Kapitel 4
Cleo
Mir gefriert das Blut in den Adern.
"Ex-Freundin, wir sind nicht mehr zusammen.", räuspere ich mich und greife nach einem Kaffeebecher.
"Mag sein, aber man kennt dich hier.", zuckt sie mit den Schultern.
Sie ist so klein, dass sie kaum über den Tisch schauen kann.
"Wir sind schon lange nicht mehr zusammen, er hat mich nie gut behandelt.", beginne ich und versuche die Flashbacks auszublenden.
Wie er mich verprügelt hat, mir die Rippen gebrochen hat und mir das scharfe Messer an die Kehle gehalten hat.
Wie er mir ständig Veilchen verpasst hat und mich mehrmals vergewaltigen wollte. Er hat es nie geschafft, trotzdem bleiben die Erinnerungen.
Schwer zu glauben, dass ich mich in so einen Menschen verliebt hatte.
Jetzt verspüre ich nichts außer Hass für ihn.
Nein, nicht mal Hass beschreibt mein Empfinden für diesen Menschen.
"Cleo, zieh dich an. In 5 Minuten geht's los.", ruft mir ein fremder Mann zu.
Ich drehe mich zu dem Mädchen um.
"Hast du Lust morgen mit mir einen Ausflug zu machen?", frage ich die Kleine, während ich mich anziehe.
Skeptisch sieht sie mich an.
"Wohin denn?"
Ihre kindliche Stimme verpasst mir einen Stich im Brustkorb.
Schnell werfe ich mir das Shirt über.
"Überraschung, aber du darfst keinem davon erzählen, versprichst du mir das?", will ich, dass sie den Mund hält.
Sie darf auf keinen Fall irgendwem davon erzählen.
Das wäre unser Tod.
Sie nickt.
„Gut, morgen 9.30 Uhr, hier.", gebe ich ihr eine Uhrzeit und verschwinde dann.
Raphael darf nicht nein sagen, das darf er einfach nicht.
"Hey Princesa.", grinst mich Xenia an.
"Bock, ne halbe Million zu waschen?"
Sie wackelt mit den Augenbrauen und bringt mich zum Lachen.
"Ich würde tatsächlich was anderes machen, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte.", gebe ich belustigt von mir und lasse mich ins Auto fallen.
Sie grinst und startet den etwas hochwertigeren Wagen.
"Wer würde das nicht.", antwortet sie mir.
"Hat Diego dich wieder geschlagen?", fragt sie mich.
Ihr Blick liegt auf der breiten Straße vor uns, während ich beschämt den Kopf senke.
"Klar, wie immer.", schnaube ich und schaue aus dem Fenster, um meine Tränen zu unterdrücken.
Sie legt ihre rechte Hand auf meinen linken Oberschenkel und drückt ihn leicht, um mich aufzumuntern.
"Schon gut.", gebe ich ihr zu verstehen, dass ich ihr Mitleid nicht brauche.
Sie atmet tief durch.
"Du bist so ein starkes Mädchen. Tust das alles nur für deine Mutter. Du kannst stolz auf dich sein.", gibt sie mir Kraft.
Ich wische mir eine Träne weg, die meinen rechten Augenwinkel verlässt.
"Wir fahren zuerst zum Fluxx Nightclub.", wechselt sie das Thema, da sie sieht, wie es mich mitnimmt.
"Der Typ ist ganz lustig dort.", lache ich leicht und denke an unsere letzte Begegnung, wo er uns gratis Cocktails ausgeschenkt hat.
Das war ein schöner Abend, den ich gerne nochmal wiederholen würde.
Xenia stimmt mir lachend zu.
"Das junge Mädchen, dass immer das Koks verpackt.", beginne ich.
Xenia schaut mich von der Seite an.
"Kennst du sie?", beende ich meine Frage.
Xenia seufzt und nickt.
"Sie ist die Tochter von Ana. Diego hat ihr gesagt, wenn sie es behält, dann muss sie für ihn arbeiten. Ana wollte nicht abtreiben, so here we are.", zuckt sie mit den Schultern und biegt rechts auf einen verlassenen Parkplatz ab.
"Wer ist der Vater?", frage ich neugierig und schnalle mich ab, als das Auto zum stehen kommt.
"Irgendein Zuhälter, keine Ahnung wer, aber mit Sicherheit ein ganz böser Mann."
Sie greift über mich und öffnet das Handschuhfach.
"Hier.", reicht sie mir eine schwarze Waffe.
Ich nehme das schwere Teil aus ihrer Hand und verstaue sie in meinem Hosenbund. Das Shirt ziehe ich drüber, sodass man sie nicht sieht.
"Sicher ist Sicher.", brumme ich zu mir selber und steige dann aus dem silbernen Wagen aus.
03:27 Uhr
Es ist halb vier Morgens, als Xenia mich vor meiner Wohnung absetzt. Ich habe das Privileg eine eigene Wohnung zu haben, im Gegensatz zu den anderen, die in der kalten und feuchten Lagerhalle schlafen müssen.
"Du planst was.", stellt Xenia fest, bevor ich das Auto verlassen kann.
Schnell drehe ich meinen Kopf zu ihr.
Wie hat sie das festgestellt?
"Nein? Was soll ich den planen?", frage ich irritiert.
Sie winkt ab.
"Du weißt was du tust. Ich sage dazu nichts.", hält sie mir ihren kleinen Finger hin, als Schwur.
Ich schlucke.
"Ich weiß nicht, was du meinst.", erwidere ich nervös und steige schnell aus dem Auto.
Mir ist heiß und kalt gleichzeitig, als ich die Wohnungstür aufschließe, sodass ich mich erschöpft an der kalten Wand in meinem Schlafzimmer heruntergleiten lasse, während sie Wohnungstür ins Schloss fällt.
"Scheiße!", fluche ich zitternd und greife nach einer Wasserflasche, die auf meinem Nachttisch steht.
Das kalte Wasser, das meine brennende Kehle runter läuft, beruhigt mich ein wenig.
Woher weiß Xenia, dass ich "etwas plane"?
Hat sie mich etwa gehört?
Ich weiß zwar, dass ich ihr vertrauen kann, aber trotzdem ist sie durch mich in Gefahr.
Ich rappel mich auf und gehe in das kleine Badezimmer, um mir das wenige Make Up vom Gesicht zu waschen.
Meine Haare sind fettig und stinken nach Rauch. Ich muss später unbedingt duschen, Raphael wird mich so auf keinen Fall in sein Büro lassen.
Wieso mache ich mir überhaupt Gedanken, ob Raphael mich so in sein Büro lassen würde?
Schnell trockne ich mein Gesicht ab und lege mich ins Bett, nachdem ich mir ein weißes Shirt übergeworfen habe. Es ist heiß in der kleinen Wohnung, da die Klimaanlage nicht funktioniert. Für einen Elektriker habe ich kein Geld, da 90% meines Einkommens für Mamas Krankenhausrechnungen drauf geht.
Ich schließe meine Augen und versuche zu schlafen.
Vergeblich.
Eine weitere Nacht, die ich ohne Schlaf überstehen muss.
Wie lange halte ich das noch aus?
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