⊱ 53 ⊰

Er kommt meinem Gesicht gerade näher, da weiche ich einen Schritt zurück.

,,Aber nur, wenn du mir ab sofort alles erzählst", stelle ich klar und sehe ihn mit angezogener Augenbraue an.

,,Ich weiß nich-"

,,Taehyung. Eine Beziehung beruht auf gegenseitgem Vertrauen, sonst funktioniert es nicht", erkläre ich und verschränke die Arme vor der Brust.

,,Ja. Okay. Ich werde dir alles sagen. Versprochen", erwidert er, was sich für mich jedoch nicht sehr überzeugend anhört.

,,Du kannst wirklich nicht verstehen, dass ich mir Sorgen um dich mache, oder?", seufze ich und er schüttelt zustimmend seinen Kopf.

Ich lege meine Hand sanft an seine Wange und sehe ihn genau an.

,,Deine Worte gestern haben mein Herz zwar in Stücke zerbrochen, aber dich so hilflos am Boden liegen zu sehen, war tausend mal schmerzhafter", schluchze ich leicht, als ich an die vergangene Nacht denke. ,,Ich musste dir irgendwie helfen."

Durch meine eigenen Worte werde ich schließlich auf die Wunden an seinen Armen aufmerksam und ziehe seinen Arm in mein Blickfeld.

,,Hast du die Wunden etwa nicht einmal desinfiziert?! Oh mein Gott, Taehyung! Dich kann man wirklich nicht alleine lassen. Hast du irgendwo ein Medizinschränkchen?", frage ich ernst und er nimmt meine Hand in seine, senkt seinen Kopf und führt mich in den ersten Stock, wo wir ins relativ kleine Badezimmer gehen.

Sobald ich den Schrank erspähe, entferne ich meine Hand aus seinem Griff und durchstöber die Medikamente.

Einige dieser sind schon vor Jahren abgelaufen, allein die Packung von Pflastern ist neu.

,,Setz dich", befehle ich ihm und er setzt sich auf den Rand der alten Badewanne, die scheinbar schon bessere Zeiten gesehen hat.

Ich nehme ein Wattepad und befeuchte es mit ein paar Tropfen des Desinfektionsmittels.

Sanft nehme ich seinen Arm und tupfe über seine Wunden, die von den zahlreichen Scherben stammen, in welche er gefallen ist.

Sofort zischt er auf.

,,Wann hat das mit Junmyeon angefangen?", frage ich um ihn von dem Brennen abzulenken, während ich konzentriert seine Wunden behandel.

,,Ich weiß es nicht mehr. Ich weiß auch nicht, warum er ausgerechnet mich zu seinem Opfer auserwählt hat. Es ist einfach irgendwie passiert", erklärt er und verzieht zwischenzeitlich immer wieder sein Gesicht vor stechendem Schmerz. ,,Da er meine Schwester liebt, kann ich natürlich noch weniger dagegen sagen. Am Anfang waren es nur kleine Sticheleien vom ihm, aber es wurde immer und immer schlimmer.."

Seufzend lege ich meine Hände an seine Wangen und lasse ihn mich direkt anschauen.

,,Du hättest dich von Anfang an wehren sollen. Vielleicht wäre es dann nie soweit gekommen", sage ich traurig.

,,Womit hätte ich mich denn wehren sollen? Ich hätte doch niemals eine Chance gegen ihn oder seine Freundesgruppe. Ich habe mir nicht ausgesucht deren Opfer zu sein, aber wenigstens habe ich es bislang immer vermeiden können, dass schlimmeres passiert. Ich bin nicht der Einzige, der diese Methode anwendet. Habe deine Feinde lieber als Freunde. Yoongi. Wooseok. Ryujin. Seungyoun. Wahrscheinlich sogar dein Bruder. Sie alle nutzen diese Taktik", erwidert er seufzend und weicht meinem Blick erneut aus. ,,Hätte ich es jemals jemandem gesagt, dann wäre genau das passiert, was gerade passiert. Jemand macht sich Sorgen. Um mich."

,,Wieso musst du dich immer selbst so schlecht reden, Taehyung? Manchmal wünschte ich wirklich, dass du dich selbst einmal aus meinen Augen sehen könntest. Vielleicht würdest du dann endlich verstehen, wie toll du bist", lächel ich leicht und streiche mit meinem Daumen über die zarte Haut an seiner Wange.

Plötzlich öffnet sich die Badezimmertür mit einem Ruck begleitet von einem unangenehmen Quietschen, dass mich zusammenzucken lässt.

,,Taehyu- Oh", unterbricht sie sich selbst und scannt uns beide einmal von oben nach unten ab und senkt dann ihren Kopf zu Boden. ,,I-Ich wollte nur kurz ein p-paar.. Sachen holen. Ich übernachte bei Junmyeon."

Ihre Worte und vor allem der Fall dieses Namens lässt die Wut in mir hochkochen, was Taehyung sofort bemerkt und meine Hand sanft mit seiner vereint.

Sie geht schnell zum Waschbecken, öffnet das darüber angebrachte Schränkchen und steckt einige Produkte sowie Zahnbürste und Zahnpasta ein.

So schnell wie sie hereingekommen ist, ist sie auch schon wieder verschwunden und kommt nach wenigen Minuten erneut am Badezimmer mit einer größeren Tasche vorbei, bevor sie die Treppen hinunter geht und mit einem Knallen der Haustür bestätigt, dass sie das Haus verlassen hat.

Wütend schmeiße ich das Wattepad in den Mülleimer.

,,Jetzt, wo Takumi nicht da ist, geht sie wieder zu Junmyeon!", schnaube ich wütend auf und Taehyung sieht mich nur ein wenig erschrocken an. ,,Deine Schwester treibt es mit zwei Typen gleichzeitig und einer davon ist mein Bruder! Wieso reagierst du nicht so wie ich?!"

,,Ich weiß, dass was sie tut falsch ist, aber ich bin nicht ihr Vater, sondern nur ihr älterer Bruder. Sie muss wissen, was sie tut und selbst sie Konsequenzen tragen. Außerdem wird sie vermutlich nicht diejenige in der heiklen Situation sein, die verletzt wird", erklärt er und beginnt zum Ende hin immer mehr zu murmeln.

,,Genau. Takumi wird verletzt werden, weil er wirklich Gefühle für dein ehrenloses Stück von Schwester hat!", brülle ich.

Taehyung steht eine Sekunde später auf und zieht mich in eine Umarmung.

,,Ich weiß nicht einmal, wieso mich das interessiert. Immerhin ist mein Bruder genauso ein Arschloch", schluchze ich in seine Schulter und er fährt mit einer seiner Hände behutsam über meine Haare.

,,Beruhig dich und lass uns die drei einfach für den Rest des Abends vergessen, ja? Wir sind jetzt einfach genauso egoistisch und kümmern uns heute mal nur um uns. Wie hört sich das an, Baby?", lächelt er mich an und der süse Kosename bringt mich ebenfalls zum Grinsen.

Erneut nimmt er meine Hand und zieht mich hinter ihm her, zurück ins Erdgeschoss.

,,Was möchtest du essen?", fragt er, als wir die Küche betreten und deutet mir an, dass ich mich an den kleinen Tisch mit nur zwei Stühlen setzen soll, was ich dann auch tue.

,,Überrasch mich, Profikoch", zwinkere ich und ein breites Lächeln bildet sich auf seinen Lippen.

Sofort macht er sich ans Werk, während ich ihn dabei interessiert beobachte.

,,Voilà!", kichert er und platziert zwei volle Schüsseln mit dampfendem Essen auf dem kleinen Esstisch.

,,Wow", schwärme ich und das Wasser läuft mir bereits vom Angucken im Mund zusammen.

,,Nicht sabbern!", lacht er und übergibt mir Stäbchen zum Essen. ,,Guten Appetit."

,,Ich kann wirklich immer noch nicht verstehen, wieso dein Restaurant nicht mehr Gäste hat", murmel ich nachdem ich bereits einiges gegessen habe. ,,Du kannst so gut kochen. Ich wünschte ich wäre so gut darin."

,,Übung, schätze ich", zuckt er leicht mit den Schultern und isst genüsslich weiter.

Seine süße Essgewohnheit beim Kauen lässt mich schließlich auflachen, weswegen er mich mit vollem Mund verwundert ansieht.

Durch seinen nun noch lustiger aussehenden Gesichtsausdruck kann ich mir ein Lachen nicht mehr verkneifen, lege meine Essstäbchen beiseite und halte mir dann die Hände vor den Mund.

,,Hab ich was im Gesicht?", fragt er mich ernst und reibt sich schnell mit den Händen über seinen Mund.

Nicht fähig durch meinen Lachanfall zu antworten schüttel ich nur meinen Kopf und versuche mich langsam wieder zu beruhigen.

,,Du bist unglaublich süß beim Essen", kichere ich und wedel mir mit meinen Händen Luft zu, da mir durch das heftige Lachen die Hitze in die Wangen geschossen ist.

,,Achja? Und du bist süß wenn du lachst", kontert er mit einem Zwinkern und fokussiert sich erneut auf sein Essen.

SKIP

,,Ich hätte Chihiros Reise ins Zauberland, Mein Nachbar Totoro und Das Schloss im Himmel im Angebot", erklärt Taehyung, der mit konzentriertem Blick auf die Videokassetten schaut und dann fragend zu mir sieht.

Ich liege bereits gemütlich auf der bloßen Matratze, die für ihn ein Bett darstellt und starre ihn an.

,,Videokassetten?", frage ich mit gerunzelter Stirn. ,,Als die noch aktuell waren, waren wir nicht einmal auf der Welt."

,,Meine Großmutter hat sie uns damals als wir noch klein waren geschenkt, weil unsere Eltern sich, auch als sie noch da waren, nie wirklich um uns gekümmert haben. Ich konnte sie damals fast auswendig. Ich besitze momentan eben nur diese", murmelt er und richtet die Brille auf seiner Nase. ,,Also?"

,,Totoro", antworte ich und mit einem Nicken öffnet er die Verpackung und legt die Videokassette in den verstaubten Rekorder.

Gespannt sehen wir auf den flimmernden Röhrenfernseher und Taehyung wartet im Schneidersitz auf dem Boden, bis der Film endlich beginnt.

Er legt sich neben mich auf die Matratze und ich lege die dümme Bettdecke über unsere Körper, während ich mich schüchtern an ihn kuschel.

Taehyung lässt mich meinen Kopf auf seinen Oberkörper legen und schlingt einen Arm um mich, dessen Hand sanft über meinen Oberarm streicht, was mir eine Gänsehaut verpasst.

Die Anfangssequenzen des Films laufen über den alten Fernseher und Taehyung platziert einen federleichten Kuss auf meinem Haar, bevor wir uns beide vollkommen auf den Film konzentrieren.

Anstatt müder zu werden, beginnen wir mit der Zeit immer wieder über neue Themen zu reden, schenken damit dem Film irgendwann kaum noch Beachtung.

,,Du hast was gemacht?!", lacht Taehyung auf und lässt mich mich auf der Matratze aufsetzen. ,,Das hättest du mir nicht sagen sollen. Damit werde ich dich von nun an immer aufziehen!"

,,Nein!!! Hör auf", schmolle ich und schlage leicht auf seinen Oberschenkel. ,,Das ist nicht witzig!"

,,Und wie das witzig ist", prustet er los und kann sich nun fast nicht mehe kontrollieren. ,,Ich hätte zu gerne gesehen, wie du Takumi wütend hinterher gerannt bist und dann die Geburtstagstorte vom Tisch gestoßen hast."

,,Unsere Eltern fanden das nicht so lustig", seufze ich. ,,Ich übrigens auch nicht! Das tat wirklich weh."

,,Arme kleine Minnie", lächelt er und hat sein Lachen wieder unter Kontrolle gebracht.

Er legt seine Hand sanft an meine Wange und ich kann das Schimmern in seinen Augen klar und deutlich erkennen, wenn er mich anguckt.

Langsam zieht er mich näher und küsst mich zärtlich, lässt mich in diesem Kuss all seine Zuneigung spüren.

🎎

Leider muss ich euch mitteilen, dass dieses Kapitel erst einmal das Letzte ist. Die nächsten beiden Sonntage werden KEINE Kapitel kommen, da ich in dieser Zeit mein Abitur schreibe und jetzt schon einen Kollaps kriege. Ich möchte immerhin auch, dass meine Kapitel gut werden und darauf kann ich mich momentan wirklich überhaupt nicht konzentrieren.
Eigentlich wollte ich bereits heute das Kapitel ausfallen lassen, aber irgendwie musste ich diese 'Abschiedsworte' schreiben, sonst hätte ich mich schlecht gefühlt lmao~

I purple all of you ♡ Bleibt gesund & wir sehen uns in ca. zwei Wochen wieder & dann kommen auch wieder öfter Kapitel!!

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