Vierunddreißig

𝒜 𝓁 ℯ 𝒶
ᴡɪʟʟɪᴀᴍs

»Alea, mach die Tür auf, sonst verpasst du die Hochzeit von Zayn«, hörte ich Kyson nun zum dritten Mal vor der Badtür rufen.

Grinsend fuhr ich ein weiteres Mal mit einem Lippenstift in einem sanften Nudeton über meine Lippen.

Zufrieden spitzte ich meinen Mund und setzte die Kappe auf den Stift, bevor ich meiner Begleitung antwortete: »Er heißt Zac und ich bin gleich fertig«

Daraufhin stöhnte er und mein Herz überschlug sich vor Freude. Ich konnte nicht glauben, dass Kyson und ich solche Schritte nach vorne machten. Es fühlte sich stellenweise noch immer wie ein Traum an. Ein zerbrechlicher, kleiner Tagtraum der jederzeit enden könnte.

Ich sah an mir herab, betrachtete das hellgrüne Satinkleid und nickte. Es war genau das richtige Kleid.

Mit der linken Hand strich ich mir ein letztes Mal eine übrige braungelockte Strähne aus dem Gesicht und öffnete die Tür. Direkt im Türrahmen lehnte tatsächlich Kyson, der mich von oben bis unten genauestens beäugte und dann anerkennend nickte.

»Wahnsinn«, sagte er und zupfte an einem der tiefen Träger des Kleides. Schmunzelnd sah ich ihm dabei zu.

»Die Krawatte betont deine Augen«, meinte ich nach einer Weile und streckte meine Hand nach dem Stück Stoff an seinem Hals als, doch er hielt mich auf, indem er mit seiner rechten Hand, die meine festhielt und mir in die Augen blickte.

»Ich wünschte du hättest dir nicht so lange Zeit gelassen«, murmelte er und kam meinem Gesicht dabei verführerisch nahe. Wenige Millimeter noch, die uns trennten und ich könnte ihn küssen.

»Warum?«

»Denk nach, Alea. So schwer ist das nicht«, grinste er, während seine freie Hand meine nackte Schulter erkundete und ich verstand. Oh.

Meine Wangen färbten sich höchstwahrscheinlich rosig, doch da hatte Kyson sich bereits von mir gelöst und mir den Rücken zugewandt.

»Komm jetzt«, trieb er mich voran. Ich schaltete das Licht im Badezimmer aus, eilte Kyson nach und griff nebenbei, nach meiner schwarzen Tasche.

Selbst von hinten sah er wunderschön aus und ich stellte mir die Frage, womit ich ihn verdient hatte.

𝒦𝓎𝓈ℴ𝓃
ᴇᴠᴀɴs

Als dieser Zac seine Arme um Alea legte, fühlte es sich so an, als würde sie mir entgleiten. Wie die beiden sich gegenseitig anlächelten und er ihr mit seiner Hand über den Rücken strich, war unschön mitanzusehen.

Es war erträglich, aber es erinnerte mich daran, was ich mir vor drei Jahren geschworen hatte, nie wieder zu empfinden.

Und dennoch hatte ich all meine Versprechungen über Bord geworfen – ihretwegen.

Nachdem die beiden sich voneinander lösten, verdrängte ich die fiesen Hintergedanken, fragte mich allerdings zeitgleich, wie lange ich das noch schaffte.

Diese Gedanken würden immer Teil von mir bleiben, auch wenn ich sie nicht wollte, kreisten sie in meinem Kopf umher, sobald Alea nicht in meiner Nähe war. Oder sobald ihre Aufmerksamkeit nicht mir galt. Es war unangenehm.

Zac hielt mir die Hand entgegen, die ich nur schweigend musterte und anschließend in seine dunklen Augen sah.

Er erwartete ernsthaft, dass ich ihm die Hand gab?

Mit gerunzelter Stirn ließ er seinen Arm wieder sinken und presste die Lippen fest aufeinander. Sein Blick fiel auf Alea, die nur schmunzelte.

»Kommt ruhig mit rein, ihr werdet in den vorderen Reihen sitzen«, murmelte dieser Zac kleinlaut und machte eine einladende Handbewegung in Richtung der geöffneten Kirchentüren.

Das letzte Mal, als ich eine Kirche betreten hatte, war an ihrer Beerdigung. Ich hatte mir geschworen, nie wieder eine zu betreten.

Alea nickte dem Bräutigam zu, hakte ich bei mir unter und wir schritten ins innere der kleinen, aber sehr schönen Kirche.

Ein weiteres Versprechen, welches sich in Luft auflöste, nur um bei Alea zu sein und sie glücklich zu sehen. Im Augenwinkel nahm ich ihr Lächeln wahr und war froh darüber, dieses Versprechen zu brechen.

Hayley hätte sie gemocht, aber wäre Hayley jetzt da, würde ich nicht mit Alea hier stehen. Ich wäre gar nicht hier, sondern würde in meinem alten Bett liegen und Hayley dabei beobachten, wie sie an meinem Schreibtisch saß, um ihr neustes Kleid fertig zunähen.

»Ist alles in Ordnung?«, flüsterte Hayley, als wir uns zu einer noch leeren Reihe bewegten.

Mit einem Mal blieb ich stehen und sah sie an. Scheiße – was?

Alea. Das war Alea. Hatte ich...

»Was ist los? Du bist ganz blass«, flüsterte Alea zwar leise, aber sie wirkte panisch und total unruhig.

Geschockt riss ich mein Blick von ihren besorgten Augen und führte uns steif zur der hölzernen Bank, rutschte nach innen und hörte das Holz unter uns minimal knarzen.

Aleas Arm löste sich von meinem, stattdessen legte sich ihre Hand auf meinen Oberschenkel. Eine Geste, die Hayley auch gerne verwendet hatte, um mich zu beruhigen.

Ich schob Aleas Handfläche von meinem Schenkel und starrte nach vorne, an den bisher noch leeren Altar.

Beruhig dich. Fuck, beruhig dich.

Aber es ging nicht. Die Erinnerungen überfluteten meine Gedanken, noch bevor ich aufstehen und gehen konnte.

»Ich will bevor wir irgendwann Mal heiraten ein Kind von dir, Kyson«, murmelte Hayley lachend an meinem Ohr und überraschte mich dabei.

»Was?«, fragte ich also und drehte mein Gesicht in die Richtung, meiner Freundin. Sie wollte Kinder, das wusste ich.

»Vor der Hochzeit noch?«

Hayley nickte und auf ihren rosafarbenen Lippen breitete sich ein strahlendes Lächeln aus, welches ansteckend war. Grinsend legte ich den Kopf zur Seite und zog die Augenbrauen fragend zusammen.

»Warum?«

Daraufhin setzte sie sich auf und ihr beiges Top verrutschte einige Zentimeter. Ich ergriff den Träger und zog das Top sanft wieder zurück in die richtige Position. Die Gänsehaut, welche sich auf ihren Armen ausbreitete, brachte mein Herz in Aufruhr.

Hayley strich sich das blonde Haar hinter die Ohren und legte ihre kleinen Hände um mein Gesicht. Meine Aufmerksamkeit galt nun ganz dieser Frau und auf ihre Antwort war ich wirklich gespannt.

»Ich will, dass unsere Kleine uns die Ringe gibt«, sagte sie verträumt und löste damit in mir Gefühle aus, die mir neu waren. Ich wusste, dass ich mir eine Zukunft mit ihr vorstellen konnte und wollte, aber nun freute ich mich darauf.

»Was, wenn es ein Junge wird?«, war alles, was ich erwiderte. Daraufhin verdrehte sie die Augen und drückte mich an der Schulter zurück. Ohne große Probleme saß sie eine Sekunde später breitbeinig auf mir und fuhr mit ihren kalten Fingerspitzen unter mein Shirt.

»Es wird ein Junge, aber zuerst ein Mädchen, da bin ich mir sicher«

Meine Augenbrauen zogen sich nach oben.

»Jetzt sind wir schon bei zwei Kindern?«

»Vielleicht will ich auch eine ganze Mannschaft«, grinste sie schelmisch und ich lachte leise, während ich die Hände in den Nacken schob und sie einfach nur ansah. Bildschön und verliebt in mich. Mit Hayley Smith war ich gesegnet.

»Das sind viele Nächte, die wir im Bett verbringen müssten«, überlegte ich laut und hörte die Jungs näher kommen.

»Hey, macht das woanders und nicht mitten auf dem Feld, schrie Clio ab der Mitte des Footballfeldes. Sein Kommentar ließ mich die Augen verdrehen, Hayley von mir herabsteigen und Ryan lachen, als er sich neben uns niederließ.

»Er ist nur neidisch, weil er niemanden hat«, merkte Ryan an, nur etwas zu laut. Clios Antwort kam prompt: »Wie feinfühlig du Mal wieder bist«

Der Lockenkopf erreichte uns und ließ sich tatsächlich zwischen meine geöffneten Beine fallen. Ich sah ihm dabei zu und Hayley kam aus dem Lachen nicht mehr heraus.

Tja, das war sie. Unsere kleine Gruppe Verrückter, nur Ryans Freundin fehlte noch. Und ich war froh über jeden einzelnen dieser Chaoten. Sogar dem Idioten zwischen meinen Beinen.

»Kyson? Du schwitzt und zitterst total. Sollen wir verschwinden?«

Es war Alea, die das in mein Ohr geflüstert hatte. Ich nahm die Traumusik im Hintergrund wahr und einer der beiden Bräutigame stand bereits vorne am Altar.

Mein Hemd war unter dem Sakko durchgeschwitzt, meine Hände, die ich unterbewusst auf meinen Oberschenkel abgestützt hatte, bebten.

Und dann kam die nächste Welle und ich wusste, diese hier traf mich hart.

Die Hand meiner Mutter zerquetschte meine eigene, als sie ihre kleinen Finger um meine schlang.
Dass ich das wahrnahm, war ein Wunder.

Alles, was ich erkennen konnte, war der schwarzlackierte Sarg da vorne. Und der Gedanke, dass sie darin lag, schnürte mir die Kehle zu.

Ihr kalter Körper, steif und blass wie Schnee. Ihr blondes Haar, stumpf und spröde.

»Kyson...hol tief Luft, deine Lippen sind ganz blau«, diesmal war es Dad, der versuchte mir zu helfen.

Wusste er denn nicht, dass das nichts half?

Wenn ich jetzt Luft holte, würde jeder mein Schluchzen vernehmen. Wenn ich jetzt Luft holte, würde alles schmerzen.

Der Gedanke, dass Hayley hier, in dieser Kirche heiraten wollte, war unerträglich, denn jetzt war sie tot und ich saß hier.

Alle bemitleideten mich, dabei sollten sie mich hassen. Meinetwegen lag sie jetzt in dieser schwarzen Holzkiste und jeder hier im Raum hatte Tränen in den Augen, rote Nasen und hatte einen geliebten Menschen verloren.

Ich hätte sie fragen sollen, als wir gemeinsam im Bett lagen. Irgendwo, wo sie nicht tödlich verunglücken hätte können.

»Kyson«, diese Stimme klang verzweifelt, traurig und...voller Liebe. Und diese Stimme holte mich auch zurück aus meiner Starre.

Zerrte mich zurück ins Leben und ließ mich wieder Luft holen.

Mit geweiteten Augen starrte ich in Aleas blaue Augen, die mich ratlos analysierten. Sie dachte sicherlich, ich verlor langsam den Verstand. Und vielleicht war es auch so. Aber sie war jedes Mal diejenige, die mich vor dem totalen Zusammenbruch bewahrte. Auch jetzt.

Ich griff nach ihrer kleinen, warmen Hand, vernetzte unsere Finger miteinander und führte ihren Handrücken an meine bebenden, kalten Lippen um ihr einen Kuss auf ihre Haut zu platzieren.

Dabei sah ich sie an und sie mich. Es war schwer zu erklären, was ich in diesem Moment fühlte, denn die Kälte in meinem Herzen und die Verwirrung in meinem Kopf war noch immer da, wenn auch nur schwach.

»Du hast keine Vorstellung davon, wie stark du bist, Kyson«, flüsterte sie mit sanfter Stimme, als ich unsere Hände auf meinem Oberschenkel ablegte und meine Augen auf den Altar richtete.

Ich wünschte, ich wäre in der Lage, ihr zu glauben. Aber dafür war ich noch nicht bereit denn ich war nicht stark, im Gegenteil.

Es war drei Jahre her, seit ich Hayleys Grab das letzte Mal besucht hatte.
Das war am Tag der Beerdigung.
So stark war ich, dass ich nicht einmal ihr Grab betreten konnte.

• • •

Nach der tränenreichen Vermählung der beiden verließen wir die Kirche und alle Gäste machten sich auf den kurzen Weg zur Location.

Alea und ich hatten während des dreiminütigen Fußmarsches Zuwachs bekommen. Vier Blumenkinder waren zu uns aufgeschlossen mit deren Eltern und Alea bekam mehrere Rosen geschenkt und hatten sie umschwirrt.

Es war ihre gütige Art, die die Kinder magisch in ihren Bann zog und es war Aleas strahlendes Lächeln, das mich verzauberte und den Moment genießen ließ. Die Kinder liefen vor uns her, während sie miteinander redeten und die Eltern der beiden Mädchen mich fragten, woher ich Zac kannte.

»Er ist ein alter Freund meiner...Freundin«, erklärte ich an ihn gewandt. Daraufhin spürte ich einen minimalen Druck an meiner Hand, die noch immer mit Aleas vernetzt war.

Das alles fühlte sich so selbstverständlich und normal an, dass es mir leicht fiel, meine Sorgen und Probleme für eine Weile zu vergessen.
Auch wenn die Blumenkinder mich an meine tote Verlobte erinnerten, die ihre eigene Hochzeit nie planen konnte.
Der bittere Nachgeschmack war schrecklich.

Der Mann, der mich das gefragt hatte, lächelte und warf einen Blick auf Alea und dann auf die beiden kleinen schwarzhaarigen Zwillingsmädchen in rosafarbenen Kleidern.

Ich war mir sicher, dass das seine Kinder waren, denn die Ähnlichkeit war verblüffend und eindeutig. Wem die zwei Jungs mit den blonden Haaren gehörte, wusste ich nicht, aber die Zeit, nach ähnlich aussehenden Erwachsenen mich umzusehen, blieb mir nicht, denn da hatten wir unser Ziel bereits erreicht.

Vor uns erstreckte sich eine riesige grüne Wiese mit etlichen weißgedeckten Tischen auf den neben säuberlich angereihtem Geschirr, auch in der Tischmitte rote Rosensträuße strahlten.

In der Mitte des Grundstückes stand eine gigantische, alte Trauerweide mit vielen LED-Lichtern, die später, sobald die Sonne nicht mehr schien, sicherlich in tollen Farben erstrahlten.

Rechts, etwas abseits der vielen Tische, war ein hölzernes, großangelegtes Podest. Es bot Platz für mehr als dreißig Person. Sicherlich die spätere Tanzfläche für Zac und seinen frisch vermählten Ehemann.

Dahinter stand ein kleines, rustikales Bauernhäuschen.

»Wohnt er hier?«, fragte ich Alea dicht an ihrem Ohr.

Ihre Augen richteten sich schlagartig auf mich und sie nickte.

»Wahnsinn, oder?«, murmelte sie ehrfürchtig und ich konnte es ihr nicht verübeln.

Das hier sah nach viel Geld, Arbeit und Mühe aus. Selbst das kleine Häuschen gefiel mir.

Geschmack hatte Zac in dieser Sache, aber das war es dann auch schon wieder.

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ᴡɪʟʟɪᴀᴍs

Nachdem Essen warf ich einen vorsichtigen, prüfenden Blick auf meine Begleitung. Er sah bedeutend besser aus, als zuvor, in der Kirche. Nicht mehr so kreidebleich und verschreckt.

Er hatte während der gesamten Zeremonie auf einen Punkt gestarrt und auf nichts reagiert. Es war nicht leicht gewesen, Kyson aus seinen düsteren Gedanken zu reißen.

Aber das würde es niemals sein, denn diese Gedanken blieben ein fester Bestandteil seines Lebens, ganz gleich, wie sich diese Geschichte zwischen uns noch entwickeln würde.

Im Moment sahen sich Kysons strahlendgrüne Augen neugierig um, während die Musik langsam lauter gedreht wurde und sich viele Leute in Richtung Tanzfläche begaben.

Einige Bedienungen in schlichten beigen Anzügen oder Kleidern huschten derweil zwischen den Tischen umher und entfernten dreckiges Geschirr, servierten kleine Süßspeisen oder gar alkoholische Getränke.

Auch mir wurde etwas angeboten, allerdings lehnte ich höflich ab, weil ich gar nicht erst die Zeit fand, mich auf ein Getränk zu fokussieren, so konzentriert und beindruckt war ich von dem Anblick, der sich mir bot.

Die Sonne war bereits am untergehen und in dieser Sekunde schalteten sich sämtliche Lichter an und erhellten die Tanzfläche, die Trauerweide und auch die Tische der Gäste.

Wow.

Alles um uns herum wirkte mit einem Mal so viel romantischer und magischer, als noch zuvor. Die beiden Bräutigame waren der Mittelpunkt der Tanzfläche, so, wie es sich gehörte. Zac strahlte über das gesamte Gesicht und ich war froh über diese Entwicklung. Wäre meine Vergangenheit mit meiner ersten Liebe gut ausgegangen, dann gäbe es vielleicht jetzt keinen Kyson Evans in meinem Leben.

Und erst durch Kyson hatte ich herausgefunden, was es bedeutete, bedingungslos zu lieben. Jemanden mit seinen Fehlern und Ängsten so zu akzeptieren und zu lieben, wie ich es nun mal tat.

»Wir sollten tanzen, oder?«, hörte ich Kyson flüstern, weswegen ich ihn wieder ansah und schmunzeln musste.

»Wir können tanzen, müssen aber nicht«, meinte ich und sah ihm dabei zu, wie er die tanzenden Leute unter die Lupe nahm. Das Schmunzeln auf meinen Lippen wurde zu einem Grinsen und mein gleichmäßiger Herzschlag entspannte sich noch ein Stück.

Diese Ruhe, die sich in mir ausbreitete, war unglaublich schön und ich wusste, dass ich mich an genau diesen Augenblick auch noch in fünfzig Jahren erinnern würde. Und ich würde nichts an unserer Geschichte ändern wollen.

»Dann lass es mich anders formulieren, Alea. Möchtest du tanzen?«

Nachdem er das gefragt hatte, ruhten seine funkelnden Augen auf mir und Kysons rosafarbene Lippen zierte ein Lächeln.

»Sehr gerne«, war meine Antwort, auf die er offensichtlich gehofft hatte. Der Mann im schwarzen Anzug erhob sich und ging um unseren leeren Tisch herum, hielt mir seine Hand entgegen und sah mich aufmerksam an. Meine Hand glitt wie von selbst auf seine.

Gemeinsam betraten wir die Tanzfläche und mischten uns unters Volk.

Im Moment wurde einer meiner wenigen Lieblingssongs gespielt, „Ghost of you" von 5 Seconds of Summer.

Es war ironisch, wie perfekt dieser Text zu Kysons Vergangenheit passte und er dennoch mit mir hier stand und tanzte.

Seine Hände legten sich an meine Taille und ich platzierte meine Arme um seinen Nacken, während wir in den Augen des jeweilig anderen versanken und unseren Gedanken nachhingen, den sanften Klängen und dem berührenden Lyrik lauschten. Unsere Körper übernahmen den Rest und bewegten sich zu den Tönen der Musik.

Mit den Fingern strich er mir immer wieder flüchtig, aber zärtlich über den Rücken und ich glaubte zu meinen, dass Kyson ein paar Mal versucht hatte, etwas zu sagen, es sich dann aber anders überlegte.

Ich musste keine Gedanken lesen können, um zu wissen, worüber er nachdachte. Der Ausdruck in seinem Gesicht verriet es mir.

»Ich hoffe du weißt, dass du mir alles sagen kannst, oder?«, versuchte ich ihn zu ermutigen, das zu sagen, was ihm auf der Zunge lag.

Das schwache Lächeln auf Kysons Lippen war oberflächlich betrachtet zwar schön anzusehen, aber es war mehr als nur ein schwaches Lächeln.

Dieses Lächeln war eine Entschuldigung an mich, dass er an sie dachte. Und eine Entschuldigung an sie, dass er mit mir tanzte.

»Es ist okay, Kyson«, flüsterte ich, auch wenn sich Tränen in meinen Augen ausbreiteten und dieser Song verstärkte die Gefühle noch mehr.

»Ist es nicht und das weißt du, Alea. Ich kann es so oft sagen wie ich will und es würde nichts ändern, oder?«, hauchte er und beugte sich weiter zu mir herab, um dieses Gespräch so intim wie möglich zu halten.

»Du hast jemanden verdient, der dich bedingungslos liebt. Von Anfang an und es nicht erst neu lernen muss. Ein Mann, der nur dich in seinem Kopf hat. Einen Mann, der dich zu seiner obersten Priorität macht«, erklärte er, während seine Augen zwischen meinen hin und her wanderten.

Ich löste meine Hände beim Refrain von seinem Nacken und Kyson drehte meinen Körper zwei Mal um die eigene Achse, bevor ich mich in seinen sicheren Armen wiederfand und traurig lächelte.

»Du hast recht«, flüsterte ich und musste feststellen, dass diese Aussage ihn scheinbar nicht beeindruckte.

Vielleicht hatte er damit gerechnet, vielleicht sogar darauf gehofft.

»Ich weiß«, war alles, was er dazusagte, aber er verstand nicht, dass ich das damit nicht meinte.

»Du kannst mir so oft sagen, wie du willst, dass du nicht gut genug bist, dass du kaputt bist, dass du eine andere Frau mehr liebst oder dir wünscht, dass sie jetzt hier wäre...aber weist du was, Kyson Evans? Das ändert nichts an meinen Gefühlen für dich. Ich bin in genau diesem Augenblick die glücklichste Version meiner Selbst. Denn wenn deine Gefühle nicht echt oder stark genug wären, dann wären wir jetzt nicht da, wo wir heute stehen«

Eine weitere Drehung und dann ging alles viel zu schnell.

Sein Gesicht, dass sich meinem näherte, seine Hände, die mich an der Taille in seine Richtung zogen und Kyson Evans weiche Lippen, die mit einem Mal auf meinen lagen und er mich küsste, als gäbe es hier niemand anderen, außer uns.

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