war der Tag siegreich. Ich werde mich beraten lassen- doch will ich eines auch in Aussicht stellen: Wenn es einen guten Moment gibt, Forderungen nach Abzug und Frieden zu stellen, so kann es kaum besser werden als es gerade ist! Jetzt könnten wir dies verlangen! So bin ich bestrebt, den Deutschen morgen Unterhandlungen vorzuschlagen! Kein Mann, der heute gekämpft hat oder verwundet wurde, soll hierüber betrübt sein, denn es waren Eure Schwerter am heutigen Tag, die Uns so nun vielleicht einen Frieden bringen können! Sagt das Euren Leuten! Die Opfer am heutigen Tag und all das vergossene Blut waren nicht umsonst!"
Wie es den anderen Rittern bei dieser Ansprache des Herzoges innerlich erging, blieb Larno verborgen. Er selbst jedoch, freute sich über diese Bekanntgabe. 'Sollen sie Frieden schließen!', dachte er bei sich.
Am Folgetag entsandte der Herzog gegen die Mittagszeit einen Unterhändler mit weißem Schutzbanner vor das Südtor der Stadt Posen. Auf den Mauern und Türmen warteten viele- von Edelmann bis Knecht- auf eine Reaktion aus dem deutschen Heerlager.
Als denn nach längerem Stillstand sich drei Deutsche Ritter – ebenfalls unter weißen Friedensbanner- dem Stadttor näherten und sich die Unterhändler mit Worten verhalten austauschten, da keimte in vielen Männern Hoffnung auf ein Ende der Kämpfe auf.
Ein erster Schritt war getan. Man hatte sich besprochen, dass ein hoher deutscher Würdenträger mit sechs Mann Geleit am Folgetag unter dem Versprechen eines unbehelligten Abzuges am Vormittag in die Stadt eingelassen werde, um mit dem Herzog Boleslaw I. Chrobry zu verhandeln.
So geschah es auch.
Die Hauptstraße in Posen vom Südtor zum Stadtzentrum wirkte wie ausgestorben, als die Gruppe der Deutschen unter Leitung ihres Verhandlungsführenden, Erzbischof Tagino von Magdeburg wurde in Vollmacht des Königs Heinrich II. handelnd bestellt und empfangen, zum Verhandlungszelt am Marktplatz geleitet wurden. Niemand zeigte sich an den Fenstern. Nur in den Seitengassen waren Neugierige, die sich die Deutschen aus der Nähe besehen wollten.
Boleslaw I. Chrobry hieß den Erzbischof willkommen und bat ihn allein und ohne Geleit in das offenstehende Zelt.
Wer es beobachten konnte, der konnte berichten, dass man dort erst längere Zeit Höflichkeiten austauschte und sich irgendwann zu beiden Seiten des Tisches setzte. Auch dann gaben sich der herzog und der Erzbischof wohl freundliche Worte in den Unterhandlungen.
Und allzu lang waren die Gespräche wohl auch nicht. Vielleicht waren sich Beide schnell einig geworden. Am frühen Nachmittag wurde der Erzbischof Tagino von Magdeburg mit seinen Leuten schon wieder beim unbeschadeten Verlassen der Stadt gesehen und zog ins Heerlager seines Königs zurück. Am Abend noch des gleichen Tages, brachte ein Bote wohl eine Bestätigung und übergab eine gesiegelte Schriftrolle des Königs am Tor Posens.
Boleslaw I. Chrobry wusste, dass nun all die Männer seines Heeres voller Hoffnung auf den Ausgang der Unterhandlungen warteten und wissen wollten, ob sich all die Mühen des letzten Monates gelohnt hatten. Doch hielt sich Herzog Boleslaw noch zurück, über die Ergebnisse den Edelleuten Bericht zu geben, damit es auch der letzte Mann im Heer erfahren konnte.
Als nun am nächsten Morgen die Deutschen ihre Zelte im Lager abbauten, war dies wohl auch für den Herzog der Moment, seine Hauptleute und Edlen wieder zu sich zu rufen.
Im Hauptzelt am Stall warteten alle ungeduldig und voller Hoffnungen, welche man durch das Abrücken der Deutschen vor der Stadt in sich trug.
Boleslaw I. Chrobry hatte ein festliches Gewand angelegt, als er vom Gebet kommend vor dem Mittag zur Besprechung eintrat.
Sein erfreutes Gesicht strahlte die Leute in der Runde an. „Wir haben unseren Frieden hier in Posen geschlossen, Männer!"
Ein lautes Jubeln ging durch das Zelt. Schulterklopfen und siegreich in die Luft gehobene Fäuste bezeugten die Freude unter den Kämpfern.
Der Herzog gebot nach einiger Zeit der freudigen Ungestümheit seiner Vasallen mit Gesten wieder die Ruhe, damit er fortfahren konnte.
„Wir Polen gestatten unbehelligten Abzug der Deutschen. Die Deutschen werden sich durch die Mark Meißen auf deren Gebiet zurücknehmen. Ich untersage es bei Strafe, den Deutschen in böser Absicht nachzusetzen. Wir geben denen drei Tage, dann entsende ich Späher, um die Richtung des Trosses der Deutschen in Erfahrung zu bringen. Sind sie über die Grenze, dann entlasse ich mein Heer für dieses Jahr, denn von deutscher Seite drohen uns wohl erstmal keine Handlungen. Für uns Polen konnte ich bewirken, dass der alte Grenzverlauf am Fluss Bober bestätigt wurde."
Einer der schlesischen Heerführer fragte offen, was ihn bewegte: „Mein Herzog, habt ihr Euch auch über die Böhmischen Gebiete bereden können?"
Boleslaw antwortete- ebenso offen: „Erzbischof Tagino sprach deutliche Worte dazu. Heinrich II. forderte, seine Oberhoheit über die böhmischen Lande anzuerkennen. In der Beratung war zu erkennen, dass - wie ihr und ich auch fordern- die Forderungen von Heinrich II. als auch von dessen Heerführer Heinrich von Bayern hier unseren Interessen entgegenstehen. Es gab hierzu vorerst keine Einigungen. Doch vorerst weiß der deutsche König Heinrich II., dass ich hier noch nicht das letzte Wort gesprochen höre. Vorerst jedoch ist Böhmen für uns verloren."
„Und das Milzener Land oder die Lausitz?", fragte ein anderer Herr.
„Dies bleibt ebenso offen. Ihr wisst jedoch, dass mein Schwiegersohn Hermann von Meißen für Bautzen die Schutzherrschaft übertragen bekam im letzten Jahr. Ich möchte mich mit ihm derzeit nicht überwerfen. So man uns keinen Anlass gibt, möchte ich ein gutes Verhältnis zu den Meißener Markgrafen behalten. Deshalb habe ich den Ritter Gunzelin auch unter Wert der Geisel auslösen lassen. Doch unter Uns – auch hier forderte ich Zugeständnisse in der Vergangenheit. Doch mit einem deutschen Heer tief in unserer polnischen Heimat ist darüber schlecht zu verhandeln. Uns wird wohl im kommenden Monat zur Unterredung und Siegelung der Bischof Heico von Meißen am Fluss Bober treffen. Hier will ich die Meinung der Deutschen und auch der Meißener dann mit Vorsicht hinterfragen."
Es war ungewöhnlich, dass der Herzog Boleslaw so offen die Fragen beantwortete. Diese Gelegenheit nutzend fragte ein Ritter gedrungenen Wuchses wegen der Lutizen und deren Bündnisgesellen nach, wie der Herzog zu denen stehe.
„Die Lutizenbündischen vermag ich am wenigsten einzuschätzen. Auch wenn in der Vergangenheit deren Räubereien auch unser Land betrafen, so beschränken sie sich zumeist auf deren eigenes Gebiet. Und nun stehen sie wohl auch mit Heinrich II. im Bunde, der Masowier hat bei dem Ausfall deren Bekanntschaft gemacht."
Der Fürst von Masowien reckte siegreich die einander gegebenen Hände in die Luft. Andere bejubelten ihn dafür, da seine Männer einige der Lutizen niederstrecken konnten.
„Wir müssen sie beobachten.", fügte Boleslaw I. Chrobry nach. „Und hier in der Runde will ich auch meine weitere Absicht kundtun. Im Kiewer Großfürstentum an unserer östlichen Landesgrenze rühren sich Dinge, die uns die Zeit günstig erscheinen lassen, dort alte Zwistigkeiten alsbald – vielleicht schon im nächsten Jahr- mit unseren Schwertern zu klären. An der Grenze im Rotburgenland haben wir vier Burgen errichtet, die uns Polen dort die Sicherheit bescheren. Doch stetige Übergriffe und kein Einhalt durch die Kiewer Herren, könnten wohl ein Einschreiten fordern. So legt die Waffen nicht allzu weit beiseite, dass Ihr die Schwerter ergreifen könnt, wenn ich es fordere."
All dies waren gute Nachrichten, wenngleich es die einfachen Waffenknechte mehr interessierte, alsbald wieder zu ihren Familien nach Hause zu kommen.
So waren die Tage in Posen nach dem hier erfolgten Friedensschluss von vielen freudigen Momenten und Feierlichkeiten bestimmt, bis der Herzog dann zubilligte, sein Heer von Posen aus in die Lande zu entlassen.
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