- Kapitel 30 -

Amara

"Ich mache dir einen Vorschlag."
Diesmal bin ich diejenige, die das Thema wechselt. Seine Fantasien gehören hier nicht hin, nicht jetzt.

"Ich behalte meine Gebiete und du behältst deine Gebiete. Ich lasse deinen Osten in Ruhe und du lässt meinen Westen in Ruhe.", fahre ich fort.

Entspannt und ohne die Miene zu verziehen, hört er mir zu.

"Wir tun uns zusammen und holen uns noch den Süden dazu. Kolumbien verwalte ich, du verwaltest die USA."

"Dann kriege ich die Isla Mujeres zurück.", unterbricht er mich.

Ich stoße ein falsches Lachen aus.
"Die musst du dir schon erkämpfen. Vielleicht schenke ich sie dir zum Geburtstag, wenn du dich gut anstellst."

Miguel verschränkt lediglich die Arme vor der breiten Brust und scheint meinen Spaß weniger witzig zu finden.

"Kolumbien interessiert mich nicht. Ich will meinen Westen zurück, Princesa."
Er schüttelt unterstützend den Kopf, um mir zu zeigen, dass mein Vorschlag ihm nicht gefällt.

"Dann können wir die Verhandlungen hier abbrechen.", zucke ich mit den Schultern.

"Du lässt Bogota untergehen? Warum hast du dich dann in die Wahlen eingemischt, wenn dir so wenig an dieser Stadt liegt? Hättest du dich nicht eingemischt, dann wären die Leute jetzt nicht kurz vor dem Tod.", spielt er auf den Konvoi an, der auf dem Weg zur Stadt ist.

"Jeder wird wissen, dass du diese Stadt in Schutt und Asche gelegt hast!", keife ich ihn an, weshalb er einen Zeigefinger auf seine vollen Lippen legt.

"Jeder wird wissen, dass du nichts dagegen unternommen hast.", kontert er frech.
Er ist ruhig, zu ruhig.
Ja, er hat recht, dass er bei Verhandlungen nie geschrien hat. Aber das hier ist doch eine andere Situation?

Ich zögere, weil ich wirklich überlege diesen Deal mit ihm einzugehen. Ich traue ihm alles zu, immerhin geht es um seine Existenz. Um die Existenz seiner Familie, die seit Jahrhunderten dieses Land regiert.

"Ich will, dass wir zusammen arbeiten. Keine Alleingänge mehr. Ich verwalte den Osten und du den Westen, aber wir sprechen alles zusammen ab. Um Amerika kümmere ich mich, Kolumbien gehört dir.", nennt er mir konkrete Pläne.

Er hat sich vorgelehnt und spielt mit dem silbernen Ring an seinem Finger.

"Das heißt, dass du mir die Isla Mujeres zurück gibst.", fügt er hinzu.

"Ne-"

"Amara, du hast den Ernst der Lage noch nicht verstanden. Ich bin kurz davor Bogota platt zu machen und um dein Haus hier stehen Scharfschützen. Soll dir noch mal jemand in den Hals schießen?"
Es ist Absicht, dass er meine Narbe anspricht.

"Scharfschützen? Wie armselig bist du eigentlich?", werde ich laut und will aufstehen, doch er greift nach meinem Handgelenk und zieht mich wieder auf den Stuhl.

"Pscht.", spricht er warnend.
"Hast du gedacht, ich komme alleine hier her?"

Natürlich hätte ich mir das Denken können und ich könnte mir selber dafür ins Bein schießen, dass ich das nicht einkalkuliert habe.

"Also? Was ist jetzt?", macht er Druck.

Ich seufze.
"In Ordnung.", gebe ich nach.

Was bleibt mir anderes übrig?
Er hat recht, ich würde alles verlieren.

Zufrieden beginnt er zu lächeln.
"Wunderbar."

Miguel drückt sich vom Stuhl hoch und fährt sich einmal durch den Nacken.
"Ich rufe dich dann in der kommenden Woche an, dann klären wir alles weitere."

Irritiert stehe ich auf und gehe ihm hinterher, nachdem er mir mein Handy zurück gegeben hat.
"Du musst noch den Konvoi stoppen.", fordere ich ihn nervös auf.

Wenn er mir leere Versprechungen gegeben hat, dann....

Er schmunzelt, während er sich langsam zu mir umdreht und auf mich zu kommt. Er drängt mich gegen die Tischkante und stellt sich so dicht vor mich, dass ich seinen rauchigen Atem auf meinem Gesicht zu spüren kann.

Während er spricht, schiebt er mir wieder eine Strähne hinters Ohr.
"Welchen Konvoi?"

"Der Konvoi, der gerade nach Bogota fährt. Und die Scharfschützen.", erinnere ich ihn nervös.

Er senkt kurz seinen Kopf und schaut auf seine Schuhe, dann fährt er sich mit der linken Hand durchs Gesicht.
Dann wird mir klar, was hier eigentlich gerade passiert ist.

"Du Arschloch hast mich verarscht!", zische ich und will ihn wegdrücken, doch er bewegt sich keinen Zentimeter.

"Nenn mich nicht so.", warnt er mich leise und mustert mein Gesicht.
"Ich wollte dich testen, aber du musst anscheinend noch viel lernen."

"Du hast mich unter Druck gesetzt, damit du deinen Willen bekommst!", werde ich lauter, während er nach meinem Kinn greift und mich zwingt ihm in die Augen zu schauen.

"Das nennt man Verhandlungsgeschick. Etwas, wovon du noch keine Ahnung hast Princesa."
Er spricht nicht arrogant oder schadenfroh, nein. Im Gegenteil. Es klingt so, als wolle er mir zeigen, wie man richtig verhandelt. Als wolle er mir meine Fehler aufzeigen, damit ich besser werde.

"Dreckskerl!", fluche ich und greife nach seiner Hand, um sie von meinem Kinn zu entfernen.

Er seufzt.
"Das, was ich gerade getan habe, ist Gang und Gäbe in diesem Business.  Du bist drauf reingefallen, also bade es jetzt auch aus.", spornt er mich an.

"Und beschimpf mich nicht immer.", fügt er an und lässt von mir ab.
Er lässt seinen Blick wie schon so oft diesen Abend über meinen Körper gleiten. Schamlos prägt er sich jede Stelle meines Körpers ein, bis er mir wieder ins Gesicht schaut.

"Ich beschimpfe dich so oft, wie ich wi-"

"Schon wieder.", unterbricht er mich.
Ein kleines Schmunzeln hat sich auf seinen Lippen gebildet.

Ich atme tief durch, bevor ich wieder ansetze.
"Ich habe dir vertraut."

"Ich habe dich nicht drum gebeten. Du hättest für meine Aussagen Beweise verlangen können und schon wäre ich aufgeflogen.", gibt er mir einen Tipp.

Er hat recht, dass ich von Verhandlungen noch wenig Ahnung habe, aber das will ich ihm nicht gestehen. Er soll kein Recht bekommen, denn das würde sein Ego nur noch stärker wachsen lassen.

"Bis du den Deal unterschreibst, hast du noch Zeit dir einen Gegenschlag zu überlegen. Und jetzt komm, ich bin müde. Lass uns schlafen gehen.", beendet er unser Gespräch und nickt zu Tür.

Doch diesmal bewege ich mich nicht.
"Du hast mich gerade so dermaßen hinters Licht geführt, glaubst du, dass ich dir jetzt noch ein Bett anbiete?", fauche ich wütend.

"Amara, das hier gerade war geschäftlich. Jetzt sind wir Privat.", faselt er unverständlich.

"Wie bitte?"

Er lacht leise.
"Princesa, anscheinend kennst du den Unterschied zwischen Privat und Geschäftlich nicht.", beginnt er und läuft mit langsamen Schritten rückwärts, bis er sich lässig gegen die Holztür lehnen kann.

"Geschäftlich? Geschäftlich bist du mir ein Dorn im Auge, da hast du recht. Und ja, da würde ich dich am liebsten los werden.", fährt er fort.

Gespannt höre ich zu.

"Privat? Privat würde ich dich jetzt sofort übers Knie legen und dein Tod wäre das Schlimmste für mich. Privat wäre ein anderer Mann Grund zu morden."

Seine Worte in Kombination mit seiner rauen Stimme jagen mir eine Gänsehaut über den Körper und sein Blick auf meinem Körper macht es nicht besser. Er zieht mich mit seinen Blicken förmlich aus und ich kann genau erkennen, was er gerade denkt.

Er lenkt meine Aufmerksamkeit auf seine Lippen, weil er sie kurz befeuchtet.
"Verstehst du den Unterschied?"

Ich nicke.
"Bei mir gibt es allerdings keinen Unterschied. Ich will dich Geschäftlich los werden, weil du der Einzige bist, der mir und meinem Geschäft gefährlich werden kann. Und Privat will ich dich ebenfalls los werden, weil du meine Familie zerstört, mich betrogen und mir das Herz gebrochen hast.", flüstere ich mit wütender Stimme.

Anstatt etwas zu erwidern, senkt er den Kopf und schaut auf seine glänzenden Schuhe.

Ich runzle dir Stirn.
Was hat er?

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top