35. Bang Natasha
Ich wusste nicht genau, wen ich mir unter Yongguks Schwester vorgestellt hatte, aber es war nicht das.
Im Nachhinein war Yongnam immerhin auch komplett anders gewesen, als man von Yongguk aus vermutet hätte und dennoch überrschte Natasha mich erneut.
Yongguk hatte mich zu genau dem Haus gebracht, zu dem ich seine Spur auch bei meinem letzten Besuch gefolgt war, hatte mir strahlend und durch den Schnee tanzend über seine starke, ältere Schwester erzählt, die er tief in seinem Herzen trug und schmerzhaft vermisste.
Natasha war dieses Mal auch daheim, zurück von wohin auch immer sie letztes Mal geflohen war, als die Zwillinge im Land waren. Sie öffnete uns persönlich die Haustür und das erste, das sich mir tief im Gedächtnis einbrannte, waren ihre Grübchen. Grübchen wie Yognam sie gehabt hatte, aber der andere Zwilling nicht.
Sie war hübsch und die Ähnlichkeit zu den Brüdern definitiv vorhanden, wenn sie auch definitiv so stark und selbstbewusst schien, wie ihr Bruder mir berichtet hatte. Schien so als sei Yongguk auch daheim eine kleine Seltenheit.
Ich bekam nicht besonders viel von ihr mit, nurnoch ihr relativ helles Haar, dann sprangen sie einander bereits in die Arme, beide voller Vorsicht auf diei Ellbogen des anderen aber nicht minder stürmisch. Ein leises Murmeln in den Hals des jeweils anderen wurde ausgetauscht und ihre Hand wuschelte wohlwollend durch sein Haar, dann erst trat sie wieder lächelnd zurück.
Ihre Augen waren scharf, als sie das erste Mal auf mich trafen, musterten mich voller Skepsis, aber ihr Lächeln war dennoch warm, als sie uns hinter sich in ihre warme Wohnung winkte, wir versuchten so viel wie möglich an Schnee draußen zu lassen.
"Kommt rein, hier, eure Jacken..." Für einen Moment war alles geschäftig und hektisch, während wir uns unseren Mänteln und Stiefeln entledigten, dann stand sie plötzlich vor mir und streckte mir ernst die Hand hin.
"Ich bin Natasha. Und hoffe, dass du nicht vor hast meinem Babybruder Schaden zuzufügen."
Yongguk gab einen empörten Laut von sich, während ich mich vorsichtig vorstellte, schnell darin war mit Yongguk gemeinsam zu versichern, dass ich keinerlei solcher Pläne hatte.
Natashas Lächeln war tief und als sie sich umwandte, um uns in ihre Küche zu bringen, war die Aura um sie warm und willkommend, die Tattoos überall an ihrem Körper bunt.
"Es wird Zeit für die Rituale, Gukkie. Habt ihr etwas Zeit zu entbehren?", erkundigte sie sich sehr direkt, während wir noch Platz nahmen und sie uns bereits bereiteten Tee servierte.
Eigenartig, wie Yongguk sich seiner Flugkünste scheinbar sicher genug war, um sich zeitlich so passend anzukündigen. Nicht, dass ich mich beschwerte. Ich hatte zwar keine direkten Geschwister, aber die Dynamik zwischen diesen war mir wohl bewusst.
"Klar haben wir die. Ich denke nur wie beide sollten in das Haus am Berg gehen und von dort aus arbeiten. Sonst wird es hier eng.", lächelte Yongguk mit einem leisen Danke, während er vorsichtig seine dampfende Tasse entgegen nahm.
"Und das sagst du mir in der Erwartung, dass ich nicht meine Schlüsse ziehen werde?", grinste sie ein süffisantes Lächeln, das mir ebenfalls sehr bekannt vorkam und war mir auf Anhieb bereits sympathisch. Sie streckte mitfühlend die Hand aus, als Yongguk sich schüchtern hinter seinen Haaren versteckte, tätschelte amüsiert seine Schulter.
"Schon gut, nicht meine Baustelle. Klar könnt ihr gerne oben bleiben, ich rufe dann an, wann auch immer ich Hilfe brauche. Aber für heute bleibt ihr hier. Ich muss doch die beschützerische ältere Schwester machen." Sie zwinkerte mir verspielt zu und ich grinste sie daraufhin bloß an, dann beherrschte ich mich um Yongguks Willen nicht dem Drang nachzukommen sich mit seiner coolen Schwester gegen ihn zu verschwören.
-
Wir hatten Natasha spät abends entgegen ihrer Proteste allein gelassen, um wieder in unser verborgenes Haus zwischen den verschneiten Bergen hinauf zu reisen, dieses Mal ohne Schneesturm aber dennoch mit beißender Kälte.
Drinnen sah alles noch genauso kuschelig und einladend aus, wie ich es in Erinnerung hatte und wir eilten zitternd hinein, kickten Schuhe und Mantel von uns und während er mittels seiner eigenen Hände das Holz im Ofen entflammte, eilte ich in die Küche, um Tee aufzukochen.
"Ich mag deine Schwester. Ich mag Geschwister, die mir beim ersten Treffen jede Peinlichkeit aus der Jugend meiner Freunde erzählen.", rief ich ihm lachend zu, während ich durch die Schränke rumorte und aus dem anderen Raum antwortete mir ein abfälliges Schnauben.
"Es ist unfair, wie du aus diesem Pool schöpfen kannst, aber ich nicht. Wen muss ich eher fragen, Daehyun, oder den Typen, der morgens aus deinem Zimmer gekommen ist? Den Engel?"
"Ich denke nicht, dass einer von beiden dir damit dienen kann."
Leise kichernd goss ich den Tee auf und fand sogar noch eine Packung Kekse hier, die er zurückgelassen haben musste und richtete sie mit an.
"Feuer ist an.", informierte er mich murmelnd, als er an meiner Seite zu stehen kam, um seinen Körper an meine Seite zu pressen, die Arme stets eng an seinen Seiten.
Dafür, dass er deutlich wärmer als ich war, fror er wirklich schnell.
Ich platzierte einen Arm locker um seinen schlanken Hüften, teilte meine Körperwärme mit ihm und erlaubte es ihm auch sanft seinen Kopf gegen meinen zu lehnen. Wir sprachen nicht, während ich abwesend Kekse auf dem Teller anordnete, immer wieder zu neuen Mustern ansetzte und er nur zufrieden an meiner Seite stand.
"Ich liege richtig in der Annahme, dass es hierbei um Ahnenvererhung geht, richtig?", kam ich nicht umhin die gemütliche Stille dann allerdings doch noch zu brechen und ich musste unsicher genug geklungen haben, dass ein stummes Lachen durch seinen Körper bebte.
Schließlich kam eine seiner Hände herauf, um mein Kinn zu greifen, es sanft in seine Richtung zu drehen, damit er sehr ernst in meine Augen starren konnte. Ich verharrte mit den Keksen, sah abwartend zwischen seinen sehr hinreissend ungleichen Augen hin und her.
"Keineswegs, kleiner Engel, warum denkst du, habe ich dich hierhin mitgebracht? Wir brauchen dein jungfräuliches Blut, um mir ewiges Leben zu garantieren.", grollte er mit einer Stimme noch tiefer als das, was ich gewohnt war und dramatisch legte ich eine Hand auf mein (definitiv nicht schneller pochendes, nein) Herz. Für einen Moment grinste er bloß finster, während ich die Verratene spielte, dann musste ich lachen, löste mich aus seinem Griff.
"Aber was sagt dir, dass mein Blut noch jungfräulich ist?"
Nun tat er schockiert, seine Locken weich gegen seine Stirn hüpfend, als er in Verstehen etwas den Kopf zurück lehnte, die Augen weit.
"Ein typischer Fehler: bei jungfräulichen Blut geht es nicht darum, ob die Person tatsächlich noch Jungfrau ist, oder nicht, sondern darum, ob das Blut schon einmal für Rituale der okkultischen Art genutzt wurde.", belehrte er mich dann mit einem Grinsen und ich hob nur die Schultern und stieß ihn mit der Hüfte sanft beiseite, um die Teeblätter aus der Kanne zu befördern.
"Das wusste ich, aber ich werde dir nicht verraten auf was von beidem ich mich bezogen habe."
Ich hörte, wie sich die Zahnräder hinter seiner Stirn drehten, dann gab er mit einem Mal einen leisen Protestlaut von sich.
"Nicht fair! Sollte es das eine sein... dann können wir dich gar nicht opfern! Dann brauche ich schnell ein anderes Opfer!"
"Man nennt es Überlebenswunsch."
"Ich nenne es ungerecht. Das System ist korrupt und-" Ich unterbrach ihn, indem ich ihm einen Keks zwischen die geöffneten Lippen klemmte und ihm einen ernsten Blick zuwarf.
"Ich weiß. Dennoch gibt es keine Möglichkeit für dich das zu wissen, also wirst du dir wohl ein anderes Opfer suchen müssen, bei dem du dir sicher sein kannst. Versuch es mit einem Kind."
Sein Gesicht war geschockt genug, um mich in lautes Gelächter ausbrechen zu lassen und prompt so heftig zu lachen, dass etwas des heißen Tees über meine Finger zischte und ich hastig die Kanne abstellte.
Yongguk fasste mich seufzend und mit dem Keks noch immer zwischen seinen Zähnen eingeklemmt, um mich zum Waschbecken zu führen, wieder gemütlich an mir zu lehnen, während ich die Verletzung kühlte.
Langsam wurde es wärmer.
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