⊱ 25 ⊰
Ich weiß nicht, wie lange wir in dieser Position verweilen, doch es fühlt sich an wie eine Ewigkeit.
Es ist als hätte ich mich in seinen Augen verloren, bis ich plötzlich realisiere, was gerade passiert und sofort Abstand zwischen uns bringe.
,,E-Es tut mir Leid..", stottere ich und spüre, wie mein Gesicht langsam aber sicher rötlicher wird.
Mit einem schüchternen und unbeholfenen Lächeln erwidert Taehyung, dreht sich dann aber kurz von mir weg.
,,I-Ich glaube ich sollte jetzt lieber die.. bestellten Gerichte zubereiten", murmelt er dann leise, meidet den Blickkontakt und geht durch die Schwenktür in die Küche.
Sobald er verschwunden ist atme ich tief ein, um mein schnell pochendes Herz irgendwie wieder zu beruhigen, was nicht so ganz funktionieren will.
Noch nie war ich ihm vorher so nah, wie noch vor wenigen Sekunden und ich wünschte der Moment hätte länger angehalten.
Innerlich verpasse ich mir einen Schlag gegen die Stirn, als ich an meine Ungeschicklichkeit denke, die uns überhaupt erst in diese Situation gebracht hat.
,,Wie kann man nur so peinlich sein!?", fluche ich leise vor mich hin.
SKIP
,,Du musst das wirklich nicht tun, Misaki. Geh nach Hause", bittet er mich, als ich den Besen zur Hand nehme. ,,Es ist schon spät!"
,,Ich sehe meine Schicht erst dann als beendet, wenn alles aufgeräumt ist", erkläre ich und beginne in der hintersten Ecke des Restaurants an einem Tisch für zwei zu fegen.
Seufzend trottet Taehyung mir hinterher und wischt mit einem feuchten Lappen über die Tische, hebt die Dekoration darauf währenddessen an und drapiert sie dann wieder auf der Mitte des Tisches.
Während meiner gesamten ersten Schicht kamen insgesamt acht Gäste.
Neben dem älteren Ehepaar kam noch eine Familie mit einem kleinen Mädchen, zwei jüngere Frauen und ein Mann, der sich alleine an einen Tisch mit seinem Laptop gesetzt und gegessen hat.
Und alle schienen Stammgäste zu sein, zumindest hat sich Taehyung ihnen gegenüber so verhalten.
Vor allem das kleine Mädchen, welchem er zum Abschied einen Lolli geschenkt hat, war mehr als fasziniert.
Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als ich das laute Dröhnen eines Autos draußen höre und schaue verwundert auf die Uhr, frage mich, wer um diese späte Uhrzeit noch herumfährt.
Die Antwort auf meine Frage bekomme ich, als einige Sekunden später zwei Autotüren zugeworfen werden und die Glastür des Restaurants nach weiteren Sekunden geöffnet wird.
Yeeun tritt herein und sieht mich schockiert an.
,,Was macht die denn hier?", fragt sie angewidert und blickt zu Taehyung.
,,Ich helfe ihm im Gegensatz zu dir", kontere ich emotionslos. ,,Und 'die' hat auch einen Namen."
Yeeun scheint im ersten Moment nicht mit meiner Antwort gerechnet zu haben, rollt dann aber ihre Augen und geht durch die Tür neben der Küche ins Wohnhaus.
,,Tut mir wirklich Leid, dass Yeeun dich so behandelt. In letzter Zeit ist sie etwas.. naja, schwierig", entschuldigt sich Taehyung für ihr Verhalten, doch ich schüttel nur missmutig den Kopf.
,,Du kannst nichts dafür, Taehyung. Mein Bruder ist momentan nicht besser", seufze ich und bücke mich dann hinunter, wo ich den Müll mit einem Kehrblech zusammensammel.
,,Trotzdem behandelt mich Takumi normal und Yeeun verhält sich respektlos dir gegenüber", erwidert Taehyung und stellt einige Gläser zurück auf ihren alten Platz in einem gläsernen Regal hinter der Theke.
,,Vielleicht sind sie deswegen befreundet. Einfach, weil sie beide gerade in irgendeiner komischen Phase sind", verdrehe ich meine Augen genervt, doch Taehyung beginnt leicht zu Lachen, weswegen ich ihn verwundert anschaue. ,,Wieso lachst du?"
,,Ich weiß es nicht. Ich finde es nur niedlich, wie du dich darüber aufregst. Als Geschwister hat man immer mal wieder Streitereien, aber das legt sich wieder. Als Yeeun und ich noch kleiner waren, hatte unsere Großmutter uns kaum noch unter Kontrolle", kichert Taehyung leicht und hilft mir die letzten Reste wegzuräumen.
,,Großmutter?", frage ich verwundert nach.
,,Ja. Sie lebt nicht weit weg von hier in Kyōto. Wir haben es damals geliebt bei ihr zu sein, weil sich ihr Haus direkt neben dem Fushimi Inari-Taisha, einem berühmten Shintō-Schrein, befindet. Yeeun und ich sind immer wie wild durch die Tore gerannt und haben Fangen gespielt. Ich besuche sie jede Woche mindestens zwei Mal. Vielleicht kann ich dich das nächste Mal mitnehmen und die den Schrein zeigen", erklärt Taehyung mit einem Lächeln, als er in Erinnerungen schwelgt.
,,Ich würde gerne einmal in einen japanischen Tempel oder Schrein. In Seoul waren wir nur an Feiertagen bei einem alten Schrein", erwidere ich, weswegen das Lächeln auf seinen Lippen nur noch größer wird.
,,Dann nehme ich dich nächstes Mal definitiv mit!", freut er sich.
SKIP
,,Und du bist dir auch ganz sicher?", frage ich mit skeptischem Blick, als ich Mina ansehe, die meinen Blick sehr überzeugt und ernst erwidert.
,,Gestern war eindeutig wieder eine Party vom Fußballteam! Aber warum Yeeun auch dort sein durfte, bleibt mir ein Rätsel", überlegt sie angestrengt, während ich Probleme habe meine Augen offen zu halten.
,,Wer feiert denn mitten in der Woche?", fragt nun auch Sana verwundert, die gegenüber von uns an ihren Hausaufgaben arbeitet und dabei einen Schokoriegel nascht.
,,Idioten", gähne ich und lege meinen Kopf auf meine Arme, die ich auf dem Tisch der Cafeteria platziert habe.
,,Wieso bist du eigentlich so müde, Minnie?", kichert Mina und verstummt dann plötzlich. ,,Jetzt sag mir nicht, dass du auch auf der Party warst?!"
,,Was? Nein! Niemals. Ich war nur so in eine neue Serie vertieft, dass ich bis in die Nacht wach geblieben bin", wimmel ich sie ab, als ich einen Moment später, durch ein lautes Grummeln, zusammenzucke.
Unsere Blicke wandern hinaus und genau dann brechen die den ganzen Tag bereits dunkel gewesenen Wolken und ein höllischer Regen prasselt vom Himmel herab, der von einem Donner begleitet wird.
,,Hoffentlich hat sich das Wetter in ein paar Stunden beruhigt, wenn wir unseren Schultag beenden. Ich habe nämlich meinen Schirm vergessen", murmelt Mina vor sich hin, als ich nur auf meine Reflektion in der Fensterscheibe schaue.
Die Augenringe unter meinen Augen sind kaum zu übersehen, aber solange ich mich daran erinnere, für wen ich all dies mache, nehme ich es gerne in Kauf.
SKIP
Schockiert stehen wir am Eingang der Schule und starren auf den immer noch heftig nieder prasselnden Regen, der sich bisher noch nicht beruhigt hat.
,,Dann muss ich wohl warten", seufzt Mina und lehnt sich an eine der Säulen.
Mein Blick fällt auf einen Jungen im Regen, der einen Schirm aufspannt und mich dann ansieht.
Augen verdrehend wende ich meinen Blick ab.
,,Ist das nicht Takumi? Er hat sogar einen Schirm! Dann kannst du ja jetzt nach Hause gehen", schmollt Mina, als sie Takumi erkennt, jedoch halten wir beide inne, als Yeeun an uns vorbei läuft und sich zu Takumi unter den Schirm gesellt.
Und für einen kurzen Moment habe ich wirklich gedacht, dass er den Schirm für mich geholt hat.
,,Typisch", schnaube ich wütend auf und sehe zu, wie sie zusammen weggehen.
,,Steckt ihr hier fest?", meldet sich plötzlich eine Stimme hinter uns zu Wort, weswegen Mina erschrocken aufatmet und erstarrt.
,,Ja. Wir haben keinen Schirm dabei", erkläre ich ihm und stubse Mina mit meinem Ellbogen in die Seite.
,,J-Ja! Leider nicht", bringt sie stotternd hervor.
,,Du wohnst doch ganz in meiner Nähe, nicht wahr?", wendet Seungyoun sich an Mina, weswegen sich ihre Augen aufs Maximum weiten und sie hektisch nickt.
,,Ich habe einen Schirm dabei. Wenn du willst, kann ich dich nach Hause bringen. Aber für dich habe ich leider keinen Schirm, Minnie", entschuldigt er sich, doch ich bedanke mich dennoch.
,,Du willst mich nach Hause bringen?", fragt Mina perplex, jedoch nicht mehr stotternd.
,,Wenn du hier feststeckst, wieso nicht?", kichert er leicht und Mina verliert keine Zeit, um sich bei ihm einzuharken, während er bereits seinen Schirm aufspannt.
,,Vielen vielen Dank!", freut sie sich, was mich zum Kichern bringt und ich winke ihr als Abschied hinterher.
Seufzend lehne ich mich dann ebenfalls an eine der Säulen und schaue auf mein Handy, bis ich auf einmal an der Schulter angerempelt werde und sich erneut ein Schirm vor mir öffnet.
Mit einem Lächeln stelle ich fest, wer vor mir steht und den Regenschirm über meinen Kopf hält.
,,Kommst du?", fragt er und geht dabei bereits einige Schritte voran, sodass er zu mir zurück schauen muss.
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✎ japanese dictionary
• 神道 (shintō) ; Weg der Götter
• 伏見稲荷大社 (fushimi inari-taisha) ; Schrein im Stadtbezirk Fushimi der Stadt Kyōto, der zu den ältesten und bekanntesten Shintō-Schreinen in Kyōto gehört
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