33. Tränen
Daehyun war eindeutig nicht so tapfer was Tattoos anging, aber das mochte auch an der Stelle liegen, die er sich ausgesucht hatte. Das 'Somewhere' für das er sich entschieden hatte, sollte auf seinen linken Rippenbogen und ich fand allein den Klang der Idee schon schmerzhaft, ich wollte gar nicht wissen, wie es ihm damit ging.
Youngjae war auch hier, saß unbeeindruckt von Daehyuns ach so tapferem Jammern an dessen Seite und las, während ich wieder beruhigende Kreise in das Fleisch des Opfers massieren durfte.
Daehyun lag auf dem Rücken, Yongguk über seinen entblößten Oberkörper gebeugt, während der betroffene Engel dramatisch den Kopf in den Nacken gelegt hatte, Augen und Lippen zusammen presste, wann auch immer Yongguk behutsam eine Linie zog, nur um sofort wieder abzusetzen.
Ich saß dem Künstler und Youngjae gegenüber, hielt Daehyuns schwitzige Hände und versprach ihm süße Nichtigkeiten, um ihn zu beruhigen, wusste dennoch, dass er auf seiner Lasagne beharren würde.
Viel eher als auf meine Worte war ich allerdings heute von Yongguk abgelenkt, der ein unangemessen weit offen stehendes, dunkles Hemd trug und ich konnte durch seine Haltung beinahe bis zur Hälfte seiner Brust herab sehen, eine gebräunte Brust voller schwarzer Tinte und hageren Muskeln.
Natürlich wusste ich von seinen Tattoos, hatte sie schließlich alle schon einmal kurz gesehen, bevor ich ihn getroffen hatte, doch ich war ihnen nie derart offen begegnet und es ließ meinen eigenen Rollkragenpullover unangenehm heiß und kratzig auf meiner Haut liegen.
"Heute ist es so warm hier drinnen, nicht?", verpasste er es auch nicht mich dunkel anzusprechen ohne von seiner Arbeit aufzusehen, als ich eine Hand von Daehyuns löste, um aufgewühlt an meinem Kragen zu zerren.
"Daehyun ist sehr heiß, ja.", feuerte ich unwillig mein Starren einzugestehen zurück und fokussierte resolut das verzogene Gesicht des anderen, während Yongguk nur leise in sich hinein grinste und mit ruhigen Handbewegungen weiter arbeitete.
"Youngjae kann dich da drüben ablösen, bevor deine Hand schmilzt." Was bedeuten würde ich müsste neben ihm sitzen. Gefährlich nahe an dieser entblößten Haut und den zarten, aber sehnigen Händen, die expertiv arbeiteten. Keine gute Idee.
"Nicht doch, ich schaffe das hier. Danke für deine Sorge."
"Ich kann dich schon verstehen. Wenn er noch viel mehr Hitze abstrahlen würde, wäre es beinahe Zeit oben ohne zu arbeiten. Wie hältst du es mit ihm nur aus, Youngjae?" Er machte eine Show daraus sich dramatisch den Unterarm über die Stirn zu reiben, Daehyun eine kurze Pause zu gönnen. Der Mann atmete erstmal eine Weile schwer.
"Braucht noch jemand etwas zu trinken?" Auf unser Schweigen hin zuckte Yongguk nur mit den Schultern und ging davon, kehrte kurz später mit einer Flasche Wasser wieder und checkte Daehyun ab, während er die Flasche öffnete.
"Dir geht es gut, ja? Wir sind bald fertig."
Daehyun nickte bloß, die Hände gestresst in seinen Haaren während die frische Tinte in seiner geröteten Haut einen scharfen Kontrast zu seinem sonst reinen Oberkörper darstellte.
Yongguk setzte sich wieder, um zu trinken und ich beobachtete ihn dabei, wie er den Kopf zurück lehnte, um so viel reine Haut an seinem Hals zu entblößen. Er schluckte einmal, zweimal, seine Kehle um die Aktion arbeitend und dann erwischte ich ein kleines Rinnsal Wasser dabei aus seinem Mundwinkel und bis zu seiner Brust hinab zu rinnen. Ich spannte den Kiefer an, als die Tropfen fröhlich dunkle Schatten innerhalb den Falten seines roten Hemdes hinterließen, ungefähr auf der Mitte seines Körpers hielten.
Ich warf Yongguk einen reservierten Blick zu, als er die Flasche absetzte und dann mit einem engelsgleichen (hah) Lächeln in meine Richtung streckte, das Gesicht voller kleiner Falten.
"Jetzt siehst du doch durstig aus."
Ich verstand Daehyuns ständigen Drang zu fluchen mit einem Mal und starrte Yongguk nur schweigend nieder, bis er aufgab und die Flasche achselzuckend bei seinen Füßen platzierte.
"Okay, bereit? Ich mache weiter."
Auf Daehyuns zustimmendes Brummen hin, beugte Yongguk sich wieder nach vorne und dieses Mal nahm ich meine Rache, reagierte blitzschnell.
Daehyuns Augen waren ohnehin zu, aber zum guten Willen platzierte ich zusätzlich weich eine Hand über seinen Lidern, während Yongguk damit beschäftigt war nach der Pistole zu greifen.
Als er sich wieder zu Daehyun drehte, fand sein Kopf meinen und meine Lippen streiften flüchtig seine, kaum mehr als die Berührung einer Feder, dann saß ich wieder und tat, als würde ich Daehyun den Schweiß von der Braue streichen, während Yongguk mich mit großen Augen anstarrte.
Youngjae war zuvor tief in sein Buch versunken gewesen aber scheinbar kümmerte er sich genug um Daehyun, um doch nicht ganz abwesend zu sein, denn nun war sein Kopf kaum merklich hinter seinem Buch aufgetaucht und er starrte uns mit weiten Augen an, der Mund offen.
Ich errötete ehrenhaft, während Yongguk sich in einem Husten rettete und ach so abgelenkt von der Maschine tat, ganz klar aus dem Konzept gebracht. Von seinem zuckenden Mundwinkel sah ich direkt zum gefallenen Engel, der kurz nach Worten zu suchen schien.
"Habt ihr beiden gerade..." Er sah konfus zwischen uns beiden hin und her, bevor er sich schüttelte und wieder intensiv in sein Buch sah. "Egal. Macht weiter, ich will heim."
Er akzeptierte die wesentlich größere Hand, die ein jammernder Daehyun nach ihm ausstreckte, ängstlich vor dem Schmerz und ich beobachtete wieder, zufrieden mit dem Ausblick und meiner Rache, die Yongguk immer wieder dazu brachte in ein unkontrolliertes Grinsen auszubrechen.
Youngjae sah ab und an noch staunend zu mir auf, schien sich allerdings nicht sicher zu sein und senkte die Augen skeptisch wieder auf sein Buch über... Newtons Gesetze. Sehr attraktiv.
Yongguk schaffte es trotz der Ablenkung noch ordentlich zu Ende zu arbeiten und entließ Daehyun mit einem zuneigungsvollen Tätscheln auf seinem weichen Bauch, der Arme brach schier in Freundentränen aus, dass er den schrecklichen Vorgang hinter sich hatte. Dafür wurde Youngjae beinahe so rot wie sein Buch, als Daehyun ihm halb nackt und vor unseren Augen erleichtert um den Hals fiel.
Wir verabschiedeten den - hinkenden, damit Youngjae ihn stützte, ach die Liebe - Daehyun und seinen Freund lächelnd, bevor ich Yongguk mit verschränkten Armen dabei beobachtete seinen Platz aufzuräumen, systematisch und schnell vorzugehen.
Er sprach nicht, während er das tat, aber er stellte klar, dass hinter dem nun beiseite geschobenen Vorhang kein neuer Kunde im Vorraum zu sehen war, bevor er mir später näher kam, mich unmissverständlich gegen die Wand in meinem Rücken drängte, ohne mir allerdings zu nahe zu kommen oder die Chance zu nehmen ihm auszuweichen.
"Du spielst nicht fair.", wies er mich bemüht ernst hin und ich konnte bloß lachen, bevor ich einen Arm entknotete, um den ausgestreckten Zeigefinger in seine Brust zu pieken, direkt auf den eleganten Bogen eines Ls.
"Glaubst du das hier ist fair gespielt? Was würdest du sagen, wenn ich morgen nur im Bustier den Tresen gemeinsam mit Junhong bemanne? Du hast angefangen.", warf ich ihm kindisch vor, ohne allerdings meine Finger von ihm zu nehmen, wenn ich auch den Druck etwas verringerte.
"Nichts würde ich sagen, weil du ohnehin zu mir gehörst. Ich hätte keinen Grund zur Beschwerde.", grinste er bloß schelmisch und gerade wollte ich empört meine Hand wieder zu mir nehmen, versuchte herunter zu spielen, wie sehr mir seine Worte gefielen, als er seine Finger plötzlich über meine Hand legte, sie mit etwas Druck flach gegen seine Brust presste.
Ich hätte weniger Probleme gehabt seine Haut zu berühren, wenn es sich um seinen Arm oder sonstwo gehandelt hätte, aber das hier war direkt in seinem Shirt und es war außerdem eine bemalte Stelle, die sich noch so viel intimer anfühlte. Also versuchte ich mich sofort mit bebenden Fingern seinem Griff zu entziehen, möglichst wenig Kontakt zu haben, ohne ihn dabei in mein Gesicht sehen und alles lesen zu lassen.
Yongguk grinste allerdings wieder so wissend, dass es mich in den Fingern juckte ihm zornig einen Sack über den Kopf zu stülpen und meine verlegene Reaktion offensichtlich genießend, behielt er mich dort, lauschte wohl meinem galoppierenden Herzschlag.
"Bist du nicht etwas zu schüchtern um mich offensichtlich vor zwei Leuten zu küssen?"
"Bist du nicht etwas zu alt dafür dich nur halb anzuziehen?!"
Leise lachend lockerte er seinen Griff etwas und schneller als der Blitz schoss ich an ihm vorbei, bis hin zur Ladentür.
"Das gibt auch Rache, nur dass du es weißt!", rief ich ihm noch aufgebracht zu, dann türmte ich zum Geräusch seines vollen Lachens, nahm mir vor so schnell nicht mehr den glühenden Kopf aus meinen Kissen zu heben.
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