🍀Cinq🍀

●Justin Timberlake - Tunnel Vision●

»Da ist das Traumpaar ja endlich. Kommt her, kommt her !«, schrie eine kleine zierliche junge Frau Kian und Amira Barroso lächelnd zu, die just in dem Augenblick, das elegant eingerichtete Restaurant eines der luxuriösen Hotels der Stadt betraten. Beide wirkten der ganzen Menschenmenge im Saal angepasst, da sie ebenfalls äußerst schick und adrett gekleidet waren. Frauen trugen ihre auffälligsten Accessoires und die Männer wetteiferten um den Stoffpreis ihrer maßgeschneiderten Anzüge. Champagner wurde vergossen, die Kellner liefen fein gekleidet und eine gerade Position einnehmend zwischen den verschiedenen Menschen umher und boten ihnen eine kleine Spezialität an oder wechselten die leeren Gläser der Gäste mit neu gefülltem Inhalt. Die Atmosphäre war magisch und auch Amira Barroso wirkte feiner denn je in ihrem schwarzen eng anliegenden langen Abendkleid, welcher als kleiner Reiz nur einen äußerst ansehnlichen Schlitz an der Seite vorwies. Obwohl sie dadurch im Vergleich zu den vielen anderen Damen deutlich schlichter gekleidet war, was zusätzlich von einem zierlichen Kolje um ihren Hals und ihrer strengen Hochsteckfrisur unterstützt wurde, schien sie doch wie aus einem Märchen entsprungen und auf die Erde verbannt worden zu sein. Denn erst durch die Schlichtheit ihres Kleides wurde ihre Schönheit noch mehr in den Fokus gerückt und genau das bewies ein weiteres Mal, wie geschickt und gut sie sich in der Modewelt auskannte.

Ihr perfektes Bildstück in dem Gemälde hingegen war er, Kian Barroso, in dessen Arm sie sich eingehackt hatte. Er trug ebenfalls, wie all die Männer im Saal einen maßgeschneiderten Anzug, der sich perfekt an seine große Statur und dem ausgesprochen guten Körper anschmiegte. Die Haare, die ihm leicht länger gewachsen waren, kippten etwas zur Seite, als er sich mit der Hand durch die Haare fuhr und anschließend, seine Fliege zurechtrückend, Amira bedeutete, sie möge mit ihm Schritt halten, als sie sich zu der rot gekleidet jungen Dame mit den dunkelbraunen Haaren begaben, die zuvor nach den beiden gerufen hatte.
In dem Augenblick wandte sie sich von einigen Gästen ab und stöckelte mit ihren unglaublich hohen High Heels auf das Ehepaar zu. Kian musste darüber schmunzeln, da er sich bei diesem Anblick sicher war, dass die junge Dame solch eine Tortur mit den hohen Stöckelschuhen nur deshalb in Kauf nahm, um ihre kleine Körpergröße zu umspielen. Kurz bevor die Dame, bei den beiden jedoch ankam, rauschte ein Kellner an Ihnen vorbei, was dazu führte, dass sie stoppte und der Kellner es ihr gleich tat. Anschließend richtete er, dass Tablett voller Weingläser in seiner Hand der Frau gegenüber zu, die wachsam jede kleinste Bewegung seinerseits zu beobachten schien. Sekunden darauf schenkte sie ihm hingegen auch schon ein warmherziges Lächeln, nahm mit beiden Händen jeweils ein Weinglas in ihre zierlichen Hände und beendete diese kleine Kluft, die noch zwischen ihr und dem Ehepaar vorhanden war mit nur einigen zügigen Schritten.

»Kian du bist spät dran. All die Gäste sind schon da und selbst die Geschäftsleute aus Dänemark sind bereits angekommen. Wir müssen sie heute dazu bringen das Bündnis mit uns einzugehen«, sprach die junge Dame drauf los und die Aufregung, als auch der Enthusiasmus in ihrer Stimme war kaum zu verfehlen. Einen kurzen Augenblick später hingegen schnappte sie hörbar nach Luft.

»Du meine Güte entschuldigt, ich habe wieder einmal nur die Arbeit im Kopf«, sagte sie erheitert, ehe sie hinzufügte:

»Erst einmal sollte ich euch herzlich willkommen heißen. Ich freue mich sehr, dass ihr gekommen seid.« Sie gab Kian links und rechts auf die Wange einen Kuss, anschließend sie sich mit einem ehrlichen Lächeln an Amira wandte.

»Amira ! Du siehst von Mal zu Mal immer besser aus. Ich freue mich, dass du da bist, da Kian meinte, er sei sich nicht sicher, ob du überhaupt mitkommen könntest. Lass dich anschauen«, sagte sie und machte einige Schritte zurück.

»Irre ich mich oder hast du abgenommen ?«, fragte die junge Dame und analysierte Amira mit stechenden Blicken von oben nach unten ab.

»Ja, so etwa um die sechs Kilo«, nickte Amira, das Lächeln aufrechterhaltend und Kian drehte sich nach diesen Worten Stirnrunzelnd zu ihr um.

»Ach ja ?«

Von ihren Worten leicht irritiert, tat er es der Dame gleich und observierte Amira nun noch ausgiebiger. Ihre Schönheit und Reinheit stachen ihm wie immer als Erstes in die Augen, aber dass sie abgenommen hatte, war ihm nicht aufgefallen, bis er ihre dünnen nackten Arme nun zu sehen bekam und sein Blick ebenfalls auf ihren nackten Bereich am Hals fiel, in dessen Nähe ihr Schlüsselbein leicht hervorstach. In dem Moment riss er verwundert die Augen auf. Die kleine Frau hatte recht, Amira hatte abgenommen. Doch wie war ihm das entgangen ?

Die Falte um seine Stirn legte sich noch tiefer und ein nachdenklicher Ausdruck machte sich in seinen Zügen bereit.

»Ja aber sicher Kian, das sieht doch jeder«, sagte sie gespielt tadelnd und drehte sich erneut zu Amira um.

»Deine Figur steht dir ausgezeichnet meine Liebe und das Kleid ist ebenfalls erste Sahne. Lass mich raten.« Sie verengte die Augen und trat einige Schritte zurück, ehe sie ihren Blick erneut über Amiras Statur hinab wandern ließ.

»Das Kleid ist aus der neusten Kollektion von Oscar de la Renta, oder ?«

Amira musste schmunzeln und nickte ihr zu. Sie mochte das lose Mundwerk der jungen Dame, da dies ihren Charakter widerspiegelte und sie sich zudem dadurch von all den anderen Gästen hier unterschied. Diese Dame vor ihr, wusste zwar wie und wann sie sich manchmal hinter einer Fassade zu verstecken hatte, wenn es um ihren Job ging, aber trotz dessen hatte sie etwas an sich, was sie authentisch wirken ließ.

»Ich freue mich, dass ihr da seid«, wiederholte sie noch einmal und klatschte sich in die Hände.

»Wir haben dir zu danken Maya. Vielen lieben Dank für die Einladung«, sagte Amira bescheiden und Kian nickte ebenfalls zur Bestätigung. Maya hingegen machte recht schnell eine verwerfliche Handbewegung und schüttelte den Kopf leicht hin und her.

»Ihr seid so ein tolles Ehepaar. Die Leute haben mich nach der Geburtstagsfeier letztes Mal ständig nach euch beiden ausgefragt. Ihr seid der letzte Schrei gewesen. Sie fanden, dass ihr ein unglaublich schönes Paar abgibt«, beteuerte sie und Amira als auch Kian lachten gespielt auf, um ihre Fassade aufrechtzuerhalten. Maya hatte währenddessen nichts realisiert.

Doch just in dem Augenblick, als Maya über die Sichtweise der anderen sprach, bemerkte auch das Paar, trotz, der sämtliche Gespräche drumherum, dass viele Augenpaare auf sie gerichtet waren und sie analysierten.

»Und du mein Freundchen«, sprach Maya aus und deutete mit dem Zeigefinger auf ihn, kurz bevor sie die beiden Richtung Mitte des Raumes dirigierte.

»Du musst mir später bei ein paar Kunden behilflich sein. Also verschwindet ja nicht, wie beim letzten Mal, als ich euch zu meinem Geburtstag eingeladen habe.«

Kian hielt kurz den Atem an, da er spürte, wie sich Amira neben ihm versteifte, als Maya über diesen Abend sprach, an dem Kian der betrunkenen Dame geholfen hatte. So sehr Kian seine Arbeitskollegin auch mochte und auch gerne an den endlos langen und unspektakulären Abenden der High Society teilnahm, um mehr für sie zu werben und der Firma einen größeren Profit zu erbringen, verfluchte er sie doch des Öfteren, wenn sie in manchen Momenten unbewusst die Bombe hochfahren ließ.

Amira, die sich, unbemerkt mit der Hand an seinem Arm, zu ihm gelehnt hatte und seinen Körper ganz nah an ihrem spürte, lehnte sich nun wieder zurück, sodass nur noch ihre Fingerspitzen mit seinem Ellbogen in Berührung kamen. Sie suchte erneut die Distanz zu ihm, aber als sie anfing zu sprechen war nichts dergleichen auf den ersten Blick zu erkennen.

»Ich hoffe, du nimmst es uns nicht übel, dass wir an dem Tag eher aufbrechen mussten. Ich war einfach so müde und da hab ich es nicht länger aushalten können, stimmt's Schatz ?«, wandte sich Amira mit einem breiten Lächeln ihrem Mann zu, der sich bei dem Wort 'Schatz'  versteifte. Dieses Wort rief in ihm immer wieder die Sehnsucht nach den alten Tagen herbei und gleichzeitig illustrierte es die Kälte, die heutzutage zwischen Ihnen beiden herrschte. Seit längerem hatte Kian nicht begriffen was sie damit zu bezwecken bestrebte, bis er verstand, dass sie spielte. Sie spielte der Außenwelt ein Stück vor, indem sie, das angeblich glückliche Ehepaar, die Hauptrollen übernahmen. Und obwohl Kian nichts Weiteres als Ekel dafür empfand und es ihm mehr als zuwider war, spielte er mit. Denn wenn sie ihn auf diese Weise zu treffen bestreben würde, würde er diese Chance nutzen, um ihre eigenen Waffen letztlich gegen sie zu richten.

»Natürlich Liebling«, antwortete Kian ebenfalls lächelnd, was Amira zusammenzucken ließ. Sie hasste diesen Kosenamen und trotz dessen benutzte er diese in ihrer Gegenwart. Kian, der ihre Unruhe bemerkt zu haben schien, lächelte noch breiter. Denn nun war nicht nur er verärgert, sondern auch sie.

»Ach ihr seid so toll«, schwärmte Maya und ihre Augen funkelten beim Anblick der beiden auf.

»Nun denn meine Lieben.« Sie reichte den beiden anschließend, die  Weingläser, die sie in der Hand hielt und streckte sich leicht.

»Ich muss mich um die anderen Gäste kümmern. Genießt den Abend und entspannt euch ein wenig. Und du erst recht Kian. Nach all den Extrastunden und der harten Mitarbeit, hast du dir das mehr als verdient.«
Anschließend streckte sie die Arme aus und deutete in den ganzen Raum.

»Setzt euch an einen der Tische, ich werde später nochmal zu euch kommen und deinen sexy Mann für einen kurzen Moment entführen müssen«, sagte Maya gespielt boshaft und zwinkerte dabei einen kurzen Augenblick Amira zu.

»Gib ihn mir aber am Ende des Abends wieder«, antwortete Amira mit derselben Verspieltheit und schmiegte sich plötzlich am Arm von Kian an, was eine enorme Gänsehaut bei beiden auslöste. Maya reagierte daraufhin mit einem amüsierten Lachen, ehe sie auch schon in der nächsten Sekunde in der Menschenmenge verschwand. In dem Moment fielen die Masken der beiden ein wenig. Das Lächeln verzog sich minimal, der innige und vertraute Körperkontakt löste sich auf. Zwar war Amira trotzdem noch bei Kian eingehakt, aber sie suchte dennoch einen leichten Abstand zu ihm, denn die Gelassenheit wandelte sich schnell in Angespanntheit um. Jeder sah immer noch das gut gelaunte Ehepaar vor ihnen, obwohl der Funke in ihrer Augen bereits Lichtmillionen Jahre entfernt war.

»Gut geschauspielert. Fast hätte ich gedacht es wäre echt«, gab Kian sarkastisch von sich und blickte immer noch gespielt erheitert in die Runde. Amira schnaubte auf.

»Es ist nicht nötig, dass jeder von unserer Lage Bescheid weiß. Bald werden sie es sowieso erfahren«, antwortete sie und sah aus dem Augenwinkel sofort, wie Kian die Kiefer mahnte.

Er warf ihr daraufhin einen Blick zu, öffnete leicht die Lippen, als wollte er etwas sagen, doch schloss er sie dann wieder, ehe er meinte:

»Lass uns Platz an einen der Tische nehmen.«

Seine Stimme klang ruhig, seine Gesichtszüge wirkten nicht mehr völlig verkrampft, sondern ganz im Gegenteil, nun waren sie emotionsloser denn je. Sie waren undurchdringlich. Amira fuhr ein Schauder über den Rücken, doch ließ sie sich nichts anmerken und hielt mit ihm Schritt, als er angefangen hatte zielsicher auf einer der Tische zuzulaufen.

Während sie dies taten, spürten beide hier und da Blicke auf sich gerichtet. Manche versteckten sich hinter einem Gläschen Wein und taten so als würden sie in eine hitzige Konversation eingebunden sein, derweilen ihre Blicke zu den beiden huschte. Andere wiederum liefen direkt an ihnen vorbei, grüßten sie lächelnd oder tauschten einpaar Worte mit ihnen aus. Dann gab es aber auch noch eine dritte Kategorie. Diese verbargen ihre Neugierde und Faszination kaum, sondern starrten sie regelrecht an. Insbesondere die Blicke vieler Frauen huschte zu ihnen und verharrten einen Moment zu lang auf Kians Statur, stellte Amira mit Verärgerung fest, aber sie ließ ihre Fassade dennoch nicht bröckeln.

Als beide Platz an einen Tisch nahmen, trank Amira den Wein in ihrer Hand auf Anhieb leer, anschließend sie einen Kellner zu sich rief und sich erneut Wein einschütten ließ. Kians Blick wanderte immer wieder zu ihr, haftete an ihr. So sehr er sich auch bemühte, er konnte seine Augen nicht von ihr wenden.

Als Amira auch dieses Mal das Glas schnell leer trank, hörte sie, wie ihr Mann neben ihr, scharf die Luft einsog und sie anstarrte, ehe er sich zu ihr bückte und ihr fast schon knurrend zuflüsterte:

»Ich glaube,das reicht jetzt. Du solltest nicht so viel trinken.«
Er streckte die Hand gerade nach ihrem Glas aus, als sie diesem geschickt entwich und zischte:

»Lass mich.«

Kian runzelte die Stirn.

»Was für ein Problem hast du eigentlich, Amira ? Wenn du nicht kommen wolltest, hättest du es geradewegs auch sagen können.«

Amira blickte auf ihr Glas nieder. Sie wusste, dass sie ihn nicht hätte so anpampen dürfen.

»Natürlich musste ich kommen, sonst hätte es ein schlechtes Bild auf dich geworfen. Bis diese Sache zu Ende ist, möchte ich nicht, dass sich dies auf deine Karriere auswirkt. Du liebst deinen Job, du liebst den Erfolg, du liebst es so sehr, dass du dafür sogar hast andere Sachen in den Schatten rücken lassen«, sagte sie tonlos und Kians Kopf schoss nach diesen Worten irritiert in ihre Richtung.

»Was willst du damit sagen ?«

Amira machte gerade den Mund auf und wollte daraufhin etwas erwidern, doch da rief bereits wieder eine Stimme nach Kian, was beide dazu veranlasste nach vorne zu schauen. Sie bekamen mit, wie Maya neben einem schick gekleideten Herren und einer Dame stand. Ihren Gesichtsausdruck nach zu urteilen spielten diese eine sehr große Rolle für sie, denn mit einer schnellen Handbewegung gab sie zu bedeuten, dass Kian sich zu ihnen gesellen sollte.

Amira musste spöttisch lachen und schnaubte auf.

»Geh ruhig.« Nun blickte sie Kian in die dunklen Augen. Der Ausdruck in ihnen war hart.

»Kümmere dich um deine Kunden. Das mit uns ist sowieso bald vorbei, also mach was du willst.« Sie wollte erneut das Glas heben, stoppte aber, als sie den kalten Blick Kians begegnete, der sich nach diesen Worten von ihr abwandte und zu den anderen Kunden zulief.

Amira blickte auf ihr Glas mit dem Inhalt nieder, ehe sie diese, ohne ein Schluck daraus getrunken zu haben, auf den Tisch abstellte. So ungern sie es sich auch eingestehen wollte, sie würde auf Kian hören und keinen weiteren Schluck mehr für den Rest des Abends trinken.

Und Kian, der nun vor der Kunden stand und sich von seiner besten Seite zu präsentieren versuchte, spürte, wie alles in ihm zerbrach, wie die kochend heiße Wut ihn mit lebendigem Leibe verbrennen ließ. Hinzu kam noch, dass, obwohl er sich dazu zwang nicht dorthin zu schauen, sein Blick immer wieder zu seiner Frau wanderte, die alleine am Tisch saß und die verschiedenen Tische beobachtete. Sie wirkte wie ein Porträt. So fein und doch so unantastbar. Einzelne Strähnen ihrer nougatbraunen Haare fielen ihr ins Gesicht und ließen sie noch sanfter wirken, als sie schon war. Dies verärgerte Kian. Warum konnte er den Blick nicht von ihr abwenden, obwohl er es so sehr wollte ? Denn derweilen er den anderen lauschte, bannten seine Augen sich immer wieder einen Weg zu ihr und das sorgte dafür, dass sich endgültig das Blatt wendete.

Während Amira nämlich ihr Glas nicht mehr anrührte, streckte Kian seine Hand aus und schnappte sich ein Weinglas, welcher ihm von einem der Kellner angeboten wurde.

Und während Amira nicht mehr trank, fing er erst gerade an.

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