38. Gruesome truth
Das Lager der Oni zu finden war nicht das Problem. Hinein zu kommen war es.
Als Dämonen, die sich mit Vorliebe an menschlichem Blut labten, hatten auch sie einen ausgezeichneten Geruchssinn und wenn Daehyuns und mein offensichtlicher Geruch sie nicht auf sich aufmerksam gemacht hätte, dann wenigstens Jinyoungs.
Nun war es nur die Frage, mit wie viel Diplomatie man diese Sache klären konnte.
Jinyoung ließ sich nicht davon abbringen seine Waffen vorsichtig zur Hand zu haben und Jongup und Youngjae versuchten an seinen beiden Seiten auch bestmöglich seinen Geruch zu vertuschen, aber soweit war es ohnehin aussichtslos.
Sie hatten keinen Wächter vor ihrer Höhle versteckt zwischen zerklüfteten Gebirgspässen stehen, doch drinnen bekamen wir dann relativ schnell Gesellschaft.
"Was führt euch her? In einer derart... geschmackslosen Truppe?", erkundigte sich eine tiefe, aber halbwegs amüsierte Stimme aus dem Dunkeln heraus, derzeit schienen wir keine akute Gefahr darzustellen.
Ich drückte behutsam Jinyoungs Armbrust hinab, als ich vortrat, versuchte im Schatten eine Form zu erkennen.
Es stank nach Blut. Blut und Verwesung.
"Wir suchen nach einem Dämon, der in eurem Gebiet residiert. Wisst ihr womöglich, wohin es ihn verschlagen hat?"
Ein bellendes Lachen hallte durch die Höhlen, wurde von weiter hinten erwidert.
"Hat der kleine Engel seinen Schützling verloren, hm? Was für ein Jammer... Wir halten nichts von diesem System, wisst ihr? Wir haben keinen Grund euch zu helfen."
"Doch, den habt ihr." Jinyoung schob sich an mir vorbei und näher auf den Schatten zu, hob die Armbrust auf ungefähr eine drei Meter Höhe. "Weil ich nämlich dafür bezahlt werde eure hässlichen Schädel rollen zu lassen und nur zu gerne die Kassen füllen würde."
Das letzte, was wir von dem Oni hörten war ein erzürntes Grollen, dann verstummte er mit dem Klicken eines Bolzens abrupt, krachte schwerfällig zu Boden.
Wir standen schweigend, konnten ihm die Wahl nicht wirklich verübeln, hatten allerdings auch nicht wirklich heraus gefunden, ob Yongguk tatsächlich noch hier war und lebte.
"Okay, ihr den Fluchtweg, wir Yongguk. Haltet euch bedeckt.", murmelte Jinyoung bloß den anderen dreien zu, dann fasste er mich am Handgelenk, um mich um den großen, unförmigen Körper des Oni herum zu geleiten, tiefer in die Schatten hinein.
"Es kann öfters mal passieren, dass ein ganzes Lager Dämonen ausgefegt wird. Die Verbleibenden kümmern sich nachher um die Kadaver.", erklärte mir Jinyoung leise und ich nickte langsam, wollte gar nicht zu sehr über die Säuberungsmethode nachdenken.
Ich wurde das Kämpfen zu einem sinnvollen Maß gelehrt, keineswegs aber so professionell wie der Mann an meiner Seite. Es konnte Ärger geben, wenn ich kämpfte. Wenn Menschen andere Geschöpfe auf ihrer Welt umbrachten, war das ihre Sache. Aber Engel und Dämonen, die einander gegenseitig meuchelten, waren immer ein Problem. Während es in der Natur der Dämonen lag zu töten, scheuten Engel eher davor zurück.
Jinyoung und ich wanderten schweigend durch die kühle Höhle, hier und da fiel ein Oni, ohne eine Spur von Yongguk.
Es war immerhin offensichtlich, dass die Höhle keine vielen komplexen Verzweigungen oder ähnliches hatte, sondern einfach nur auf einen größeren Raum hinab führte, den ich ehrlich gesagt gar nicht sehen wollte. Ein Glück lebten sie zwar im Dunkeln, aber Jinyoung würde zum Töten Licht brauchen.
Fröstelnd zog ich meinen Mantel enger um mich, als ein kalter Wind über die schroffen Steine heulte, erwischte mich immer wieder dabei mich paranoid nach hinten umzusehen, obwohl da niemand sein konnte.
"Was riechst du? Riechst du deinen Satansbraten noch oder auch nurnoch Tod?"
"Nur Tod." Ich hatte Yongguks Geruch absolut aus der Nase verloren und betete bloß noch, dass wir nicht umsonst hier herein marschiert waren.
Eigenartigerweise wurden wir allerdings abgehalten, bevor wir den großen Raum erreichen konnten.
Etwas bewegte sich im Dunkeln und Jinyoungs Arm zuckte bereits hoch, doch was dann tatsächlich aus den Schatten heraus und in das spärliche Licht von Jinyoungs kleiner Lampe trat, war eine Frau, zierlich und mit defensiv erhobenen Händen. Sie war ebenso wenig ein Mensch, wie ich es war, die dunkle Ausstrahlung um sie feindselig, aber sie schien dennoch nicht zu beabsichtigen uns anzugreifen.
"Bitte. Bevor ihr mehr unserer Brüder und Schwestern tötet. Lasst mich euch zum Häuptling bringen.", sprach sie leise und lieblich aus herzförmigen Lippen heraus, ihre Haut weiß wie Schnee und das schwarze Haar wie ein seidiger Umhang auf ihren Schultern.
Jinyoung setzte misstrauisch die Armbrust gegen seine Schulter ab, starrte auf sie herab. Als Jäger würde er wissen, ob sie ein Mensch war oder nicht, das war nicht das Thema. Nur konnten wir beide uns ihre Anwesenheit hier nicht erschließen. Außerdem kam sie mir vage bekannt vor, aber ich wüsste nicht von wo. Ich kannte keine einzige japanische Frau.
"Wurde Zeit. Wenn du irgendwelche Tricks versuchst..." Jinyoung ließ die Drohung unausgesprochen in der Luft hängen und sie verbeugte sich bloß knapp, Hände in den Ärmeln ihres blumigen Kimonos, dann führte sie uns weiter den Gang hinab.
Meine Augen tränten nicht viel später von dem beissenden Geruch, der uns umgab und ich hielt mir meinen Schal vor die Atemwege im Versuch meine Reiswaffeln im Magen zu behalten. Wir passierten den großen Raum nur entlang der äußersten Wand und mieden all das Grauen, das die Mitte der Halle finster verbarg, doch der Reiz umzukippen war dennoch zu groß für meinen Geschmack.
Ich versuchte mich statt auf unsere Umgebung eher auf die Frau vor uns zu konzentrieren, die zu schweben schien anstatt dass sie ging, schaffte es damit auch erfolgreich den widerlichen Geruch und das dumpfe Grunzen und Kauen vom Inneren des Raumes zu ignorieren.
Wir traten in einen heller beleuchteten Gang und ich verzog das Gesicht beim Anblick wie der weiße Kimono der Dämonin nun zu einem guten Teil mit Blut getränkt war, zog es vor wieder den Kopf zu heben.
Sie wies uns mit einer eleganten Verbeugung zu der vermutlich einzigen Tür in der gesamten Höhle und Jinyoung tauschte einen warnenden Blick mit mir, dann ging er voran, die Waffe bereit zu töten.
Ich warf der geduldig lächelnden Frau einen letzten Blick zu, versuchte darauf zu kommen, woher ich sie kannte, dann trat ich hinter Jinyoung ein, hielt mich hinter seinem Rücken, während ich behutsam die Tür schloss.
Ein schneller Blick in die Runde genügte bereits, um alles im Raum zu überblicken. Yongguk war hier, beleuchtet von tanzenden Flammen, während er in einer unangenehmen Erinnerung aus der Vergangenheit an zwei Ketten hing, gezwungen wurde zu stehen, während das Blut aus seinen Handgelenken schwarz an seiner Seite hinab tropfte.
Er war wach und hob sofort den Kopf, als er uns kommen hörte, aber entgegen meiner Erwartungen sah er nicht überrascht oder hilflos aus. Eher so, als habe er damit gerechnet.
Ich widerstand dem Drang sofort zu ihm zu rennen und fasste zuvor den großen, protzigen Steinthron in der Mitte des Raumes in den Blick, gesäumt von bleichen Gebeinen und bunten Federn. Er war derzeit leer, aber an der rechten Armlehne stand ein Mann gelehnt, Arme vor der Brust verschränkt und mit dem Blick auf Yongguk.
Jinyoung musste sich grob räuspern, damit uns der Fremde einen nachlässigen Blick über seine Schulter zuwarf und binnen dem Bruchteil einer Sekunde verlor ich jeglichen Boden unter den Füßen.
Yongguks Gesicht sah uns zweimal im Raum an.
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Das nächste Kapitel ist das letzte, dann Epilog~
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