4. Sonnenblumen

Daehyuns Arbeitsplatz war zu Fuß ungefähr eine Stunde von meinem Zuhause weg, weswegen ich den Bus nahm. Mit einem Korb gefüllt mit Sonnenblumen und Keksen vom Vortag machte ich meine Tour durch die Stadt, beobachtete die vorbeiziehenden Menschen außerhalb des Fensters und bewunderte die Farben und Reinheit des kleinen Ortes.

Daehyun arbeitete für JWorld, ein recht junges Musikentertainment, das auch Schauspieler beherbergte. Der junge CEO war kaum 25 Jahre alt und selbst Musiker wie auch Schauspieler, ganz zu schweigen von seinem Titel als gefallener Engel. Ich traf Daehyun in der geräumigen Lobby, sein Haar ordentlich und ein dunkelblauer Anzug tadellos an seinem Körper sitzend, aber sein übliches Lächeln eingetauscht mit einem finsteren Gesichtsausdruck.

"Hey, sieh mich nicht so an. Zeit für fünf Minuten glücklich zu sein, Dae.", grüßte ich ihn empathisch und schloss ihn kurz in meine Arme, nahm etwas der Anspannung von seinen Schultern.

Er seufzte bloß, als ich mich von ihm löste.

"Er hat mich zum Praktikanten seines persönlichen Sekretärs gemacht. Andere wären durch die Decke gesprungen vor Freude, aber nein, ich darf ihn jetzt morgens von Zuhause abholen, zu seinen Meetings begleiten und rund um die Uhr jeden Wunsch von den Augen ablesen. Er hasst mich." Daehyun sah erschöpft aus, enttäuscht, dass er es sich nicht leichter machen konnte und ich konnte nicht anders, ich fuhr ihm liebevoll durch das weiche Haar, zerstörte seine Frisur.

"Zeig ihm nicht, wie sehr es dich bedrückt. Er weiß Bescheid und macht dir gezielt das Leben schwer."

Daehyun musste bei meinen Worten doch wieder sanft lächeln und zog meine Hand aus seinen Haaren, um sanft meine Fingerspitzen zu küssen. Ich beobachtete ihn lächelnd dabei, schwelgte im Gefühl seiner vollen Lippen an meiner Haut.

"Was würde ich ohne dich machen, hm? Stell dir nur einmal vor ich hätte Jongup statt dich an meiner Seite.", murmelte er mit einem kaum merklichen Lächeln gegen meine Hand und ich musste lachen, dämpfte den Laut etwas mit meiner freien Linken.

"Stell dir viel eher vor es wäre Jongup statt dir, der den Boss verführen muss."

Nun grinste Daehyun auch, ein volles Grinsen, das sein gesamtes Gesicht verzog und tiefe Falten um seine Augen warf. Es war das sonnige Lächeln, das wir im Himmel alle so liebten.

"Lieber nicht. Jetzt komm, ich muss stressessen."

Ich folgte ihm leise lachend aus dem Gebäude, ließ seine Hand auf dem Weg nicht los und begann ihm von meinem kleinen Laden zu erzählen, von dem hübschen Viertel, in dem ich wohnte und dem Mysterium, das der nicht rein passen wollende Künstler hegte.

Daehyun versprach mir mich baldmöglichst besuchen zu kommen und sich anzusehen, wie der Laden voran kam, mein Geschäft lief offiziell noch nicht, aber ich wusste, es würden Leute kommen.

Wir aßen in einem nahen Cafe zu Mittag und früher als es mir lieb war, war seine Pause bereits wieder um und ich musste ihn aus unserem animierten Gespräch hinaus wieder in sein ungewolltes Arbeitsgebiet schicken.

"Du schaffst das. Ansonsten sorge ich dafür, dass in seine Büro irgendwo eine Ratte stirbt oder ähnliches."

"Er ist die einzige Ratte in seinem Büro, die den Tod verdient. Warum sind wir so nett?"

Ich hatte keine Antwort für ihn, also hatte ich ihm bloß lächelnd den Strauß Sonneblumen und die Schachtel mit schokoladigen Keksen in die Arme gedrückt.

"Sie werden ohne dein Lächeln welken. Also sei so gut und lächle viel, damit die Armen nicht sterben müssen."

Dafür bekam ich eines dieser Lächeln und ich zählte es als Sieg.

-

Ich hatte zurück daheim einen weiteren Strauß Sonneblumen mit mir genommen, um mich in der Nachbarschaft vorzustellen, etwas Werbung für mein Geschäft zu machen. Die Türen zu dem Tattooladen waren geschlossen, als ich sie passierte und drinnen war niemand zu sehen. Ich wunderte mich ein weiteres Mal über das abgeschiedene Leben des Dämons, doch ich verweilte nicht länger, sondern ging summend unsere Allee hinab.

Die Familien in den Häusern zeigten sich hellauf begeistert von den gesunden Sonnenblumen, die sie erhielten und versprachen mir oft vorbei zu kommen und mich weiter zu empfehlen. Auf die Worte hin, dass ich über dem Tattooshop arbeitete, sahen sie nachdenklich aus, jedoch nie abneigend oder besorgt, eher melancholisch.

Sie erzählten mir von ihm.

Sein Name war Bang Yongguk und er hatte seinen Laden erst vor zwei Jahren eröffnet, aber das Geschäft florierte. Er schien in der Tat allein zu arbeiten, genoss die Stille und hatte jeden Kunden mit genau dem entlassen, was sie wollten. Er liebte seine Arbeit, machte sie nicht nur für andere, sondern auch für sich und ging auf in seiner Kunst und der Fähigkeit sie zum Leben zu bringen. Er war nicht der sozialste Typ, aber stets freundlich und hilfsbereit.

Er klang nicht wie ein Dämon, aber ich wusste dennoch, was ich gesehen hatte. Ich dankte den hilfreichen Nachbarn mit einem Lächeln und sie winkten bloß ab, versicherten mir, dass ich mich um ihn nicht sorgen musste und selbstsicher mein Geschäft leiden konnte.

Nach meiner kleinen Tour wanderte ich versonnen wieder nach Hause, die Sonne machte sich gerade daran unter zu gehen, färbte die vereinzelten Wolken rosa wie die zarten Blüten einer Kirsche und den Himmel tief orange. Ich begegnete einem Kind, das vermutlich gerade vom Spielen zurück kam und es erhielt die letzte Sonnenblume in meinem Korb, hüpfte strahlend davon.

Ich sah dem Kleinen zufrieden nach, achtete auf seinen Schritt, auf dass er nicht fiel und bemerkte dann den stillen Mann am anderen Straßenrand, der dasselbe tat.

Die Sonne stand ihm gut, ließ ihre letzten Strahlen liebkosend über seine Haut gleiten und sie golden gegen seine schwarzen Klamotten kontrastieren. Er hatte einen Hund bei sich, einen kleinen goldbraunen Pudel, der freudig um ihn herum wuselte, aufgeregt von ihm, zu dem Kind, mir und wieder zurück sah.

Ich spielte mit dem Gedanken die Hand zum Gruß zu heben, doch ehe ich dazu kam, hatte er sich bereits mit einem wohlwollenden Lächeln auf den Lippen wieder abgewandt und spazierte langsam die Straße in die gleiche Richtung hinab wie ich.

Ich verweilte eine Weile an meinem Fleck, prägte mir das malerische Bild seiner schmalen Gestalt getränkt in das Licht der untergehenden Sonne in meinem Gedächtnis ein und setzte meinen Weg erst dann fort, als er wieder in seinem Laden verschwunden war, die gereihten Häuser um uns ihre Lichter für die Nacht betätigten.

Ich überlegte mir, was ich nun alles über ihn wusste. Er mochte seine Arbeit, Tiere und Kinder. Er war ein stiller, aber netter Mann. Er hatte nichts an sich, das auf ein dämonisches Erbe hin weisen konnte.

Also mussten die Gründe tiefer liegen. Dunkler sein. Ich fürchtete mich vor dem, was ich finden könnte und war doch zu neugierig.

Ich fragte mich, wer von uns wohl zuerst Erfolg hätte. Daehyun oder ich.

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