32. Neue Trends
Nachdem Junhongs Tattoo vervollständigt war, war Daehyun nicht zu halten gewesen.
Vollkommen ekstatisch war er wochenlang um den Jungen herum gesprungen, verlangte alles zu wissen und Junhong hatte stets lachend und mit Mochii vor seiner nackten Brust geantwortet, ließ Daehyun staunen.
Ich war selbst fasziniert von dem realistischen Hell und Dunkel, von der Tiefe, die die Farbe in Junhongs Haut zu haben schien und staunte auch nicht schlecht über die Präzision mit der Yongguk einige Linien des mächtigen Baumes gezogen hatte.
Je länger ich das Bild betrachtete, desto mehr sehnte ich mich ebenfalls nach einer eigenen Spur auf meiner Haut, vorzugsweise eines von nicht-dämonischem Hintergrund.
Daehyun hatte es in seiner Aufregung erfolgreich übersehen wie sich das Gefüge zwischen Yongguk und mir geändert hatte, wie ich vermutlich stets etwas nach dem Dämon roch. Weil Youngjae kein voller Dämon war, existierten die endgültigen Zeichen der Zugehörigkeit von Dämonen nicht, aber das hieß nicht, dass man den anderen Engel nicht überall auf Daehyun bemerken konnte, sichtbar oder nicht.
Jedenfalls saß Daehyun einen langen Tag nur hinter uns auf der Couch und gestikulierte wild ins Nichts, während er uns mit Tattoos zutextete, wir warfen jedem amüsierten Kunden entschuldigende Lächler zu.
Daehyun wollte einen weiteren Schriftzug, so viel war klar. Jetzt musste ihm nurnoch einfallen, was für einer. Auch nach einem langen Tag des Nachdenkens waren wir nicht schlauer, eher voller seiner grandiosen Ideen, die er sofort wieder verwarf, bevor wir auch nur eine Meinung heraus brachten.
Ich war kurz davor ihn zu Yongguk zu jagen und sich mit dem abzusprechen, der ja wohl offensichtlich mehr Ahnung davon hatte, aber das klärte sich schon von selbst.
Letzten Endes sprach er sich mit Youngjae, Himchan und Junhong ab, bevor er damit endlich zu Yongguk ging und natürlich musste ich wieder als emotionaler Hafen herhalten, immerhin war Youngjae gerade auf Geschäftsreisen in Japan.
Er plante seinen Besuch im Studio auf eine Woche später und war überschwänglich aus dem Raum gerauscht, während ich seufzend meinen Laden geschlossen und mich erstmal absolut erschöpft auf das Dach geschwungen hatte.
Ich hatte den Platz nahe dem Himmel und den Sternen schnell als einen perfekten Ruheort entdeckt und verbrachte nicht selten die letzten schneelosen Tage dort oben, gewickelt in eine warme Decke und nachdenklich in die Sterne starrend. Ab und zu brachte ich auch ein Buch mit mir und genoss den kühlen Wind in meinem Haar, während ich mich in die Abenteuer anderer vertiefte, fasziniert feststellte, wie unterschiedlich sie doch von dem meinen war.
An diesem Abend hatte ich kein Buch bei mir und Yongguk bemerkte mich während meiner stillen Isolation.
Ich war zuerst zusammengezuckt, als der bedrohliche Schatten am Rand des Daches aufgetaucht war, die Erinnerung an Jinyoung noch so frisch und besorgnisserregend in meinem Kopf, doch als ich die weichen Locken des Dämons bemerkte, sackte ich wieder erleichtert in mich zusammen. Yongguk war hübsch in seiner halben Dämonenform. Seine Schwingen glänzend schwarz und das Geweih hoheitlich, es gab ihm die Aura und Selbstbewusstsein die ihm in Menschengestalt fehlten. Während ich beobachtete, wie er sich mir näherte, dachte ich darüber nach, wie er wohl als ganzer Dämon aussah. Ganz schwarz? Mit Farben im Fell? Wenn ja, rot?
Ich hob einladend den Zipfel meiner kuscheligen Decke etwas, nickte ihm sich zu mir zu gesellen und seufzend tat er genau das, mummelte sich eng an meine Seite, schmal aber warm.
Wir sprachen lange Zeit nicht, sahen nur gemeinsam über die Nacht hinaus, während auch die letzten hellen Fenster der umliegenden Häuser nach und nach in Finsternis versanken. Ich fragte mich, ob Jaebeom uns irgendwo von oben beobachtete, sich amüsiert seine Notizen machte.
"Ich muss bald fort.", kündigte er mir dann irgendwann leise an und ich wandte den Blick zu ihm, konnte vage seine Züge im Dunkeln ausmachen.
Er traf meinen Blick, das ferne Licht des Mondes eine kleine Reflexion seiner Augen und fragend lehnte ich den Kopf schief.
"Wohin?"
"Nach Hokkaido. Natasha braucht mich und ich werde ihrem Ruf Folge leisten."
Wieder kehrte Stille ein und ich war gerade dabei mich wieder nach vorne zu drehen, als er wieder leise sprach.
"Willst du mich begleiten?"
Nun war ich doch perlpex, fokussierte ihn neu, um aussichtslos zu versuchen in der Finsternis der kühlen Nacht sein Gesicht zu lesen.
"Ich?"
"Ich weiß, es sind keine schönen Erinnerungen. Trotzdem steht das Angebot."
Ich tastete unter der Decke vorsichtig nach seiner Hand, fand sie an seinem Bein und ließ behutsam meine Finger zwischen seine gleiten, hielt seine schlanken Glieder sanft.
"Sicher doch. Sag mir nur, wann."
Er nickte, zu abgelenkt davon verlegen nach unten zu sehen, während seine Fingerspitzen sanft über meine Haut glitten, ihr Gefühl austesten, während mein Herz fröhlich im Kreis sprang und sang.
"Es ist so eigenartig... Yongnam mit seinem Engel zu sehen... Ich hätte nicht gedacht, dass ich damit enden würde dich zu daten, komme was wolle." Er lachte verlegen und plötzlich wünschte ich es mir es sei Tag. Natürlich fiel es ihm einfacher zu sprechen, wenn man die Person nicht sah, doch für sein Lächeln würde ich jederzeit gewaltsam die Sonne auf den Himmel zerren.
"Für mich war es einfach ein Tabu. Aber attraktiv warst du von Anfang an.", gestand auch ich schüchtern und er lachte leise, drückte aufmunternd meine Hand fester.
"Ich wusste einfach nicht wohin mit der Situation. Yongnams Mädchen, sie war... Sie war so aggressiv. Sie war viel zu direkt und leichtsinnig, tappte in genau die Fettnäpfchen, die sie bei ihm hätte meiden sollen. Es war Hassliebe, wenn überhaupt. Beide erachteten sich als Feinde, kämpften und rangen miteinander, versuchten aber auch einander zu verführen."
Es war nicht selten, dass Engel so tickten. Hier auf Erden waren wir nicht so sehr an unsere Sittsamkeit gebunden, wie man denken mochte, wir hatten jede Freiheit des Menschen unsere Ziele nachzuverfolgen. Daehyun war auch wesentlich direkter als ich. Ich... galt im Himmel wohl als ebenso eigenartig wie Yongguk in der Unterwelt.
"Nach all den Geschichten kannst du dir meine Verwirrung vorstellen, als du gar nicht so warst. Als du mir geholfen hast, verständnisvoll warst, wo sie direkt eine Schwäche gesehen hätte."
"Ich glaube ich kann das ganz gut nachempfinden. So ein süßer Dämon.", kicherte ich los, hob die freie Hand, um die Haut seiner Wange zu greifen, gleich einer Großmutter über ihn zu tütteln.
Yongguk lachte wieder auf, ich spürte, wie seine Haut sich unter meinen Fingern verzog und griff sich meine Hand, um sie jammernd von sich zu ziehen.
"Also. Wenn wir beide so sicher sind, dass wir beim Anderen an der richtigen Adresse sind... Sollen wir austesten, wie der Rest reagiert?" Seine Stimme bekam einen verschwörerischen Unterton und ich stieg ein, lehnte mich flüsternd näher an seine Schulter.
"Daehyun ist der letzte, der es durchschaut."
"Oh, du kennst Tigger zu schlecht."
Wir verbrachten die Nacht über lachend auf dem Dach, witzelten in Frieden miteinander herum bis der Morgen graute und ich schier an seiner Schulter einschlief.
Ich mochte ihn wohl.
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