"Ich brauche einen riesigen Strauß Rosen, es handelt sich um einen Notfall."
Mit einem Blick auf die gestresst gelockerte Krawatte und das unordentliche Hemd vor mir, nickte ich Junhong zu und der stürzte sofort los, um der Bitte nachzukommen, wirbelte eigenartig elegant für seine langen Glieder durch den Raum.
"Harter Tag?", machte ich Smalltalk, während ich dem Mann eine Widmungskarte zuschob, souverän einen Stift in seine schwitzigen Hände drückte.
"Ich glaube dieses Mal habe ich wirklich ein Problem am Hals... Sie glaubt mich mit einer anderen erwischt zu haben.", murmelte der Mann gestresst und ich studierte sein zurückweichendes Haar, als er sich über die Karte beugte, brummte nur zustimmend.
Junhong kehrte zurück, während der Mann noch schrieb, in seinen Händen ein prächtiges Bouquet, das er dann prompt vorsichtig der armen Seele in die Arme gab.
Ich überließ es ihm den Rest abzuwickeln und ging nach hinten, um unseren Tee zu holen, erwartete vorerst keine Kunden in der Nachmittagszeit.
Ich suchte gerade summend den Honig für Junhong aus dem Schrank, als ich die Anwesenheit des großen Mannes hinter mir bemerkte, wie er etwas im Türrahmen herumdruckste.
"Raus mit der Sprache, ich beiße nicht."
Als ich belustigt den Blick zu ihm hob, war er bereits ertappt zusammengezuckt und scharrte nun mit dem Fuß auf dem Boden, während seine Finger unruhig an seiner Lippe rieben.
"Ich... Ich muss dir da unter Umständen etwas gestehen." Ein nervöses Lächeln, das eines Kindes, das genau wusste, dass es etwas angestellt hatte, bereitete sich auf seinem Gesicht aus und ich nahm mir seine Tasse, um nahe zu ihm zu treten, zuneigungsvoll dieses Grübchen zu pieksen.
"Sag schon."
Er nahm mir behutsam den Tee ab, seine Finger deutlich länger als die meinen und nippte testend, nickte dann zufrieden.
"Du erinnerst dich, wie ich vor... keine Ahnung, einem Jahr oder so sagte ich will ein Tattoo?"
Ich wusste bereits genau, auf was das hier heraus lief. Dennoch behielt ich mein Gesicht blank und nickte nur.
"Naja, ich habe mich ein paar Mal mit Uppie deswegen unterhalten und der hat Himchan darauf angesprochen und der hat wohl mehrmals Yongguk weiterempfohlen..." Seine freie Hand zuckte herauf, um sich verlegen im Nacken zu kratzen. "Er hat mir ein paar seiner Tattoos gezeigt und sie haben mir ziemlich gut gefallen, also..." Er schweifte nur hilflos ab, mied meinen Blick und starrte unsicher in seine Tasse.
Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen.
"Fragst du mich hier gerade um Erlaubnis dich von ihm tätowieren zu lassen? Warum sollte ich dagegen sein?", fragte ich sanft und seine großen Augen suchten skeptisch meine, fanden keine Zweifel.
Seine Finger spannten sich um die zierlich wirkende Tasse.
"Es war nur... Nachdem er so lange fort war, aber ihr beide euch ja so gut verstanden habt..."
Das war relativ. Ich würde den Dämon nie tatsächlich verstehen.
"Ich wollte nicht, dass du wütend wirst. Keine Ahnung weshalb du das tun solltest..." Er grinste verlegen und ich stellte mich auf Zehenspitzen, um lachend durch sein weiches, dunkles Haar zu wuscheln. Er lehnte sich lächelnd in die Geste, nahm dann etwas sicherer einen weiteren Schluck Tee.
"Eigentlich... Wollte ich dich außerdem fragen, ob du mich begleiten könntest. Ich bin alleine zu nervös.", rückte er endlich wirklich mit der Sprache raus und meine Hand verharrte besorgt, mein Kopf prompt voller Zweifel.
"Aber es ist doch nicht dein erstes Tattoo, nicht?"
"Ist es nicht! Aber Yongguk... er ist gruselig."
Gruselig.
Wenn Yongguk eines nicht war, dann gruselig.
Tödlich vielleicht. Unberechenbar. Gefährlich. Aber gruselig?
"Also bitte komm einfach mit und sei da oder so, ich weiß, wie gerne ihr beide einander seht, das sollte kein Problem sein!"
"Warum fragst du nicht deine Freundin, wenn es um so etwas geht, du großer Idiot?", lachte ich aber trotz meiner Worte wusste ich bereits, dass ich ihn begleiten würde, wenn nicht um seines Willens, dann auch für Yongguks Nerven.
"Die kennt Yongguk nicht, ich kann nicht Angst vor ihm haben und sie gleichzeitig schützen." Er schmollte.
"Keine Sorge, ich komme mit. Aber nur, weil es nicht so weit ist!"
Er sah erleichtert aus dieses schreckliche Gespräch hinter sich zu haben und zog sich nur wieder zurück, kündigte noch an, dass er mir bei weiteren Informationen Bescheid geben würde.
Ich konnte bloß wohlwollend den Kopf schütteln.
-
Der Tag, an dem Junhong seine erste Sitzung bei Yongguk hatte, war ungefähr einen Monat, nachdem Yongguk zurückgekommen war und ich hatte den Dämon in dieser Zeit erfolgreich weitgehend gemieden. Nicht einmal aktiv, hatten wir doch allgemein oft nichts zu besprechen, aber es hatte mir auch die Möglichkeit gegeben meine eigenartigen und unangebrachten Empfindungen ihm gegenüber etwas von mir zu schieben.
Für Junhong würde ich mich allerdings wohl wieder damit auseinander setzen.
Der Junge war außerordentlich fügsam allem gegenüber gewesen, was Yongguk ihm bei Vorgesprächen geraten hatte. Er trank seit Wochen extra viel Wasser, roch nach einer neuen Körperlotion und hatte auch mehrmals nochmal mit Himchan telefoniert, um sich spezifisch auf Yongguk abzustimmen.
Natürlich fiel ihn unser residenter Dämon nicht sofort an, als wir Freitags Mittags nach unserem Ladenschluss das Studio betraten, viel eher stand er gerade seelenruhig hinter seinem Tresen und unterhielt sich noch mit einem anderen Kunden.
Ich ließ mich mit einem nervösen Junhong auf der smarten Ledercouch in einer Ecke nieder, bedauerte ein weiteres Mal das schlicht schwarze Design des Geschäftes, das nur hier und da von weißen Farbspritzern erhellt wurde.
Yongguk sah entspannt aus, seine Haare zum besseren Arbeiten nach hinten gestylt und es ließ ihn womöglich ein winziges bisschen einschüchternder wirken, als die weichen Locken, das musste ich Junhong wohl lassen.
Er verabschiedete seinen Kunden allerdings kurz darauf und trug fein säuberlich etwas in einen Terminkalender ein, bevor er einen Blick auf Junhong warf, der neben mir nervös vibrierte und wippte.
Ich sah es in Yongguks Lächeln, wie er denselben Softspot für den sanften Riesen entwickelt hatte wie ich und dann nahm er ein Formular vom Tresen, um damit zu uns hinüber zu kommen.
"Na, alles klar bei dir?", grüßte er Junhong möglichst offen und freundlich, wäre dabei vermutlich erfolgreicher gewesen, wenn seine Stimme nicht so tief wäre.
Junhong grinste bloß zu dem anderen Mann hinauf und streckte dann die Finger nach dem Papierkram aus.
"Ich mach das, unterhaltet ihr euch schon mal, ich habe nicht besonders viele Infos weitergegeben.", wedelte er uns hinfort und lachend folgte ich Yongguk in sein Hinterzimmer, sah mich langsam in dem Raum um.
So gesehen war es nicht anders als der Raum vorne, bloß mit helleren Lampen. Und hier hingen auch die Kunstwerke. Skizzen, Fotografien, Ideen und Pläne schmückten die Wände, gaben einem eine bessere Idee, womit wir es hier zu tun hatten.
"Es überrascht mich, dass er meinen Fähigkeiten so sehr misstraut.", bemerkte Yongguk lächelnd in meine Richtung und ich nahm einen Schmetterling auf der Brust einer Frau unter die Lupe.
"Vielleicht misstraue ich dir ja? Er ist immerhin mein Schützling."
Yongguk trat amüsiert an meine Seite und ich versuchte es zu ignorieren, wie er unterschwellig nach irgendeinem netten Parfum roch, wie der Ärmel seines schwarzen Shirts meinen Arm streifte. Wie sehr ich seine Körperwärme so nahe an mir genoss.
"Je über ein Tattoo nachgedacht?"
Ich wiegte unschlüssig den Kopf hin und her.
"Ich denke es ist nichts für mich. Ich weiß sie an anderen zu schätzen, aber an mir wohl nicht."
"Etwas sagt mir, dass ein paar Flügel gut zu dir passen würden.", witzelte er an meiner Seite wieder vor sich hin und ich seufzte bloß, wandte mich ihm gänzlich zu und versuchte es zu ignorieren, wie mein Herz drängend durch meine Brust hindurch versuchte mich näher zu ihm zu ziehen.
"Es macht wirklich nichts, wenn ich die ganze Zeit dekorativ hier drinnen sitze?", versicherte ich mich noch einmal und er zuckte nur unbeeindruckt mit der Achseln, ließ seinen Kopf angespannt kreisen.
"Kein Problem. Solange es dir nichts ausmacht, mich die ganze Zeit zwischen seinen Beinen arbeiten zu sehen, ist das kein Problem."
Ich stutzte.
"Moment, wo-"
Junhong hatte mir nie gesagt, was er plante und nun zuckten meine Augen panisch zu dem Vorhang hin, der uns vom Vorderraum trennte, meine Wangen röter als jede Tomate.
Yongguk schob neben mir grinsend seine Hände in seine Hosentaschen.
"War nur ein Witz."
Der Stein, der mir vom Herzen fiel, war einem Denkmal würdig.
"Du hast einen schrecklichen Humor."
"Ich hätte auch seine Oberschenkel meinen können, also hast du hier gar nichts zu melden." Damit streckte er mir kindisch die Zunge heraus und ging voraus nach Junhong sehen.
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