Kapitel Siebenunddreißig: Angst und Unsicherheit
F A I T H
Mit einem mulmigen Gefühl verlasse ich das Flugzeug, dicht gefolgt von Heath, der meine Tasche über seiner Schulter trägt und mir ermutigend zu lächelt. Die ganze Zeit über hat er meine Hand gehalten und mir unwissentlich den Halt gegeben, den ich in diesem Moment brauche. Ich habe lange über diesen Tag nachgedacht und habe mich immer gefragt, wann ich seine Familie kennenlernen würde. Jetzt ist es endlich so weit und anstatt dass ich mich darauf freue, erfüllt mich dieses Treffen mit einer unglaublichen Angst.
Dunkle Wolken sind über uns aufgezogen und kündigen ein Regenwetter an, das ich herzlich willkommen heiße. Eventuell könnten die Tropfen meinen glühenden Körper abkühlen und meine innere Aufregung ein wenig abmildern. Ein kleiner Wunsch, weil ich nicht weiß, ob ich dieses Treffen überleben werde.
Heath hat gemeint, dass wir uns einiges der Stadt noch ansehen werden, weil ich vorher noch nie hier war. Durch seine Erzählungen hat mich aber eine Lust gepackt, diesen Ort zu erkunden und mir die schönen Orte anzusehen. Ich habe sogar eine Liste mit all den Sehenswürdigkeiten erstellt, die Heath mit einem Lächeln zur Kenntnis genommen hat. Auch wenn sich Heath hier bestens auskennt, habe ich recherchiert. In diesem Fall hat mein innerer Kontrollfreak die Oberhand gewonnen, was mir in keinster Weise leidtut.
So bin ich halt.
Seit ich aber seinem Angebot zugestimmt habe, durchfluten meinen Kopf tausende Gedanken und nicht alle sind positiv. Eine leichte Unsicherheit schlummert nah an der Oberfläche und immer wieder gehe ich jedes mögliche Szenario durch. Ich weiß durchaus, dass ich diese negativen Emotionen unterdrücken sollte, jedoch ist das nicht so einfach.
Was, wenn mich seine Familie nicht mag und unzufrieden mit mir ist? Was, wenn sie mich davonjagen und Heath mich aus diesem Grund verlässt?
»Alles okay, Faith?«
Heaths Stimme dringt zu mir durch und reißt mich aus meinen trüben Gedanken.
»Ja«, flüstere ich wenig überzeugend, weshalb er nach meiner Hand greift und mich zu sich umdreht.
Seine Augen mustern mich genau, suchen etwas in meinem Gesicht, was sie im ersten Moment nicht finden können. Gleichzeitig ignoriert er die Menschen, die nicht gerade erfreut darüber sind, dass wir einfach stehen bleiben.
»Was ist los? Hast du es dir anders überlegt?«
Nachdenklich zieht er seine Augenbrauen zusammen, bevor er seine Hand an meine Wange legt und leicht wie eine Feder mit dem Daumen über mein Kinn streichelt. Ein sehnsüchtiger Ausdruck kann ich in seinen blauen Iriden erkennen und durch die sanfte Berührung kribbelt es überall auf meiner Haut. Mit geweiteten Augen halte ich den Atem an.
Das letzte Mal, als er mich so angesehen und mich angefasst hat, war in der kleinen Holzhütte. Seit dem bewahrt Heath einen Abstand zwischen uns, den ich nicht nachvollziehen kann. Immerhin hat er mich eingeladen seine Familie kennenzulernen und trotzdem besteht diese Distanz zwischen uns.
»Nein, ich habe es mir nicht anders überlegt«, murmle ich atemlos vor mich hin. »Aber irgendwie habe ich Angst vor diesem Treffen«, antworte ich komplett ehrlich. Mir ist es wichtig, dass wir ab sofort offen miteinander umgehen.
Heath hat mir versprochen, dass er mir alles erzählen wird, jedoch wollte er es auf seine Weise tun, was ich verstehen kann. Ich war jedoch überrascht, als er mir diese Reise vorgeschlagen hat. Vor allem, da wir bis vor einer Woche eine dreimonatige Funkstille hatten.
Ein kleines Lächeln erscheint auf seinen sinnlichen Lippen, die ich am liebsten berühren will. Dieser Abstand macht mich noch ganz verrückt, weil er mir doch so nah ist und gleichzeitig auch wieder nicht.
»Meine Familie wird dich mögen, Faith. Sie können es kaum erwarten, dich kennenzulernen. Also mach dir darüber keine Sorgen«, haucht er mir zu, bevor ein schelmisches Funkeln in seinen Augen auftaucht. »Ach, und atmen nicht vergessen.«
Als hätte alles in mir nur auf diesen Befehl gewartet, hole ich tief Luft und fülle meine Lungen mit dem Sauerstoff, den sie dringend benötigen. Meine Wangen werden augenblicklich heiß und eine Nuance dunkler, sodass ich mir verlegen eine Haarsträhne aus dem Gesicht streiche.
Heath weiß genau, was seine bloße Anwesenheit in mir auslöst und seine Berührung mich in ein anderes Universum katapultiert. Trotzdem funkeln seine Augen belustigt auf, als er meine Verlegenheit bemerkt. Dieser Mann ist unmöglich.
»Lass dich nicht verunsichern, Faith. Du bist ein wundervoller Mensch und gibst mir so viel. Aus diesem Grund kann meine Familie nicht anders, als dich zu lieben. So wie ich es tue.«
Seine Worte erwärmen mein Herz, bringen es dazu laut und kraftvoll gegen meine Brust zu hämmern, während sich eine Gänsehaut auf meinem Körper bildet, die mir weiche Knie beschert. Automatisch greife ich mit meinen Händen nach seinem Arm, um den Halt zu wahren. Es wäre nur minimal peinlich, wenn ich vor diesem unwiderstehlichen Mann den Boden küssen würde.
»Ich liebe dich auch, Heath.«
Meine Tasche fällt von seinen Schultern auf den Boden, als er seine Hände um meine Taille schlingt und mich nah an sich zieht. »Darf ich dich küssen, Zuckerdöschen?«
»Seit wann fragt Heath Thompson nach Erlaubnis?«
Sein Gesicht kommt mir immer näher, bis sein Mund sanft meine Lippen streift und ich seinen Atem spüren kann. »Seit ich mir unsicher bin, ob du mich nach allem noch haben willst.«
Meine Hände krallen sich in sein Haar, bevor ich unsere Lippen zu einem Kuss verbinden. Sterne tanzen um uns herum, wechseln ständig die Farbe, explodieren in einem Feuerwerk und lassen mich immer höher fliegen. Ich fliege umhüllt in weichen Kissen, die mich vor allem und jeden beschützen, direkt in den Himmel.
Langsam bewege ich meinen Mund, bevor Heath die Kontrolle übernimmt und mich außer Atem lässt. Viel zu lange ist es her, dass ich in den Genuss meines Lieblingsaroma kam, weshalb ich nicht will, dass dieser Moment jemals endet. Mir ist es egal, wo wir uns befinden oder dass wir den Weg für andere Passagiere versperren. Alles, was in diesem Moment zählt, ist der Mann vor mir, der endlich wieder bei mir ist und unserer Liebe eine weitere Chance gibt.
Außer Atem lösen wir uns. Meine Brust hebt und senkt sich schnell und verlangt nach Luft. Automatisch gleiten meine Hände an seine Wange, während ich seinen Blick suche, um ihm die nächsten Worte zu sagen, die mir auf dem Herzen liegen.
»Ich will dich jede Sekunde, Heath. Du bist der Mann, der für mich bestimmt ist. Der Mann, mit dem ich mein restliches Leben verbringen will. Zweifle niemals an uns, da unsere Liebe stärker als alles ist, was wir kennen.«
Ich stelle mich auf Zehenspitzen, um ihm noch einen Kuss auf den Mund zu drücken, bevor ich mich von ihm entferne.
»Lass uns gehen. Nicht dass sich deine Eltern noch Sorgen machen, weil wir zu spät sind.«
Ich bin endlich bereit, seine Familie kennenzulernen.
»Ich muss dich vielleicht vorwarnen. Meine Mutter hat bestimmt ein Festmahl gekocht und wird dich nicht in Ruhe lassen, bis du von allem ein wenig probiert hast.«
Laut lache ich los, als ich sein Gesicht erblicke. Ich kann mir das ganz gut vorstellen, aber das stört mich nicht. Essen ist eine Liebe, zu der ich nicht nein sagen kann. In diesem Punkt werden seine Mutter und ich uns bestens verstehen.
Unsere Hände verschränken sich und als Heath meine Tasche wieder über seine Schultern wirft, verlassen wir gemeinsam den Flughafen und steuern den Taxistand an, um unser Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top