Auf der Welle des Erfolges
Großartig war es für Larno, im Lager des polnischen Heeres, auf der Rückreise des Heerestrosses, ja sogar bei der Ausgabe von Mahlzeiten, von Jedermann wegen seiner Klugheit, Übersicht und seines Mutes an den Mauern der Burg Liubusua gelobt zu werden.
Die Männer wurden nicht müde, ihm auf die Schulter zu klopfen, ihn mit in den Kreis von anderen Knechten zu bitten oder einfach nur seine Hand schütteln zu wollen. Manche der Männer erbaten noch einmal Schilderungen der Kämpfe an der Burg, da sie nicht mit zu den eigentlichen Angreifern gehörten oder das Lager zu sichern hatten. Andere wollten sich nur in der Nähe des „Siegers über die Truppen des Königs und heldenhaften Eroberers der Burg" aufhalten, wie es schien. Und manch einer dichtete am Lagerfeuer noch Geschichten hinzu, die Larno wohl vermutlich auch auf dem Feldzug getan haben konnte.
Auch schien es fast vergessen, dass Larno noch immer einen fremden Akzent beim Reden in polnischer Sprache hatte.
Larno von Welna hatte damit sehr viel gewonnen an Anerkennung- bei den Edlen und den Niederen im Heer und auch im Nahfeld des Herzogs, wie man hörte.
Der Herzog selbst verbarg seine Empfindungen über die Geschehnisse und Entwicklungen. Doch konnte man einen zufriedenen Herrscher sehen, wenn das Thema auf den großen Sieg von Liubusua kam.
Doch half es Boleslaw I. Chrobry nur mäßig, über den gesamten Verlauf dieses Spätsommers hinwegzutrösten- selbst wenn es die Menschen zuversichtlich zum Abschluss der Heerfahrt stimmte. Man brachte zwar Beute und Gefangene heim, hatte aber die Böhmischen Lande verloren und in den Kämpfen an den Gebirgspässen des Erzgebirges, den Böhmischen Städten, in Prag, Bautzen und Liubusua viele Gefallene zu beklagen. Noch immer grämte sich Boleslaw I. Chrobry darüber, das den Deutschen derlei Irreführung gelungen war und der Heerzug fast nur aus Aufgabe und Rückzug bestanden hatte.
Vor den Toren der polnischen Stadt Posen wurde das Heer mit einem großen Dank- Gottesdienst entlassen.
Larno- ebenfalls der Graf Biedrow von Oborniki- und einige weitere Ritter und Edelmänner wurden gebeten, die Überstellung der hochgestellten Gefangenen in Person der Markgrafen Wiso und Gunzelin sowie drei höherer deutscher Edelmänner an die Stammburg der Masowier nach Czersk abzusichern.
Die 5 Gefangenen leisteten keinen Widerstand gegen die Weisungen ihrer Bewacher. Es lag nahe, dass ein Jeder von ihnen schon alsbald seine Heimat gegen Bezahlung eines angemessenen, deutlichen Lösegeldes durch sein Stammhaus, seine Familien oder gar den König Heinrich II. höchstselbst, wiedersehen konnte. Da bedurfte er keiner Widerstandsbezeugungen gegen die wehrfähigen polnischen Begleiter.
Burg Czersk ist eine ansehnliche Festung aus Holz auf der westlichen Seite der Wisla, auch Weichsel genannt. Doch auch hier hatte man mit festem Steinunterbau bereits mehrere neuere Gebäude in der Innenburg errichtet. Der große Hallenbau indessen war noch in Gänze aus gutem polnischen Holz, festen Eichenbalken und ohne Steinrahmen erbaut. Die Burg selbst krönt einen Hügelrücken, auf einem spitz zur Wisla zulaufenden Areal. Die Kernburg mit Wohnturm , der Halle und einer im Bau befindlichen Kirche ist zur großen Vorburg auf dem Hügelkamm noch einmal durch eine gesonderte Palisade abgegrenzt.
Das hier ansässige Fürstengeschlecht von Masowien geht, wie auch das Geschlecht des Herzoges Boleslaw I. Chrobry selbst, auf einen gemeinsamen Urvater zurück- einen legendären Fürsten der Polanen mit Namen Piast. Neben Herzoglichen und der Masowischen Linie des Blutes der Piasten gibt es noch die Schlesische Linie. Das Haus Masowien genießt großes Ansehen unter den Fürstenhäusern Polens.
Die Gefangenen wurden über die Vorburg hinein in die Kernburg zur dortigen großen Halle gebracht.
Fürst Janusz von Masowien begrüßte hier die Ritter des Geleites- aber auch die edlen Gefangenen.
Fürst Janusz selbst war bis zum Lager bei Posen mit dem Heer zurückgereist, war aber von dort vorausgeritten mit Vasallen in seine eigenen Lande. Er hatte hierdurch den Vorzug gehabt, schon drei Tage auf seiner Stammburg alles ordnen zu können für die Unterbringung der Gefangenen.
Auch wenn Boleslaw I. Chrobry gewünscht hatte, dass die Kontakte der Herren auf ein Mindestmaß untereinander zu begrenzen waren, um Fluchtintentionen zu unterbinden oder Absprachen dazu zu verhindern, so schien sich Fürst Janusz wenig am heutigen Tage zu scheren.
Bewacher und Gefangene nahmen an einer vorbereiteten langen Tafel Platz, die am Tisch des Fürsten endete. So konnte er alle gut sehen und Gesprächen lauschen.
Zu Beginn der reichlichen Abendmahlzeit, welche an alle gleichermaßen ohne Unterschied des Standes aufgetragen wurde, hielt er eine kurze Begrüßungsrede. Hierbei wies er die Gefangenen darauf hin, die ihnen bereitgestellten Unterkünfte nur auf Weisung zu verlassen und sich zu fügen, bis Lösegeldverhandlungen zum Erfolg geführt haben. Gunzelin und Wiso machte er hierbei die größtmögliche Hoffnung auf schnelle Einigungen mit deren Familien und Stammhäusern. Doch gab er auch bekannt, dass man härter reagiere, wenn Weisungen nicht gefolgt würden.
Nach dem Abendessen nahmen dann Wachknechte die fünf Deutschen mit sich und die Polen waren in der Halle unter sich. Fürst Janusz erklärte die Bewacher von ihrer Aufgabe als entlastet und danke ihnen. Zudem ermunterte Fürst Janusz die Männer, sich auch einmal nicht beim Umtrunk zu zügeln- jetzt, da man sicher heimgekehrt sei.
Und nun, da die Deutschen aus der Halle gebracht waren, da kam auch die restliche Familie des Fürsten Janusz dazu, welche aus seiner Gemahlin und zweier Töchter bestand. Der Fürst ging mit den Seinen zu den Gästen, die Familie wurde vorgestellt- und, man konnte sich des Eindruckes nicht erwehren, da er überdeutlich schien, die zwei unverheirateten Töchter des Fürsten in der Runde voll Stolz vorgezeigt.
Auch wenn Larno kein Freund ungezügelter Trinkgelage war, so saß er mit dem Grafen Biedrow und einem weiteren Mann, der in dieselbe Richtung zu reisen hatte über den Ideen einer Rückreise für den morgigen Tag.
Der Fürst Janusz und seine Familie näherten sich nun dem Tischbereich, an welchem Larno saß. Graf Biedrow von Oborniki sprang als Erster der nahen Runde fast auf, um der Familie des Fürsten vorgestellt zu werden. Den jungen Fürstentöchtern zu gefallen, dies schien ihm auch über den Maßen wichtig.
Larno kannte seinen Freund zwar- auch, dass er sich höflich gab. Doch das energische Aufstehen, wobei fast der Stuhl des Grafen nach hinten umfiel, kam für Larno unerwartet. Doch mit den weiteren Rittern stellte sich auch Larno auf.
Die Vorstellung des Grafen Biedrow durch Fürsten Janusz schien von den Damen angenehm angenommen zu sein. Die Ältere, Chrishtina, wirkte sogar angetan.
Noch während der Fürst Janusz noch beim Mann neben Larno stand und seine Gemahlin mit diesem Nebenmann sprach, blickte der Kopf der- mit 18 Jahren- Jüngeren Tochter des Fürsten hinter dem Vater vorbei zu Larno herüber.
„Larno? Seid ihr das wahrhaftig?", fragte die junge Fürstentochter. Dieser spontane Ausbruch ihrer Tochter ließ die Fürstin im Gespräch mit dem Nebenmann innehalten und sie zeigte sich für den jungen Ritter sofort auch interessiert.
Von der jungen Dame so vorlaut angesprochen zu werden, dass hatte Larno nicht erwartet- noch dazu hier, auf der Burg Czersk, wo er sich zum allerersten Male befand und doch niemanden außer seine Mitstreiter zu kennen glaubte.
Doch jetzt, wo Larno sich das Gesicht genauer besah? Konnte das denn wirklich möglich sein? Das war doch die kleine Lieschna, oder? Von den Gesichtszügen jedenfalls?
Auch Lieschna war eine der Hofdamen der Prinzessin Reglindis, welche er aus der Gefangenschaft verhelfen konnte.
Als Lieschna diese Begebenheiten und die Freude des Wiedersehens ihren Eltern mitteilte, da waren diese gleichermaßen froh und gut gelaunt mit ihrer Tochter und hatten Anteil an der Freude.
Lieschna, welche die Mutter ansonsten nur verhalten im Reden mit jungen Edlen erlebte, schien im Gespräch mit diesem Ritter Larno regelrecht aufzublühen. Da war keine Scheu gegenüber dem Mann zu bemerken- im Gegenteil. Die Mutter bemerkte eine zunehmende Glückseligkeit im Gesicht der Tochter, je länger sie miteinander sprachen.
Da nunmehr auch noch Fürst Janusz von Masowien die Ereignisse vortrug, die zum Fall der Burg Liubusua geführt hatten und über Larno- gleich einem Helden- sprach, da wuchs in der alten Fürstin eine stille Idee, welche von Entschlossenheit mitgetragen wurde.
Lieschna von Masowien- wer hätte dies gedacht, sich hier zu begegnen. Larno nun wirklich nicht. Er war mit seinen Gedanken und den Gesprächen mit der Fürstentochter in eine vergangene Welt eingetaucht#. Eine Welt der Erinnerungen. Auch Erinnerung die schmerzten - und bei welchen Lieschna es mied, diese anzusprechen. Lieschna fragte, ob sich Larno noch an diesen oder jenen erinnere, ob er sich vorstellen kann, in die Lande um Burg Slivor zurückzukehren. Auch erfragte sie die Gründe, wie es ihn zu den Polen verschlagen hatte und sie lobte, dass er die polnische Sprache vortrug und verstehen wollte. Doch wo das kleine Welna als Lehen liegt, konnte sie sich erst dann vorstellen, als der Graf Biedrow von Oborniki aus Höflichkeit die naheliegenden größeren Orte benannte und auch die Herzogenburg in der Nähe benannte, welche ihr bekannt war.
Auch die ältere Fürstentochter Chrishtina kam irgendwann hinzu. Wie sich herausstellte, was auch Chrishtina lange Zeit im Umfeld von Prinzessin Reglindis und deren Geschwister aufgewachsen. Die Gelegenheit beim Schopfe packend, nahm auch Graf Biedrow am Gespräch der jungen Leute teil. Erneut schien Chrishtina hierbei mit Graf Biedrow vorsichtig zu kokettieren.
Auch dies blieb von der Fürstin beobachtet, wenngleich sie da schon wieder zu Tische saß und Auf die Rückkehr der Töchter zu ihrer eigenen Gesellschaft hoffte.
Dennoch- diese Offenheit gefiel der Fürstin.
Und irgendwann waren es die beiden Männer, die darum baten, sich für die Nacht aus dem lebendigen Reden mit den zwei Fürstentöchtern zurücknehmen zu dürfen, da man bereits morgen in der Früh abzureisen gedachte.
Auch in der Kemenate noch unterhielten sich die zwei Fürstentöchter angeregt miteinander über den - überraschend angenehmen- Verlauf des Abends, kaum, dass die Mädchen zur Ruhe kommen wollten.
Auch dies entging den Ohren und Augen der Fürstin nicht. Nach Abreise der Ritter aus der Burg Czersk ließ sich die Fürstin von ihrem Manne mehr über die beiden jungen Herren berichten. Der Fürst konnte nur Gutes aussagen.
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