⊱ 42 ⊰

Keine weitere Sekunde verstreichen lassend, beende ich das Telefonat mit Mina und betätige sofort erneut den Anruf-Button, dieses Mal jedoch für eine andere Nummer.

,,Bitte geh ran. Bitte geh ran", murmel ich mir selbst zu und schließe dabei betend meine Augen, welche ich schlagartig wieder öffne, als ich ein Geräusch vom anderen Ende der Leitung wahrnehme.

,,Was ist denn, Misaki? Wir wollten gerade Live gehen", meckert mich Takumi lauthals an und im Hintergrund nehme ich laut Musik wahr, die vermutlich aus den Lautsprechern des Autos kommt.

,,Haltet sofort an, Takumi!", schreie ich schon beinahe in den Hörer hinein, versuche jedoch nicht zu laut zu sein, damit mich unsere Eltern nicht hören.

,,Was? Wieso?", fragt Takumi nur. ,,Sei doch keine Spielverderberin und lass deinen alten Bruder endlich mal eine Runde Spaß hab-"

,,Ihr seid verdammt nochmal betrunken und fahrt Auto, obwohl ihr nicht mal einen verdammten Führerschein habt, also haltet sofort an! Jetzt!", befehle ich ihm, doch ich höre nur, wie er mit Seungyoun redet und nehme dann ein lautes Lachen wahr.

,,Keine Sorge, Misaki. Wir haben alles perfekt unter Kontrolle", lacht mir mein Bruder ins Ohr und lässt dann ein Piepen ertönen, als er eiskalt auflegt.

,,Verdammte scheiße", fluche ich und versuche ihn erneut anzurufen, doch er nimmt kein weiteres Mal an.

Egal, wie oft ich ihn erneut anrufe, er beantwortet keinen meiner unzähligen Anrufe.

,,Idiot! Idiot! Idiot!", fluche ich weiter vor mich hin und laufe nervös mein Zimmer auf und ab, warte auf irgendeine Reaktion, die ich nicht bekomme.

Mich schließlich auf mein Bett setzend und betend, atme ich tief ein und aus, bis mich das Klingeln meines Handys erneut völlig aus der Fassung bringt und ich den Anruf sofort annehme.

,,Ist alles in Ordnung? Du kannst doch nicht einfa-"

,,Kannst du die Haustür aufmachen?", murmelt er leise in den Hörer hinein und diese Anweisung muss er mir nicht zweimal geben, da stürme ich schon, so leise wie möglich, die Treppen hinunter und auf die Haustür zu.

Als ich am Eingang zum Wohnzimmer vorbei laufe, sehe ich, wie unsere Eltern eingekuschelt auf dem Sofa vor dem laufenden Fernseher liegen und leise vor sich hin schlummern.

Umso leiser betätige ich daraufhin die Türklinke und öffne die Tür vorsichtig, sodass Takumi zum Vorschein kommt.

Bevor er jedoch etwas sagen kann, zeig ich ihm, indem ich meinen Zeigefinger an meine Lippen halte, dass er leise sein soll und so gehen wir gemeinsam auf Zehenspitzen die Treppen wieder hinauf in den ersten Stock.

,,Was hast du dir dabei gedacht?! Du bist so ein verdammter Idiot!", beginne ich ihn zurechtzuweisen, während er mir in mein Zimmer folgt und die Tür hinter sich schließt.

,,Schrei doch nicht so. Das lindert das Brummen in meinem Kopf überhaupt nicht", meckert er und hält sich dabei die Zeigefinger jeweils an seine Schläfen.

,,Das Brummen in deinem Dickkopf ist ungefähr das Wenigste, was mich gerade interessiert. Ihr seid verdammt nochmal sturz betrunken Auto gefahren und habt nicht mal ansatzweise einen Führerschein! Bist du dir eigentlich dessen bewusst, was alles hätte passieren können?!", erkläre ich wütend.

,,Komm bitte runter, Misaki. Wir leben noch, also ist doch alles gut", rollt er genervt seine Augen und wünscht mir dann noch eine gute Nacht, bevor er mein Zimmer verlässt und in sein eigenes verschwindet.

Wütend meine Fäuste ballend kuschel ich mich in meine dicke Bettdecke ein und berichte daraufhin Mina von dem Geschehenen.

Während ich auf eine Antwort von ihr warte und auf meinem Handy auf den verschiedensten Apps unterwegs bin, fällt mir schließlich Seungyouns Snapchat Story ins Auge, welche ich zuvor noch nicht gesehen habe.

Seine Story ist nur für bestimmte Personen sichtbar und lässt mich wütend die Luft aus meinen Lungen hinaus blasen, als diese zeigt, wie sich Takumi mit einem Mädchen, welches ich noch nie zuvor gesehen oder wahrgenommen habe, vergnügt und dabei von Seungyoun angefeuert wird.

,,Was soll nur aus dir werden, Bruderherz?", schüttel ich enttäuscht meinen Kopf.

SKIP

In ein paar dünnen Decken eingemummelt und mit einer Müslischüssel in der Hand sitze ich vor unserem großen Fernseher im Wohnzimmer und darf mitansehen, wie Yūgi Mutō mal wieder mit dem Duel Monsters jede Menge Feinde in die Flucht schlägt.

,,Benutz den schwarzen Rosendrache,  Yūgi!", schreit Makoto, der vor mir auf dem Boden sitzt und somit den Fernseher direkt anbrüllt, mit dabei wild umher fuchtelnden Armen.

Während er so fasziniert vor dem vor ihm abspielenden Anime sitzt, stellt unsere Mutter ihm eine Schüssel mit noch dampfenden Dumplings auf den Wohnzimmertisch, welche er dann, niemals den Blick vom Bildschirm abwendend, verschlingt.

Das Läuten an der Haustür erweckt schließlich nicht nur seine, sondern auch die Aufmerksamkeit von mir und unserer Mutter, die mich verwundert ansieht und dann zur Tür läuft, um diese zu öffnen.

,,Mutter?", haucht unsere Mutter geschockt und einen Moment später treten unsere Großeltern auch schon ins Haus hinein.

,,Obaasan!?", freue ich mich und befreie mich aus meinem Gefängnis bestehend aus Decken, stelle meine Schüssel zur Seite und umarme sie fröhlich.

,,Wenn das nicht meine süße kleine Misaki ist. Du siehst aber erwachsen aus!", sagt unsere Oma mit einem breiten Lächeln und gibt mir dann einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich Makoto widmet.

Lachend schaue ich an mir hinunter, da ich bezweifle, dass ich in meinen rosa Pyjama mit kleinen Applikationen von Sailor Moon auch nur in irgendeiner Weise erwachsen aussehe.

,,Hallo Ojiisan", lächel ich, als ich unseren Großvater begrüße.

,,Was macht ihr denn hier? Ich dachte ihr wärt bei Obaasan in Bangkok?", fragt unsere Mutter immer noch schockiert.

,,Wir können euch doch die Feiertage nicht alleine verbringen lassen! Vor allem nicht, wenn ihr endlich wieder in euer Heimatland zurückgekehrt seid", kichert unsere Großmutter und wuschelt dabei einmal durch Makotos sowieo noch vom Schlaf zerstörten Haaren.

Die Eltern unserer Mutter kommen aus Yokohama, der zweitgrößten Stadt Japans, jedoch stammt unsere Großmutter ursprünglich aus Thailand und so auch unsere Großtante, welche sie in der Weihnachtszeit normalerweise immer besuchen.

Da unser Großvater geborener Japaner ist, fällt es Makoto oftmals schwer ihn wegen seines angeborenen Akzents zu verstehen, aber ich habe bereits in jungen Jahren gelernt seinen speziellen Akzent zu verstehen.

,,Ihr habt euch aber wirklich ein schönes neues Haus ausgesucht! Hat eine wunderschöne Lage. Und dieses Restaurant nebenan sieht super gemütlich aus. Wir waren kurz am überlegen dort einzukehren, bevor wir hier klingeln", erklärt unsere Großmutter. ,,Sag mal, fehlt hier nicht noch eines deiner Kinder, Kazumi?"

,,Wärst du so lieb und gehst deinen Bruder wecken, Misaki?", bittet mich unsere Mutter freundlich, weswegen ich abwesend nicke und mich auf den Weg nach oben mache.

Taehyung hatte mir extra Bescheid gegeben, dass er das Restaurant über die Feiertage nicht öffnet und ich deswegen nicht arbeiten muss, damit ich Zeit mit meiner Familie verbringen kann, aber wieso hat er es jetzt trotzdem geöffnet?

Und vor allem, wieso hat er mir nicht davon erzählt?

In Gedanken versunken öffne ich einfach, ohne vorher geklopft zu haben, die Tür zu Takumis Zimmer und stolpere leicht über einige der Berge an Klamotten und Playstation Spiele auf dem Boden, als ich mich zu seinem Fenster begebe und die Vorhänge schwungvoll aufziehe.

,,Aufstehen", sage ich laut, woraufhin sich mein Bruder nur mürrisch unter seiner Bettdecke verkriecht und zusätzlich noch das Kissen über seinen Kopf legt. ,,Ojiisan Kouki und Obaasan Araya sind zu Besuch."

Grummelnd versteckt er sich noch tiefer unter seiner Bettdecke und zeigt keine weitere Reaktion.

,,Ich kann ihnen und Mom und Dad natürlich auch erzählen auf was für einem mörderischen Trip du heute Nacht warst, wenn sie mich fragen, warum du nicht aufstehst", verdrehe ich meine Augen, entreiße ihm sein schützendes Kissen und so gut es geht seine Decke und verschwinde dann wieder aus seinem Zimmer, begebe mich daraufhin in mein eigenes, wo ich mir alltagstaugliche Kleidung anziehe.

SKIP

,,Guck mal, Minnie-ane! Es schneit wieder", freut sich Makoto, springt von seinem Stuhl auf und rennt zum Fenster.

Das gesamte Wohnzimmer ist hell erleuchtet mit warmem Licht, dass von unserem Weihnachtsbaum, wie auch von einigen anderen Weihnachtsdekorationen, ausgeht.

,,Komm wieder her, Makoto. Es ist unhöflich beim Essen aufzustehen", weist unser Vater ihn zurecht.

,,Ach, Yusei! Sei doch nicht so streng mit dem Jungen", verteidigt unsere Großmutter ihn und zieht Makoto auf ihren Schoß.

,,Deine Mutter hat uns erzählt, dass du jetzt einen Nebenjob hast. Erzähl doch mal davon, Misaki", erwähnt unser Großvater und sieht mich neugierig an.

,,Ich arbeite in dem Restaurant nebenan, welches ihr so gemütlich findet. Es gehört einem Freund und ich helfe ihm ab und zu aus und im Gegenzug gibt er mir Nachhilfe", erkläre ich und bemerke, wie ich mir erneut Sorgen um ihn mache, wenn ich daran denke, dass wir hier zusammen sitzen und er alleine im Restaurant ist.

,,Einem Freund also, ja? Ist er denn attraktiv? Ist er Japaner? Ist er groß? Oder hat er viel Geld?", löchtert unsere Großmutter mich mit Fragen, worauf ich zuerst keine Antwort zu finden weiß.

,,Wenn man in einem Restaurant arbeitet, hat man wohl eher nicht so viel Geld", mischt sich Takumi ein und schiebt sich dann sofort ein Löffel Reis in den Mund.

,,Taehyung ist aber so ein netter junger Mann! Er grüßt mich jeden Tag und hat immer ein Lächeln auf den Lippen", kichert unsere Mutter und wirft Takumi einen drohenden Blick zu.

,,Und er arbeitet sogar jetzt", murmel ich und stochere leicht mit meinen Stäbchen in meinem Essen herum, was nicht unbemerkt bleibt.

,,Wirklich? Dann ist er aber ein fleißiger Bursche", lächelt unsere Großmutter mich an. ,,Mit so einem kannst du auf jeden Fall nichts falsch machen, Misaki."

Mit einem leichten Seufzer nicke ich auf ihre Aussage hin und lächel dann abwesend.

Er hat wirklich immer ein Lächeln auf den Lippen, selbst, wenn er es eigentlich nicht haben sollte, in der Situation, in welcher er sich gerade befindet.

Völlig in Gedanken versunken stellt unsere Mutter mir schließlich einen vollen Teller hin.

,,Nein, nein. Ich habe keinen Hung-"

,,Bring es ihm", sagt unsere Mutter nur mit einem sanften Lächeln und nickt in Richtung der Haustür. ,,Er sollte an Weihnachten nicht alleine sein."

Sofort erwidere ich ihr Lächeln und stehe erleichtert auf.

Ich nehme den Teller und schlüpfe im Flur in meine Schuhe, bevor ich mich schnell noch von meiner Familie verabschiede und in die Kälte hinaus gehe.

Vor der altbekannten Glastür angekommen, öffne ich sie und lasse somit die Klingel im Inneren ertönen.

Mein Blick schweift durch das seelenruhige Restaurant, in welchem sich keine Menschenseele befindet und erblicke schließlich Taehyung, der an einem der Tische über einem Berg an Blättern sitzt und mich scheinbar gar nicht hereinkommen hat hören.

,,Taehyung?", rufe ich ihn sanft, weswegen er erschrocken hochschaut und mich verwundert ansieht.

,,Misaki? Aber wa-"

,,Frohe Weihnachten, Taehyung", lächel ich und reiche ihm den befüllten Teller.

🎎

Da gestern kein Kapitel kam, dachte ich, dass ich das heutige Kapitel etwas länger mache.
Ich hoffe es hat euch gefallen (und die ganzen Namen waren nicht zu verwirrend) & ich wünsche euch allen frohe Weihnachten und erholsame Feiertage ♡

japanese dictionary

• おじいさん (ojiisan) - Anrede für Großvater

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