⊱ 52 ⊰
Heftig beginne ich an der Tür zu rütteln, welche sich natürlich nicht öffnen lässt.
,,Das kann doch jetzt wirklich nicht wahr sein", fluche ich vor mich hin und versuche, auch wenn mir klar ist, dass es nichts bringt, weiterhin die Haustür zu öffnen.
Kurz baut sich Hoffnung in mir auf, als ich mit meiner Hand in meine Hosentasche greife.
Diese Hoffnung schwindet jedoch sofort wieder, als ich mein Handy nicht in der Tasche meiner Jogginghose spüren kann und mir das Bild vor Augen erscheint, wie es auf dem Küchentisch neben meinen Schulaufgaben liegt.
Zitternd vor Kälte reibe ich schließlich mit meinen Händen über meine entblößten Arme und hauche dann in meine Handflächen, um diese zu wärmen.
Seufzend setze ich mich auf die Stufe vor unserer Eingangstür und schlinge meine Arme um meine Beine.
,,Wieso ausgerechnet jetzt, wenn ich das gesamte Wochenende alleine bin?", rede ich mit mir selbst und stütze mein Kinn auf einem meiner Knie ab.
Ich kann nicht einmal meine Eltern anrufen, um sie darüber zu informieren, auch, wenn sie jetzt sowieso nicht helfen könnten.
Und zu Taehyung kann und will ich erst recht nicht mehr, nach all dem, was gestern vorgefallen ist.
Langsam bilden sich Tränen in meinen Augen, während ich meine Stirn auf meine Knie lege und meine Augen schließe.
Ich ziehe die Ärmel meines Pullovers vollständig über meine Hände und reibe leicht über meine Schienbeine, doch mir wird dennoch nicht wärmer.
Ich hebe meinen Kopf erst wieder, als ich nach mehreren Minuten jemanden an unserem Haus vorbei laufen höre.
Und natürlich ist diese Person, wie sich herausstellt, niemand Geringeres als Taehyung, der mit mehrere Einkäufen auf dem Arm vorbei rennt.
Er sieht gestresst aus, unter seinen Augen bilden sich tiefe dunkle Augenringe und seine Haare stehen in alle Richtungen ab.
Und er bemerkt mich nicht einmal, sondern rennt schnurstracks an unserem Haus vorbei.
Erneut seufze ich und atme dann die kalte Luft tief ein, bevor ich erneut meinen Kopf senke.
Nach weiteren Minuten, die sich wie Stunden anfühlen, schrecke ich hoch, als ich eine Berührung spüre.
Unsere Blicke treffen sich direkt.
,,Wieso sitzt du hier draußen, Misaki?", fragt er mich, als ich realisere, dass er mir seine Jacke über die Schultern gelegt hat und daraus eine Berührung entstand.
,,Ausgesperrt", antworte ich kurz, blicke ihn mit leerem Ausdruck in die Augen.
,,Sind deine Eltern nicht da?", harkt er sofort nach und runzelt dabei verwundert seine Stirn.
,,Alle sind weg", schüttel ich meinen Kopf und spiele mit dem Saum am Ende des Ärmels meines, für diese Jahreszeit viel zu dünnen, Pullovers.
Nickend erwidert Taehyung meine Aussage und ich ziehe mir die von ihm gegebene Jacke mehr über meinen Körper.
,,Für wie lange?", fragt er erneut, die Unsichertheit dabei deutlich aus seiner Stimme herauszuhören.
,,Das gesamte Wochenende", seufze ich, halte meine Antworten weiterhin knapp.
Taehyung kaut auf seiner Unterlippe herum und weicht meinem kalten Blick schließlich aus.
,,Also ehm.. Yeeun ist nicht zu Hause.. Du kannst dich bei mir drüben, naja, aufwärmen", gibt er verunsichert von sich, was mich nur eine Augenbraue anheben lässt.
,,Und dann?", lache ich sarkastisch auf, kann nicht glauben, dass für ihn scheinbar alles wieder normal ist.
,,Verstehst du nicht, dass ich dich hier nicht einfach in der Kälte sitzen lassen kann?", entgegnet er mir mit einer Gegenfrage.
,,Wieso nicht? Du hast mir gestern klar und deutlich gezeigt, was ich dir bedeute. Warum also sollte ich dir auf einmal wichtig sein?", rolle ich meine Augen, muss jedoch stark daran arbeiten, dass mir keine Träne entwischt.
,,Misaki. Hör bitte auf damit", bittet er mich und sieht traurig zu Boden. ,,Gib mir wenigstens die Chance, es dir zu erklären. In Ruhe. Im Warmen."
Der Gedanke daran, dass mich eine gemütliche Wärme umgeben wird, überzeugt mich schließlich.
Ich erhebe mich von der Stufe vor unserer Haustür, was Taehyung genaustens mit einem kritischen Blick beobachtet.
,,Na schön", seufze ich und folge ihm aus unserem Vorgarten hinaus auf den Bürgersteig und dann zu seinem Haus nebenan.
Mein Blick fällt sofort auf das zersplitterte Fenster des Restaurants, welches jetzt mit einer Art Folie zugedeckt ist, was vermutlich den Wind dämmen soll.
,,Wooseok und Yoongi haben es so angebracht", erklärt mir Taehyung, ohne, dass ich danach gefragt habe, da er scheinbar meinen Blick bemerkt hat.
Mit einem leisen Brummen bestätige ich, dass ich seine Aussage wahrgenommen habe und zusammen betreten wir dann sein Haus durch die normale Haustür.
Sofort umgibt mich eine wohlige und angenehme Wärme.
Im Eingangsbereich stelle ich meine Schuhe zur Seite, während Taehyung mir bereits ein Paar Schlappen vor die Füße legt, in welche ich reinschlüpfen soll.
,,Ich muss kurz die Einkäufe verstauen. Du kannst es dir solange im Wohnzimmer bequem machen", bietet er mir an, weswegen ich langsam ins Wohnzimmer gehe und mich auf das alte Sofa setze.
Aus Richtung des Flurs und somit der Hintertür zum Restaurant nehme ich laute Geräusche wahr, die vermutlich davon stammen, dass Taehyung die Lebensmittel schnell in den Kühlschrank einräumt.
Ich bemerke, dass ich immer noch seine Jacke um meine Schultern liegen habe, weswegen ich aufstehe, um sie dann an dem Kleiderständer im Eingangsbereich aufzuhängen.
Dabei entdecke ich auf dem kleinen Tisch daneben einige Briefumschläge.
Die Neugierde nicht unterdrücken könnend sehe ich mir diese Briefe genauer an und stelle schließlich fest, dass es sich um zahlreiche Rechnungen handelt.
Als ich höre, wie Taehyung zurück kommt, setze ich mich schnell wieder auf die Couch im Wohnzimmer, so, als hätte ich nie etwas gesehen.
Taehyung betritt wenige Sekunden später ebenfalls den Raum und klatscht dabei einmal fest in die Hände.
,,Alles erledigt", sagt er daraufhin, versucht scheinbar die angespannte Stimmung aufzulockern, was nicht den von ihm gewünschten Effekt erbringt.
,,Ist dir wärmer? Willst du vielleicht etwas essen?", stellt er mir plötzlich Frage um Frage.
,,Ich bin nur hier, um mich aufzuwärmen. Danach gehe ich wieder", erwidere ich emotionslos.
,,Und erfrierst nachts in der Kälte vor eurem eigenen Haus? Nur ein Vollidiot würde dich das tun lassen", weist er mich zurecht und setzt sich mit etwas Abstand neben mich auf das Sofa. ,,Ich bin zwar ein Vollidiot, aber nicht in dieser Hinsicht."
Seine letzten Worte lassen mich ihn verwundert ansehen.
,,Hör mir zu, Misaki", beginnt er und rückt ein Stück näher an mich heran. ,,Oft denkt man, dass eine Entscheidung, die man getroffen hat, die Richtige war. Im Nachhinein stellt sich dann aber raus, dass man völlig falsch lag. Es ist normal, dass Menschen Fehler machen. Das gilt auch für mich. Ich konnte die ganze Nacht kein Auge zu machen. Ich konnte an nichts anderes denken, als an deinen verletzten Gesichtsausdruck und deine Worte. Die Szene hat sich immer und immer wieder in meinem Kopf abgespielt."
Aufmerksam höre ich ihm zu, muss mich dann aber von ihm abwenden, da ich erneut die aufsteigenden Tränen in meinen Augen spüren kann.
,,Hast du mit Ryujin gesprochen? Hat sie dir gesagt, dass du dich entschuldigen sollst?", murmel ich vor mich hin.
,,Was? Nein!", antwortet er sofort und nimmt meine zierlichen Hände in seine. ,,Ich schwöre dir, dass alles, was ich jetzt sagen werde, ausschließlich von mir selbst kommt. Niemand hat mit mir darüber geredet. Ryujin hat nur noch geholfen aufzuräumen, während Wooseok und Yoongi das Fenster verdichtet haben. Ich habe sie danach sofort nach Hause geschickt. Das musst du mir glauben!"
Mit einem leisen Brummen bestätige ich, dass ich ihm glaube.
,,Ich weiß, dass du mir nur helfen wolltest, Misaki. Und dafür bin ich dir unglaublich dankbar, auch, wenn ich es nicht zeigen konnte. Ich habe mich schon immer von Junmyeon herumschubsen lassen, weil ich sowieso keine Chance hätte und deswegen lieber kein Risiko eingegangen bin. Egal, wie sehr er mich runtergemacht und ausgenutzt hat, ich habe mich nicht gewehrt. Eventuell brauchte ich einfach endlich jemanden, der mir zeigt, dass ich es doch tun sollte", spricht er sanft weiter. ,,Vielleicht kann ich einfach nicht damit umgehen, dass sich tatsächlich jemand um mich sorgt. Ich wollte dir nicht weh tun. Du bist mir so unfassbar wichtig."
Bei seinen Worten brechen schließlich all meine Dämme und Tränen strömen über meine Wangen.
Taehyung bemerkt es sofort und legt seine Arme um meine Schultern, zieht mich näher an sich heran und streichelt mit einer seiner Hände beruhigend über meinen Rücken.
Mein Gesicht vergrabe ich in meinen eigenen Händen, doch die Tränen können und wollen einfach nicht aufhören zu fließen.
,,Bitte wein nicht wegen mir. Du weißt gar nicht, wie sehr mein Herz schmerzt dich so zu sehen", flüstert er leise und fast so, als müsste er seine eigenen Tränen zurückhalten.
,,Ich wusste von Anfang an, dass ich nicht der Richtige für dich bin. Du wolltest jemanden der Zuneigung zeigt und dir die Aufmerksamkeit schenkt, die du verdient hast. Ich kann dir all das nicht geben und das hätte ich viel früher bemerken müss-", erklärt er, doch ich unterbreche ihn und stehe abrupt auf.
,,Hör auf sowas zu sagen, Taehyung!", schreie ich, fassungslos über das, was er gesagt hat. ,,Wieso lässt du nicht mich entscheiden, was mir gut tut und was nicht? Wieso überlässt du nicht mir die Entscheidung, ob ich mit dir zusammen sein möchte oder nicht?!"
,,Misa-"
,,Nein! Ich habe mich in dich verliebt, weil ich dich so liebe, wie du bist. Es ist mir egal, ob du mir Zuneigung oder Aufmerksamkeit schenkst. Ich kann nichts dafür, dass ich mich in dich verliebt habe! Aber hör verdammt nochmal auf dir selbst so eine Scheiße vorzuwerfen, die gar nicht stimmt!", jammer ich lauthals. ,,Ich habe mich zuvor noch nie bei jemandem so wohl gefühlt, wie bei dir. Du warst immer für mich da und es war einfach.. perfekt."
Ohne ein weiteres Wort zu sagen, drückt er mich fest an sich, wobei ich sein heftig pochendes Herz spüren kann.
,,Es tut mir so Leid", nuschelt er in meine Schulter hinein und ich umarme ihn nun endlich zurück.
Er löst seinen Griff um mich und hebt mein Kinn an, sodass wir uns tief in die Augen schauen.
Seine Augen glänzen genau wie meine es tun.
,,Ich liebe dich über Alles, Minnie", lächelt er leicht, fährt mit seiner Hand über meinen Pony und platziert einen sanften Kuss auf meiner Stirn.
,,Willst du offiziell meine Freundin werden?", fragt er und zeigt mir dann sein wunderschönstes Lächeln, als ich zart nicke.
🎎
Jaja, wer hätte gedacht, dass sie vorher noch nicht zusammen waren? :3
Stay healthy, everyone~ ♡
Fighting!
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