Kapitel 2

Cleo
08:34 Uhr


"Ich bin keine Nutte.", zische ich, weil er mich so darstellt. 

"Hat das jemand behauptet?", erwidert er mit hochgezogenen Augenbrauen. 

Mistkerl. 

"Ich will mehr, als ich bei Diego verdiene.", mache ich ihm klar, dass es Einiges mehr ist. 

Bevor er mir antwortet, befeuchtet er seine Lippen und senkt den Kopf, sodass er auf seine vor sich liegenden Hände schaut.
"Wie viel -"

"Tun Sie nicht so. Sie wissen, wie viel ich bei Diego verdiene.", unterbreche ich ihn harsch.
Detective Carter dreht seinen Kopf leicht nach rechts und steht dann langsam auf. Seine Hände liegen in der schwarzen Anzughose und seine silberne Uhr blitzt an seinem Handgelenk, während er langsam um den Schreibtisch herumläuft und durch das Büro schlendert.

Dieser Mann ekelt mich an, weil er denkt, dass er etwas besseres sei. Und das nur, weil er viel Geld verdient und eine Rolex sein Handgelenk verziert. Dabei ist er kein Deut besser, als die Anderen da draußen.

"Ich gebe dir keine 5000$ im Monat, das kannst du vergessen.", lehnt er seufzend ab und spaziert seelenruhig vor den Fenstern entlang.

Diesmal bin ich diejenige, die ihr Desinteresse an seiner Aussage zeigt und zucke mit den Schultern.
"Dann gibt es keinen Vertrag.", lächle ich falsch und erhebe mich vom Stuhl.

Seine große Hand legt sie blitzschnell auf meine Schulter und drückt mich fest zurück in den Stuhl, bevor ich sie ruckartig wegschlage und ihn anfauche.
"Fass mich nicht an!"

Abwehrend hebt er beide Hände und bleibt auf Abstand.
"Sorry, das war unprofessionell.", nuschelt er und entschuldigt sich tatsächlich.

Hat er wirklich sowas wie in Gewissen?

"Sie sind unprofessionell.", beleidige ich ihn, doch er blendet es gekonnt aus.
Vermutlich lernt man dieses Verhalten in der Ausbildung zum Special Agent oder was auch immer er für einen Beruf hat.

"Also kriege ich dich nur mit 5000$ Monatsgehalt?", stellt er fest und schaut mir in die Augen. 

Detective Carter wählt jede seiner Worte mit Bedacht. Auch jetzt will er darauf anspielen, dass ich mich prostituieren würde und für Diego als Nutte arbeite. 

"Sie kriegen mi-"

"Ja, Zicke. So meinte ich das auch nicht.", verdreht er die braunen Augen.

Natürlich meinte er das. Er meinte das genauso, wie er es gesagt hat.  

Während er mich mustert, schaue ich ihn mir ebenfalls genauer an.
Sein Gesicht ist markant, ein leichter Bartschatten liegt auf seinen Wangen und dem Kinn. Die gebräunte Haut hebt sein weißes Hemd hervor, die braunen, leicht lockigen Haare liegen ein wenig gemacht auf seinem Kopf.

"Detective Carter?", unterbricht uns eine weibliche Stimme, nachdem es zweimal geklopft hat. Schnell drehe ich mich um und schaue zu der jungen Frau, die im Türrahmen steht. Sie hat schwarze lockige Haare und schneeweiße Haut. 

Ihre Augen sind fast schwarz.

"Könnten Sie das eben unterschreiben?", hält sie schüchtern einen Zettel hoch und blinzelt ihn verlegen an.

Der Mann vor mir steht sprungartig vom Stuhl auf und nimmt der schönen Frau den Zettel aus der Hand, um seine Unterschrift auf den Zettel zu setzen.

"Sie schlafen mit ihr.", stelle ich fest, als er die Frau aus dem Büro drückt, die Tür schließt und sich wieder hinter den Schreibtisch setzt.

"Wie bitte?"
Ertappt schaut er mich an.

Ich muss mir ein Grinsen verkneifen.

"Bullshit.", leugnet er meine Annahme schnell.

"Kein Bullshit, ich habe da-"

"Es reicht jetzt.", beendet er das Thema und greift ans andere Ende des Tisches, um in meinem Vertrag zu blättern.

"Du willst 5000$, mit Krankenversicherung und Ausbildung?", wiederholt er meine Forderung. Mit glänzenden Augen schaut er über den Rand des Vertrags zu mir. 

Ich nicke und verschränke die Arme.

"Was willst du denn studieren?", runzelt er die Stirn.

"Ich will zum FBI", ziehe ich ihn auf. 

Unruhig rutscht er auf seinem Stuhl hin und her, sodass er wieder kerzengerade vor mir sitzt. 

"Wissen Sie, Sie sind einfach mein Vorbild. Teure Kleidung, Rolex, dicke Karre. Vorteile über Vorteile.", spotte ich.

An seinem Gesicht sehe ich, dass er endlich checkt, dass ich ihn aufziehe. Er knallt den Vertrag auf den Tisch und stützt sich auf den Tisch. 

Von oben blickt er auf mich herab.
"Alleine dafür sollte ich dir 70% deines Gehaltes abziehen.", brummt er rasend.

Ich grinse. 

"Unterschreib das jetzt.", fordert er mich ungeduldig auf und wirft mir den Kugelschreiber herüber.

Ich kriege also tatsächlich die 5000$ im Monat.

"Ich will Psychologie studieren.", erzähle ich ihm die Wahrheit, während ich den Vertrag unterschreibe.

"Aha.", antwortet er desinteressiert und schiebt mir seine Visitenkarte und mein Handy über den Tisch.

"Da kannst du mich immer erreichen. Bitte nur, wenn was sein sollte.", gibt er mir zu verstehen, dass ich ihn nicht nerven soll und deutet auf die rechteckige, blaue Karte.

"Keine Sorge, ich werde definitiv nicht freiwillig bei Ihnen anrufen."
Ich sieze ihn absichtlich.
Wir kennen uns nicht und ich will ihn wirklich nicht zu nah an mich ranlassen.

"Ich rufe dich an, wenn ich was von dir brauche.", beendet er das Treffen.

"Alles klar, Boss."
Ich schiebe den Stuhl zurück, bevor ich aufstehe und erwische ihn, wie er kurz meinen Körper mustert, bevor er mir abschließend ins Gesicht schaut.

"Bis dann.", übergeht er meine Provokation.

Ich drehe mich um und gehe zur Glastür.

"Sie steht auf Sie.", spreche ich nochmal die Situation mit der schönen Frau an.

Unbeeindruckt sieht er mich an, die Hände liegen wieder in seiner Hosentasche, während er am Fenster lehnt.
"Und jetzt?", hebt er abwartend eine Augenbraue an und wartet auf meine Antwort.

"Kaufen Sie ihr Blumen.", gebe ich ihm einen Tipp.
Er wird ja wohl kaum mit ihr vögeln, wenn er sie nicht mögen würde.

"Das ist nicht Ernstes. Nur Spaß.", gibt er mir zu verstehen, dass er tatsächlich nichts außer Sex von ihr möchte.
Irritiert gehe ich zurück in sein Büro.

"Ich wüsste nicht, was dich das angeht.", hält er mich auf, bevor ich noch etwas sagen kann.

"Ich hatte also Recht.", stelle ich zufrieden fest.

"Schön. Und jetzt verschwinde.", wirft er mich aus seinem Büro. 

Ich lächle ihm falsch zu und winke zum Abschied. Er hingegen verzieht sein Gesicht ebenfalls zu einem falschen Grinsen und dreht sich dann von mir weg.

Seine Visitenkarte stecke ich in meine Handyhülle, falls ich sie wirklich mal brauche. Noch nie habe ich so schnell so viel Geld verdient. Ich lasse ihm ein paar Informationen zu kommen und dafür habe ich ein festes Einkommen, zusätzlich zu dem, was ich von Diego bekomme.

Während ich zufrieden die Treppen des großen Gebäudes runter hüpfe, rufe ich Patricia an. Ich weiß, dass sie gerade unterwegs ist und Drogen verkauft. Vielleicht kann sie mich ja mitnehmen.
Auf Busfahren habe ich wirklich keine Lust. Dort ist es bei diesem heißen Wetter immer so stickig, weil die Klimaanlage meistens nie funktioniert; außerdem muss ich durch die ganze Stadt.

"Mi Amiga, donde estas?", begrüße ich sie.
"In La Jolla, warum?", fragt sie mich irritiert. 

Im Hintergrund höre ich das laute, alte Auto, welches sie immer fährt.

Ich seufze.

"Nichts, schon gut. Dachte du könntest mich mitnehmen, aber du bist zu weit weg.", erzähle ich ihr enttäuscht.
Dann lege ich auf.
Warum ist das Gebäude des FBIs auch immer so weit außerhalb der Stadt?

Langsam trotte ich zur Bushaltestelle und warte auf einen der dreckigen, grünen Busse.

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