4. Es wartet ein Haufen Scheiße


Meister Bärenstein,
wie gewünscht wurde das Mädchen Nelenia gegen die Rebellen im Süden eingesetzt. Sie konnte die Rebellion innerhalb weniger Stunden vollkommen zerschlagen. Ihre Konditionierung hat gehalten, keiner meiner Befehle wurde missachtet. Sie gehorchte jedem meiner Worte. Ich bin von den Fähigkeiten der Hexe sehr beeindruckt. Dennoch muss ich Euch mitteilen, dass die Kraftanstrengung enorm war und sie danach für drei Wochen unbrauchbar war. Ist es Euch möglich weitere dieser Pythonissam zu schicken? Mit allergrößer Hochachtung, Commandant Fuchs vom vierten Regiment.

"Wach auf! Komm schon, Kyrilla! Wach auf, bevor sie kommt. Du willst nicht wissen, wie Magenta dich wecken würde. Wach auf, Kleine. Schlafenszeit ist beendet.", langsam öffnete Kyrie die Augen und sah in das harte Gesicht eines unbekannten Mannes der sich über sie beugte.
Seine grünen Augen schienen vor Intensität zu strahlen. Erschrocken zuckte sie weg, setzte sich auf und sah sich um. Sie saß auf der Rückbank eines stehenden Wagen. Im Licht der Flutlichtanlage und der Autoscheinwerfer sah eine einzelne befestigte Straße, die zu einer rot-weiß gestreifte Schranke und einem kleinen grauen Häuschen daneben führte. Zu beiden Seiten der Schranke standen Soldaten in denselben Uniformen wie Magenta und starrten stur geradeaus. Hinter der Schranke konnte Kyrie die Straße zu mehreren grauen, blockartigen Gebäuden führen sehen. Die Umgebung bestand nur aus Bäumen und dieser einen Straße, weit und breit weder Häuser noch Geschäfte noch Menschen. Die Tür zur Rückbank war weit offen und ließ die kalte Nachtluft hinein.
Die Dunkelheit außerhalb des künstlichen Lichts schien erdrückend. Fröstelnd schlang Kyrie die Arme um sich, bemerkte das sie keine Jacke trug, nur ihr Langshirt und die verwaschene Jeans. Ihre braunen lieblingsschuhe lagen vor ihr auf dem Autoboden. Ein stechender Schmerz in ihrem Arm erinnerte sie daran was geschehen war, erinnerten sie an die Schmerzen und ließ ihr Herz schneller schlagen. Sie konnte Magenta nirgends sehen nur den Fremden vor ihr, der trotz herben Äußerem einen ruhigen und verständnisvollen Blick hatte. Dennoch Misstrauisch beäugte sie den jungen Mann vor sich.
"Du bist Lewis, richtig? Wo bin ich? Wo ist Magenta?"

Lewis richtete sich auf und fuhr sich über die kurzen Haare, als wären sie einmal länger gewesen.
"Du bist in der Akademie, oder zumindest kurz davor. Siehst du das graue Häuschen dort? Da ist eine Wache der Pythonissam drin. Magenta redet grad mit ihm, damit er uns durchlässt.", er taxierte Kyrie von oben bis unten und meinte dann stirnrunzelnd,
"Alles in Ordnung? Magenta hat dich ordentlich erwischt, normalerweise hat sie mit neuen Rekruten ein wenig mehr Geduld, aber du hast sie mit deinem kleinen Telekinese-trick wirklich auf die Palme gebracht."

Kyrie strich sich das wirre Haar aus dem Gesicht und zuckte mit den Achseln.

"Ich wollte mich nur verabschieden. Ich werde meine Familie nie wiedersehen, da kann ich doch wenigstens anständig Lebewohl sagen."

Lewis nickte und Kyrie dachte für eine Sekunde so etwas wie Traurigkeit in seinem Gesicht gesehen zu haben. Seufzend deutete er ihr auf der Rückbank Platz zu machen. Kyrie rutschte rein und sah zu wie Lewis die Türe schloss und seine Jacke um ihre Schultern hing.
"Es ist ziemlich kalt draußen."
"Danke", stotterte sie überrascht " Geht es meiner Familie gut? Habt ihr meinen Seesack mitgenommen?"
"Ja, deiner Familie geht es gut. Sie waren etwas schockiert als Magenta ihre Gabe verwendet hat, aber sie haben sich gut benommen. Magenta wird sie nicht melden. Sie sind sicher und ja, wir haben den Seesack, obwohl du ihn nicht brauchen wirst." Kyrie nickte erleichtert, doch seine Worte verwirrten sie zunehmend.
"Was meinst du damit? Wieso werde ich den Seesack nicht brauchen? Sie haben im Einzugsbrief deutlich geschrieben, was man einpacken soll."
Lewis schnaubte und lehnte sich näher zu ihr.
"Sie schreiben das nur damit man keine Angst kriegt. Du bekommst jedes Kleidungsstück neu von ihnen, sogar Haarbürsten und Zahnputzzeug. Nichts wird je wieder dir gehören. Nicht mal dein Name."
Stirnrunzelnd sah sie Lewis an. "Mein Name?"
"Genau oder sehe ich wirklich aus wie ein bekloppter Lewis? Ich heiße Zeus." Kyrie konnte ein Lachen gerade noch unterdrücken.
"Zeus? Wirklich?" Zuerst versuchte Zeus sie böse anzusehen, schmunzelte dann jedoch selbst.
"Ja wirklich. Meine Mutter liebte die griechische Mythologie und besonders den Götterkönig. Der Name ist seltsam, aber er ist alles was ich habe."
"Nun es freut mich dich kennenzulernen, Zeus Henotello.", Kyrie streckte ihm die Hand hin und lächelnd ergriff sie der junge Mann. Sein Lächeln verblasste als er aus dem Autofenster sah. Kyrie folgte seinem Blick. Magenta verabschiedete sich gerade von einem etwa Vierzigjährigen mit schütterem Haar und imposanter Größe. Beim Anblick der Frau wurde Kyrie heiß und Kalt. Wut ließ ihr Blut kochen, doch die Angst vor erneuten Schmerzen ließ sie frösteln.
"Schnell wir haben nicht viel Zeit. Hör mir zu.", drängte Zeus und zwang sie ihn anzusehen. "Egal was sie verlangen, tu es. Egal wie unangenehm es auch ist. Und es wird unangenehm werden. Du bist zwar wertvoll, aber sie haben ihre Wege um jeden gefügig zu machen. Du willst dir die Schmerzen nicht antun, glaub mir. Vertraue niemanden, wir sitzen zwar alle im selben Boot, aber es gibt durchaus Henotellos, die gerne Soldat spielen und ihre Gaben missbrauchen. Magenta ist eine von ihnen. Sie ist Ausbilderin in der Akademie."
Kyrie nickte hastig zum Zeichen des Verstehens. "Gut, schnell zieh dir die Schuhe an. Und mach dich bereit."
"In Ordnung." Kyrie zog sich die Schuhe an und warf dabei immer wieder einen ängstlichen Blick aus dem Fenster. Magenta war auf dem Weg zurück zum Auto, in ihrer rechten Hand hielt sie Papiere.
"Noch was. Ich werd nicht mehr so freundlich sein, wenn wir erst in der Akademie sind. Dort gibt es keinen Platz für Freunde. Sollte wer nett sein, halte dich besser von ihnen fern."
"Was wird jetzt passieren?", fragte sie ängstlicher als beabsichtigt. Zeus sah sie gleichgültig an.
"Sie werden dir alles nehmen, danach kommt die Ausbildung. Kyrilla, ich will dich nicht anlügen. Es wartet ein Haufen Scheiße auf dich."

Kopfschüttelnd lächelte sie ihn schief an.
"Hab ich mir fast gedacht. Übrigens nennt man mich Kyrie. Zumindest nannte man mich so. Mal sehen was für einen Namen sie für mich haben." Er erwiderte das kleine Lächeln.
"Hallo Kyrie. Ich werde mich jetzt nicht zu sehr an den Namen gewöhnen. Beim nächsten Mal wirst du dich mir leider anders vorstellen."
Zeus öffnete die Autotür und lächelte sie ein letztes Mal an, bevor die Emotionen sein Gesicht verließen, der harte Blick eines Soldaten zurückkehrte und er ausstieg. Magenta stieg bei der Fahrertür ein und steckte ohne Umschweife den Schlüssel ins Zündschloss. Zeus war kaum eingestiegen, als sie losfuhr und mit einem Blick in den Rückspiegel registrierte, dass ihr bewusstloser Gast nicht mehr bewusstlos war.
"Guten Morgen, Kyrilla. Ich nehme an du hast gut geschlafen. Du bist rechtzeitig zu deiner Ankunft in der Akademie aufgewacht." Kyrie konnte den schadenfrohen Tonfall in Magentas Stimme heraushören und spürte wie sie wütend wurde. Der Blick aus dem Fenster lenkte sie jedoch von ihren Gefühlen ab. Je näher sie den grauen Gebäuden umgeben von einer schier unendlichen freien Fläche kamen umso größer wurden sie. Kyrie konnte Gitterstäbe an allen Fenstern erkennen und ein Zaun säumte das Ende des Grundstückes. Dem lauten Summen nach zu urteilen, war er elektrisch.
Der Wagen hielt auf einem militärparkplatz neben Truppentransportern und Panzern. Magenta und Zeus stiegen sofort aus und Kyrie tat es ihnen gleich. Sie wollte Zeus ratschlag beherzigen, zumindest fürs erste.
Magenta öffnete den Kofferraum und warf ihr den Seesack zu.


Also  jetzt kommt der versprochene zweite Teil des Kapitels. Viel Spaß

"Den wirst du brauchen.", meinte sie mit einen fiesen kleinen Lächeln und ging voraus zum Eingang eines Gebäudes. Ein vielsagender Blick aus Zeus Augen ließ sie sich innerlich für das kommende wappnen.
Eine kurze Treppe führte zu einer großen metallenen Eingangstür. Durch diese Eingangstür schritt Kyrie und wurde von einem großen Raum empfangen. Stühle standen in mehreren Reihen an den Wänden und sahen alle in dieselbe Richtung.; zu einer Rezeption in der eine genervt aussehende Frau Anfang vierzig Papiere durchsah. Ihr Brille saß tief auf der Nase als sie aufsah um die Neuankömmlinge zu begutachten. Magenta zeigte auf zwei Sessel und ging zur Rezeption.
Zeus griff nach ihrem Oberarm und führte sie zu den Sesseln.
Neugierig wurde sie von den bereits dort sitzenden Menschen erwartet.

Jede neue Pythonissam saß neben einem Soldaten in perfekter Uniform wie Zeus. Kyrie sah zwei Mädchen und drei Jungen, neue wie sie. Eines der Mädchen weinte bitterlich und wurde deshalb von ihrem Bewacher immer wieder böse angesehen. Die anderen versuchten möglichst unauffällig zu sein und sich keinen Ärger einzuhandeln. Kyrie legte ihren Seesack vor sich auf dein Boden und konzentrierte sich auf Magentas Gespräch mit der Rezeptionistin, benutzte ihre Gabe des perfekten Hörens, die sich letztes Jahr gezeigt hatte und lauschte interessiert.
"Guten Abend, Magenta. Wie geht es dir?"
"Guten Abend, Pipione. Mir geht's gut. Dir?" Pipione seufzte frustriert und strich sich das schwarze Haar aus dem Gesicht. Einige Strähnen hatte sich aus dem strengen Dutt gelöst.
"Naja, mein Wachposten ist heute leider krank, also bin ich alleine mit den neuen Bälgern. Dieses herum Geheule. 18 ist bei weitem zu alt um sich so aufzuführen. Und dann glauben sie auch noch, dass sie mit mir über ihre Probleme und Ängste reden könnten. Sehe ich so freundlich aus? Ich freue mich schon auf meinen Dienstschluss!"
"Ich freue mich auch wenn mein Auftrag endlich erledigt ist. Die Kleine war ganz schön nervig. Ständig dieses Gefühlsgeplänke. Musste sie doch allen Ernstes mit meiner Gabe schocken, sonst wäre sie bei Mami und Papi geblieben." Pipione sah neugierig in Kyries Richtung und wandte ihren Blick dann wieder Magenta zu.
"Wen hast du für mich?", fragte die Rezeptionistin interessiert.
"Kyrilla Henotello. Siebter Bezirk. Hier sind die Einzugspapiere." Magenta lehnte sich näher zu Pipione.
"Glaubst du es stimmt, was der Verwalter gesagt hat? Dass sie eine direkte Nachfahrin von Nelenia und deren erstgeborenen ist?" Pipione lächelte verhalten.
"Nun, das werden wir schon noch rausfinden. Laut den Papieren kann es durchaus sein. Aber alles weitere erledige ich. Du ruh dich aus und genieße deinen freien Abend. Wir sehen uns morgen."
"Gut, ich lasse dir Lewis zur Sicherheit da. Sollte sie Schwierigkeiten machen." Pipione lachte leise.
"Ich weiß schon wie ich mit neuen Rekruten umgehen muss, aber danke, ich nehme das Angebot gerne an. Und sei es auch nur weil der Junge gutaussehen ist."
Kyries Wangen brannten als sie die letzten Worte hörte und schnell konzentrierte sie ihre Sinne auf den Boden vor ihr. Der Einsatz ihres perfekten Gehörs machte sie immer für ein paar Sekunden taub.
"Hey, hast du mich gehört?", fragte Magenta und wackelte mit ihrer Hand vor Kyries Gesicht. Anscheinend hatte diese entsetzliche Frau schon etwas zu ihr gesagt. Zeus nahm ihren Seesack und zog sie auf die Beine.
"Ja...nein, ich hab dich nicht verstanden, was ist los?" Magenta seufzte genervt und zeigte zu Pipione.
"Geh rein und mach ihr ja keinen Ärger. Lewis, du assentierst und bringst Miss Strohdumm dann in ihr neues Bett. Tu nichts dummes!", die letzten Worte schienen an sie beide gerichtet zu sein. Mit einer schwungvollen Bewegung verließ Magenta den Raum und verschwand durch die Tür in die Nacht. Als sie weg war, fühlte Kyrie sich ein wenig besser. Magentas Anwesenheit war etwas worauf sie gefließlich verzichten konnte.
Kyrie warf einen letzten Blick auf ihre neuen Kameraden, die wartend im Vorraum saßen und sie mit großen Augen anstarrten. Dann folgte sie Lewis durch die weiße Tür. Als sie die Einrichtung im Raum dahinter sah, schluckte Kyrie ängstlich. Alles war weiß und steril, es sah aus wie eine Arztpraxis.
An den Wänden hingen Anatomiebilder und die Bücherregale waren voller Medizinbücher. Pipione setzte sich an einen großen mit Dokumenten und Ordnern übersäten Schreibtisch und deutete ihr davor stehen zu bleiben. Kyrie verschränkte die Arme und wartete auf die nächsten Befehle.
Zeus warf ihren Seesack neben den Schreibtisch und stellte sich in eine Ecke des Raumes, hielt den Mund und beobachtete. Kyrie war sich seiner Gegenwart nur zu sehr bewusst, konzentrierte sich jedoch auf Pipione.
Diese schnappte sich einen Stift und begann Fragen zu stellen.
"Name?"
"Kyrilla Henotello."
"Alter?"
"18."
Der Stift sauste übers Papier. Alles Daten wurden gesammelt.
"Chronische Krankheiten? Allergien?"
"Nein, nichts davon. Ich bin gesund."
Pipione sah auf und musterte Kyrie von Kopf bis Fuß.
"Nun, das entscheide ich. Wann hattest du deine letzte Periode?" Schüchtern sah Kyrie zu Zeus.
"Also? Mädchen schau nicht zu ihm, du redest mit mir!"
"Letzte Woche."
"Gut. Sexuell Aktiv?" Kyrie hielt ihre Augen auf Pipione und schüttelte den Kopf.
"Ja oder nein?"
"Nein." Pipione legte den Stift beiseite und stand auf.
"Hüpf auf und ab." Kyrie tat wie ihr befohlen während Pipione um sie herumging. Kyrie verschränkte die Arme vor den Brüsten um sie vom wackeln abzuhalten. Ihr C-Körbchen war ein Sport-BH.
"Berühr deine Zehen." So ging das eine Weile bis Pipione einen Krankenhauskittel aus einem Schrank holte und Kyrie befahl ihn anzuziehen. Kyrie nahm in nur widerwillig und fragte nach einer Umkleidekabine. Pipione lächelte schadenfroh. Diese Frage schien sie schon oft gestellt worden zu sein. "Es gibt keine. Wir sind hier kein Spa. Zieh dich aus. Ich muss jeden Zentimeter Haut sehen."
Kyrie runzelte die Stirn und verschränkte die Arme.
"Nein. Das werde ich nicht tun." Als hätte Pipione auf diese Antwort gewartet deutete sie Zeus zu ihr zu kommen.
"Du wirst dich jetzt ausziehen oder Lewis wird es für dich tun." Mit zusammengepressten Kiefer beäugte Kyrie sowohl Pipione als auch Lewis und sah keinerlei Zweifel in deren Augen.
Sie würden sie ausziehen, notfalls mit Gewalt. Geschlagen nickte sie und begann sich das Shirt über den Kopf zu ziehen. Zeus begab sich wieder an seinen vorherigen Platz und hielt seine Augen auf den Boden vor sich.
Wütend kickte sie ihre Schuhe von den Füßen und suchte fieberhaft nach einem Weg diese Prozedur mit Würde hinter sich zu bringen. Es gab keinen. Zittrig öffnete sie ihre Jeans und schlüpfte raus. In Unterwäsche stand sie vor der Fremden, die mit Adleraugen jeden Zentimeter ihres Körpers abzutasten schien.
"Eine gesunde Hautfarbe. Du verbringst viel Zeit im freien?"
"Ähm, ja. Ich gehe regelmäßig draußen laufen." Pipione nickte und notierte sich die Information.
"So, Lewis dreh dich bitte ganz um und Kyrilla zieh die Unterwäsche aus und den Kittel an. Danach setzt dich in den Stuhl. Ich bin gleich wieder da."
Die Rezeptionistin, die offenbar auch Ärztin war zeigte auf einen großen metallenen Sessel in der Mitte des Zimmers. Besagter Sessel war ein Frauenarztsessel und strahlte dank seinem Dasein in diesem Raum kein Vertrauen aus.
Während Pipione ins Nebenzimmer ging, tat Kyrie wie ihr Befohlen. Zeus hatte recht gehabt. Es war unangenehm, es war furchtbar. Noch nie hatte Kyrie sich so alleine und verletzlich gefühlt. Trotz all ihrer Gaben, konnte keine einzige sie aus dieser Situation retten. Sie war dieser Frau wehrlos ausgeliefert und das machte sie wütend. Die Fäuste geballt, atmete sie tief durch.
Ein Blick zu Zeus zeigte, dass er sich tatsächlich umgedreht hatte, jedoch hieß das nichts. Kyrie kannte seine Gabe nicht, gut möglich, dass er die Fähigkeit besaß zu sehen was hinter ihm passierte. Schweren Herzen öffnete sie den BH und ließ ihn zu Boden fallen, danach kam das Höschen.
So schnell sie konnte warf sie den Kittel um sich und setzte sich hin. Kyrie brachte es nicht übers Herz die Beine hochzulegen, nicht bevor sie nicht wirklich musste.

Pipione kam zurück, in der Hand ein Tablett mit einer Nadel und mehreren leeren Ampullen. Ihre Hände waren in weiße Gummihandschuhe gehüllt.
Sie nahm sich einen metallenen Hocker und setzte sich damit vor Kyrie.

"Ich werde dir jetzt Blut abnehmen. Halt den Arm ruhig und atme tief durch. Hast du irgendwelche Nebenwirkungen auf Blutabnehmen?"

Kyrie schüttelte den Kopf und erinnerte sich dann, dass sie antworten musste.
"Nein. Ich hab kein Problem mit Nadeln oder Blut." Henotellos wurden regelmäßig von Ärzten des Regimes untersucht. Ihre Körper waren Eigentum des Meisters Lothar von Bärenstein, daher wurde jede noch so kleine Erkältung sofort behandelt. Der Rest der Bevölkerung hatte diesen Luxus nicht. Man musste gute Verbindungen und viel Geld haben um sich einen guten Arzt und Medizin leisten zu können. Pipione lächelte.

"Das ist gut." Schnell und sicher nahm sie Kyrie Blut ab, schrieb ihren Namen drauf und reichte das Tablett danach Lewis.

"Bring es zwei Türen weiter ins Labor."

Lewis hob nicht einmal den Blick, nickte nur und ging. Kyrie konnte nicht glauben, dass dies derselbe junge Mann war, mit dem sie sich im Auto unterhalten hatte. Sein Lächeln vor weniger als einer halben Stunde war so echt gewesen, so natürlich. Nun erschien es ihr wie ein Traum, verschwunden war der Mann, der ihr ein wenig von ihrer Angst genommen hatte. Zurück blieb ein höriger Soldat.

"Leg die Beine in die Schlaufen. Ich muss dich untenrum untersuchen." Kyrie ballte die Hände zu Fäusten, doch tat es widerwillig. Langsam hob sie jeweils ein Bein und legte sich zurück. Durch den Kittel konnte sie nicht sehen, was Pipione tat und diese sagte auch nichts. Ängstlich wartete sie auf die nächsten Handgriffe der Ärztin.

"Nun zumindest hast du die Wahrheit gesagt. Jungfrau, aber keine Lügnerin. Gib die Beine runter und steh auf." Pipione zog sich die Gummihandschuhe aus und setzte sich zurück an ihren Schreibtisch.
Der kalte Fußboden machte das Gehen unangenehm und ließ Kyrie die Arme um sich legen. Jemand klopfte an die Tür und öffnete sie dann. Zeus steckte vorsichtig den Kopf durch den Türspalt.

"Komm rein Lewis und bring unseren neuen Gast in ihr Quartier. Sie ist für heute fertig." Zeus nickte und trat ein. Ohne ein weiteres Wort warf er sich den Seesack über die Schulter und griff grob nach Kyries Arm. Seine raue Handfläche war warm. Die einzige Wärme in diesem kalten Raum.
Zeus führte sie aus dem Arztzimmer, vorbei am Warteraum zu einer engen Treppe im hinteren Teil des großen Vorbereichs.

"Komm.", flüsterte er und zog sie nach oben.

"Wohin gehen wir?", fragte Kyrie zitternd.

"Heute Nacht wirst du in einer speziellen Kammer übernachten. Sie ist befestigt wie ein Bunker. Falls deine Fähigkeiten gefährlich sind oder werden können."

Die Treppe führte in einen langen fensterlosen Flur mit Eisentüren zu beiden Seiten. Das Deckenlicht flackerte unregelmäßig, warf gespenstige Schatten an die Wände. Zeus brachte sie zu einer Tür, die mit einer große rote vier markiert war. Langsam öffnete er die schwere Tür und ließ sie eintreten.
Der kleine Raum besaß ein schmales Bett, ein Waschbecken und ein Klo. Ansonsten war es ein einfacher Betonklotz. Zeus trat hinter ihn ein und legte ihren Seesack auf das Bett. Dieses quietschte unter der Last ein wenig.

"Kommst du mich morgen abholen?", fragte Kyrie hoffnungsvoll in Anbetracht ihrer kommenden Nacht. Zeus schüttelte den Kopf und deute mit dem Kinn dezent auf eine große Kamera in einer Ecke des Raumes.
Langsam trat er näher und flüsterte kaum hörbar.

"Du wirst eine Weile hier bleiben. Sie werden dein Limit testen, deine Fähigkeiten, deinen Körper und Geist. Doktor Pipione war erst der Anfang."

Angst rauschte durch ihre Adern und bevor sie wusste was sie tat, griff sie telepathisch nach seinen Gedanken.
Sah seine Erinnerungen an diesen Ort, seine Schreie, seinen Kampf, doch am Ende hatte er sich ergeben, hatte gelernt wann es wichtig war zu gehorchen. Zögerlich nickte Kyrie zog sich aus seinen Gedanken zurück.

"Zeus,", flüsterte sie seinen wahren Namen so leise wie er und nahm seine Hand. Er versteifte sich, ließ sie jedoch gewähren.
Kyrie brauchte diesen Körperkontakt, brauchte einen Moment frieden bevor die Hölle begann. Zu früh, löste Zeus sich von ihr.

"Auf Wiedersehen, Kyrie. Ich hoffe du überlebst das hier.", mit diesen Worten verschwand der junge Mann durch die eiserne Tür und versperrte sie von außen.
Sobald die Türe zu war, fiel Kyrie das Atmen schwer, alles schien näher zu kommen. Ihr Blick fiel auf die Kamera und Wut vertrieb die Angst.

Das erste Mal seit Magenta sie entführt hatte, ließ sie sich diese Wut spüren, nährte sie mit dem Gedanken an Pipione und Zeus Folterung. Die Zähne zusammengebissen, die Fäuste geballt, saß sie am Bett und versprach sich zu überleben, sich nicht von diesen Monstern brechen zu lassen.

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