Kapitel Sechsundzwanzig: Geheimnis
H E A T H
Vor zwei Jahren
Die Sonne scheint auf mich herab, während ich die letzten Sachen in den Wagen hinein verfrachte. Dabei ziert die ganze Zeit ein Lächeln mein Gesicht, weil ich nicht aufhören kann an vergangene Nacht zu denken. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so ausgelassen und glücklich war. So viel Mist habe ich erlebt und wäre durch all diesem Schmerz beinahe draufgegangen. Aus diesem Grund wirkt das Ganze so surreal. Fast würde ich denken, dass alles nur ein Traum ist, aus dem ich bald erwachen werde, um in die bittere Realität zurückzukehren.
Aber sobald ich mich umdrehe und diese kleine Holzhütte sehe, dann weiß ich, dass diese ganze Situation keine Illusion ist. Faith und ich sind wirklich da und hatten eine unvergessliche Nacht, die bei mir immer noch Herzklopfen auslöst.
Sobald alles im Wagen ist, lehne ich mich dagegen und warte auf mein Zuckerdöschen. Faith ist gerade dabei alles so zu lassen, wie wir es vorgefunden haben. Wir wollen nicht, dass Rick uns etwas übel nimmt, weil wir irgendwann wieder hier zurückkommen wollen.
Dieses kleine Haus ist was ganz Besonderes für uns geworden und wir haben jede Sekunde davon genossen. Diese Zweisamkeit hat uns beiden gutgetan, weshalb ich eigentlich nicht in die Stadt zurück möchte. Am liebsten würde ich noch eine Weile hier bleiben und mit Faith jeden Moment voll und ganz auskosten.
Meine innere Blase zerplatzt, als ich Faith sehe, die mit ihrer Handtasche aus der Hütte kommt und hinter sich die Tür schließt. Laut seufze ich auf und lasse meinen Kopf in den Nacken fallen. Die Realität hätte gerne ohne uns weitermachen können.
Kleine Hände schlingen sich um meinen Torso, während Faith ihr Gesicht in meine Brust legt und tief einatmet. »Müssen wir wirklich gehen?«, murmelt sie leise vor sich hin. Automatisch lege ich ebenfalls einen Arm um sie, während ich eine Hand in ihren Nacken lege. Ihre Worte spiegeln meine Gedanken wider, weshalb ich leicht schmunzeln muss.
»Ich fürchte ja. Aber es wird nicht das letzte Mal sein, dass wir hierhergekommen sind.«
Meine Worte hauche ich ihr ins Ohr, sodass sich eine Gänsehaut auf ihrem Körper ausbreitet. Ich liebe es zu beobachten, was für eine Wirkung ich auf Faith habe. Es ist schön zu sehen, dass ich nicht der Einzige bin, der ihr komplett verfallen ist. Es beruht auf Gegenseitigkeit.
»Außerdem ist das jetzt unser Rückzugsort, Zuckerdöschen. Sobald die Realität für uns zu viel wird, können wir hierherkommen und ihr für einige Stunden entfliehen. Abgemacht?«
Ruckartig hebt sie ihren Kopf, um mir in die Augen sehen zu können. Dabei strahlt sie wie ein Diamant, der in der Sonne anfängt zu glitzern. Meine Brust schwillt vor Wärme an, weil ich der Grund dafür bin, was mich umso glücklicher macht.
»Das wäre schön«, flüstert sie leise und stellt sich auf Zehenspitzen.
Sofort beuge ich mich zu ihr herunter und verbinde meinen Mund mit ihren Lippen. Wie so oft beginnt es in meinem Bauch zu kribbeln, bevor es sich überall ausbreitet. Meine Hände wandern in ihr Haar, umrahmen ihr Gesicht und ziehen sie noch näher an mich, sodass kein Blatt mehr zwischen uns passt. Meine Zunge erforscht ihren Mund, schmeckt und ist gierig nach mehr. Ihr Geschmack ist eine Sucht für mich und ich will nicht, dass es jemals aufhört.
Diese Frau gehört zu mir, wie die Luft zum Atmen. Noch nie hatte ich so starke Gefühle für jemanden, nicht einmal für sie. Auch wenn ich alles dafür tun würde, um meinen Fehler rückgängig zu machen.
Meine Bewegungen werden animalischer, versuchen den Gedanken an Rachel zu verdrängen, die meinen Verstand langsam einnehmen wollen. Mit aller Kraft schiebe ich sie von mir weg, um mich komplett auf die Frau in meinen Armen konzentrieren zu können. Irgendwann muss ich ihr davon erzählen, da sie ein Recht hat es zu wissen. Bevor sie sich ganz auf mich einlässt, sollte ich den Mund aufmachen und sie in mein Inneres lassen. Dafür habe ich aber noch genug Zeit.
Außer Atem lösen wir uns voneinander. Meine Stirn lehne ich an ihrer, da ich noch nicht bereit bin, den Körperkontakt zu unterbrechen. Ihre Berührungen sind Balsam für meine Seele, lassen mich alles um mich herum vergessen und katapultieren mich in einen Zustand, der mich die ganze Zeit lächeln lässt. Das Kribbeln auf meiner Haut, wie auch mein Herzrasen ist nur ein Pluspunkt. Es lässt mich wieder lebendig fühlen.
»Ich muss dir etwas erzählen, Zuckerdöschen.«
Neugierig schaut sie mir in die Augen, dabei kräuselt sie ihre Nase und sieht einfach nur bezaubernd aus. »Was denn?«, will sie wissen und streichelt dabei meinen Hinterkopf.
»Ich muss in den nächsten Wochen verreisen. Wie lange ich weg sein werde, kann ich dir noch nicht sagen, da ich es noch nicht weiß.« Eine Furche bildet sich zwischen ihren Augen, die ich am liebsten mit meiner Hand glatt streichen will. Meine Hand wandert bereits nach oben, als mein Zuckerdöschen einen Schritt nach hinten geht.
»Wie meinst du das?«, will sie verwirrt wissen. Ich kann einen Hauch Schmerz in Faiths Augen erkennen, der mich verunsichert, weil ich nicht weiß, woher der kommt.
»Ich fliege nach Hunters Überraschung nach Boston, um meine Familie zu sehen.«
»Welche Überraschung?«
Schuldbewusst schließe ich meine Augen und stöhne frustriert auf. War ja klar, dass sie genau dieses Detail raushören wird. Verdammt! Mein bester Freund wird mich umbringen, da ich es ihr erzählt habe. Es sollte eigentlich noch niemand etwas darüber wissen. Verflucht nochmal!
»Lass es sein, Faith. Es ist nicht meine Überraschung und Hunter wollte nicht, dass es jemand erfährt, bis es so weit ist.«
Ich hoffe sehr, dass sie nicht nochmals nachfragen wird. Auch wenn ich der Meinung bin, dass es nicht schaden würde, wenn noch jemand involviert wäre. Zusammen könnten wir etwas richtig Tolles daraus machen und ihnen beiden einen Tag schenken, den sie niemals vergessen würden. Wie es aussieht, muss ich mit Hunter nochmals darüber reden. Ein Versuch ist es wert.
»Will er Hails einen Antrag machen?«, platzt es aus meinem Zuckerdöschen. Sie kann nicht ahnen, dass sie mich mit dieser Aussage zwischen zwei heiße Flammen stellt. Auf der einen Seite will ich nichts verraten, weil es nicht mein Bier ist, jedoch will ich auf der anderen Seite meine Freundin nicht anlügen.
Verdammt. Was soll ich jetzt tun?
»Faith, bitte. Frag Hunter, wenn es dich interessiert«, versuche ich mich aus dem Ganzen rauszuhalten. »Außerdem haben wir über meine Reise nach Boston gesprochen. Erinnerst du dich?« Meine Ablenkung scheint zu funktionieren, da sie mich wieder mit dieser Furche zwischen ihren Augenbrauen ansieht. Irgendetwas bedrückt Faith und ich muss herausfinden, was es ist.
»Was ist los, Zuckerdöschen? Ich werde ja nicht für immer weg sein, sondern vielleicht eine Woche, höchstens zehn Tage.«
»Das hat er auch gesagt«, murmelt sie so leise, dass ich es fast nicht gehört hätte. Ich glaube, es war auch nicht für meine Ohren bestimmt, jedoch habe ich jedes einzelne Wort gehört.
»Wer?«, hake ich besorgt nach und lege meinen Finger unter ihr Kinn, sodass sie ihren Blick nicht abwenden kann. Ich muss sie ansehen, während sie mir eine Antwort auf meine Frage gibt. Irgendetwas sucht sie in meinen Augen und als sie es gefunden hat, öffnet sie ihren Mund. »Mein Vater.«
Was? Sind ihre Eltern getrennt? Wieso wusste ich nichts davon? »Bitte?«
»Meine Eltern haben sich getrennt, als ich noch in der Highschool war. Eines Tages hat mein Vater seine Koffer gepackt und mir genau diese Worte gesagt. Nur ist er nie wieder nach Hause gekommen.«
Augenblicklich schlinge ich meine Arme um diese wundervolle Frau und versuche ihr mit dieser Geste zu vermitteln, dass ich immer für sie da sein werde. »Das tut mir leid, Faith. Ich hatte keine Ahnung.«
»Wie auch, wenn ich nichts gesagt habe und du mich auch nie danach gefragt hast«, kontert sie mit einem traurigen Lächeln und seufzt auf. »Aber alles gut, das ist Jahre her. Deine Aussage hat mich nur kurz daran erinnert.«
Diese Frau hat es nicht verdient, traurig zu sein. Sie soll für mich lächeln, bis sich meine Brust durch ihren Anblick erwärmt und mein Herz einen Salto nach dem anderen vorführt. Sie soll glücklich sein und uns alle mit ihrem strahlendem Gesicht blenden. Eine Aufgabe, die ich mir sehr zu Herzen nehmen werde.
»Ich werde dich nie allein lassen, Faith. Du und ich sind etwas ganz Besonderes und ich werde alles tun, um dich zum Strahlen zu bringen.«
Durch meine Worte biegen sich ihre Mundwinkel nach oben, bis sie mich breit angrinst.
Oh verdammt, ja! Ich werde alles dafür tun, um sie jeden Tag so lächeln zu sehen.
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