6. Hunde
Daehyun brachte bei seinem ersten Besuch Himchan noch nicht mit sich. Er wollte zuerst ein Gefühl für den Ort bekommen, die Idylle genießen, bevor wir Yongguk direkt konfrontieren mussten.
Der blonde Engel passte perfekt in mein kleines Atelier und wanderte bewundernd zwischen den tief hängenden Körben, rankenden Kletterpflanzen und zahllosen Eimern und Töpfen, die liebevoll auf dem Boden und den Regalen angerichtet waren umher, trank alles hungrig in sich auf.
Ich machte ein paar Fotos von ihm zwischen den Blumen, schickte sie ihm mit dem Versprechen zu, dass er gerne auch welche von mir machen durfte, um zu zeigen, welch wunderschönen Engel er an seiner Seite hatte, sollte jemals ein bösartiger CEO deswegen auf ihm herum hacken.
Daehyun fühlte sich pudelwohl, ihm fehlte bloß noch sein liebster Kuchen und ein Hund, dann hätte ich ihn vermutlich nie wieder hinaus gekriegt aber vorerst hingen wie nur gemeinsam lustlos auf der Couch rum, die Beine ineinander verstrickt und beredeten unsere Fälle.
"Nachdem Youngjae mich letztes Mal beim telefonieren erwischt hat, wird er mich wohl nie wieder in Ruhe lassen. Er starrt mich pausenlos richtend an und versucht ständig mich zu Alkohol zu verführen, was soll ich tuuuuuuun?", jammerte er bloß stets dieselbe Leier und ich konnte nur ratlos die Schultern heben.
"Was wissen wir über seinen Beziehungsstatus? Ist er verheiratet?"
Damit bekam ich einen ungläubigen Blick und ein weiteres typisches Schnauben.
"Verheiratet, meine Güte. Wer will so einen denn heiraten? Er vergrault alles, was ihm zu nahe kommt. Aber nein, er genießt es ein junger, reicher Player zu sein, dem die Frauen zu Füßen liegen. Arme Frauen. Sie verdienen besseres." Er schmollte schon wieder und ich griff zu meiner Schale mit Süßigkeiten, die ich stets für ungeduldige Kinder parat hatte und reichte ihm einen Lolli mit Erdbeergeschmack hinüber.
Augenblicklich erhellte sich sein Ausdruck wieder und er riss das Papier auf wie als sei es sein liebstes Weihnachtsgeschenk, bevor seine vollen Lippen schon über die bunte Zuckerkugel glitten.
Ich nahm mir auch einen und beschäftigte mich damit, während ich über seine Situation nachdachte.
"Sieht er es auch auf Männer ab? Weißt du etwas darüber?"
Hierbei hob Daehyun nur ratlos die Schultern, seine rosanen Lippen glänzend von Speichel und Zucker, er hatte niedergeschlagen die Lider gesenkt und seine dunklen Wimpern bedeckten nun fächerförmig das Muttermal unter seinem linken Auge.
Seufzend legte ich meine Beine enger um seine, spendete tröstend Körperwärme.
"Wir bekommen das hin. Irgendwo muss er schließlich einen Punkt haben, an dem du ansetzen kannst."
"Ich glaube er hält genau diese Punkte gut versteckt, weil er genau weiß, was mein Plan ist..." Grummelnd fokussierte er wieder die wichtigen Dinge im Leben. Süßigkeiten.
Wir teilten uns für einige Minuten andächtig die Stille und lauschten den Geräuschen der Straße draußen. Es war Mittwoch, Daehyuns freier Tag, da er stattdessen Samstags arbeiten musste und bei mir war morgens nie viel los, da außer Daehyun immerhin alle arbeiteten, weshalb wir uns die kleine Pause gönnten. Oben waren vor einiger Zeit mehrere Männerstimmen zu hören gewesen und obwohl es schon halb zehn war, hatte ich noch nicht gehört, wie Yongguk seinen Laden für den Tag eröffnete, was Sorgen bereitend war.
Wir lauschten gemeinsam den schweren Schritten oben und dann fiel eine Tür laut knallend zu, leichtere Schritte eilten nun die Treppe hinab.
Ich erwartete selbstverständlich, dass sie direkt an mir vorbei rannten, weswegen das lange Zögern auf meiner Ebene mich stutzig machte.
Trotz der Vorwarnung zuckte ich zusammen, als es klingelte, klingelte, statt dass er einfach durch die Tür kam und automatisch das Glockenspiel betätigte.
"Komm rein, es ist offen!", rief ich also bloß laut aus und begann hektisch meine Beine von Daehyuns zu entknoten, als mein schüchterner Nachbar auch schon den Kopf durch den neuen Spalt streckte, den blühenden Raum nach mir absuchte.
Ich eilte auf ihn zu, bemerkte wie wild sein Haar heute schien und wie tief die Ringe unter seinen Augen. Er wirkte noch dünner in seinem lockeren Shirt als sonst.
"Tut mir wirklich leid, dass ich stören muss, aber könnte ich dich sehr kurzfristig um einen Gefallen bitten?", fragte er so leise, dass ich es selbst kaum hörte und ich nickte bloß mit großen Augen, war noch überrumpelt von seiner Anwesenheit.
Sein Blick glitt unstet durch den Raum, mied mich ebenso schüchtern wie immer und streifte auch Daehyun auf meiner Couch, der neugierig über die Lehne lugte.
"Ich habe oben gerade Handwerker und bin spät zur Arbeit. Mein Bruder wollte eigentlich aufpassen kommen, aber ich kann ihn nicht erreichen. Sobald ich durchkomme, nimmt er sie dir ab, versprochen!"
Das war das meiste, das ich ihn je Sprechen gehört hatte und auch Daehyun schien beeindruckt, seiner Stille nach zu schließen.
Ich vermutete stark es ging um Yongguks Haustiere, aber ebenso wie er es vergessen hatte sich mir überhaupt vorzustellen, schien ihm das Hauptthema öfters zu entgleiten.
"Absolut kein Problem. Sollte er nicht mehr kommen können, sag ihm ab, ich kann sie betreuen, bis du wieder Zeit hast.", lächelte ich also automatisch und Yongguk grinste mich erleichtert an, seine Augen wie Sterne.
"Okay, danke! Hier, das ist Tigger und du kennst ja Katy Purry schon. Tigger meldet sich, wenn er raus will, Futter findest du oben, die Tür ist offen und es hängt ein Plan am Kühschrank, ignorier bitte die finster aussehenden Männer und- das da ist mein erster Kunde ich muss gehen, bis nachher!"
Und weg war er. Zwar nicht so schnell, wie er vielleicht wollte, da er sich stets mit einer gezielten Vorsicht und Rückhaltung zu bewegen schien, aber schneller, als man von ihm denken würde.
Ich sah auf die beiden Fellbündel in meinen Armen hinab, das kleinere vertraut und bereits warm an meine Brust gekuschelt, das andere leise hechelnd, aber lächelnd.
"HUND!", kam es dann bereits von hinten und ich wurde überrumpelt, als Daehyun mir den überraschten Pudel aus den Armen zog, sofort begann mit ihm durchs Zimmer zu toben.
"Hat er seine Katze wirklich Katy Purry genannt?", fragte ich konfus in den Raum hinein, die Kleine sah nicht so aus, als wollte sie schon herunter gelassen werden und Daehyun lachte laut mit dem freudig umherspringenden Tigger.
"Tigger ist auch ziemlich unüblich für einen Dämon...", murmelte ich mehr zu mir selbst, ging los einen freien Korb suchen, in dem ich die schlafende Katze gut platzieren konnte.
Daehyun wurde still hinter mir. Nach fünf Sekunden verdächtiger Stille drehte ich mich konfus um, erwartete es, dass er versehentlich aus dem Fenster gestürzt war oder dergleichen.
Aber er saß nur da und starrte mich mit großen Augen an, während Tigger unbekümmert auf Wanderschaft ging.
"Das war dein Hell Boy?"
Ich nickte bloß.
"Der Typ?"
Ich nickte erneut, langsamer dieses Mal.
"Der war kuscheliger als meine weiße Eisbärdecke, du weißt, welche ich meine, und die ist sehr kuschelig!"
Das war sie in der Tat.
Ich hob bloß die Schultern und setzte behutsam das Kätzchen ab.
"Ich habe dir doch gesagt, dass er nicht besonders gut ins Bild passt. Man gewöhnt sich auch nie daran. Immer wenn ich ihn sehe, überrascht er mich mit etwas anderem."
Daehyun sah schwer beeindruckt aus und schien sich auch wieder des Lollis in seinem Mund zu besinnen, den er nun ploppend aus seinen Lippen zog, um ihn anklagend auf mich zu zeigen.
"Du hältst mich besser gut auf dem Laufenden! Wer weiß schon, was so einer verbrochen hat.", warnte er mich sehr ernst und ich stimmte bloß lachend zu, dann machte Tigger einen Satz und weg war der Lolli.
Ich hoffte bloß, dass Daehyun mit seinem Toben nicht Yongguk bei der Arbeit störte.
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