⊱ 45 ⊰
,,Wie konntest du ihn verlieren, Misaki?!", brüllt mich Takumi, offensichtlich mehr als wütend, durch den Hörer an.
,,Wir wollten doch nur einen geeigneten Platz finden, um das Feuerwerk zu bestaunen und plötzlich war er einfach weg!", fasse ich das Geschehene knapp zusammen und nehme einen tiefen Seufzer vom anderen Ende der Leitung wahr.
Taehyung, welcher mittlerweile schwer atmend hinter mir angekommen ist, sieht mich besorgt an, während ich weiter mit meinem Bruder diskutiere.
,,Ja, du Witzbold. Weder du, noch ich kennen uns hier auf diesem Fest irgendwie aus. Wie sollten wir uns da aufteilen und nach ihm suchen können?", verdrehe ich genervt meine Augen.
,,Dafür kenn ich dieses Fest besser als jeder andere hier. Das Areal ist nicht klein, aber dennoch überschaubar. Ich schlage vor, dass Takumi sich in der Nähe des Eingangstores auf die Suche macht. Misaki du gehst weiter zurück in die Richtung, aus welcher wir gekommen sind und ich werde auf dem großen Platz in der Mitte Ausschau halten. Wenn wir ihn dann immer noch nicht finden, ist die letzte Möglichkeit der Shintō-Schrein. Eventuell hat er sich dahin verirrt", stellt Taehyung einen ausgeklügelten Plan auf, welchem Takumi und ich zustimmen.
,,Na dann los!", sagt Taehyung ernst und gerade als er gehen will, halte ich ihn schnell am Arm fest, weswegen er mich verwundert anschaut.
,,D-Da ist etwas, d-dass ich dir sagen möchte, T-Taehyung", stottere ich vor mich hin.
Mir nervös auf die Unterlippe beißend sehe ich ihm in die Augen und starre dann auf die Zeit, die mir die Digitaluhr in meinem Handy anzeigt.
Taehyung zieht seine Augenbraue ahnungslos an, bevor ich meinen Kopf schüttel und ihn loslasse.
,,Egal. Ein anderes Mal", rede ich mich schnell heraus und laufe dann in die Richtung zurück, aus welcher wir vorhin gekommen sind.
Meine Finger fest um mein Handy schlingend halte ich stets die Augen nach meinem kleinen Bruder offen.
Je schneller ich ihn finde, desto schneller kann ich Taehyung doch noch während dem Feuerwerk meine Liebe gestehen.
So, wie ich es genaustens geplant habe.
Gefühlt habe ich bereits an jedem Stand, an dem wir zuvor entlang gelaufen sind, gesucht, dennoch finde ich keine Spur von Makoto.
Meinen Schritt noch stärker verschnellernd, was mir mein prachtvoller Kimono zeitgleich erschwert, schaue ich immer wieder auf die Uhrzeit, bis ich in der Ferne schließlich einen kleinen Jungen erkennen kann.
Sofort fällt mir ein Stein von Herzen, als ich ihm schnell entgegen laufe und erkenne, dass es sich tatsächlich um Makoto handelt.
Dieser steht an dem Takoyaki Stand, von dem er sein erstes typisch japanisches Takoyaki gegessen hat, und händigt der Verkäuferin gerade die Schüssel aus.
,,Makoto!", rufe ich ihn endlich und sein fröhlicher Blick fällt auf mich.
Als er meinen besorgten Gesichtsausdruck scheinbar wahrnehmen kann, wird auch sein Gesichtsausdruck neutraler.
,,Makoto! Was hast du dir nur dabei gedacht?!", frage ich ihn wütend, weswegen er mich schüchtern ansieht.
,,Ich wollte der netten Verkäuferin doch nur die Schüssel zurückbringen, Oneechan", schmollt er und senkt dann seinen Kopf, wodurch er mich mich sofort schlecht fühlen lässt.
,,T-Tut mir Leid..", schnieft er leicht und ich knie mich mit einem Knie auf dem Boden, sodass ich ihn in eine feste Umarmung schließen kann, die meine Erleichterung ihn wiedergefunden zu haben, ausdrückt.
,,Entschuldige, Makoto. Aber ich habe mir nur solche Sorgen um dich gemacht. Takumi und Taehyung haben auch schon überall nach dir gesucht! Du kannst wirklich nicht einfach so abhauen ohne uns vorher Bescheid zu geben", weise ich ihn auf seinen Fehler hin, worauf er als Antwort leicht nickt.
,,Na komm. Ich sag den beiden Jungs Bescheid, dass ich dich gefunden habe", lächel ich sanft und nehme Makoto an meine Hand, damit er mir nicht ein weiteres Mal entwischt.
Während ich das Piepen am anderen Ende abwarte, beschleunigt sich nicht nur mein Puls, sondern auch mein Schritt.
,,Wenn ich mich beeile, dann schaffe ich es no-", unterbreche ich mich gezwungenermaßen selbst.
Schockiert drehe ich mich um, als ich zahlreiche Feuerwerkskörper hoch im klaren Himmel in die Luft gehen sehen und dabei farbigen Spuren, in Form von Licht, hinterlassen.
,,Nein..", hauche ich niedergeschlagen, als ich das Feuerwerk traurig beobachte und mittlerweile der gesamte Nachthimmel hell erleuchtet ist.
,,Misaki? Hast du ihn gefunden?", höre ich Takumis Stimme aus dem Hörer, als ich nicht einmal bemerkt habe, dass er abgenommen hat.
,,J-Ja. Er ist bei mir", antworte ich kaum hörbar und bemerke, wie Makoto mit funkelnden Augen das Feuerwerk betrachtet.
Takumi atmet erleichtert ein und nachdem wir noch einige Worte ausgetauscht haben, legt er auf.
Langsam lasse ich die Hand, in welcher sich mein Handy befindet, hinuntergleiten und starre mir leeren Augen auf die Raketen, die den Himmel in den verschiedensten Farben erstrahlen lassen.
Ich habe meine Chance verpasst.
SKIP
,,Ich habe den Abend sehr genossen, Taehyung", lächel ich abwesend, während wir nebeneinander herlaufen, Takumi und Makoto direkt vor uns.
,,Das freut mich. Ich hatte auch viel Spaß", erwidert er mein Lächeln, nur breiter und schöner als meines.
,,Es ist wirklich Schade, dass wir das Feuerwerk nicht zusammen anschauen konnten..", murmel ich vor mich hin und bemerke dann Taehyungs Blick auf mir.
,,Takumi? Dürfte ich deine Schwester vielleicht noch für ein paar kurze Augenblicke entführen? Ihr könnt ja schon zu euch nach Hause gehen", fragt Taehyung meinen Bruder aus dem Nichts, welcher, ebenso verwirrt wie ich über seine Aussage, stehenbleibt.
,,Macht was ihr wollt", zuckt er dann lustlos mit den Schultern und Makoto winkt uns zum Abschied, bis sie hinter der nächsten Straßenecke verschwinden.
,,Komm mit! Ich habe da eine Überraschung für dich", grinst Taehyung und zieht mich, ohne auf meine Zustimmung zu warten, mit sich mit.
Gemeinsam laufen wir durch die nur von warmen Laternenlicht beleuchteten Straßen, bis wir an einem Fluss ankommen, der direkt durch Kyōto hindurch fließt.
,,Das ist der Kamogawa River. Ich wollte ihn dir gerne zeigen, weil ich finde, dass er, vor allem nachts, atemberaubend ist", erklärt Taehyung und die Eindrücke haben noch gar nicht richtig auf mich gewirkt, da zieht er mich erneut mit sich.
Er leitet mich an einen abgeschiedenen Ort am Ufer des Flusses, von wo man die traditionellen japanischen Häuser auf der anderen Seite sehen kann.
Taehyung setzt sich ins Gras und ich tue es ihm gleich.
Sobald ich eine geeignete Position gefunden habe, was aufgrund meines Kimonos gar nicht so leicht war, reicht Taehyung mir schließlich eine Wunderkerze.
,,Ich dachte, weil wir das Feuerwerk verpasst haben, machen wir unser eigenes kleines Feuerwerk", lächelt er sanft und zündet meine Wunderkerze mit einem Feuerzeug an, sodass sie beginnt Funken in Form von Sternen zu sprühen.
Mit einem Glitzern in den Augen betrachtet Taehyung zunächst unsere Wunderkerzen und sieht mich dann direkt an, weswegen ich ihm ein Lächeln schenke.
,,Danke, Taehyung", hauche ich. ,,Ich könnte mir kein schöneres Feuerwerk vorstellen."
Meine Aussage bringt Taehyung zum Lachen und er wedelt ein wenig mit seiner Wunderkerze umher, welche sich im seichten Wasser des Flusses spiegelt.
Als die Wunderkerzen nach einiger Zeit erlischen, sitzen wir schweigend nebeneinander und betrachten das von Sternen bedeckte Himmelszelt.
,,Darf ich dich etwas persönliches fragen, Taehyung?", unterbreche ich schließlich die angenehme Stille und er nickt sanft.
,,Sind deine Eltern wirklich auf Geschäftsreise?", frage ich leise und Taehyungs Gesichtsausdruck ändert sich auf undefinierbare Weise.
Mit einem Seufzer sieht er zurück in den Himmel und als ich schon keine Antwort mehr erwarte, holt er tief Luft.
,,Ja. Sie sind auf Geschäftsreise", murmelt er vor sich hin und von der Seite erkenne ich deutlich das Schimmern in seinen Augen. ,,Seit acht Jahren."
Seine plötzliche Ehrlichkeit lässt meine Augen weiten, doch ich komme erst gar nicht dazu etwas nachzufragen.
,,Sie waren selbstsüchtige egoistische Menschen. Sie haben mir und meiner Schwester nie Aufmerksamkeit geschenkt. Vor acht Jahren haben sie uns verlassen um auf eine Geschäftsreise zu gehen, von der sie bis heute nicht zurückgekehrt sind. Keine Ahnung, ob sie durch diese Reise ihre Existenz sichern oder einfach nur nicht mehr die Verantwortung für ihre Kinder tragen wollten. Ich war elf Jahre alt und Yeeun war gerade mal neun. Unsere Großmutter hat uns zu sich aufgenommen, doch auch sie hatte nicht die nötigen finanziellen Mittel, um uns zu versorgen. Deswegen habe ich so früh wie möglich begonnen selbst Geld anzuschaffen und deswegen habe ich das Restaurant neu eröffnet, welches unsere Eltern zurückgelassen haben", erklärt Taehyung und muss an einigen Passagen seiner Erzählung inne halten.
Meine eigenen Augen füllen sich mit Tränen und vorsichtig begegnen sich unsere Hände.
,,Ich weiß nicht, ob sie noch leben, aber für mich waren sie sowieso nie sowas wie Eltern", fügt er hinzu und sieht mich dann an. ,,Aber ohne sie wäre ich heute nicht derjenige, der ich bin."
,,Es tut mir so Leid, Taehyung", hauche ich traurig, doch er schenkt mir nur sein altbekanntes Lächeln.
,,Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen bräuchtest", sagt er sanft und sucht meinen Blickkontakt. ,,Ich schätze es sehr, dass du mir immer zuhörst, Misaki. Aber da ist etwas Wichtiges, was ich dir sagen muss."
Aufmerksam und ein wenig ängstlich über seine folgenden Worte, sehe ich ihn an, versuche an seinem Gesicht auszumachen, ob es positiv oder negativ ist.
,,Jedes Mal, wenn ich dich sehe, kann ich die Sterne in deinen Augen sehen. Ich kann sehen wie sich Galaxien zu bilden scheinen, wenn du mich ansiehst. Ich kann reinen Sternenstaub in deinem Lächeln sehen, der mich blendet, auch wenn ich nicht der Grund dafür bin. Alles an dir nimmt mir den Atem, Misaki", gesteht er mir plötzlich und sein Gesicht kommt meinem näher, bis sich unsere Nasenspitzen beinahe berühren. ,,Selbst wenn wir nicht hierzu bestimmt sind, lass uns bleiben und so tun, als ob wir in unserem eigenen Universum wären, solange, wie es andauert."
🎎
HAPPY NEW YEAR 2020!
Womit könnte man das Neujahr besser starten, als mit einem zuckersüßen Kuss? <3
Auf ein weiteres schönes Jahr~
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