Kapitel 10
Cleo
Er reicht mir eine graue Jogginghose, als ich aus dem Bad komme. Schnell ziehe ich sie mir über und eile ihm hinterher. Es ist gerade mal 8 Uhr, hat er es denn wirklich schon so eilig?
Die Hose ist mir viel zu groß und rutscht mir die ganze Zeit von den Hüften. Gott sei dank ist hier im Flur und in der Tiefgarage um diese Zeit noch niemand.
08:17 Uhr
Wir brauchen nicht sonderlich lange, bis wir am FBI Headquarter am Stadtrand von San Diego ankommen; er muss also ziemlich in der Nähe wohnen.
Während er mit einem Kollegen quatscht und dabei eine Zigarette raucht, warte ich unsicher hinter dem Auto. Ich fühle mich sichtlich unwohl zwischen den teuren Autos und den Anzugträgern.
Geraucht habe ich zum Beispiel noch nie. Das ist auch eine positive Sache in meinem Leben. Bis jetzt wusste ich nicht einmal, dass er raucht. Er riecht immer frisch und auch sein Atem riecht nach Minze.
Glaube ich zumindest.
Stumm beobachte ich, wie Raphael die Zigarette auf den Steinboden wird und sie anschließend geschickt austritt. Nachdem sein Kollege sich von ihm verabschiedet hat, kommt er auf mich zu.
"Bleib stehen.", hält er mich auf, als ich mich mit meinen Händen am Bund der viel zu großen Hose auf den Weg ins Gebäude machen will. Er mustert mich kurz, bevor er etwas in die Knie, geht und sich zu mir vorbeugt, um nach dem Hosenbund zugreifen und mir das graue Stoffstück von Nike bis zur Taille hochzuziehen.
"Festhalten.", fordert er mich anschließend auf meine Hände ebenfalls an den Hosenbund zu legen und die Hose auf der Höhe festzuhalten.
Während ich tue, was Mr. Detective verlangt, greift er nach den beiden Schnüren und bindet eine feste Schleife, sodass die Hose an Ort und Stelle bleibt.
"Jetzt komm."
Er schiebt mich mit einer Hand zwischen meinen Schulterblättern zum Eingang.
Diesmal flüchte ich nicht vor seiner Berührung.
"Oh, du lässt dich anfassen.", entgeht es ihm nicht, weshalb er mir direkt einen Spruch drückt.
Ich verdrehe die Augen.
"Das liegt daran, dass Sie falsch liegen und ich mich nicht prostituieren musste.", erläutere ich ihm.
Er zeigt seinen Ausweis vorne am Empfang vor und führt mich weiter zu einem der fünf silbernen Aufzüge.
"Nein, das liegt daran, dass dich bei der versuchten Vergewaltigung keiner zwischen den Schulterblättern berührt hat. Wenn ich dich jetzt unten am Rücken berühren würde, würdest du es nicht zulassen.", philosophiert er und lässt seine Hand weiter provokant meine Rücken herunter wandern.
Als er mit seiner Hand an meinem unteren Rücken ankommt, drehe ich mich blitzartig weg.
Er schnaubt.
"Sag ich ja.", zuckt er siegessicher mit den Schultern und betritt den leeren Aufzug.
Zornig schaue ich ihn an, während er schon längst wieder auf sein Handy schaut.
"Das stimmt nicht.", will ich ihm seine Gedanken trotzdem ausreden.
Er zieht die Augenbrauen hoch.
"Was stimmt nicht?", will er wissen und lehnt sich gelangweilt gegen die Metallwand des Aufzugs.
Ich verschränke die Arme.
"Das man versucht hat mich zu vergewaltigen.", murmle ich leise.
Das Thema ist mir unangenehm, vor allem vor ihm. Aus irgendeinem Grund will ich nicht, dass er denkt, ich sei schwach.
"Doch. Das stimmt. Warum leugnest du das und warum schützt du diesen Bastard Diego?", wird er fast schon sauer und sieht mich fassungslos an.
"Sie haben keine Ahnung.", beende ich das Thema.
Dann steige ich aus dem Aufzug, der passend hält. Es ist erst 8:25 Uhr, doch der Flur ist bereits voll mit Detectives, die wild umher eilen.
"Komm mit." herrscht mich seine dunkle Stimme an.
Wie von selbst folge ich ihm.
"Haben Sie ihr Blumen gekauft?", frage ich ihn neugierig, als ich vor seinem Schreibtisch Platz nehme. Er öffnet ein Fenster und zieht die Jalousien hoch, sodass die Morgensonne das Büro durchflutet.
"Wem sollte ich Blumen kaufen?"
Genervt hängt er sein Jackett über die Stuhllehne und legt die Waffe demonstrativ auf den Schreibtisch.
Sein Blick währenddessen schüchtert mich ein.
"Der hübschen Frau.", helfe ich ihm auf die Sprünge.
"Ich kenne nur eine und die schläft auf meinem Sofa.", grinst er und fährt währenddessen den Computer hoch.
Ich runzle die Stirn.
"Die hübsche Frau von vor ein paar Tagen schläft auf ihrem Sofa, nachdem Sie mit ihr Sex hatten?"
Verstehe ich das gerade richtig?
Er lacht laut auf.
"Vergiss es.", winkt er ab und setzt sich auf seinen Stuhl.
Mir fällt auf, dass er zum ersten Mal lacht. Nicht dieses spöttische Grinsen, das einem zeigt, wie sehr er sich über einen lustig macht, sondern das nette, schöne Lachen. Das, was er ernst meint, weil er etwas wirklich lustig findet und sich amüsiert.
"Danke, dass Sie heute Nacht so schnell reagiert haben und vorbei gekommen sind. Und das Sie mich bei Ihnen haben schlafen lassen.", bedanke ich mich leise und schaue auf meine Hände.
"Ist mein Job.", verharmlost er seine Tat.
Ich entscheide mich dazu, nichts mehr zu erwidern, weil ich das Gefühl habe, dass ich ihn sonst wieder nerve.
"Kaffee?", fragt er mich und schiebt seinen Stuhl zurück.
Ich verneine.
"Tee?", hakt er nach.
Ich verneine erneut.
"Entweder bist du eine der wenigen Menschen, die beides nicht mögen oder du hast dich mal mit heißem Wasser verbrannt.", stellt er fest und geht an mir vorbei.
Ich schaue ihm hinterer, bis er aus meinem Sichtfeld verschwindet.
Woher weiß er das immer?
Ich schaue auf meine roten Fingernägel und warte bis er wieder kommt. Er ist gut aussehend, sehr sogar. Die Frauen müssten eigentlich Schlange bei ihm stehen, doch er trägt nicht einmal einen Ring. Er ist definitiv schon 28, obwohl man einige Jahre abziehen muss, da er raucht. Vermutlich ist er also eher 26 oder 27. Vielleicht auch no-
"Ich tippe auf Verbrennungen. Von Diego?", hält er seinen Kopf leicht schräg und hält mir eine Flasche Wasser hin. Dankend nehme ich sie an und antworte absichtlich nicht auf seine blöde Frage.
Er kann sich sich sowieso selber beantworten.
Dafür braucht er mich nicht.
"Diego also.", stellt er erneut richtig fest.
"Warum hast du nie Anzeige gestellt?", fragt er mich und trinkt einen Schluck von seinem dampfenden Kaffee.
"Wie denn? Das ist eine verdammte Gang! Da wird man eher geköpft, als das man da heil rauskommt.", zische ich, da er mich tatsächlich aufregt mit seiner ständigen Besserwisserei.
"Tranquilo.", beschwichtigt er mich.
Moment. Er spricht spanisch?
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