⊱ 26 ⊰

Schüchtern laufe ich neben Taehyung her, während er den Regenschirm über unseren Köpfen hält, sodass der Regen an den Seiten hinunter läuft.

,,Scheint ganz so, als wären Yeeun und Takumi mittlerweile richtig gute Freunde", unterbricht Taehyung schließlich die Stille und seine Anmerkung lässt mich vermuten, dass er vorhin gesehen hat, wie sie zusammen weggegangen sind.

,,Ist doch schön für sie", zucke ich mit den Schultern, vermeide so gut es geht an meinen Bruder zu denken. ,,Ist deine Schwester eigentlich mit Junmyeon zusammen?"

Meine Frage scheint Taehyung plötzlich aus dem Konzept zu bringen, da er seinen Mund zwar kurz öffnet, jedoch inne hält und nachzudenken scheint.

,,Um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht, was zwischen ihnen ist. Ich möchte es um ehrlich zu sein auch nicht wissen, immerhin geht es mich vermutlich nichts an. Solange er sie nicht verletzt, versteht sich", erklärt Taehyung mit leiser Stimme.

,,Aber du bist doch ihr großer Bruder. So, wie ich größere Brüder kenne, sind sie immer sehr skeptisch, wenn die kleine Schwester einen Jungen an ihrer Seite hat", kichere ich leicht, als ich an so einige Szenen in Seoul zurückdenken muss.

,,Natürlich. Trotzdem lasse ich ihr ihre Freiheiten. Sie fragt mich ja auch nicht, ob ich eine Freundin habe", erwidert Taehyung verständnisvoll.

Und genau in diesem Moment bemerke ich, dass ich nicht einmal weiß, ob er vielleicht eine Freundin hat oder nicht.

Mir fällt auf, dass ich eigentlich fast gar nichts über ihn weiß.

,,Hast du denn eine?", frage ich murmelnd dabei kaum hörbar.

,,Was?", erwidert Taehyung verwundert.

,,Eine Freundin. Hast du denn eine Freundin?", frage ich erneut, dieses Mal ein wenig lauter als zuvor, weswegen er mich zuerst schockiert ansieht, dann aber warm lächelt und den Kopf schüttelt.

,,Dafür hätte ich gar keine Zeit. Ich könnte ihr niemals die Aufmerksamkeit schenken, die sie verdienen würde", erklärt er und sieht wieder nach vorne auf den niederprasselnden Regen.

Nach seiner Antwort verstumme ich.

Ich kann nicht genau sagen, was es ist, aber irgendetwas an seiner Aussage löst Traurigkeit in mir aus.

Als Taehyung meine plötzliche Zurückhaltung bemerkt, schaut er mich erneut an.

,,Und du? Hast du einen Freund?", fragt er, was mich ihn verwundert angucken lässt.

,,Nein. Wie denn auch? Wir wohnen ja erst seit wenigen Tagen hier", lächel ich leicht abwesend.

,,Es hätte ja sein können, dass du einen Freund in Seoul hast", erwidert Taehyung mit einem Zwinkern.

,,Und eine Fernbeziehung führen würde? Auf soetwas würde ich mich niemals einlassen. Es kann nicht funktionieren, wenn sich zwei Menschen soweit voneinander entfernt befinden. Vor allem bin ich ein Mensch, der in einer Beziehung viel Aufmerksamkeit und Zuneigung braucht, die man in einer Fernbeziehung wohl eher nicht erwarten kann", erkläre ich ernst, als Taehyung dann den Kopf senkt. ,,Habe ich etwas Falsches gesagt?"

,,Nein! Nein, wirklich nicht. Es ist nur.. Ich hoffe wirklich, dass du hier Jemanden findest, der dir die Aufmerksamkeit und Zuneigung schenken kann, die du verdienst und dir wünschst", lächelt er, doch dieses Mal scheint es so unecht.

Sofort kehrt wieder Ruhe zwischen uns ein, als ich nicht mehr weiß, wie ich reagieren soll.

Wir laufen an einigen traditionellen Häusern mit wunderschönen Vorgärten vorbei, als mir erneut diese Frage in den Sinn kommt, über die ich mir schon die gesamte Zeit über den Kopf zerbreche.

,,Taehyung?", sage ich leise und schaue ihn von der Seite an, während ich nervös an den Trägern meines Rucksacks herumspiele.

,,Hm?", brummt er leise.

,,Du hast mir gestern während der Arbeit viel über deine Kindheit erzählt. Wie du und Yeeun gespielt haben oder wie ihr bei eurer Großmutter wart. Ich hoffe ich gehe mit dieser Frage nicht zu weit, aber ich kriege sie seit gestern einfach nicht mehr aus dem Kopf. Du hast bisher noch kein Wort über eure Eltern verloren. Wo sind sie?", frage ich ihn und er zeigt zunächst keinerlei Reaktion, weswegen ich bereits keine Antwort mehr erwarte.

,,Du musst nich-"

,,Ich dachte, dass ich bereits erklärt habe, wo sie sind. Sie sind auf Geschäftsreise un- Warte mal. Hörst du das auch?", unterbricht er sich auf einmal selbst und bleibt stehen, wodurch ich gezwungenermaßen ebenfalls stehen bleibe, um nicht nass zu werden.

Taehyung hält seinen Finger an seine Lippen, als würde er nach irgendetwas hören, doch das Einzige, was ich hören kann, sind die Regentropfen, die auf den Regenschirm tropfen.

,,Ich könnte schwören, dass ich- Da! Schon wieder!", sagt er nun schockiert und dieses Mal habe ich es auch gehört.

Eine Art Wimmern, das immer lauter wird, als wir mit kleinen Schritten an den Straßenrand gehen.

Als Taehyung einen Blick in ein dicht bewachsenen Garten wirft und mir dann den Schirm überreicht, sodass er einige der Äste und Blätter mit seinen Händen zur Seite ziehen kann, weiten sich plötzlich unsere Augen, als in dem Strauch ein brauner Karton zum Vorschein kommt.

,,Oh mein Gott", hauche ich leise und Taehyung nimmt den Karton auf den Arm, bevor er ihn vorsichtig öffnet und uns mehrere kleine Wesen darin anschauen.

Miauend sitzen mehrere kleine Kätzchen wimmernd und zitternd, völlig durchnässt, in diesem Pappkarton.

,,Na ihr Kleinen? Wer hat euch denn einfach so hier zurückgelassen?", beginnt Taehyung mit ihnen zu reden und sie schauen irgendwie hoffnungsvoll zu uns hinauf.

Ich will mir lieber nicht vorstellen, wie lange sie in diesem kleinen Karton eingesperrt waren.

,,Was sollen wir mit ihnen machen, Taehyung?", frage ich ihn besorgt und die Kätzchen miauen weiterhin leidend vor sich hin.

Sie versuchen ihre Köpfchen aus dem Karton zu strecken, um hinaus zu schauen, sind jedoch zu klein, um dies zu schaffen.

,,Sie müssen erst wenige Wochen alt sein. Ich nehme sie mit zu mir und peppel sie wieder auf", schlägt Taehyung vor und ich nicke, bewundere ihn dabei, wie er sich um die Kätzchen kümmert.

Mit einem nun etwas schnelleren Schritt begeben wir uns zurück auf unseren ursprünglichen Weg nach Hause.

Vor seinem Haus angekommen, begleite ich ihn bis zur Tür, sodass er nicht nass wird.

Schnell schließt er die Haustür auf und platziert den Karton auf dem Holzboden im Wohnzimmer, während ich ihm unaufgefordert folge und die Tür hinter mir schließe.

Taehyung kniet sich vor den Karton und holt vorsichtig eines der anderen Kätzchen heraus und setzt sie auf dem weichen Teppich an.

,,Ich hole schnell eine Schüssel und fülle sie mit Milch. Pass du so lange auf die Kleinen auf, okay?", redet Taehyung schnell und verschwindet in der Küche.

Mit langsamen Bewegungen setze ich mich ebenfalls auf den Boden und betrachte die kleinen Wesen vor mir, die so winzig sind, dass sie vermutlich in meine bloße Hand passen.

Eines der fünf Kätzchen bleibt jedoch regungslos liegen, während die anderen mittlerweile vorsichtig beginnen den Teppich zu erkunden.

Ich höre schnelle Schritte und Taehyung kommt zurück ins Wohnzimmer, wo er eine mit Milch befüllte Schüssel vor die Kätzchen stellt und jede von ihnen davor setzt, sodass sie tatsächlich beginnen zu trinken.

,,Sie sind da draußen im Regen ja total erfroren! Diese hier trinkt nicht einmal", erwähne ich besorgt und zeige auf das kleinste Kätzchen, als erneut Schritte, dieses Mal aus dem ersten Stock, zu hören sind und kurze Zeit später lauter werden.

Yeeun tritt einige Sekunden danach ins Wohnzimmer und als ich zu ihr schaue, traue ich meinen Augen kaum.

🎎

Ich habe mir heute endlich Kinderpunsch gekauft >:( Ich war noch nie so glücklich, wie in diesem Moment lmao

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