22. Welcome back
Es war überraschend, wie einfach Yongguk sich wieder einfand.
Ich wusste nicht recht, womit ich gerechnet hatte, sei es Zorn oder Abneigung, aber er wob sich problemlos wieder in unser kleines Netz ein und nahm seine Arbeit wieder auf wie als sei er nie fort gewesen.
Natürlich hatte er anfangs noch viel zu tun, viele Erklärungen zu geben und wir sahen ihn nicht oft, aber es stand außer Frage, dass er dieses Mal in der Tat plante zu bleiben.
Ich saß abends noch mit einer Tasse Tee auf meiner Couch, als ich beschloss Daehyun einen Anruf zu geben. Yongguk war vor einer langen Woche zurückgekehrt und ich erachtete es als den richtigen Zeitpunkt dem aufbrausenden Engel Bescheid zu geben.
"Hiiiiiiiiii.", meldete er sich langgezogen und relativ erschlagen klingend, ich sah es bildlich vor mir, wie er sich erschöpft auf seiner Couch ausgestreckt hatte, den Kopf an der Seite hinabhängen hatte.
"Hey, Dae.", lächelte ich dennoch prompt und nippte vorsichtig an dem noch heißen Tee, während er etwas herumrutschte.
"Bang Yongguk ist wieder hier.", kam ich direkt zum Punkt, bevor ich lange um das Thema herumdrucksen musste und Daehyun fiel am anderen Ende der Leitung nochmal aus allen Wolken - namentlich von der Couch.
Eine lange Stille folgte und gerade, als ich mich behutsam erkundigen wollte, ob er sich versehentlich das Genick gebrochen hatte, atmete er geräuschvoll in den Hörer aus.
"Ich komme rüber."
"Das war nicht das Ziel, er hat nich-"
"Er will doch sicherlich seine Haustiere zurück, oder? Ich bringe sie vorbei."
Ich klappte kleinlaut den Mund zu, weil ja, Tigger und Katy waren bei Daehyun untergekommen, da ich hier keinen ganzen Zoo erlauben konnte, während ständig Kunden ein und aus gingen. Sie lebten bei ihm zusammen mit Ganji, seinem eigenen verwöhnten Welpen und würden sich wohl nun von diesem verabschieden müssen.
Der Anruf war beendet, bevor wir uns noch weiter absprechen konnten und seufzend legte ich mein Handy ab, beschäftigte mich stattdessen wieder mit dem fruchtigen Tee.
Daehyun hatte einen gesunden Hass auf Yongguk und dessen Bruder entwickelt. Zumindest so viel Hass, wie es einem Engel möglich war.
Nachdem ich damals so lange in Hokkaido verschollen war und mit den Nachrichten von verstümmelten Engeln, Bisswunden und Oni wiederkam, beschloss Daehyun Yongguk nie wieder zu trauen und sicherlich auch in keiner Weise mit mir allein zu lassen.
Selbstverständlich war das nur schwer umsetzbar und die Sache war immerhin schon zwei Jahre her und alle Wunden verheilt, doch so ganz beruhigt wäre mein misstrauischer Freund wohl nie wieder.
Ich erhob mich pflichtbewusst von der Couch und brachte etwas Käsekuchen aus dem Kühlschrank ins Wohnzimmer hinüber, richtete ihn liebevoll auf meinem kleinen Glastisch an. Daehyun würde ihn brauchen.
Wie immer war die Tür abends noch offen, weswegen Daehyun sich einfach von selbst ankündigte, als er dann da war, kaum zehn Minuten waren vergangen und sein Haar war noch wild von dem nächtlichen Trip.
Allerdings kam er nicht herein, sondern richtete seine stürmischen Augen nur auf mich, nickte mir mit dem Kopf zu kommen.
"Ist er schon hoch?"
Ich brummte bloß zustimmend, hatte meine Angewohnheit Yongguks täglichen Ablauf mit den Ohren mitzuverfolgen bereits wieder unwissend aufgenommen.
"Lass uns gehen."
Ich wusste Daehyun mit diesen Launen nicht zu widersprechen und folgte nur still hinter ihm durch die Tür und die Treppe hinauf, fröstelte etwas in der kalten Luft.
An Yongguks schlichter Tür wurde geklopft.
Natürlich wusste er bereits, dass wir kommen würden. Im Inbegriff seiner Kräfte war es nicht schwer zwei Engel zu bemerken, viel weniger noch wenn einer der beiden Engel eine unmissverständlich defensive Aura abstrahlte.
Er trug einen weich aussehenden, grauen Pullover der etwas weit an seiner dünnen Gestalt hinab hing und ebenso graue Jogginghosen, die seiner ohnehin stets so schmächtig wirkenden Gestalt ebenfalls nichts gutes taten.
Daehyun starrte den Mann mit gemischten Gefühlen an, der Blick unter seinem blonden Pony streng, aber ich sah auch, wie etwas der bisherigen Anspannung sich aus seinen Schultern löste.
"Daehyun. Schön, dich wiederzusehen.", grüßte Yongguk uns nur leise und winkte uns zu sich herein, Daehyun folgte determiniert, bevor ich einen überraschten Blick mit ihm tauschen konnte.
Die beste Stilvorlage, um uns unbemerkt zu töten, wirklich.
Ich schloss vorsichtig die Tür hinter uns und widerstand dem Drang mich neugierig in seiner dunklen Wohnung umzusehen, bekam das starke Gefühl, dass das nicht meine derzeitige Aufgabe war.
Viel eher zog ich nur sanft den Rucksack von Daehyuns Rücken und begann die darin enthaltenen Lebewesen vorsichtig aus ihrem Käfig zu befreien.
Tigger war außer sich, als er Yongguk wiedersah und stürzte sofort japsend und bellend auf den lachenden Mann zu. Katy hingegen bedachte den anderen mit einem schiefen Blick, beinahe missbilligend auf den Fakt hin, dass er einem Dämon derart in die Arme sprang.
Yongguk empfing die beiden mit einem strahlenden Lächeln und vergaß es auch nicht einen dankbaren Blick in meine Richtung zu werfen, Daehyun brodelte nur weiter finster mit verschränkten Armen.
Ich ließ den Rucksack, wo er war und streifte mit den Augen einen Tisch mit Zeichnungen und beschriebenen Seiten quer darüber verstreut, eine einsame Tasse stand gefährlich nahe am Rand der stabilen Platte.
Meine Augen fanden Yongguk, der mit Tigger in seinem Arm vor uns stand und abwartend von mir zu Daehyun sah. Es war ganz wie zuvor. Mein Herz erweichte sofort wieder bei seinem Anblick und ließ mir gar nicht die Möglichkeit ihn skeptisch zu betrachten.
Gut, dass ich dafür Daehyun an meiner Seite hatte.
"Du bist wieder hier?"
Yongguks rechter Mundwinkel zuckte nach oben, als er nur geduldig nickte, abwesend Tigger streichelte.
"Warum jetzt?"
"Es wurde Zeit... Ich konnte mich nicht ewig verstecken. Hier liegt noch immer meine Arbeit und mein Zuhause."
Dafür war in Hokkaido seine Familie.
Ich studierte seine Züge aufmerksam, bemerkte auf ein neues die Muttermale, die sein Gesicht willkürlich schmückten und wie weich sein Haar in seine Stirn fiel. Mehr denn je juckte es meine Finger danach nach ihm zu greifen, die Strähnen zart zurück zu streichen und seine Lippen zu küssen.
Die plötzliche Realisation traf mich härter als erwartet und ich verlor meinen Halt, tarnte es hastig damit mich zu Boden sinken zu lassen und die Hände zittrig nach Katy auszustrecken.
Ich ignorierte Yongguks neugierigen Blick auf mir, während das kleine Fellbündel sich schnurrend in meine Arme schmiegte, Platz an meinem Schlüsselbein bezog.
Woher kamen diese Gedanken?
Wann war es so weit gekommen?
Hatte mich seine Rückkehr so hart getroffen?
Weshalb würde ich es nicht zurücknehmen, obwohl mein Gesicht heiß brannte?
Mein Blick verlor sich und ich nahm den warmen Leib in meinen Armen gar nicht mehr wahr, blendete alle Stimmen aus.
Es konnte wohl kaum ein Bann sein, richtig? Yongguk war nicht die Art Dämon, die versuchte ihre Engel zu verführen. Ganz davon abgesehen schien es ihn wenig zu interessieren, dass wir auf zwei unterschiedlichen Seiten waren.
Viel eher musste ich die Schuld wohl bei mir selbst suchen. Ich empfand es nicht als durchweg negativ. Yongguk war ohne Zweifel ein durchaus attraktiver Mann in meinen Augen, problematisch wurde es eben erst bei der ganzen Engel-Dämonen-Geschichte.
Was hatte ich mir dabei nur gedacht.
Hastig schob ich alles beiseite, würde mich später noch damit befassen und versuchte mich auf das hier und jetzt konzentrieren.
Ich kehrte langsam wieder in den Fokus zurück und stellte fest, dass sich Katy inzwischen schläfrig in meinem Schoß zusammengerollt hatte, mein Knöchel unter mir gegen das Gewicht protestierte.
Vorsichtig verlagerte ich meine Position, versuchte dabei verzweifelt nicht Katy zu wecken und suchte dann den Raum nach den beiden Männern ab.
Von Yongguk keine Spur, aber Daehyun saß mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einem der vier Stühle um Yongguks Tisch rum und beobachtete mich schweigend, seine Augen weich.
Ich räusperte mich leise, traute meiner Stimme nicht ganz und Daehyun musste lächeln, lehnte sich geduldig zurück.
"Was habe ich verpasst?", fragte ich dann leise, wusste nicht, wie nahe Yongguk noch war und Daehyun schloss bloß geschlagen die Augen, sah für einen Moment unendlich müde aus.
"Den richtigen Moment. Du hast den richtigen Moment verpasst..."
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