Kapitel Sieben: Konfrontation

F A I T H

Fassungslos sehe ich dem Mann vor mir in die Augen. Wie kann er es wagen, hier vor dem Haus unserer besten Freunde, dieses Detail preiszugeben? Schnell drehe ich mich um, vergewissere mich dabei, dass niemand davon Wind bekommen hat, da ich keine Lust auf diese Fragen habe. Es ist bereits schlimm genug, dass wir das vor allen verheimlicht haben. Ich will es ihnen erzählen, jedoch bestimmt nicht auf diese Art und Weise.

»Bist du bescheuert? Sei doch endlich still!«

Sein Blick zeigt mir, was für Absichten er damit hatte, sodass die Wut wieder in mir aufkommt. Wenn das jemand so erfahren würde, dann weiß ich nicht, was passieren könnte. Hails würde mich nur aus enttäuschten Augen ansehen und mir damit das Herz brechen. Ella wiederum würde nicht lange fackeln, um mir ein eigenes Grab zu schaufeln, damit sie mich lebendig begraben kann.

»Wieso? Dürfen unsere Freunde unser kleines Geheimnis nicht wissen?«

Er kommt mir einen Schritt näher und bleibt direkt vor mir stehen. Ich kann bereits seinen Atem auf meiner Haut spüren, der mir eine Gänsehaut beschert, die sich gewaschen hat. Während er mir auffordernd in die Augen sieht, kann ich nicht anders als tief Luft zu holen, damit mir sein unwiderstehlicher Geruch in die Nase steigt. Mein Körper ist sich seiner Nähe mehr als bewusst, auch wenn es nicht gerade der richtige Zeitpunkt ist.

»Antworte, Faith. Wieso sollten wir sie noch länger belügen? Haben sie nicht ein Recht, es zu erfahren?«

Mit einem Ruck wendet er sich von mir ab, sodass ich meine Augen wieder öffne und wieder im Hier und Jetzt ankommen. Heath tigert auf und ab und rauft sich dabei die Haare. Seine Verzweiflung ist so spürbar nah und auch wenn ich ihm helfen will, so kann ich das im Moment nicht. Nicht mal ein Wort dringt aus meinem Mund, da er mich mit seinem Fragen aus der Bahn geworfen hat. Was ja nichts Neues ist.

»Ich habe so viele Fragen an dich, will unbedingt wissen, weshalb du die Flucht ergriffen hast. Auch wenn ich noch im selben Moment die Antworten darauf eigentlich nicht wissen will, da ich Angst davor habe.« Tief holt er Luft und wedelt dabei mit seinen Händen, bevor er fortfährt.

»Auf der anderen Seite will ich einfach nur in diesen verdammten Wagen einsteigen und verschwinden. Ich bin so wütend auf dich und deine Flucht. Anstatt mit mir zu reden, hast du dich wie ein kleines Mädchen versteckt. Und im Grunde genommen, weiß ich bereits, wieso du das getan hast. Ich bin schuld, nicht wahr? Ich kann nichts richtig machen und versaue alles in einer Glanzleistung, die sogar eine Medaille verdient.«

Er bleibt stehen und sieht mich aus traurigen Augen an, die genau die gleichen Emotionen zeigen, die in mir herrschen. Langsam nähert er sich mir wieder, als hätte er Angst mich zu verscheuchen. Seine Hand hebt sich, weswegen ich die Luft anhalte und es kaum erwarten kann in den Genuss seiner Berührungen zu kommen, jedoch lässt er sie nach halber Strecke wieder fallen und zuckt zurück.

»Ich habe Angst, Faith. Solche Angst, dich zu verlieren, weil du der Mensch bist, der mein Leben wieder lebenswert gemacht hat.«

Mein Herz schmerzt bei diesem Anblick. Seine grünen Augen, die sonst wie zwei Smaragde geleuchtet haben, sehen mich stumpf und leer an. Seine dunklen Haare sind in einem wirren Durcheinander und auch seine Kleider sind verknittert. Eine Erscheinung, die ich erst jetzt bemerke, weil ich viel zu beschäftigt mit mir selbst war.

Mein Verstand schreit mich an, ihm endlich irgendetwas zu sagen. Irgendetwas, um ihm einen Teil dieser Schmerzen nehmen zu können und noch immer dringt kein Ton aus meinem Mund.

»Sag mir, habe ich dich bereits verloren, Faith?«

Alles in mir will den Kopf schütteln, ihm sagen, dass das nicht der Wahrheit entspricht, aber es geht nicht. Nichts funktioniert, sodass ich innerlich aufschreie.

»Bitte«, fleht er weiter. »Sag irgendetwas, Zuckerdöschen.«

Den Kosenamen aus seinem Mund zu hören, lässt mich die Augen schließen. Für mich hatte er immer eine ganz besondere Bedeutung gehabt. Eine Bedeutung, die mir mein Herz schneller schlagen lassen hat. Er hatte mich bereits am Fluss um den Finger gewickelt, mit seiner charmanten und doch nervigen Art und einige Zeit später, konnte ich nicht anders als diesem Mann ganz zu verfallen. Mit meinem ganzen Herzen und Seele.

»Hast du sie auch so genannt?«

Perplex sieht er mich aus großen Augen an. Mit einer solchen Frage meinerseits hat er nicht gerechnet. Ich auch nicht, jedoch war es das Erste, was aus meinem Mund gesprudelt ist. Eine Frage, die mich in den letzten zwei Wochen in den Wahnsinn getrieben hat.

»Was?«

Auch wenn er mich ganz genau gehört hat, wiederhole ich die Frage. Jedoch bin ich mir nicht sicher, ob ich die Antwort darauf wissen will.

»Hast du deine erste Ehefrau auch so genannt?«

Als hätte ich ihn geschlagen, tritt er einen Schritt zurück. Seine ganze Haltung ist angespannt. Eine Reaktion, die mir zeigt, dass ich voll ins Schwarze getroffen habe. Unfassbar, dass er sie mit keiner Silbe erwähnt hat. Vertraut er mir nicht genug, oder weshalb hat er den Mund darüber gehalten?

»Woher weißt du von ihr?«

Scheiße! Daran habe ich gar nicht gedacht. Wie soll ich ihm erklären, dass ich die Kette und das Foto in seiner Schublade gefunden habe? Nicht das ich seine Sachen durchwühlt habe, denn so war es nicht. Ich habe nur nach etwas bestimmten gesucht und bin aus Zufall darauf gestoßen. »Nicht so wichtig«, weiche ich seiner Frage aus.

»Doch es ist sogar sehr wichtig, Faith. Woher weißt du von ihr? Von mir bestimmt nicht, weil ich sie mit keiner Silbe erwähnt habe.«

Verflucht nochmal. Wieso kann er es nicht einfach sein lassen? Ist das zu viel verlangt? Und geht es nur mir so, oder dreht er den Spieß jetzt um?

»Ich habe das Foto und die Kette gefunden«, gebe ich kleinlaut zu und senke meinen Blick auf den Boden.

Es ist mir ja bereits genug unangenehm, da macht es sein Blick nicht besser. Laut atmet Heath aus. Ich kann verstehen, weshalb er so aufgebracht ist, jedoch habe ich nie nach diesen Sachen gesucht. Wieso auch, wenn ich keine Ahnung von ihr hatte. Mir wäre nicht im Traum eingefallen, dass mein Ehemann bereits einmal verheiratet war.

»Du hast, meine Schubladen durchforstet?«, hakt er leise nach.

Seine Stimme hat einen bedrohlichen Unterton angenommen, der mir eine Gänsehaut verpasst. Aber keine der guten Sorte. Ich weiß jedoch genau, was er gerade tut. Er lenkt von sich ab und kann leider nicht auf meine Fragen eingehen, weil er zu schockiert darüber ist. Ein Schutzmechanismus, den ich zu gut kenne.

»Nein, nicht so, wie du denkst.«

»Wie dann?«

»Ich habe nur nach meiner Antibabypillen Verpackung gesucht. Ich dachte, dass du sie vielleicht dort drin verstaut hast.«

Ungläubig sieht er mich an. Seine Augenbrauen sind zusammengezogen und an seinem Blick erkenne ich, dass er mir keinen Glauben schenkt. Oder besser gesagt, dass er mir nicht glauben will.

»Du musst mir glauben. Ich würde doch nie deine Sachen durchwühlen, dafür habe ich dir zu sehr vertraut, Heath.« Vertraue ich immer noch, hallt es in meinem Verstand. Nur gebe ich ihm das nicht preis.

»Und wieso hätte ich das tun sollen? Ich wusste bis dahin nicht mal, dass du schon mal verheiratet warst.«

»Ich kann das nicht. Ich muss hier weg«, murmelt er vor sich hin.

Sofort wendet Heath mir seinen Rücken zu und steigt ohne ein weiteres Wort in den Wagen ein. Der Motor heult auf und bevor er an mir vorbeifährt, lässt er das Fenster runterfahren und blickt mir in die Augen.

»Irgendwann werde ich dir von ihr erzählen, jedoch schmerzt diese Erinnerung noch viel zu sehr, sodass ich nicht bereit dafür bin. Nur habe ich eine Bitte an dich, Faith. Gib mich nicht auf, denn das würde mich endgültig zerstören.«

Nach diesen Worten tritt er auf das Gaspedal und rauscht davon. Er lässt mich allein in der Auffahrt zurück, weswegen sich Tränen in meinen Augen bilden, die ich krampfhaft versuche aufzuhalten. Regungslos bleibe ich hier stehen, sehe in die Richtung, in der er davon gerast ist, auch wenn ich ihn nicht mehr sehen kann. Ich soll ihn nicht aufgeben? Ist das sein Ernst? Anstatt, dass ich endlich Antworten auf die vielen Fragen bekomme, kommen nur mehrere dazu.

Als sich zierliche Arme um mich schlingen, zucke ich erschrocken zusammen. Ich habe gar nicht gehört, wie sich mir jemand nähert. Anscheinend war ich viel zu vertieft in meinen Gedanken gewesen, sodass ich nichts um mich herum wahrgenommen habe.

»Lass ihm Zeit. Irgendwann wird sich alles regeln und ihr werdet glücklich miteinander sein.« Ellas Stimme hat einen sanften Ton angenommen, der sehr beruhigend auf mich wirkt. Eine solche Wirkung, die ich nur von ihrer Schwester kenne.

»Hast du alles gehört?«, hake ich nach. Ich kann mir vorstellen, dass sie uns belauscht hat, da sie schon immer ein neugieriger Mensch gewesen ist. Hails hätte uns die Privatsphäre gegönnt, aber nicht der Pitbull.

»Einen großen Teil, ja. Du musst mir eine Menge Fragen beantworten, weil ich nicht fassen kann, was ich aus diesem Gespräch rausgehört habe.« War klar, dass ihr genau dieses Detail auffallen wird.

»Nicht, bevor ich mit deiner Schwester gesprochen habe. Sie hat ein Recht, alles zu erfahren, Ella.«

»Dann tu das so schnell wie möglich. Sonst platze ich noch bevor du mit der Sprache rausrückst, Kampfzwerg.«

Das wird ein anstrengendes Gespräch, weil ich bereits jetzt weiß, was auf mich zukommen wird. Ich kann nur hoffen, dass ich unbeschadet da rauskommen werde und sie mir nicht den Arsch aufreißen.

Aber das wäre nur Wunschdenken, oder etwa nicht?

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top