25. Black Ink
In der Tat wollte Junhong ein Tattoo auf seinem Rücken.
Ich fand mich also nicht viel später auf einem Stuhl an der Seite des halb entkleideten Mannes wieder, der auf dem Bauch auf Yongguks schwarzen Lederstuhl ausgestreckt war und seine Rechte mit meinen Fingern auf meinem Schoß verschränkt hatte. Yongguk selbst war noch dabei freihand das Design auf den bleichen Rücken des anderen zu zeichnen, unterhielt sich leise mit dem Jungen, während im Hintergrund sanfte Jazzmusik spielte.
Es war überraschenderweise weniger eigenartig, als ich angenommen hätte, die Luft roch scharf nach Alkohol und Farbe, aber das war noch der größte Beschwerdepunkt.
Yongguk machte später Bilder von seiner Zeichnung, um sie mit Junhong zu besprechen, erneut darüber zu gehen um zu sehen, ob er womöglich Fehler gemacht hatte. Er arbeitete mit genau der Genauigkeit und Hingabe, die ich von ihm erwartet hatte und es beeindruckte mich zutiefst ihn so ernst und vertieft zu sehen. Es bedeutete ihm viel alles richtig zu machen. Er arbeitete hier nicht für Junhong, sondern auch für sich und man merkte es ihm an.
Junhong gab sich zufrieden mit dem Design und Yongguk ging los sich die Hände desinfizieren und Handschuhe anziehen, während Junhong den Kopf nun zu meiner Seite wandte, seine Wange weich gegen das Leder unter ihr gepresst und seine Augen voller Aufregung.
"Psst.", zischte er mir mit einem großen dämlichen Grinsen zu, wie als seien wir nicht allein im Raum und meine Aufmerksamkeit ohnehin auf ihm.
"Was ist denn?", flüsterte ich ebenso verschwörerisch zurück und lehnte mich etwas mehr zu ihm, um das Geheimnis zu wahren.
"Er sieht nicht schlecht aus, wenn er arbeitet, hm? Fast schade, dass ich nicht die ganze Zeit deine Reaktionen auf ihn beobachten kann." Er kicherte los und ich war kurz davor ihm die flache Hand auf den nackten Rücken zu schlagen, aber dann hätte ich wohl Yongguks momentan noch unkenntliches Kunstwerk ruiniert, also ließ ich es sein. Viel eher strafte ich ihn nur mit einem strengen Blick, fand es nicht fair, dass er mich so lesen konnte.
"Ich werde dazu genau nichts sagen."
"Schweigen ist normalerweise eine Zustimmung."
Ich erlaubte es mir seine Finger etwas zwischen meinen zu quetschen, aber der Versuch brachte ihn nur zum Lachen und zauberte auch automatisch ein Grinsen auf Yongguks Gesicht, als der den Raum gerade wieder betrat, schwarze Handschuhe an seinen Händen.
"Seid ihr bereit? Du kannst dir gerne mein Portfolio ansehen, sollte der Anblick nichts für dich sein." Er sah von mir zu dem dicken Ordner auf seinem Tisch und ich hob bloß ratlos die Schultern.
"Ich muss es testen. Habe vermutlich schon schlimmeres gesehen."
Yongguk nickte nur in Einverständnis und setzte sich erneut an Junhongs Seite, die Beine zur Balance weit gespreizt und zog sich seine Waffe heran. Kunst war seine Waffe.
Er versicherte sich noch einmal, dass Junhong es bequem hatte und die Haut des anderen rein und haarlos war, dann begann er zu arbeiten und das stete Sirren der Maschine blendete bald schon mit der Hintergrundmusik zusammen.
Die Schmerzen schienen für Junhong ertragbar zu sein, aber ich beobachtete sein Gesicht genau, bemerkte es, wie er Grimassen schnitt, wenn Yongguk dem Knochen näher kam. Ansonsten arbeitete Yongguk eher still und Junhong ertrug es ebenso still, ich war die einzige, die ratlos an der Seite saß.
Meine Beine schliefen noch vor Junhong ein, aber der Junge folgte nicht viel später und nach ungefähr zwei Stunden verstummte das Sirren der Nadel wieder und Yongguk lehnte sich leise ächzend zurück. Junhong schlief tief und fest, regte sich auch dann nicht, als Yongguk vorsichtig eine Decke über den unbehandelten Teil seines Rückens ausbreitete.
Er nickte mir knapp zu kommen und ich legte Junhongs Hand vorsichtig neben seinem gematschten Gesicht auf der Liege ab, dann torkelte ich mit fies stechenden Beinen wie als seien sie es die tätowiert wurden dem Künstler hinterher.
Er schnappte sich aus einem kleinen Kühlschrank in einer Nische im Flur zwei Flaschen Wasser und ließ sich dann schwerfällig auf die Couch vorne fallen, streckte seine Schultern und Genick.
Ich dankte ihm leise, als er mir eine Flasche reichte, während ich mich setzte und lehnte mich an seiner Seite zurück, bemerkte jetzt auch meine eigene Anspannung, obwohl ich genau nichts getan hatte. Das Sitzen allein war anstrengend und außerdem waren meine Finger taub.
"Habe ich deine Zweifel an meinen Fähigkeiten erfolgreich besänftigt?", fragte er mich nach einem großen Schluck Wasser neugierig und ich lächelte amüsiert zum Boden hin.
"Ich schätze mal du bist okay, ja." Ich suchte trotz der flachen Antwort seinen Blick, stellte sicher, dass er sich meiner Bewunderung für seine Arbeit bewusst war und er lächelte erleichtert, wandte sich schüchtern wieder ab, aber in mir jubelte dennoch jede einzige Zelle über diesen Erfolg.
"Wie lange wird es brauchen?"
Er rechnete kurz in seinem Kopf, die Augen nachdenklich gen Decke gerichtet.
"Wenn er wach ist, mache ich nochmal zwei Stunden. Danach noch... 2 Sitzungen. Es ist relativ groß." Er wusste Bescheid und ich nickte nur mit meinem neuen Wissen.
"Und fühlst du dich inzwischen inspiriert? Ich würde es lieben eine Spur auf deinem Körper zu hinterlassen." Er sagte es dunkel genug, dass es keine Möglichkeit gab misszuverstehen und ich erschauderte möglichst unauffällig, während ich mit rasendem Herzen seinen durchdringenden Blick mied.
"Ich...weiß nicht. Nicht, dass es mich nicht reizen würde, ich hätte keine Idee was und wo." Meine Stimme brach nicht und ich zählte es als Sieg.
"Leute, die sich unsicher sind, auch was ihre Schmerztoleranz angeht, probieren meistens nur kleine, schlichte Designs. Am Knochen tut es auch mehr weh, als an fleischigen Stellen des Körpers. Ich glaube hier" Ich zuckte zusammen, als seine Fingerspitze direkt den weichen Punkt unter meinem Ohr berührte, hielt mich gerade rechtzeitig davon ab den Kopf zu drehen und damit den warmen Kontakt zu unterbrechen.
Es war ein empfindlicher Punkt, sein Finger vorsichtig, als er die weiche Haut dort abtastete und in meinem Nacken standen sämtliche kleine Härchen zu Berge, sein warmer Atem an meiner Haut, als er sich näher beugte, um die Stelle besser bewerten zu können, tat dem auch nichts gutes.
"Ich glaube hier wäre gut. Irgendeine Kleinigkeit, was auch immer dir einfällt. Sei es deine Lieblingszahl, oder etwas von Bedeutung, ein Buch oder ein Mond oder ähnliches, das passt gut."
Mein gesamter Körper spielte innerlich verrückt dabei seine Stimme so nahe an meinem Ohr zu hören und ich versuchte tief durchzuatmen, nicht den Kopf zu ihm zu drehen, weil das hier rein platonisch war, er als Freund und Experte, der mir einen Rat gab, nicht mehr.
Ich tat, als müsste ich darüber nachdenken, wollte nur nicht, dass er alles auf meinem Gesicht ablas und er lehnte sich wieder weg, ließ nur seinen Arm auf der Couchlehne hinter mir liegen, eine unmissverständliche Einladung, wenn ich an den Tag in Hokkaido auf dem Balkon zurück dachte.
"Denk darüber nach, du weißt, wo du mich findest, wenn du dich entscheidest." Damit erhob er sich wieder und wanderte absolut gelassen davon, um Junhong wecken zu gehen.
Ich folgte erst, nachdem sich mein Herz wieder beruhigt hatte.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top