Zweiunddreißig
𝒜 𝓁 ℯ 𝒶
ᴡɪʟʟɪᴀᴍs
Als ich wieder zu mir kam, hörte ich einen regelmäßigen Ton, der mir in den Ohren klingelte.
Ich vernahm den starken Geruch von Desinfektionsmitteln und spürte, wie jemand meine Hand festhielt. Ein Stück weiter oben, pulsierten meine Handgelenke schmerzhaft im selben Rhythmus wie mein Herzschlag an den Monitoren. Zumindest dachte ich, es wären Monitore.
Sanft und liebevoll hielt die Person meine Hand. Immer wieder fuhr ein Daumen in gleichmäßigen Kreisen über meinen Handrücken, der ebenfalls unangenehm pochte.
Jeffreys dunkle Augen blitzten in meinen Gedanken auf und ich saß mit einem Mal senkrecht in einem mir unbekannten Bett. In einem unbekannten Raum.
Der Schmerz, der mir durch den Magen und meinen Körper schoss, brachte mich zum Stöhnen. Mir war schlecht und mein Kopf hämmerte unkontrolliert.
Panisch überflog ich den Raum, in welchem ich mich befand. Weiße, schlichte Wände. An der Wand mir gegenüber hing ein Bild von einer gelben Orchidee.
Hier war alles sehr spärlich und Weiß gehalten. Nichts, was hervorstach. Vielleicht das Bild und die hässlichen, gelben Vorhänge, die viel zu lang für die Fenster waren. An den Enden waren sie ganz grau und schmutzig. Links war ein Flur, in den ich nur ein paar Meter weit von dieser Position einsehen konnte.
Doch dann erblickte ich Kyson, der neben mir saß und mich perplex betrachtete. Seine Augen huschten von meiner Hand zu meinem Gesicht und dann zu meinen Augen. Es dauerte, bis er verstand, was passiert war.
In der Zeit erkannte ich seine geröteten Augen und sein unnatürlich blasses Gesicht. Eingefallene Schultern und einen müden Blick. Er sah total fertig aus.
Und offensichtlich hatte er sich große Sorgen um mich gemacht. Mein Herz wurde ganz schwer.
»Du bist wach«, flüsterte er und seine Stimme brach nach dem letzten Wort. Kyson löste seine Hand von meiner und stand auf.
Ich vermisste seine Hand in meiner, doch als er mich in eine solch innige und schöne Umarmung zog, entspannte ich mich.
Dass mein Körper bis gerade eben gezittert hatte, ignorierte ich.
Kysons Hände rieben zärtlich an meinem Rücken, der schmerzte. Aber es war okay, dass er mich so dicht an sich zog.
Es war in Ordnung, denn das war Kyson, der mich gerade berührte. Und Kyson war nicht Jeffrey. Er würde mir so etwas nicht antun.
»Ich habe mir solche Sorgen gemacht, Alea«, hauchte er an meinem Ohr und ich wollte die Augen schließen, doch ich konnte es nicht. Ich traute es mich nicht, die Augen zu schließen.
Hatte zu große Angst davor, Jeffrey wiederzusehen.
Also starrte ich das Bild mir gegenüber an und krallte meine eiskalten Finger und Kysons schwarze Lederjacke.
Ein Geruch von Zitronen und einem männlichen Aftershave stieß mir in die Nase und übertönte das ekelhafte Desinfektionsmittel.
Ich wollte Kyson nicht mehr los lassen, doch viel zu schnell löste er sich von mir.
Seine wärmenden Hände legte er um meine kalten Wangen und setzte sich auf die Bettkante.
»Wie geht es dir?«, fragte er und betrachtete dabei neugierig mein Gesicht. Meine Stirn, meine Nase, meine Lippen, meine Wangen...einfach alles nahm er unter die Lupe. Und bei meinen Augen stoppte er schließlich. Die Augenringe von ihm waren wieder deutlicher zu sehen.
War es normal, dass ich mir mehr Sorgen um ihn machte, als um mich? Nach allem, was passiert war?
Oder lag es einfach daran, dass ich noch nicht vollständig realisiert hatte, was da passiert war? Was Jeffrey vorhatte?
»Ich weiß nicht, wie es mir geht. Ich habe Schmerzen an sämtlichen Stellen. Aber ich bin gerade einfach glücklich, dich zu sehen. Und ich traue mich nicht, die Augen zu schließen«, gestand ich ehrlich.
Ich wollte Kyson nichts verschweigen oder verheimlichen. Er sollte wissen, wie es mir ging.
Der Mann, dem mein Herz gehörte, nickte und strich zärtlich mit dem Daumen über meine Unterlippe.
»Der Typ ist auch hier in Behandlung. Er ist seit ungefähr zwei Stunden wach und hat den Polizisten gestanden, was passiert ist. Du wirst auch noch befragt, aber ich schätze, dass uns noch ein paar Minuten bleiben. Dieser Jeffrey Dunkin ist vor ungefähr 48 Stunden aus der Psychiatrie ein paar Städte weiter abgehauen. Sie liefern ihn ein, diesmal in die Geschlossene.«
Kopfschüttelnd legte ich eine Hand auf Kysons, der wahrscheinlich wissen wollte, wie ich das fand.
Ich hatte nicht Mal gewusst, dass Jeff in einer Psychiatrie war.
»Ich kann nicht glauben, dass er...«, ich konnte den Satz nicht vollenden, ohne dass mir heiße Tränen des Zornes, der Angst und in gewisser Weise auch der Scham in die Augen traten.
Ich war wütend auf Jeffrey. Ich hatte noch nie solche Angst verspürt. Und ich schämte mich, dass ich mit ihm nicht fertig geworden war. Ich schämte ich mich, diesen Mann einst geliebt zu haben. Und doch verspürte ich Mitleid. Er war psychisch labil und benötigte definitiv Hilfe. In diesem Moment war ich dankbar um meine eigene Gesundheit.
»Du musst es mir nicht erzählen, Alea«, murmelte Kyson und rutschte näher an mich heran.
Hier bei ihm fühlte ich mich sicher und dennoch verkrampfte sich alles in mir.
»Er wollte, dass wir da weitermachen, wo wir aufgehört hatten. Er war total... verändert. Und er war so grob und...«
Ein Schluchzen entfloh mir und ich wendete das Gesicht ab. Das war alles so erniedrigend.
»Er wollte dich offensichtlich sexuell misshandeln...oder?«
Ich nickte schwach und entzog mich Kysons Berührung. Er ließ die Hände in meinen Schoss fallen und schwieg. War er enttäuscht, weil mir die Nähe von ihm gerade zu viel war? Meine Gedanken drehten sich im Kreis und immer wieder endete alles bei Jeffrey dunklen Augen.
»Ich wünschte, ich könnte dir gerade irgendwie helfen, dass es dir besser geht«, hörte ich Kyson sagen und obwohl ich tränenüberströmt und komplett fertig war, zuckten meine Mundwinkel. Auch Kysons Finger in meinem Schoss bewegten sich vorsichtig zu meiner Wade, die er sanft streichelte.
»Danke, dass du da warst«, flüsterte ich und schielte zu ihm.
Das Szenario mit Jeffrey schoss wieder durch meine Gedanken und ich verzog traurig das Gesicht. Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen und wäre nicht alleine auf die Toilette gegangen.
»Alea?«
Unsicher, was er von mir wollte, drehte ich mein Gesicht ihm zu. Er konnte nichts dafür und er versuchte mir zu helfen. Es war ungewohnt, dass sich jemand so sorgsam um mein Wohlbefinden kümmerte. Jemand, der nicht zur Familie gehörte.
Klar gab es da auch Sally, aber meine beste Freundin war nicht auf die Weise mit mir verbunden, wie Kyson Evans es war. Das hier war intimer.
Ich legte meine Hände in seine und war dankbar über die Wärme, die er mir spendete.
Er war, als hätte ich einen schrecklichen Horrorfilm gesehen und Kyson war die warme Decke, die ich mir bis zum Kinn zog.
Meine Gedanken drehten sich zwar um den Film, aber mein Körper entspannte sich. Und Stück für Stück wurde auch ich ruhiger.
Nach einigen Sekunden in denen seine grünen und meine blau-grünen Augen sich gegenseitig anstarrten, passierte erst absolut gar nichts.
Dann runzelte Kyson die Stirn und fragte: »Ist es falsch, dass ich dich jetzt gerne einfach nur küssen möchte und wir uns in dein oder mein Bett verkriechen? Einfach verschwinden und das drumherum vergessen?«
Bei dem Gedanken war mir nicht ganz so schlecht und ich wünschte mir, seine Gedanken würden in Erfüllung gehen.
Ich hörte eine Tür, die sich leise öffnete, doch konnte sie nicht sehen. Ein kleiner Flur versperrte mir den Weg.
Kyson wich nicht von meiner Seite und ich konnte im Augenwinkel erkennen, dass sein Blick unnachgiebig auf mir ruhte. Auch, als mein Bruder Adam herein kam.
Er sah fast genauso fertig mit der Welt aus, wie Kyson.
»Du bist wach«, murmelte Adam erschöpft, trat an mein Bett und küsste meine Stirn. Anschließend versank ich förmlich in den Armen meines Bruders, während Kyson weiterhin mein Bein berührte.
Dieser Abend würde uns allen im Gedächtnis bleiben.
• • •
Keuchend setzte ich mich auf und rieb mir die Augen.
Mittlerweile waren einige Tage vergangen, seit dem Vorfall mit meinem Ex-Freund Jeff.
Es wurde auch schon besser - mir ging es gut.
Allerdings verfolgte mich alles, in meine Träume. Ich redete mit Sally, Adam...einfach jedem meiner engsten Freunde darüber.
Um das zu verarbeiten, denn das war meine Methode, es etwas besser zu verkraften.
Ich zog mich nicht zurück, sondern ging so offen und ehrlich wie möglich mit den Erlebnis, welches ich machen musste, um.
Der Job im Club war derzeit auf Eis gelegt. Meine Chefin meinte, ich könne mir vorerst eine Weile frei nehmen.
Im Andersons arbeitete ich täglich weiter. Und die Hunde auszuführen, brachte mich auch runter. Ich fühlte mich beschützt von den Vierbeinern.
Kyson besuchte mich wieder täglich im Café, bestellte seinen Kaffee und setzte sich in eine Nische.
Allerdings hatte er das Buch von Hayley nicht mehr dabei, sondern blickte mich an.
Wenn sich eine kurze Pause ermöglichte, setzte ich mich zu dem grünäugigen Mann und er erzählte mir von seinen Träumen.
Manchmal waren es schöne, manchmal jedoch die altbekannten Alpträume. Es war eine gute Mischung, aber immerhin schlief er mehr, als zuvor.
Die Augenringe waren nicht mehr so deutlich, wie damals, als er das erste Mal vor meine Augen getreten war.
Kyson Evans wirkte entspannter.
Alles andere, als ich gerade eben.
Es war mitten in der Nacht, der Tag vor Zacs Hochzeit stand bevor.
Ich war nervös, denn mein ehemaliger bester Freund hatte mir verraten, dass er etliche alte Freunde von uns eingeladen hatte.
Die Ereignisse überschlugen sich wieder Mal und mir ging einfach alles zu schnell.
Das mit Zac, dann Jeff, Kysons Verlust...
Ich griff nach meinem Smartphone und atmete hektisch.
Das war ich da gerade im Stande war zu bekommen, nannte sich Panikattacke.
Mein Herzklopfen stark gegen meine Rippen, meine Beine zitterten und mit der anderen Hand warf ich meine dünne Decke zu Boden.
Ich schwitzte und das Display vor meiner Nase konnte ich nur verschwommen erkennen.
Mit dem Daumen drückte ich auf der Tastatur, ohne die Buchstaben zu sehen. Ich hoffte einfach, dass ich annähernd die richtigen Worte schrieb.
Das Gefühl zu ersticken, wurde größer. Mein Smartphone glitt mir aus der Hand, weil ich panisch damit herun wedelte, um meinem Körper zu signalisieren, dass ich Luft holen musste.
Doch es war, als würde sich mein Körper gegen mich richten.
Das Herzklopfen, die Atemnot, der Schweißausbruch, meine Beine, die auf der Matratze zitterten.
Ich wollte mich zu einer Kugel zusammenrollen. Nichts geschah.
Mein Körper quälte mich weiter, meine Gedanken drehten sich im Kreis.
Eingesperrt in einer Kabine.
Vor mir Jeff.
Seine Hände, die mich gewaltsam berührten. Sein Stöhnen. Seine Erektion an mir.
Dann schwarze Augen die mich fixierten.
Mein Herz, das mir in der Brust zersprang. Er würde heiraten und war schwul. Vor fünf Jahren war er noch alles für mich, jetzt sollte ich zu seiner Hochzeit.
Und dann erblickte ich grüne Augen, die mich erschrocken ansahen.
Kyson, der vor mir stand und mir erzählte, dass Hayley tot sei.
Ich brach in Tränen aus und wollte mich entschuldigen, aber mir fehlten die Worte. Nein, mir fehlte die Luft für jene Worte.
Plötzlich eilte er auf mich zu und ich verstand nicht, wie meine Gedanken real sein konnten.
Ich wurde in Kysons Arme gezogen, die sich um mich schlangen.
Er flüsterte in mein Ohr und alles wirkte so real, bis ich verstand, dass es das war und ich mich an ihn klammerte, als würde um mich herum ein Orkan vorbeiziehen und Kyson wäre mein Ort der Sicherheit.
»Du musst dich jetzt beruhigen, Alea. Hast du das verstanden?«, hörte ich Kyson sagen. Sein Mund war irgendwo in der Nähe meines rechten Ohrs. Seine Hände lagen auf meinem Rücken.
»Ich kann nicht«, keuchte ich hilflos und kniff meine Augen fest zu.
»Du musst. Atme jetzt tief durch. Ein...«, er zeigte es mir und atmete dann aus. »Aus«
Ich wiederholte sein Handeln, tat mir aber schwer. Mein Hals war wie zu geschnürt. Ganz wenig Luft drang in mich. Nach dem fünften Versuch war es leichter.
»Sehr gut, nochmal. Ein...«, ich holte Luft und atmete aus.
Die nächsten Male hielt mich Kyson nur geduldig weiter fest und lauschte aufmerksam. Er bewegte sich keinen einzigen Millimeter. Erst als mein Zittern abebbte, meine Atmung kontrollierter und mein Herzschlag nicht mehr die Stille durschnitt, löste sich Kyson von mir.
Er nahm Abstand, um sich mein Gesicht genauer anzusehen. Wir saßen auf dem Bett, irgendwie ineinander verknotet.
Vor seinen Berührungen hatte ich keine Angst.
»Das ist von allem ein bisschen zu viel, stimmt's?«, fragte er flüsternd und musterte mich traurig. Ich war zu stolz, das zuzugeben.
»Nein, es geht schon«, erwiderte ich also und zog meine Beine von seinen weg und erhob mich. Weit kam ich nicht, da hatte Kyson meine Hand umgriffen und stand vor mir. Er schüttelte wissend den Kopf.
»Du brauchst dich nicht zu schämen, Alea. Die letzten Wochen waren ereignisreich und haben deinen Blick auf manche Dinge einfach komplett verändert. Du solltest das jetzt nicht verdrängen, sondern offen mit mir drüber sprechen«, sagte er eindringlich und untermalte seine Aufforderung mit einem intensiven Blick direkt in meine Seele.
Gänsehaut bildete sich an sämtlichen Stellen meines Körpers und ich seufzte.
»Ich bin einfach komplett überfordert«, lenkte ich ein und ließ mich auf die Bettkante fallen. Kyson hingegen ging zwischen meinen Beinen auf die Knie und stützte sich mit den Armen auf meinen Beinen ab, während er zu mir aufsah.
»Was machst du eigentlich hier?«, fragte ich, weil es mir jetzt erst kam.
»Du hast mir geschrieben, dass du Hilfe brauchst«, erinnerte er mich und runzelte die Stirn für eine Sekunde. Stimmt, ich hatte ihm geschrieben, bevor mich meine Panikattacke komplett aus der Bahn geworfen hatte.
»Kannst du noch eine Weile bleiben?«, bat ich ihn und strich ihm eine dunkle Strähne aus der Stirn. Kysons Augenlider flatterten kurz. Er trug ein schwarzes Shirt und eine Boxershorts, weswegen ich perplex und ziemlich offensichtlich seinen Körper anstarrte.
»Du...«, fing ich an. Kyson schmunzelte.
»Es musste schnell gehen. Aber ja, ich kann bleiben«, meinte er und zuckte nur mit den Schultern. Liebevoll lächelte ich ihn an und er erwiderte mein Lächeln.
»Kein Problem«, murmelte er auf mein stilles ›Danke‹.
»Ich sehe andauernd Jeffs Augen in meinen Träumen. Am Tag ist alles in Ordnung, nur die Nächte sind schlimm«
Kyson nickte und verzog das Gesicht. Er wollte es jetzt nicht gut reden, aber Kyson verstand was ich gerade durchmachte. Und er war für mich da.
»Es wird besser. Am Anfang dachte ich auch, dass ist die größte Lüge, die man sich untereinander erzählt, damit es einem besser geht. Aber das stimmt. Es wird wirklich besser und ich weiß, dass du stark genug bist, das hinter dir zu lassen. Ich meine, schau dich an. Du bist so stark, dass du morgen auf die Hochzeit von diesem Zac gehst. Du bist so stark, dass du dich nicht von einem Kerl hast unterkriegen lassen, der dachte, du wärst eine Nutte. Du bist einfach so stark, dass du dich in einem Typen...verliebt hast, der dich am Anfang wie Dreck behandelt hat. Und jetzt bist du an dem Punkt angelangt, an dem genau der Typ...ich würde alles für dich tun, Alea. Ich meine, du brauchst mir nur zu schreiben und ich renne los. Ich war kurz davor, diesem Jeff eine reinzuhauen. Aber deine Gesundheit stand für mich an erster Stelle. Ich habe dir alles von mir preisgegeben, weil ich nicht dabei zusehen konnte, wie du aus meinem Leben trittst. Also, glaub mir. Diese Panikattacke wird vielleicht nicht deine Letzte seinetwegen gewesen sein...aber du bist nicht alleine. Es wird besser«
Ich fuhr mir über meine Augen, um die Tränen wegzuwischen und war auf der einen Seite total erschrocken, wie gut Kyson Evans mit Worten umgehen konnte und ich war dankbar, glücklich, traurig, weil wir beide solche Dinge erlebt hatten...alles auf einmal.
»Danke, Kyson«, murmelte ich, denn mein Talent so mit Worten umzugehen, war nicht so ausgeprägt.
Kyson nickte einige Male nacheinander, dann knurrte sein Bauch und ich verdrängte, dass ich traurig war und versuchte zu lachen.
»Lass uns kochen.«
• • •
Es war faszinierend, wie schnell Kyson Evans mich von einer Panikattacke, zu einem Lachanfall brachte.
Es war einfach unglaublich, wie viel er mir bedeutete.
Was er auslöste, wenn er mir einen Löffel Tomatensoße hinhielt und mich davon probieren ließ, während er mich ansah.
Wenn Kyson bei mir war, war die Welt in Ordnung. Jetzt gerade eben war alles gut.
Seine Hand, die mich kurzzeitig immer wieder beim Kochen berührte und es sich so anfühlte, als würde ich kleine Stromstöße bekommen.
Und jetzt, als wir beide satt waren und gemeinsam in meinem Bett lagen, war ich dankbar.
Ich wollte nicht an gestern denken, auch nicht an morgen.
Ich dachte an das, was ich jetzt hatte.
Und das war Kyson, der neben mir lag und noch immer lachte, weil ich nicht anständig essen konnte. Ich stieg mit in sein Lachen ein und drehte mich zur Mitte des Bettes, was der Mann mit den apfelgrünen Augen auch tat und sein herzhaftes Lachen plötzlich erstarb.
Ich war traurig, dass er aufhörte, denn ich liebte diese Seite von ihm. Diese Freiheit in seinem Lachen, diese Zufriedenheit und dieses Glück übertrug sich einfach auf mich. Sein Strahlen in den Augen und diese sanften Grübchen, die sich während des Lachens bildeten, waren himmlisch.
Deshalb verstand ich es nicht, weswegen er aufhörte, denn es war so schön.
»Warum weinst du jetzt?«, fragte er und mir entfloh ein kurzes, irritiertes Lachen.
»Ich bin einfach so glücklich gerade«
Verständnislos schüttelte er den Kopf und legte seine warme Hand an meine Wange. Mit dem Daumen intensivierte er diese Geste und holte tief Luft.
»Ich bin es auch, Alea. Und obwohl ich nicht sicher bin, was ich von diesem Zac halten soll, freue ich mich darauf, dort morgen gemeinsam mit dir hinzugehen«, gestand er und entfernte die Hand kurz von meinem Gesicht, damit er unsere Körper etwas zu decken konnte.
»Warum?«
Er fuhr sich durch sein Haar, damit es ihm nicht erneut in die Augen fiel und legte mir dann die Hand wieder auf meine Wange. Seine dunklen Wimpern berührten beinahe seine Wangen, als er den Blick kurz auf meine Handgelenke richtete, die zwischen uns lagen. Die Blutergüsse waren heller, aber noch nicht vollständig verblasst.
In meine Nase stieg langsam Kysons unverkennbarer Geruch auf. Ich wusste schon damals, dass ich den Geruch mochte. Aber mittlerweile liebte ich ihn. Genauso sehr, wie ich Kyson liebte, der mir nun in die Augen sah.
»Ich mag den Gedanken, dass jeder dort denkt, wir wären ein Paar. Ich mag den Gedanken sehr, wenn wir beide ein Paar wären. Und weißt du warum?«
Wusste er, was er da gerade mit dieser Aussage in mir auslöste? Ich war absolut sprachlos und das konnte man mir auch ansehen. Mein Mund war einen Spalt weit geöffnet, meine Augen geweitet und mein Körper total erstarrt.
Mein Gegenüber runzelte die Stirn und hob den Kopf ein Stück weit an, als wäre er sprachlos.
»Was siehst du mich jetzt so an? Du sagst mir, dass du dich in mich verliebt hast und wenn ich sage, dass ich mir langsam vorstellen kann, aus uns beiden könnte was werden, bist du überrascht?«
»Entschuldigung, dass es mich überrascht. Vor ein paar Tagen wusste ich noch nicht Mal, dass es überhaupt eine Chance gibt, dass aus uns beiden etwas werden könnte«
Kyson setzte sich auf und ich folgte seinem Beispiel. Er drehte sich zu mir und lehnte seinen Oberkörper in meine Richtung. Mit einer Hand stützte er sich neben mir an der Matratze ab und sein Gesicht war meinem so nah, dass ich vergaß, wie man atmete.
Als wäre ich das erste Mal verliebt. Als würde ich mich zum ersten Mal verlieben. Er mochte den Gedanken, wenn wir beide ein Paar wären?
War das Kyson Evans Art mir zu sagen, dass er Gefühle für mich entwickelt hatte, die »du bist mir wichtig« und »ich brauche dich« überstiegen?
»Ich mag den Gedanken, weil das bedeuten würden, wir würden gemeinsam in einem Bett liegen. Jede Nacht oder auch manchmal jeden Tag«, flüsterte er und seine andere Hand fuhr an meiner Seite hinauf.
Wow. War das vor mir ein Promi und ich ein hyperventilierender Fan?
»Ich könnte dich küssen, wann ich wollen würde. Wir würden gemeinsame Essen mit unseren Eltern führen...apropos Eltern, deine möchte ich auch bald kennenlernen. Wir könnten...«, Kyson unterbrach sich, als er mein Shirt anhob und meine nackte, glühende Hand berührte.
Ich konnte kaum noch klar denken und irgendwie war ich voll bei ihm.
»Wir könnten alles ganz offiziell machen«, vollendete er seinen Satz. Kysons Lippen waren meinen immer näher gekommen und ich wusste, dass wenn er mich jetzt küsste, ich mehr von ihm wollte.
»Wir tun all diese Dinge eigentlich schon, ohne, dass wir zusammen sind«, meinte ich und Kyson fragte: »Warum nimmst du alles, was ich tue, einfach so an, ohne mehr einzufordern?«
Seine Augenbrauen zogen sich neugierig zusammen und ich lächelte, schluckte meinen Schock hinunter und legte meine Hand auf Kysons Schulter.
»Du musst es auch wollen, Kyson. Ich muss nichts einfordern, weil ich langsam glaube, du willst mich genauso, wie ich dich will. Ich frage mich nur, woher das gerade kommt. Hast du was getrunken? Ohne mich?«
Daraufhin lachte er leicht und sah auf meine Lippen, dann zu meinen Augen.
»Nein, ich bin vollkommen nüchtern. Aber mir wird immer mehr bewusst, wie sehr wir uns gegenseitig stärken, Alea. Ich sehe dich an und habe Herzklopfen. Ich will dich küssen und Gott weiß was für unanständige Dinge mit dir tun, ohne dabei an meine Vergangenheit zu denken. Und du hast deinem ehemaligen besten Freund verziehen, dass er dich fallen gelassen hat. Du hast mir mal gesagt, wofür ich lebe, wenn ich nie wieder lieben möchte...«
»Ich will dich lieben, das weiß ich. Und ich will dich jetzt küssen und an dich denken. Alles vergessen, was uns passiert ist. Ich-«
Weiter kam er nicht, denn da hatte ich mich aufgesetzt, ihn nach hinten geworfen und mich über Kyson gelehnt. Überrascht sah er zu mir auf und blickte mich aufmerksam an.
»Ich will genau das Gleiche, ich weiß nur nicht, ob es beim küssen bleibt, Kyson«, sagte ich und lehnte mich zu ihm hinunter. Kurz bevor sich unsere Lippen leidenschaftlich aufeinander pressten, flüsterte er: »Ich hoffe nicht.«
• • •
Körperliche Gewalt ist ein sehr intensives Thema. Zunächst war ich unsicher und ich denke, einige von euch sind sicherlich überrascht, dass es Alea den Umständen entsprechend so gut geht.
Aber ich möchte nur darauf aufmerksam machen, dass jeder Mensch anders ist.
Jeder verarbeitet anders, jeder empfindet anders.
Jeder kommt unterschiedlich schnell mit Ereignissen zurecht.
Liebe Grüße,
Ana
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